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      Wie wird das alles wohl werden in der neuen Stadt, in der neuen Schule, in der neuen Wohnung, in der neuen Gemeinde? Nein, ich habe keine Angst, aber unsicher bin ich schon irgendwie. Ich weiß schon jetzt ganz genau, dass ich alles hier ganz doll vermissen werde! Aber Jesus, den kann ich mitnehmen. An dem ändert sich nichts, und das ist schon mal eine sehr gute Sache.

      Direkt im Anschluss an die Predigt werden wir als Familie gesegnet. Mama, Papa, Hannah, Aaron und ich stellen uns ganz dicht zusammen, und dann beten einige Leute für uns. Das fühlt sich richtig gut an.

      Nach dem Gottesdienst kommen Emelie, Mila, Lissie und Jasmin aus meinem Jugendkreis auf mich zu. Sie ziehen mich in unseren wunderschönen Jugendraum.

      „Hi, Debbie, ich habe dir einen Lampenschirm beklebt mit ganzen vielen Fotos!“ Emelie lächelt erwartungsvoll und überreicht mir eine kleine Reispapier-Stehlampe, die liebevoll verziert ist.

      Ich freue mich riesig und wir lachen gemeinsam über die Bilder.

      „Hier, das war beim Jugendtag letztes Jahr“, kichert Lissie, „die Wasserrutsche mit Müllsackdress. Das war mega! Und hier …“ – sie zeigt auf ein weiteres Bild – „Milas Geburtstag mit der Poolparty am Gartenteich! Nur blöd, dass man vor lauter Algen gar nicht drin schwimmen konnte.“ Sie zwinkert Mila verschmitzt zu.

      „Hey, wolltet ihr jetzt eine Poolparty, oder nicht?“ Mila knufft Lissie in die Seite. „Niemand von uns hat einen Pool im Garten, aber meine Oma den schönsten Fischteich!“

      Wir haben so viel gemeinsam erlebt. Ich schaue in die vertrauten Gesichter.

      „Wir werden dich total vermissen, Debbie“, seufzt Emilie. „Wer hat denn jetzt die Ideen für die Jugendgottesdienste, und wer tritt uns in den Hintern, wenn wir uns mal wieder alle hängen lassen?“ Sie drückt mich fest.

      „Und wer korrigiert unsere Mathe-Hausaufgaben und erinnert uns an unsere To-do-Listen?“ Jasmin überreicht mir ein großes Paket. „Hier, mach auf!“

      Ich öffne den Karton – schönes Papier, Stifte und eine Stanze liegen darin.

      „Das ist vom Jugendkreis. Da kannst du weiter so schöne To-do-Listen für die ganzen neuen Leute basteln. Die werden sich sicher genauso freuen wie wir, wenn sie endlich mal was zu tun kriegen!“ Jasmin grinst über das ganze Gesicht.

      „Ach, ihr verrückten Hühner!“ Ich bin schwer gerührt. „Danke, Mädels! Können wir das mit dem Abschied nicht so endgültig machen, bitte? Ich meine, wir bleiben doch in Kontakt! Wir schreiben, telefonieren und besuchen uns, oder?“

      „Schon“, sagt Mila, „aber trotzdem bisse nun erst mal weg. Ab morgen gehst du in ’ne andere Schule und dann auch in eine andere Gemeinde, und wir müssen hier jetzt ohne dich klarkommen.“ Sie hält meine Hand.

      Könnte dieser Moment nicht einfach ewig dauern?

      Später steigen Hannah und ich zu Mama ins Auto. Aaron fährt mit Papa im Umzugswagen. Tschüss, Bremen!, flüstere ich in Gedanken. Es ist ganz still im Auto. All die bekannten Straßen, Häuser und Plätze ziehen an uns vorbei.

      Mama räuspert sich, es scheint, als wolle sie jetzt keine gedrückte Stimmung aufkommen lassen. „Na, worauf freut ihr euch in eurem neuen Zuhause? Was nehmt ihr euch vor? Ein Neuanfang ist ja immer eine Chance!“

      Hannah lehnt sich zu uns nach vorne. „Also, ich will ordentlicher werden, in der Schule und zu Hause. Und ich möchte unbedingt in eine Malschule. So was gibt’s da, hab ich schon gegoogelt!“

      Mama freut sich. „Sehr gut. Wir schauen gleich diese Woche, ob wir einen Platz für dich finden.“ Dann legt Mama ihre Hand auf meinen Oberschenkel. „Und du, Debbie?“

      Ich habe mir schon eine Liste gemacht mit all den Dingen, die mir zu Hause in Bremen immer wichtig waren. „Ich glaube, als Erstes möchte ich wieder eine Gemeinde haben und einen Jugendkreis.“

      Mama nickt. „Auch sehr gut. Die Gemeinde, die Papa gefunden hat, scheint da vieles zu bieten.“

      Es dauert mehr als drei Stunden, bis wir unsere neue Wohnung erreichen. Da Papa schon vor drei Monaten mit seiner Arbeit in der anderen Firma begonnen hat, kennt er schon seine neuen Kollegen. So stehen an diesem Sonntagnachmittag drei Männer vor der Haustür. Papa begrüßt seine Arbeitskollegen freundlich und stellt sie uns vor. Schon nett, dass die uns helfen, obwohl sie Papa kaum kennen. Gemeinsam sind wir die nächsten zwei Stunden damit beschäftigt, die Fahrzeuge auszuräumen. Dann bringt Papa den Lkw in den nächstgrößeren Ort zum Autoverleih, und Mama muss hinterherfahren, um Papa wieder mit zurückzunehmen.

      Es ist mittlerweile dunkel geworden. Hannah und ich gehen in unser neues Zimmer. Ich teile es mit ihr, das war in unserer alten Wohnung auch so. Aber das Zimmer hier ist etwas größer. Aaron hat ein kleines Zimmer für sich bekommen. In den letzten Wochen sind wir schon mehrmals hier gewesen und haben unsere Zimmer eingerichtet. So wird die erste Nacht hier hoffentlich nicht so ungewohnt sein wie in einem fast kahlen Zimmer, in dem es vielleicht noch nach frischer Farbe riecht.

      Hannah holt alle ihre Kissen aus dem Bett und legt sie in die Zimmermitte. Sie schaut mich ernst an.

      „Heute Nacht brauch ich eine Engelstreppe. Das ist die erste Nacht hier. Und morgen fängt die neue Schule an. Hast du Angst, Debbie?“

      Ich schüttele den Kopf. Ich weiß, dass Hannahs Lieblingsgeschichte aus der Bibel die Geschichte von Jakob und der Treppe in den Himmel ist. Jakob musste damals von zu Hause fliehen. Er war vollkommen alleine unterwegs, hatte große Angst und mit Sicherheit auch ein mega-schlechtes Gewissen, weil er seinen Bruder betrogen hatte. Aber Gott hatte ihn nicht allein gelassen, sondern ihn beschützt. In einem Traum sah er eine Treppe direkt in den Himmel. Engel kamen zu ihm herunter und gaben ihm neuen Mut. Immer wenn Hannah sich vor etwas fürchtet, baut sie sich mitten im Zimmer einen riesigen Kissenberg und legt sich zum Schlafen darauf. Meist betet sie dann zu Gott und bittet ihn um Mut oder einfach darum, dass die bevorstehende Aufgabe nicht so schwer wird.

      Aaron kommt mit Bettdecke, Kissen und Kuscheltier in den Armen zu uns ins Zimmer.

      „Darf ich heute bei euch schlafen? Das ist alles so neu hier und das riecht gar nicht wie zu Hause.“

      Ich lächle, weil ich daran denke, wie begeistert wir Schwestern waren, als unser kleiner Bruder kam. Wir haben ihn die ersten Jahre wie eine lebendige Puppe behandelt. Als Aaron dann laufen konnte, hatte er sich oft gegen die Puppenbehandlung gewehrt. Heute verstehen wir uns meist gut, auch wenn er deutlich jünger ist und als Junge andere Interessen hat.

      „Klar kannst du hier schlafen.“ Hannah zeigt auf ihr Bett. „Das ist frei heute Nacht!“

      Aaron nickt nur, auch für ihn sind Hannahs Engelstreppen-Nächte nichts Ungewöhnliches.

      Noch sind unsere Eltern nicht zurück, und so bringe ich meinen kleinen Bruder ins Bett, während Hannah im Bad ist.

      „Debbie?“ Aaron nimmt seinen großen Stoffhund ganz fest in den Arm. „Wenn ich morgen in die neue Klasse gehe, und keiner mit mir spielen will, was mache ich denn dann?“

      Ich streiche ihm eine Locke aus dem Gesicht. „Ich kann dir ja verraten, was ich dann mache. Ich schaue mir die Kinder ganz genau an. Dann merke ich schnell, wer nett ist und mich mitspielen lässt. Man kann nämlich erkennen, wer auch grad einen Freund sucht oder vielleicht Hilfe braucht. Zu solchen Kindern gehe ich dann und spiele mit denen. Das klappt fast immer!“

      „Du bist aber schlau, Debbie. Was spielt ihr denn?“ Aaron lächelt.

      „Wir spielen nicht mehr, so wie ihr in der zweiten Klasse. Wir stehen einfach zusammen und unterhalten uns oder zeigen uns Fotos auf den Handys. Aber so kannst du das machen. Es funktioniert fürs Spielen genauso wie fürs miteinander Rumstehen“, erkläre ich.

      „Nur dass Rumstehen viel langweiliger ist als Spielen“, findet Aaron.

      Er dreht sich um und zieht die Decke bis zum Kinn, rollt sich zusammen wie ein kleiner Igel und ist kurz darauf eingeschlafen.

      Ich

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