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Es hat uns sehr gefreut. Georg Markus
Читать онлайн.Название Es hat uns sehr gefreut
Год выпуска 0
isbn 9783902998460
Автор произведения Georg Markus
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Das Duell fand nicht statt.
Die Schwestern der Strauß-Brüder
Gemeinsam mit ihrem Vater bilden die drei »Sträusse« Johann, Josef, Eduard eine Musikerdynastie, wie es sie nie wieder geben sollte. Daß die berühmten Brüder auch zwei Schwestern hatten, ist weitestgehend unbekannt.
Insgesamt hatte Johann Strauß Vater sechs Kinder. Neben den drei komponierenden Söhnen gab es noch Anna und Therese. Und den kleinen Ferdinand, der im Alter von zwei Jahren »am hitzigen Wasserkopf« starb. Die Eltern wechselten so oft die Wohnungen, daß beinahe jedes ihrer Kinder in einer anderen geboren wurde.
Nach dem Willen ihrer drei Brüder sollten auch Anna, genannt »Netti«, und Therese Dirigenten werden. Der Name Strauß war in Wien so populär, daß es weit mehr Angebote gab, als die Brüder annehmen konnten. Die Schwestern sollten das Straußorchester ab 1862 leiten, als sich Johann nach seiner Heirat mit der Sängerin Henriette »Jetty« Treffz weitestgehend zurückziehen wollte. Ihr Einsatzgebiet wäre der Volksgarten gewesen.
Es wurde nichts daraus, und die Schwestern blieben ohne Beruf. Sie haben auch nie geheiratet. »Der Johann«, schrieb Therese Strauß nach dessen Tod im Illustrierten Wiener Extrablatt, »der hat ein Herz wie Gold gehabt. Wie er ein berühmter Mann geworden ist, da hab’ ich müssen jeden Freitag bei ihm speisen.«
Anna, die andere Schwester, sollte eine delikate Rolle in Johanns Leben spielen. Kam ihr doch im Herbst 1881 die undankbare Aufgabe zu, ihn darüber zu informieren, daß seine zweite Frau Lily ein Verhältnis mit Franz Steiner, dem Direktor des Theaters an der Wien, hatte, »was ganz Wien eh schon lange gewußt hat«.
Als wenige Tage nach Bekanntwerden der Affäre just im Theater an der Wien die neue Strauß-Operette Der lustige Krieg Premiere hatte, kursierte der Witz: »Der häusliche Krieg« mit Lily –, Der lustige Krieg mit Girardi.
Strauß jedenfalls zog die Konsequenzen, nachdem Anna ihn informiert hatte. Er trennte sich von seiner Frau und heiratete ein drittes Mal. In Adele fand er nun die Partnerin für den Rest seines Lebens.
Ihr widmete er mit dem Adelenwalzer eines seiner Meisterwerke. Doch auch seine Schwestern gingen – wie die meisten Familienmitglieder – durch ihn in die Musikgeschichte ein. Traumbilder nannte er die Kompositionen, über die er 1895 an seinen jüngsten Bruder Eduard schrieb: »Du kommst auch dran, niemand ist vor meiner Grausamkeit gefeit. Denke an das Portrait der Netti und der Therese . . .«
Anna starb 1903 im Alter von 74 Jahren, Therese 1915 mit 84. Sie waren nie aus dem Schatten ihrer Brüder getreten.
Wie Kálmán seine Vera kennenlernte
Emmerich Kálmán zählt zu den großen Vertretern der »Silbernen« Operettenära. Seine Csárdásfürstin, Gräfin Mariza und Die Zirkusprinzessin gingen als unsterbliche Musikwerke um die Welt.
Es war im März 1928, als Kálmán im Café Sacher auf der Ringstraße – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Hotel – sein Frühstück einnahm. Das Sacher-Café war täglicher Treffpunkt der Wiener Operettenprominenz, hier verkehrten auch Franz Lehár, Oscar Straus, Robert Stolz und Ralph Benatzky. Paula, Kálmáns langjährige Lebenspartnerin, war wenige Wochen vorher an den Folgen einer heimtückischen Krankheit verstorben, und der 46jährige Meister sah sich außerstande, auch nur kurze Zeit allein zu leben. Im März 1928 also nimmt ein ausnehmend hübsches Mädchen an einem nahen Tisch im Sacher Platz. Kálmán fragt den Kellner, wer die junge Dame sei, der erklärt mit einer geringschätzigen Handbewegung, daß es sich um eine arbeitslose Schauspielerin handle, die bereits des öfteren ihren Kaffee nicht bezahlt habe. So seien auch ihre letzten Konsumationen in der Höhe von 11,82 Schilling noch offen.
Kálmán übernimmt die Rechnung, sieht das Mädchen anderntags im selben Kaffeehaus, spricht es an, vereinbart weitere Rendezvous, stellt die junge Dame Hubert Marischka vor, dem Direktor des Theaters an der Wien, der ihr auch prompt eine kleine Rolle in der gerade in Vorbereitung befindlichen Kálmán-Operette Die Herzogin von Chicago anvertraut.
Einige Monate später sind Emmerich »Imre« Kálmán und die fast dreißig Jahre jüngere Vera Makinskaja, Tochter weißrussischer Flüchtlinge, verheiratet. Nach zwanzigjähriger Ehe, der drei Kinder entsprangen, ließen sich die Kálmáns in New York scheiden. Um kurz danach ein zweites Mal zu heiraten. Und diesmal hielt die Verbindung bis zum Tod des Komponisten im Jahre 1953.
Gershwins Kugelschreiber in Wien
1928, in dem Jahr, da Kálmán seine Vera kennenlernte, kam Amerikas Musikgenie George Gershwin nach Wien. Der Komponist war damals in den USA überaus populär, vor allem durch seine Rhapsodie in Blue, in Europa hingegen war sein Name noch weitestgehend unbekannt.
Da Gershwin ein großer Operettenfan war, schrieb er – ehe er die Europareise antrat – einen Brief an Emmerich Kálmán, dessen Gräfin Mariza er liebte.
Kálmán kannte und schätzte Gershwins Musik und lud den Kollegen aus Amerika zu einem Diner in seine Wiener Wohnung ein. Anwesend waren an diesem Abend die Librettisten Alfred Grünwald und Julius Brammer, die den Text zur Gräfin Mariza geschrieben hatten, sowie Kálmáns junge Frau Vera.
Die erinnerte sich später: »Grünwald hatte eine Idee, wie man Gershwin, der mit Bruder Ira – seinem kongenialen Librettisten – in Wien war, eine Freude bereiten könnte. Man würde nach dem Essen ins Café Westminster auf der Mariahilfer Straße fahren, wo damals jeden Abend Dolfi Dauber mit seinem Vierzig-Mann-Orchester aufspielte. Während Gershwin unterwegs nach Wien war, wurden die Noten seiner bekanntesten Werke beschafft und in die Mariahilfer Straße verfrachtet. Die Dauber-Kapelle übte tagelang den für sie ungewohnten amerikanischen Sound.
Diner also bei Kálmáns. Nach dem Essen sagt Gershwin, er würde gerne in eine Bar gehen, in der man Operettenmelodien, vor allem von Kálmán, spielt. Die Wiener in der Runde warfen einander vielsagende Blicke zu, denn das war der richtige Moment, um den Überraschungscoup zu landen.
Man fuhr ins Café Westminster, wo George Gershwin Operettenmelodien zu hören hoffte. »Die Herren saßen noch nicht an ihrem Tisch«, erzählte Vera Kálmán, »da intonierte die Kapelle auch schon die Rhapsodie in Blue. Gershwin hatte Tränen in den Augen, er dachte ja, daß hier kein Mensch seine Musik kennt.«
Und dann eine schöne Geste: Gershwin nimmt einen Stift aus der Sakkotasche. Es war ein Stift, der die kleine Künstlerrunde in großes Erstaunen versetzte, denn ein solches Ding kannte man in Europa noch gar nicht. »Das ist ein Kugelschreiber«, erklärte George Gershwin, »ein neues Schreibgerät aus den USA. Mit diesem Stift habe ich die Rhapsodie in Blue geschrieben. Und ich schenke ihn Emmerich Kálmán.«
So war der erste Kugelschreiber nach Wien gelangt.
Ein Astaire-Film ohne Fred Astaire
Jahrzehnte später, im Sommer 1995, gastierte der Broadway mit dem Musical My One and Only, einer Zusammenstellung aus Gershwin-Melodien, im Wiener Ronacher. Die Aufführung hatte Schwung, war professionell inszeniert und choreografiert, doch war, wie so oft in solchen Fällen, nicht die allererste Garnitur nach Europa gekommen. Bei der anschließenden Premierenfeier flüsterte Marcel Prawy: »Es war wie ein Film mit Ginger Rogers und Fred Astaire. Nur ohne Ginger Rogers und Fred Astaire.«
Robert Stolz und der Gerichtsvollzieher
Robert Stolz litt in den zwanziger Jahren unter akuter Geldnot, war er doch mit seinem Operettentheater in der Wiener Annagasse pleite gegangen. Das einzige, das er noch besaß, war eine goldene Taschenuhr, und um wenigstens die zu retten, wandte er den folgenden – uns von Marcel Prawy überlieferten – Trick an: Wann immer der Gerichtsvollzieher Navratil kam, und das war in diesen Tagen oft der Fall, wanderte