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Frühaufsteher und Hans Moser sehr sparsam war, hat sich mittlerweile ebenso herumgesprochen wie die Tatsache, daß Helmut Qualtinger dem Alkoholgenuß nicht abgeneigt war. Also können wir uns hier auf eher unbekannte, meist heitere Episoden aus deren Leben konzentrieren.

      Die »Bilder«, die laut Friedell durch Anekdoten »gegeben« werden, zeigen ganz unterschiedliche Persönlichkeiten. Herrscher wie Maria Theresia, Josef II. und Franz Joseph. Ärzte wie Billroth und Freud. Schauspieler wie Kainz, Girardi, Oskar Werner, Moser, Hörbiger und die Wessely. Dirigenten wie Karajan. Feldherrn wie Prinz Eugen und Radetzky. Politiker wie Figl und Kreisky. Maler wie Makart und Kokoschka. Geistliche wie Abraham a Sancta Clara und Kardinal Innitzer. Komponisten wie Mozart, Beethoven, Strauß, Lehár. Dichter wie Nestroy, Schnitzler und Karl Kraus. Sie zeigen auch einige namentlich nicht bekannte Hofräte, Fiaker und den einen oder anderen Angehörigen der Unterwelt.

      Und unvergessene Kabarett-Legenden. Den Qualtinger, den Grünbaum, den Farkas. Der die heitere Episode österreichischer Provenienz so definierte: »Die Anekdote ist ein Witz, der im Burgtheater aufgetreten ist.«

      Georg Markus

      Wien, im Juli 1996

      Für dreißig Jahre unsterblich

      Komponisten sind auch nur

      Menschen

       »Was ein richtiger Musiker sein will, der muß auch eine Speisekarte komponieren können.«

      RICHARD STRAUSS

      Franz Liszt dreht das Licht ab

      Franz Liszt war auch als Pianist ein Liebling des Publikums in den noblen Salons zwischen Wien, Paris und Budapest. In jungen Jahren ein Freund des damals noch ziemlich unbekannten Frédéric Chopin, war der aus Raiding im Burgenland stammende Komponist sehr darum bemüht, seinem genialen Kollegen behilflich zu sein, in der Öffentlichkeit bekannt zu werden.

      Und er wandte dabei einen einzigartigen, höchst erfolgreichen Trick an: Liszt nahm Chopin eines Abends in eine elegante Gesellschaft mit, in der er selbst gelegentlich – jedesmal umjubelt – zu spielen pflegte.

      Wie so oft schon in diesem Salon wurde Liszt gebeten, sich an den Flügel zu setzen. Kaum hatte er Platz genommen, äußerte er den Wunsch, in absoluter Dunkelheit zu spielen, um sich besser konzentrieren zu können. Die Kerzen wurden gelöscht, und es folgte eine lange, glänzende Improvisation, die die erlauchten Besucher vollkommen in ihren Bann zog. Als das Ende gekommen war, gab es ebenso stürmischen wie lang anhaltenden Beifall, und aus den Reihen der Zuhörer drangen die begeisterten Rufe: »So kann nur Liszt spielen!«

      Da ließ dieser die Lichter wieder entzünden, und er rief aus einer ganz anderen Ecke des Saales: »Sie irren, meine Damen und Herren!«

      Und am Flügel saß ein junger Mann, den bis dahin kaum jemand gekannt hatte. Es war der Abend, an dem der Stern des jungen Frédéric Chopin zu leuchten begann. Sein einzigartiges Spiel sprach sich schnell herum, und der junge Pianist ward bald ein berühmter Mann.

      Beethoven und der Kaiser

      Ludwig van Beethoven wirkte in Gesellschaft oft »abwesend«, weil er sich voll und ganz in seine Musik vertiefte. Das ging so weit, daß er bei einem Diner in der Wiener Hofburg dem neben ihm sitzenden Kaiser Josef II. den Takt auf den Rücken schlug. So sehr der Meister von eifrigen Hofbeamten mit Blicken gemaßregelt wurde – der gütige Monarch lächelte nur und sagte: »Ein Untertan hat mich geschlagen, und ich habe ihn nicht bestraft.«

      Kaiser Josef regierte gerade in den Jahren, da die beiden größten Musikgenies in seinem Reich tätig waren. Neben Beethoven lebte auch Mozart in Wien. Wolfgang Amadeus, stets in Geldnöten, bezog ein vom Hof ausbezahltes fixes Gehalt von achthundert Gulden als Kammerkomponist, erhielt aber keinen einzigen Kompositionsauftrag. Befragt nach der Höhe seines Entgelts, sagte Mozart: »Zuviel für das, was ich leiste, aber zuwenig für das, was ich leisten könnte.«

      Eine Symphonie als Lebensretter

      Was Musik in unserem Inneren zu bewirken vermag, hat jeder schon erfahren: Momente des Glücks, der Erbauung, des Entschwebens in eine andere Welt. Eine ganz andere Dimension von Glück hatte Ende des 19. Jahrhunderts ein Konzert zur Folge, das Joseph Haydn in London gab.

      Als er am Ende einer Symphonie den Taktstock aus der Hand legte und sich verbeugte, erhoben sich die begeisterten Besucher von ihren Sesseln und strömten vor zum Orchester, um den genialen Musiker aus der Nähe sehen und bejubeln zu können.

      Kaum waren die Sitze in der Mitte des Parketts infolge der Ovationen geleert, löste sich der riesige Kronleuchter aus der Verankerung, stürzte zu Boden und zertrümmerte Teile des Konzertsaales. Abgesehen von wenigen Besuchern, die durch Kristallsplitter leichte Verletzungen erlitten, kam niemand zu Schaden.

      Als sich die erste Aufregung gelegt hatte, riefen zahlreiche Menschen das Wort »Mirakel« aus. Haydn war gerührt und dankte der Vorsehung, daß durch ein gütiges Geschick mindestens dreißig Menschen das Leben gerettet worden war. Die Symphonie aber wurde lange mit dem Beinamen Mirakel aufgeführt.

      »Da haben’s den Haydn derschossen!«

      Zu Joseph Haydn noch eine sehr wienerische Geschichte: Ein amerikanischer Tourist fragte, als er sich durch die Wiener City kutschieren ließ, seinen Fiaker, warum denn der Heidenschuß Heidenschuß hieße. Der Kutscher dachte kurz nach und sagte dann: »Weil’s da den Haydn derschossen haben!«

      Nun, Haydn starb am 31. Mai 1809 eines natürlichen Todes, selbstverständlich ohne jede Gewalteinwirkung. »Papa« Haydn, wie der schon zu Lebzeiten populäre Komponist allseits genannt wurde, stand im 78. Lebensjahr, als ihn der Tod in seinem Wohnhaus Windmühle 73 – in der heutigen Haydngasse – ereilte.

      Der Heidenschuß aber (die Verbindung zwischen dem Platz Am Hof und der Freyung) in der Wiener Innenstadt wurde nach einer im 14. Jahrhundert erstmals erwähnten Kaufmannsfamilie namens Heiden benannt. 1547 tauchte die Bezeichnung »Do der Heide schußt« auf und später ein Hausschild, das einen türkischen Bogenschützen darstellt. Ein Bäckermeister, Mitglied jener Familie Heiden, dürfte sich also, einer Sage zufolge, bei der ersten Wiener Türkenbelagerung heldenhaft hervorgetan haben.

      Dabei wären dem rührigen Fiaker auf seiner Wien-Tour mit dem Amerikaner genügend Schauplätze zur Verfügung gestanden, die tatsächlich an Joseph Haydn erinnern: In Haydns Sterbehaus in der Haydngasse befindet sich das Haydn-Museum, es gibt ein Haydn-Denkmal (vor der Mariahilfer Kirche), einen Haydn-Hof, einen Haydn-Park und neben der Haydngasse auch noch die Joseph-Haydn-Straße (im 14. Bezirk).

      Für den Touristen aus den USA bleibt Joseph Haydn freilich das Opfer eines finsteren Mordanschlages.

      Richard Wagner in Wien

      Richard Wagner gastierte des öfteren in Wien. Zunächst freilich behielt man ihn hier nicht so sehr als großen Künstler denn als wenig kreditwürdigen Schuldner in Erinnerung. Schon als neunzehnjähriger Kapellmeister mußte Wagner die österreichische Metropole fluchtartig verlassen, weil er seine hiesigen Außenstände nicht zu begleichen in der Lage war. Jahrzehnte danach, bereits ein berühmter Mann, war er in Wien wieder einmal vollkommen pleite – und so hinterließ er hier einen Kontorückstand von 30 000 Gulden.

      Eine vom Meister persönlich, wie immer äußerst impulsiv geleitete Aufführung beschrieb ein Kritiker mit den Worten: »Wagner dirigierte, nachdem er drei Taktstöcke zerdroschen hatte, mit einem aus dem Orchestergraben herausgerissenen Stuhlbein.«

      Als der König von Siam in Wien weilte, wurde er, wie in solchen Fällen üblich, von Kaiser Franz Joseph zu einer Vorstellung in die Hofoper geladen, in der man Wagners Lohengrin gab. Nach mehr als vierstündigem Kunstgenuß auf allerhöchstem Niveau wurde der orientalische

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