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Reihe von Hörspielen, ja sogar eine eigene Orchesterkomposition folgen werden.

      Mit dem aus der Sowjetunion geflohenen ehemaligen zaristischen Offizier Simon Kulatschkoff, der, nunmehr Schauspieler und Sänger, ihr ständiger Begleiter ist, übersiedelt die fünfzehn Jahre Ältere 1936 nach Wien. Das Kriegsende, das mit dem Vorrücken der Roten Armee für einen russischen Emigranten nichts Gutes verheißt, erleben Djavidan und Simon im fernen Innsbruck. Kulatschkoff tritt einen Posten in der Industrie an, Djavidan arbeitet als Dolmetscherin für die französische Besatzung.

      Ihr Versuch, eines Tages die alten Verbindungen in Paris wiederaufleben zu lassen, endet tragisch: Als Djavidan während eines nostalgischen Spaziergangs vor dem Haus, in dem sie seinerzeit mit dem Khediven glückliche Stunden verbracht hat, ohnmächtig zusammenbricht, tritt bei der Überprüfung der Papiere durch die Pariser Polizei zutage, daß dies arme Häufchen Elend vorzeiten die Gemahlin eines regierenden Monarchen gewesen ist.

      Die Heiratsanträge, die ihr daraufhin – die Presse berichtet über den Vorfall ausführlich – ins Haus flattern, schmeicheln zwar der alten Dame, können sie jedoch nicht in der Treue zu ihrem Lebensgefährten Simon Kulatschkoff beirren. Das aus England eintreffende Angebot, sich zu Probeaufnahmen für den geplanten Film »Queen for a Day« einzufinden, scheitert an der Weigerung ihres »erhabenen Vetters«, König Georges VI., der Hilfesuchenden zu einem Visum zu verhelfen. Bleibt also zur Sanierung ihrer Finanzen nur die Möglichkeit, einer großen deutschen Illustrierten ihre Memoiren zu verkaufen und im übrigen zu ihrem Cousin, Freiherrn Heinrich von Hammer-Purgstall, in die Steiermark zu ziehen, wo sie und ihr Gefährte fortan in Schloß Hainfeld bei Feldbach logieren.

      Hier entdeckt Djavidan Hanum ein letztes, in ihr schlummerndes Talent: Sie beginnt zu malen, und tatsächlich hat sie mit den berauschenden orientalischen Motiven ihrer rund 200 Bilder Erfolg, kann sogar eine Auswahl der besten in Wien, Graz und Amsterdam ausstellen. Von dem Erlös aus dem Verkauf eines Schloßbesitzes, den sie sich allerdings mit 35 weiteren Erben teilen muß, kann sie zwei kleine Eigentumswohnungen in Graz erwerben, wovon eine Simon Kulatschkoff und die andere sie selber bezieht. Bei ihrer Übersiedlung nach Graz eine Frau von siebenundsiebzig, bleibt die von Natur aus Rastlose auch jetzt nicht untätig, sondern malt weiter ihre Bilder, und ihre Hausnachbarn, von denen die wenigsten wissen, welch abenteuerreiches Leben die imposante alte Dame hinter sich hat, wissen deren freundliches Wesen so sehr zu schätzen, daß sie ihr nicht einmal ihr temperamentvolles nächtliches Musizieren verübeln. Sieben Wochen nach ihrem 91. Geburtstag stirbt Djavidan Hanum und wird auf dem Friedhof von Graz-Sankt-Leonhard beigesetzt.

      Von Beethoven zu Gandhi und wieder zu Beethoven

       Die Philanthropin Mirabehn

      Am 21. September 2002 veranstalteten die niederösterreichische Marktgemeinde Sieghartskirchen und ein Kulturverein mit dem sonderbaren Namen Mirabehn ein Friedensfest, bei dem gesungen und getanzt, musiziert und rezitiert, eine eigene CD präsentiert sowie ein Film vorgeführt wurde, dessen Titel »Bäume umarmen« dem uneingeweihten Besucher erst recht Rätsel aufgab. Der Programmzettel der von heimischen Künstlern unter Einschluß der örtlichen Schuljugend bestrittenen Darbietungen zeigte das Porträt einer Frau in mittleren Jahren, die, umgeben von üppigem Blattwerk, auf dem bloßen Rasen sitzend, in einen weißen Sari gehüllt war und eine Art Wanderstab in der Hand hielt. Ihr offener Blick und ihr sanftes Lächeln ließen auf ein freundliches Wesen schließen, ihre harmonischen Gesichtszüge auf Klugheit und Güte.

      Näheren Aufschluß gab der Begleittext: Mirabehn, so konnte man da lesen, sei »eine enge Mitarbeiterin von Mahatma Gandhi« gewesen, die sich »zeitlebens für Frieden und Umweltschutz eingesetzt« habe, und auch auf die Frage, wieso denn der 20. Todestag dieser Frau ausgerechnet in dem kleinen Ort an den Ausläufern des Tullnerfeldes begangen wurde, erhielt der Besucher Auskunft: »Sie verbrachte ihren Lebensabend in Österreich und starb am 20. Juli 1982 in Kracking, einer Katastralgemeinde von Sieghartskirchen.«

      Posthume Ehrung einer Zuzüglerin, die ihrer Wahlheimat wertvolle Dienste geleistet hatte und dadurch der örtlichen Bevölkerung ans Herz gewachsen war?

      Am 22. November 1892 kommt sie in der südost-englischen Grafschaft Surrey zur Welt. Reigate heißt der Geburtsort, Vater Sir Edmond Slade ist Admiral der britischen Kriegsmarine. Ihre Kindheit verbringt Madeleine – so ihr Rufname – auf dem Gut des Großvaters in der nahen Kleinstadt Dorking, die für ihre mustergültigen Hühnerfarmen berühmt ist.

      Die Freuden des Landlebens genügen der Heranwachsenden allerdings nicht: Von Natur hochmusikalisch, begeistert sie sich vor allem für Beethoven, hört allabendlich Schallplatten mit den Werken ihres Lieblingskomponisten, vertieft sich in seine Briefe, entdeckt seine weithin unbekannte Hinneigung zu fernöstlicher Mystik.

      Als Madeleine 16 ist, wird ihr Vater als Oberkommandierender der britischen Flottenbasis in Ostasien nach Bombay versetzt, die Familie folgt ihm in die indische Handelsmetropole mit dem bedeutenden Seehafen. Daß der einer angesehenen Hindu-Familie entstammende Mohandas Karamtschand, der nach seinem Universitätsstudium in England zunächst als Rechtsanwalt in Bombay wirkt, ehe er unter dem Ehrentitel Mahatma Gandhi den gewaltfreien Kampf gegen die britische Herrschaft in Indien aufnimmt, dereinst zu ihrem Idol, zu ihrer Leitfigur, ja zu ihrem Schicksal werden würde, kann sie zu dieser Zeit nicht ahnen …

      Madeleine kehrt in ihre englische Heimat zurück, wo sie sich vor allem in der Landwirtschaft nützlich macht. Als der Erste Weltkrieg vorüber ist und der zeitbedingt eingeschränkte Konzertbetrieb wieder voll aufblüht, setzt die inzwischen Sechsundzwanzigjährige, deren Leidenschaft für die Musik Beethovens sich noch intensiviert hat, alles daran, für ihre Landsleute Konzerte zu organisieren, bei denen auch die Werke des Wiener Meisters auf dem Programm stehen. Es will ihr nicht in den Kopf, daß die Engländer vor lauter Deutschen-Haß sogar Beethoven boykottieren.

      Um ihrem musikalischen Abgott noch näher zu kommen, beschließt sie, mit dem französischen Schriftsteller Romain Rolland in Kontakt zu treten, dessen Roman »Jean-Christophe« eine versteckte Beethoven-Huldigung ist. Dazu muß sie allerdings erst dessen Sprache erlernen: Mit dem Eifer des durch nichts zu bremsenden Fans stürzt sich Madeleine Slade in den Französisch-Unterricht. Und als sie schließlich dem großen Dichter, der 1915 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden ist (den er dem Roten Kreuz zur Verfügung gestellt hat), an seinem Schweizer Wohnort Villeneuve gegenübersteht, erfährt sie, daß Rolland sich in der Zwischenzeit einem weiteren Großen der Kulturgeschichte zugewandt und eine Romanbiographie über Mahatma Gandhi herausgebracht hat.

      Glühend vor Erregung verschlingt sie die Geschichte des indischen Freiheitskämpfers, Friedensapostels und Asketen, erkennt in dessen Lebenswerk ihre eigene Berufung und faßt den Entschluß, sich Hals über Kopf der »Großen Seele« (nichts anderes bedeutet der Beiname Mahatma in deutscher Übersetzung) anzuschließen.

      Der spontane Erwerb einer Schiffskarte nach Indien erweist sich allerdings als überstürzt: Madeleine muß sich zuerst einmal Hindustani, die Hauptsprache ihrer künftigen Wahlheimat, aneignen; auch das Leben in den klösterlichen Ashrams, das sie auf sich zukommen sieht, bedarf gründlicher Vorbereitung. Systematisch stellt die alle Konventionen ihres Elternhauses Negierende ihre Lebensweise auf Vegetariertum und Genußmittelabstinenz um, übt sich im Spinnen und Weben, lernt mit gekreuzten Beinen auf dem Boden zu sitzen und auf blankem Fußboden zu schlafen.

      1925 ist es soweit: Die Dreiunddreißigjährige tritt im Sabarmati-Ashram in Gandhis Dienste, nimmt den Namen Mira-behn an, stürzt sich mit Feuereifer in die Arbeit mit den Eingeborenen, bringt ihnen die verschiedensten handwerklichen Fertigkeiten bei, kocht für sie, betet mit ihnen, teilt mit ihnen ihr Leben. Und da sie ihre Sache gut macht, außerdem mit größter Zähigkeit an ihrer eigenen Vervollkommnung weiterarbeitet und schließlich sogar das Brahmacharya erreicht, eine Art indisches Keuschheitsgelübde, kommt der Tag, wo Mahatma Gandhi die gebürtige Engländerin zu seiner engsten Mitarbeiterin bestimmt, die ihm, dem 23 Jahre Älteren, die nach strengen Regeln zuzubereitenden Mahlzeiten auftischt, die Wäsche reinigt, die Beine massiert, ihm die Sekretariatsarbeiten abnimmt, ihn um 3 Uhr früh zum gemeinsamen Gebet weckt und auch auf manchen seiner Reisen an seiner Seite ist.

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