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richtet sich der Polizist an Otte: »Erkennen Sie diese Frau als die, welche Sie vergewaltigen wollten, wieder?«

      Das bejaht der Täter ebenfalls.

      Er sei damals in die Heide gefahren, »um mir dort eine Frau zu schnappen und diese geschlechtlich zu gebrauchen«, sagt Otte. Deshalb habe er auch zu Hause eine Schnur eingesteckt, um sie der Frau um den Hals zu werfen.

      »Ist Ihnen klar, dass die Frau umgekommen wäre, wenn die Schnur nicht gerissen wäre?«

      »Ich hatte aber nicht die Absicht, die Frau zu töten. Ich wollte nur nicht, dass sie schreit.«

      »Und am 5. Mai?«

      »An diesem Tag hatte ich nicht die Absicht, eine Frau zu vergewaltigen. Ich wollte nur eine kleine Spazierfahrt mit dem Fahrrad machen.« Erst als ihn eine junge Frau gefragt habe, von wo die Straßenbahnlinie 4 abfahre, sei ihm der Gedanke gekommen.

      Dann legt der Vernehmer das Tagebuch des Mörders auf den Tisch und schlägt es auf. »Was bedeuten die Kreuze an einigen Tagen?«

      »Das am 20. Mai steht da, weil ich das Mädchen umgebracht habe. Die anderen haben nichts Besonderes zu bedeuten. Ich habe sie immer gemacht, wenn ich meine Freundin geküsst habe.«

      Die Rätsel um das Verschwinden der kleinen Helga und um die Überfälle in der Heide sind gelöst, doch obwohl der Täter in Haft sitzt, bewegt der Fall weiterhin die Gemüter: Am 4. September geht bei der Staatsanwaltschaft Halle ein Brief ein, der mit »Stimme Hunderttausender« unterzeichnet ist. Darin steht: »Hier geht das Gerücht um, der Lustmörder Otte sei geflüchtet, um seine Verbrechen fortzusetzen. Wann werden die Schuldigen an der Misere, nebst Verschleppung des Verfahrens seit Mai, endlich verantwortlich gemacht, oder bekommen sie den Schildkrötenorden? Soll der gegenwärtige Tatbestand den vielen Tausend zählenden Interessenten auch weiterhin verschwiegen werden? Das macht böses Blut!« Der Schreiber verlangt, eine Abschrift des Briefes an Justizministerin Hilde Benjamin und den »Kinderfreund Wilhelm Pieck« (erster Präsident der DDR) weiterzuleiten.

      Ende September 1953 liegt das nervenfachärztliche Gutachten zu Otte vor. Darin wird unter anderem hervorgehoben, dass es sich beim Täter »um einen in seiner Triebstruktur abnorm veranlagten, zu Brutalität und triebhaften Sexualausbrüchen neigenden Menschen handelt, wobei die willensmäßige Lenkung und Steuerung, bzw. Dämpfung dieser tieferen Triebschichten nur ungenügend entwickelt ist«. Otte wird als »psychopathische Persönlichkeit« bezeichnet. Allerdings wird betont, Psychopathie sei keine Krankheit im Sinne des § 51 (Zurechnungsfähigkeit). »Die Gesellschaft erwartet auch von Menschen mit psychopathischen Charakterzügen eine entsprechende Einordnung in die gesellschaftlichen Belange.«

      Dennoch empfiehlt die Psychiatrie und Nervenklinik der Universität Halle beim Strafmaß zu beachten, dass Otte zum Zeitpunkt der Tat noch keine 18 Jahre alt war und darum dem § 3 des Jugendgesetzes unterliegt.

      Am 19. Oktober 1953 teilt der Generalstaatsanwalt der DDR dem Bezirksstaatsanwalt in Halle mit, dass er »mit dem beabsichtigten Strafantrag – lebenslängliches Zuchthaus - einverstanden« ist. Dann geht der Vertreter der obersten Anklagebehörde auf einen Artikel vom 8. August in der »Freiheit« ein. »Darin wird von der Bevölkerung, besonders von den Frauen, für den Jugendlichen Horst Otte die Todesstrafe für das bestialische Verbrechen gefordert. Es wäre darum angebracht, dass von einem Staatsanwalt des Bezirkes Halle ein Artikel in die Zeitung gesetzt wird, in dem man darauf hinweist, dass gemäß § 24 des Jugendgerichtsgesetzes bei Jugendlichen nicht auf Todesstrafe erkannt werden darf.«

      Am 28. Oktober beginnt vor dem III. Strafsenat des Bezirksgerichts Halle der Mordprozess gegen Horst Otte. Der Vorsitzende, Oberrichter Wicha, verkündet am 5. November das Urteil: »Der Angeklagte wird wegen Mordes zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.«

      »Der Angeklagte sei zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug, die gesellschaftliche Gefährlichkeit seiner Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln«, heißt es in der Urteilsbegründung. Nach Meinung des Senats werde das nicht nur durch die Tatsache bewiesen, dass Otte als drittbester Lehrling der Stadt Halle seine Berufsausbildung abgeschlossen hatte, sondern auch, mit welcher ruhigen Überlegung er insbesondere bei seinem ersten Vergewaltigungsversuch vorgegangen sei. »Auch der Mord an Helga Räder zeugt davon, mit welcher Besonnenheit und eiskalter Ruhe der Angeklagte alles bedacht und berücksichtigt hat, damit seine Tat nicht sofort entdeckt wird.«

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      Täter Horst Otte

      Der Vorsitzende schließt: »Unsere Kinder sind die Zukunft unserer Nation. Ihnen sollen die Früchte unseres konsequenten Kampfes um die Einheit unseres Vaterlandes, um Frieden, Demokratie und Sozialismus zu Gute kommen. Sie sollen vollenden, was fleißige Hände in unermüdlicher Arbeit zu schaffen begonnen haben. Ihnen gilt deshalb auch die besondere Fürsorge unseres Staates.« Sich an Kindern zu vergreifen, sei »im höchsten Maße gesellschaftlich gefährlich«.

      Dann direkt an Otte gewandt: »Ein volljähriger Täter hätte bei denselben Tatumständen die Todesstrafe erleiden müssen. Dass Sie davor bewahrt wurden, ist nur dem Umstand zu verdanken, dass Sie bei der Tat unter 18 Jahre alt waren.«

      Die Verfahren wegen der versuchten Notzucht seien eingestellt worden, da weitere Einzelverfahren neben der erkannten lebenslänglichen Zuchthausstrafe nicht ins Gewicht fielen.

      Im März 1970, sieben Jahre nach der Urteilsverkündung, schickt der Adoptivvater des Mörders ein Gnadengesuch an die Kanzlei des DDR-Staatsrates. Das Gesuch wird an die Gnadenkommission bei der Staatsanwaltschaft des Bezirks Halle weitergeleitet. Entsprechend der Gnadenordnung solle ein Gnadenverfahren vorbereitet werden, heißt es darin. Doch das Gesuch wird nicht befürwortet.

      Zwei Jahre später bittet Anna Otte die Bezirksstaatsanwaltschaft darum, die Haftzeit ihres Adoptivsohnes zu überprüfen. Doch auch dieser Vorstoß ist erfolglos. In der Begründung heißt es: »Das liegt in der Schwere des Verbrechens Ihres Sohnes und auch in seinem Vorleben (vorangegangenen Straftaten).«

      Erst nach der 2. Strafrechtsänderung wird Otte am 31. Mai 1977 aus dem Zuchthaus Brandenburg entlassen. Er ist 41 Jahre alt, hat während seiner Haftzeit den Facharbeiterbrief als Dreher erworben und einen Meisterlehrgang absolviert.

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