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gestellt. Für das Fundbüro.«

      »Alles klar. Kümmere ich mich drum.« Als Bürgermeister dieser kleinen Insel war er offensichtlich für alles zuständig. Ob Strandkörbe, herrenlose Fahrräder ….

      »Ich habe übrigens wegen der Fahrräder den Leiter des Fundbüros anrufen wollen. Der war aber nicht da.«

      »Schon gut, ich gebe es weiter.« Tino Middelborg blickte den Polizisten freundlich an. »Gibt es sonst was Neues?«

      »Wegen der Toten?« Michael Röder schüttelte den Kopf. »Nach erstem Anschein ist sie erschossen worden. Aber letztendlich können uns nur die Mediziner in Oldenburg nach einer genauen Untersuchung etwas sagen.«

      »Na ja, sie wird nicht gleichzeitig vergiftet und erschossen worden sein«, erwiderte Middelborg.

      »Hat es alles schon gegeben. Obwohl ich das nicht glaube, werde ich mich hüten, eine Aussage dazu zu machen«, erklärte Röder. »Warten wir es also gelassen ab.«

      »Sie sind gut. Gelassen!« Middelborg erzählte dem Polizisten, wie bei ihm die Telefone heißliefen. »Am besten wäre es, wenn wir bei allen Insulanern eine gründliche Hausdurchsuchung machen und alles beschlagnahmen würden, was auch nur ansatzweise wie ein Mordinstrument aussieht.«

      »Da würde sich meine Sandra aber ganz schön bedanken, wenn sie in Zukunft ohne Küchenmesser auskommen sollte.« Michael Röder lächelte. »Ich möchte im Moment echt nicht mit Ihnen tauschen. Das ist bestimmt nicht einfach. Ich hoffe mal, dass wir schnell Ergebnisse haben.«

      Werner Gronewald kam als Erster vom Schiff. Middel­borg hatte ihn im Herbst bereits einmal getroffen. Bei der Deichschau. Kurz nachdem er seinen Bürgermeisterposten angetreten hatte.

      »Schön, dass Sie da sind«, begrüßte er ihn freundlich. »Gehen wir zu mir nach Hause. Im Büro haben wir keine ruhige Minute.« Er berichtete Gronewald kurz, was auf der Insel passiert war.

      Werner Gronewald deutete auf eine Gruppe, die zielstrebig auf den Inselpolizisten zulief. »Habe mir schon gedacht, dass etwas passiert sein muss. Die Herren sehen so offiziell aus. Gar nicht wie Urlauber. Besonders der mit der schwarzen Aktentasche. Kennen Sie die?«

      »Nein. Der letzte Mordfall war vor meiner Amtszeit«, sagte Middelborg.

      »Aber Sie denken nicht im Ernst, dass hier so eine Art – wie soll ich es nennen – ›Mörderischer Kaninchen­krieg‹ ausgebrochen ist?«, fragte Gronewald.

      »Ich hoffe nicht«, erwiderte der Bürgermeister. Er stellte Gronewalds Tasche in seinen Fahrradkorb. »Schön, dass es heute schon klappt mit unserem Treffen. So haben wir bis zur morgigen Ratssitzung Zeit, um Informationen auszutauschen.«

      »Sie sind aber nicht der Einzige, der um ein Gespräch gebeten hat«, erklärte Gronewald. »Sie wissen, wer Enno Seeberg ist? Ich habe mit ihm in Norden meine Ausbildung gemacht. Vor vielen Jahren. Und genau der hat mich heute Morgen angerufen, weil er mich sprechen wollte. Er sagte etwas von ›der Wahrheit die Ehre geben‹ oder ähnliches.«

      Middelborg überlegte. »Der arbeitet im Büro bei der Reederei, oder? Und – ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, ich habe den Mann hin und wieder mit Anke Hasekamp gesehen. Und die ist Vorkämpferin für unseren Kaninchenbestand.«

      »Na, da bin ich gespannt, was der von mir will«, überlegte Werner Gronewald.

      »Ich auch. Möchten Sie sofort mit ihm sprechen?«, fragte Middelborg, als sie am Reedereigebäude vorbeigingen.

      Gronewald winkte ab. »Nein. Ich habe mich mit ihm für heute Abend in der Alten Liebe verabredet. Sie wissen schon, das Angenehme mit dem Nützlichen …«

      *

      »Sag, dass das nicht stimmt.« Arndt Kleemann schaute seinen Baltrumer Kollegen und Freund voller Unglauben an. »Ich habe ja schon viel erlebt, aber glaubst du wirklich, dass das der Grund sein könnte?«

      »Ich weiß es nicht. Aber der Streit zwischen den beiden verfeindeten Gruppen bietet sich an, oder nicht?« Michael Röder und die anderen Polizisten saßen in der kleinen Baltrumer Wache. Röders Blick fiel zufrieden auf Gero Schonebeck. Er mochte den Mann aus Aurich, der bereits zwei Jahre zuvor ein Mitglied des Ermittlungsteams gewesen war.

      Er hatte fest damit gerechnet, dass Klaus Kockwitz wieder auf der Insel erschien. Ein unangenehmer Mensch, voller Vorurteile und nicht gut zu ertragen. Aber der lag im Bett. Fahrradunfall. Röders Bedauern darüber hielt sich in Grenzen.

      »Also fassen wir zusammen: Da gibt es die Proniggels …«

      Gero Schonebeck fing an zu lachen. Erst verhalten, dann prustete er laut heraus. »Tut mir leid, Freunde. Ein echt irrer Name. Zeugt von absoluter Ernsthaftigkeit bei der Verfolgung großer Ziele!«

      »Gero! Bitte!«Es half nichts. Mochte der Anlass ihres Beisammenseins auch tragisch sein – die drei Männer brachen in lautes Gelächter aus.

      Gerade in diesem Moment öffnete Eilert Thedinga die Tür zur Wache. »Was ist denn hier …?« Ratlos schaute er in die Runde.

      »Jungs, kommt. Wir müssen uns auf die Arbeit konzentrieren.« Arndt Kleemann schlug mit der flachen Hand auf den abgenutzten Bürotisch. »Eilert, hast du dein Gepäck in die Dienstwohnung gebracht?«

      Eilert Thedinga nickte. »Auspacken kann ich später.«

      Die Polizisten waren vom Schiff aus direkt in die Dünen gefahren. Gemeindebrandmeister Meinders hatte den Landrover zur Verfügung gestellt. Noch war es für die Arbeit der Spurensicherung hell genug gewesen. Die Experten hatten die Insel wieder verlassen, nachdem sie Edith Oligs und den Fundort der Leiche begutachtet hatten. Viel hatten sie nicht sicherstellen können. Genauer gesagt eigentlich gar nichts, was erste Hinweise auf den Täter oder die Täterin hätte geben können. Einige Patronenhülsen von Jagdmunition aus dem Umfeld der Leiche waren in die Sicherungsbeutel gewandert. Man würde sehen, ob sich aus dem Einschussloch in der Stirn der Toten neue Erkenntnisse ergeben würden. Der Leichnam von Edith Oligs war auch auf dem Schiff gewesen, mit dem die Spurensicherer die Insel verlassen hatten.

      »Das Opfer hatte also keine Verwandten?«, fragte Gero Schonebeck seinen Baltrumer Kollegen.

      »Na ja, bis auf ihre Tochter. Die lebt allerdings nicht hier. Sie ist Künstlerin. Macht in Bernsteinschmuck und hat einen Laden in Hamburg«, erklärte Röder. »Edith Oligs hat allein und zurückgezogen gelebt. Laut konnte sie nur werden, wenn es um die Belange der Tiere ging. Vornehmlich der Kaninchen, die, wie gesagt, lange nicht bei allen Insulanern gerne gesehen sind. Da kannte die Oligs keinen Kompromiss. Sie hat sogar mal bei einer der letzten Jagden mit einem Mega­phon in den Dünen gestanden und laut geschrien. Das war für die Jagd natürlich nicht so positiv. Jörg Weber ist stinksauer gewesen damals.«

      »Dann sollten wir uns also bei den Jägern umsehen«, schlug Gero Schonebeck vor.

      »Sicherlich. Und bei denen, die am liebsten alle Kaninchen von der Insel weghätten. Jemand wie Ingeborg Opitz, ihr Mann Hartmut, Oliver Abels …« Michael Röder erzählte, was den Krokussen in Opitz’ Garten passiert war. »Ihr glaubt nicht, wie wütend die war.«

      »Wer ist Oliver Abels?«, fragte Arndt Kleemann.

      »Ach, eigentlich ein ganz Netter. Hotelier. Gemeinde­ratsmitglied. Allerdings rennt er seit Jahren einer Idee hinterher. Er will unbedingt mitmachen bei Unser Dorf hat Zukunft. Und darum will er sich von den Kaninchen verabschieden. Weil die Buddellöcher das Gesamtbild erheblich beeinträchtigen, wie er pausenlos zu verstehen gibt. Der Mann hat viele Anhänger hier.«

      »Aber wem könnte die Oligs so auf den Schlips getreten sein, dass man sie gleich umbringt?«, fragte Gero Schonebeck.

      »Das sollten wir möglichst schnell herausfinden«, antwortete Thedinga. »Nicht, dass es zum guten Schluss zum Showdown der diversen Gruppen mit Lanze und Machete kommt und die Sieger die Verlierer in die Nordsee treiben.«

      »Also, bei wem fangen wir an?« Arndt Kleemann war aufgestanden.

      »Du und Gero, ihr nehmt euch die Proniggels

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