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sie und verließ den Raum.

      „Du bist gefeuert! Endgültig! Ich mach dich fertig!“, klang es hinter ihm her.

      Timo lachte.

      ***

      ­Melanie saß beim Frühstück und las die Nachrichten in ihrem Smart­phone. Sie fühlte sich nach einer traumlosen Nacht ausgeruht und gehörte zu den letzten Frühstücksgästen, bevor das Buffet abgeräumt wurde.

      Sie dachte an ihren Besuch im Silbernen Bein. Im Nachhinein kam es ihr albern vor, das Risiko eingegangen zu sein, den Keller der Wirtschaft zu untersuchen. Dennoch sagte der Bauch ihr, dass es spannend sein könnte, hinter diese verborgene Tür zu schauen. Deshalb schrieb sie eine neue Notiz in ihr Handy: Schutzraum Kneipe: Warum wird ein genutzter Zugang versteckt?

      Die Pöbeleien des jungen Mannes, Schneider hieß er, gingen ihr durch den Kopf und sie musste zugeben, dass das Eingreifen des Langhaarigen durchaus Stil gehabt hatte. Er schien nicht nur ein interessanter Typ, sondern auch Stammgast im Lokal zu sein. Ihn sollte sie im Auge behalten.

      Sie trank den Kaffee aus und überprüfte ihre Mails. Abgesehen von ein paar Werbebotschaften gab es eine Nachricht, in der sich der Kollege meldete, an den sie Klienten während ihrer Abwesenheit verwies. Er hatte eine Anfrage und wollte wissen, ob sie den Auftrag zu übernehmen gedenke. Sie lehnte ab und wünschte dem Detektiv viel Erfolg.

      Schnell schrieb sie Pascal Wolter eine Botschaft, in der sie mitteilte, dass sie sich in Bad Homburg befand und in den nächsten Tagen melden würde, falls es Neuigkeiten gäbe. Zunächst war es jedoch wichtig, ein Schwimmbad zu finden und bestenfalls ein Fitnessstudio dazu. Es war jetzt bereits der zweite Tag ohne den gewohnten Sport und das ging gar nicht. Außerdem vermisste sie ihren geliebten Strandkorb. Sie musste unbedingt eine gemütliche Ecke finden, die ihr als Ersatz für ihr Refugium dienen konnte.

      Nachdem sie an der Rezeption gefragt hatte, packte sie ihre Badesachen ein und spazierte bei angenehmen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein durch den Kurpark zum Seedammbad.

      Das Außenbecken hatte leider noch nicht geöffnet, aber ­Melanie genoss es dennoch, die kürzeren Bahnen im Innenbereich mit kräftigen Zügen zu durchpflügen, bis sie nach 2.000 Metern kurzatmig aus dem Wasser stieg.

      Als sie später das Bad verließ, verspürte sie Tatendrang, obwohl sie keine Idee hatte, wie sie etwas über Jan Wolter und sein Verschwinden in Erfahrung bringen sollte, ohne sich zu outen.

      Am Thermalbad entlang spazierte sie zurück in den Park und betrat die Brunnenallee im Kurpark.

      Beinahe hätte sie die Männer übersehen, die auf einer Mauer vor einem Trinkbrunnen saßen. ­Melanie schaltete die Musik aus, trennte das Kabel der Kopfhörer von ihrem Smartphone und verstaute alles in ihrer Sporttasche. Langsam schritt sie an der Szene vorbei und blieb an einem Baum stehen, von dem aus sie einen günstigen Blick auf das Geschehen bekam.

      Schneider saß neben einem Typen um die vierzig. Der trug ein schwarzes Sakko zu einer gleichfarbigen Jeans und redete auf sein Gegenüber ein, der ihm gespannt zuzuhören schien.

      Was der Mann wohl von dem rabiaten Jüngling wollte?

      Sie ärgerte sich, dass sie ihre Kamera nicht mitgenommen hatte, um aus der Entfernung ein paar Aufnahmen machen zu können.

      Der Ältere hatte die Ansprache beendet und drehte sich um. Er ging den Weg entlang zur Brunnenallee, der unweit von ­Melanies Standort endete. Schnell sprang sie zu einer Parkbank und ­setzte sich keine Sekunde zu früh. Der Rothaarige mit dem kurz geschnittenen Vollbart schlenderte an ihr vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen.

      ***

      „Wie ist es gelaufen?“ Frank ­Schüttler lehnte sich im Bürosessel zurück und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf.

      „Ist alles auf dem Weg, wie ich es gesagt habe.“ Timo stand vor dem Schreibtisch. Der Disput und die Kündigung vom Vormittag schienen vergessen. Der Architekt wirkte bestens gelaunt. Die gewellten Haare lagen genauso akkurat wie am Vormittag und Timo fragte sich wieder einmal, wie viel Zeit er wohl für das perfekte Styling benötigte. „Es gibt doch noch etwas. Wir wurden beobachtet.“

      ­Schüttler setzte sich aufrecht hin und nahm einen Füllfederhalter, mit dem er spielte. „Wieso? Von wem?“

      „Wenn ich das wüsste. Eine Frau, so Mitte dreißig, hat sich von der Brunnenallee aus für uns interessiert und dabei vermutlich Fotos mit dem Smartphone geschossen. Schneider hat sie zuerst bemerkt, worauf ich anschließend an ihr vorbeigegangen bin. Ich kenn die nicht.“

      „War es vielleicht diese Journalistenschnepfe vom Taunusblick, die uns letztens mit ihren Fragen und Recherchen auf den Nerv ging? Wie hieß die gleich?“ ­Schüttler zündete sich eine Zigarette an, stand auf und öffnete das Fenster.

      „Du meinst Nadine Gissel. Nein, die sieht anders aus. Ich glaube nicht, dass die Tussi im Park eine Reporterin war. Schon allein, wie sie mir später gefolgt ist. Ich hatte fast den Eindruck, sie sei eine Polizistin.“

      Der Chef zog die Stirn in Falten. „Red keinen Scheiß. Sie hat dich wirklich verfolgt? Bist du dir sicher?“

      „Ja, ganz bestimmt. Ich hab sie bis zur Kurhausgarage geführt und dort abgehängt. Ich behaupte ja nicht, dass sie von der Polizei war. Schien mir nur so. Manchmal habe ich sie unterwegs nicht gesehen und plötzlich tauchte sie vor mir wieder auf. Machte sie ziemlich professionell.“

      „Das gefällt mir nicht. Schnüffeleien sind das Letzte, was wir brauchen.“

      Timo winkte ab. „Frank, das ist mir eh klar. Ich sage dir das nur, damit du in den nächsten Tagen aufpasst.“ Er beschrieb ­Melanie in wenigen Worten. „Sei einfach vorsichtig.“

      ***

      ­Melanie betrat das Silberne Bein, wo ihr nicht nur ein ordentlicher Geräuschpegel, sondern zudem alkoholgeschwängerte Luft entgegenschlug. An einer Seite des Lokals hatte man die Tische zusammengerückt, an denen eine Gruppe jüngerer Leute feierte. Gegenüber, in der Nähe des Tresens saß ein Gast um die fünfzig, der ein paar Kilogramm zu viel mit sich herumschleppte. Die kurzen schwarzen Haare hatten längst Raum für die Verbreiterung seiner Stirn gemacht. Der Bartschatten sollte dies vielleicht kaschieren.

      Er lächelte ­Melanie an, die unschlüssig in der Wirtsstube stehen blieb. Schließlich nahm sie am Nachbartisch des Mannes Platz und nickte ihm zu.

      „Na, eine Bionade Kräuter?“

      ­Melanie zuckte zusammen. ­Sabrina musste aus einer seitlichen Tür gekommen sein, die ­Melanie bisher nicht wahrgenommen hatte.

      „Ja, gerne.“

      Der Tischnachbar beugte sich ein wenig herüber. „Sie hab ich hier noch nie gesehen. Sind Sie das erste Mal da?“, rief er laut genug, um den Lärm der Feier zu übertönen.

      Interessant, wie einfach es hier war, Kontakt zu bekommen!

      „Beinahe, ich war gestern hier“, entgegnete sie.

      ­Sabrina stellte die Limonade und ein Glas vor ­Melanie.

      Er klopfte auf seinen Bauch und lachte. „Da war ich im Fitnessstudio. Man muss ja was machen.“

      ­Melanie wurde es zu blöd, sich auf die Entfernung hin zu unterhalten. Sie stand auf und ging hinüber.

      „Darf ich hier Platz nehmen? Ist mir zu anstrengend, so zu schreien.“ Sie zeigte in Richtung der Gruppe. „Die Gesellschaft ist ziemlich ausgelassen.“

      Er deutete auf einen Stuhl. „Gern. Hier ist es immer gleich sehr laut, sobald mehr als fünf Gäste quatschen. Ich heiße Ralf ­Rosenthal. Ich wohne nebenan.“

      „­Melanie Gramberg. Bin hier auf Urlaub.“ Sie setzte sich.

      Sie plauderten ein bisschen über Bad Homburg. ­Rosenthal verkündete stolz, von Geburt an im Nachbarhaus zu leben. Die ganze Nachbarschaft sei alteingesessen, auch wenn in den vergangenen Jahren ein paar Auswärtige zugezogen seien.

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