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sie ihn dann mit spröder Fröhlichkeit aus dem Schlaf. Als sie gegen Mittag an der alten Höhle ankamen, war er von dem Fußmarsch so hungrig, dass er in dem Touristenrestaurant ein komplettes Mittagsmenü in sich hineinschlang, bevor es dann durch glitschig kalte Felsgänge, vorbei an morschen Bärenknochen und spitzen Stalagmiten, in die dunkle Tiefe hinabging. Dort unten empfand er die erschreckendste Dunkelheit seines Lebens. Der Führer schaltete ohne Ankündigung alle künstlichen Leuchtkörper aus, und er selbst fühlte sich plötzlich von Händen gepackt und mehrere Male im Kreis gedreht. Dann war das Licht plötzlich wieder da, die abrupte Stille löste sich in der beruhigenden Helligkeit und ging in allgemeines Mutgeplapper über.

      Aber Moira war verschwunden.

      Und er, verwirrt von Dunkelheit und Tiefe, gefoppt von einem irischen Irrlicht, marschierte an wilden Hecken und verlassenen Farmen vorbei zurück in den kleinen Ort.

      Als er am Cottage ankam, war er ebenso erschöpft wie sein Vorrat an Flüchen aufgebraucht. Er warf sich leise stöhnend auf die Couch im Wohnraum und fiel in einen tiefen Schlaf.

      Waren es zehn Minuten? Eine Stunde? Jedenfalls wurde er von Teeduft und dem Geruch von würzigem, warmem Brot geweckt. Leise Musik, heimeliges Klirren, ein flackernder TV-Bildschirm.

      »Mach das Kaminfeuer an, bevor wir ins Bett gehen!«

      Moira stand vor dem Fenster, durch das noch Abendlicht hereindrang, und klopfte auffordernd mit dem Teelöffel gegen eine Tasse, die sie in der Hand hielt.

      Dann waren die Laken nicht mehr klamm, und er tauchte tief in die feuchtwarme Erde Irlands ein. Er ließ sich aufsaugen von düsteren Heldensagen, roch frisches Heu und wilde Pferde und wurde schließlich von den hohen Wellenkämmen des Atlantik als Gischt wieder an die sanften Strände des Westens gespült. In der Wärme der Sonne rastete er, um sich danach erneut gefährlicheren Abenteuern hinzugeben.

      Als er anderntags völlig zerschlagen erwachte, war das Bett neben ihm leer, und die Berge waren in tiefe Wolken gehüllt. Aber am Abend kam Moira wieder, und sie spielten auf der Harfe. Er war voll des Staunens. Wie konnte ein so dunkles Instrument derart helle, wohlklingende Töne von sich geben?

      Und am nächsten Abend wieder ein neues Lied und wieder und wieder... und immer war Moira bei Tagesanbruch verschwunden. Das hätte bis zum Urlaubsende so weitergehen können - wenn nicht nach einem dieser musikalischen Mittwochsbesäufnisse in der Dorfkneipe die wohlmeinende Stimmung der Iren in kalte Feindschaft gegen ihn umgeschlagen wäre.

      Da war wohl die Zunge leicht und das Gehirn benebelt. Über Gott und die Welt redeten sie wieder, die Schranken der Vorsicht fielen auch bei ihm. Er schwatzte, über seine Heimatstadt, seinen Beruf.

      Schnell war die Dorfpost, sehr schnell! Als er unsicher in die Laken fand, waren diese wieder feucht und klamm und leer.

      Von diesem Abend an behandelten ihn die vorher so herzlichen Iren als Unperson. Nur der Dorfdepp winkte ihm noch grinsend auf der Straße zu und brabbelte sein unverständliches Kauderwelsch,

      Und dann kamen die beiden Tiere. Auf einmal saßen sie vor der Tür des Cottage. Sheila, eine schwarzweiß gefleckte Mischlingshündin, und Moritz, ein grau getigertes Dorfkaterchen. Diese Namen hatte er ihnen gegeben, und irgendwie hörten sie sogar darauf. Sie wurden schnell zutraulich, so zutraulich, wie es irischen Tieren eben möglich war.

      Schließlich schliefen sie sogar bei ihm im Haus. Gestern noch zerbrach er sich den Kopf darüber, ob er sie vielleicht mit nach Hause schmuggeln sollte.

      Die Sorge war er jetzt los.

      Eine Bestrafung? Warum? Wofür? Und von wem? Es war Zeit, diesen unwirtlichen Ort zu verlassen.

      Claire kam natürlich nicht selbst. Sie schickte eine ihrer Bedienungen aus dem Restaurant, die stumm und mürrisch die Zahlen von Gasometer und Wasseruhr ablas und ihm dann immer noch wortlos die Schlussrechnung präsentierte. Musste ihr ganz schön schwerfallen, diese Schweigsamkeit.

      Als er ihr die blauen und grünen Punt-Noten über die hölzerne Tischplatte zuschob, kassierte sie, ohne ihn anzusehen. Mit ungelenken Fingern schrieb sie die Quittung aus und beantwortete sein gemurmeltes >good bye< nicht mal mit einem Kopfnicken.

      Es war noch immer nicht die Zeit der Touristenbusse aus Frankreich. Er lenkte den Mietwagen vorbei an dem grauen Spiegel der Atlantikbucht durch den fast menschenleeren Ort. Die verrottete Tanksäule an der Ecke. Das winzige Postamt auf der linken Seite. Claire's Restaurant gegenüber. Der kleine Spar-Laden. Ein Pub mit dem Guinness-Zeichen. Letzte weiße Häuschen. Hüfthöhe Mauern und wilde Fuchsienhecken an der gewundenen Straße nach Galway.

      Und kein letztes Winken von Moira.

      Das war’s dann also gewesen.

      1

      ACHTZEHN SEX-ÜBERFÄLLE IN ZWEI WOCHEN Täter lauern Frauen in Kneipen und Parks auf. Von Fredy Lang exp Düsseldorf - Die Radlerin (14) fuhr nachmittags am Sportpark Niederheid entlang. Plötzlich sprang ein Mann aus dem Gestrüpp, riss die Schülerin zu Boden. Der Sex-Gangster würgte die Frau, versuchte ihr die Kleidung herunterzureißen. Das Mädchen schrie laut um Hilfe. Passanten eilten hinzu. Erst dann ließ der Mann (etwa 25 Jahre) von ihr ab, flüchtete unerkannt.

      Nur eines von 18 Sexualdelikten, die sich in den vergangenen zwei Wochen in Düsseldorf, Mettmann und Neuss ereigneten. »Erschreckend ...«, sagt ein Polizeisprecher.

      (Düsseldorfer Boulevardblatt EXPRESS über die Serie von Vergewaltigungsversuchen, die die Menschen in und um Düsseldorf beunruhigt)

      (...)

      3. Wenn Sie eine Anzeige erstatten möchten, gehen Sie bald zur Polizei, da die Chancen, den Täter zu fassen, dann größer sind. Die Polizei fährt Sie auch nach der Vernehmung zur ärztlichen Untersuchung. Sie haben das Recht, von einer weiblichen Beamtin vernommen zu werden. Lassen Sie sich Namen und Tagebuchnummer geben, damit Sie sich auch später noch mit ihr in Verbindung setzen können. Dies ist auch wichtig für eine Dienstaufsichtsbeschwerde, die Sie einlegen können, wenn Sie unverschämt behandelt worden sind.

      Erzählen Sie möglichst frei, damit Sie nicht nur auf die speziellen Fragen der Beamtin reagieren müssen.

      Unterschreiben Sie das Protokoll nur, wenn alle Einzelheiten stimmen. Ist das nicht der Fall, bestehen Sie auf einer Änderung. Das ist wichtig für den späteren Prozess, bei dem die Aussage womöglich gegen Sie verwendet werden kann, um Sie unglaubwürdig zu machen. Da Sie das Protokoll nicht ausgehändigt bekommen, sollten Sie sich anschließend auf jeden Fall ein persönliches Gedächtnisprotokoll anfertigen, denn es vergehen Monate bis zum Prozess.

      Ganz wichtig: Beweismaterial nicht vernichten! Schlüpfer, zerrissene Kleidung aufbewahren! Waschen Sie sich nicht, bevor die ärztliche Untersuchung stattgefunden hat!

      (Aus: Merkblatt für die Frau nach einer Vergewaltigung, Herausgegeben vom Arbeitskreis »Sexuelle Gewalt« c/o Notruf für vergewaltigte Frauen)

      »Ja, damit hätten wir’s dann wohl!«

      Der Leiter der Schutzpolizei wirft fast die Kaffeetasse um, als er von seinem Stuhl im Zimmer des Leiters der Kriminalpolizei auf springt. Benedict, der in Vertretung seines Chefs, des Leiters der Kriminalgruppe 1, an dieser Vorbereitungsbesprechung teilnimmt, packt seine Notizen zusammen. Das wird wohl ein heißer Tag werden, am nächsten Mittwoch: Sicherheitsprobleme

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