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MONTE. Eveline Keller
Читать онлайн.Название MONTE
Год выпуска 0
isbn 9783347018716
Автор произведения Eveline Keller
Жанр Триллеры
Издательство Readbox publishing GmbH
5.
Nachdem Uschi die Montagssitzung geschlossen hatte, räumte ich auf, schob meine Notizen in die Handtasche und sperrte das Sitzungszimmer zu, um zum Restaurant Linde zu gehen, wo der Team-Wochenend-Anlass geplant werden sollte. So eine verordnete Teamförderung mutete mir immer an wie ein Besuch bei der Dentalhygienikerin. Man brachte es hinter sich, um einem größeren Übel vorzubeugen. In diesem Fall, um ein offenes Zerwürfnis der Behördenmitglieder zu vermeiden.
Selbst zu dieser späten Stunde war es schwül, die Luft ähnelte einer klebrigen Suppe. Spontan entschied ich mich, den Weg unten herum durchs Dorf einzuschlagen. Das war ruhiger als an der Hauptstraße entlang und ich würde um die zwanzig Kalorien zusätzlich verbrauchen. Ich sog den Duft von blühenden Rosenbüschen ein und schlenderte die Gasse hinunter. Da und dort grüßten Berwiler aus ihren Gärten, viele waren beim Gießen ihrer Pflanzen.
Die Dämmerung stahl sich in die Nacht hinüber und die Luft erschien mir geschwängert von der Sehnsucht nach Küssen und Liebesschwüren. Ein seltsames Ziehen in der Herzgegend wies mich auf den verwaisten Platz an meiner Seite hin.
Als Single war ich eines jener bedauernswerten Individuen, das seine bessere Hälfte noch nicht gefunden hatte, herum driftete und vorgab, alles locker zu sehen, während die biologische Uhr immer lauter tickte. Doch wie, bitte schön, sollte ich den Zukünftigen kennenlernen? Beim Zu-Hause-Herumsitzen würde ich nie Mister Perfect begegnen. Wenigstens ein paar Qualitäten müsste er aufweisen. Jeden würde ich nicht nehmen.
Erstens müsste er Verständnis für Frauen haben, feinfühlig sein, sensibel, aber kein Weichei. Nein, er sollte ein Mann durch und durch sein. Einer mit Muskeln, mit Sixpack wäre schön. Ich mühte mich schließlich auch ab, keinen Riesenarsch zu haben. Und wie. Er sollte auf sein Äußeres achten, müsste aber schon zum Anfassen sein. Er sollte belesen sein, Humor haben, gute Laune verströmen, auch mal Fünfe gerade sein lassen und wenn er kochen könnte, umso besser. Außerdem müsste er etwas von Technik verstehen, zum Beispiel ein Fahrrad reparieren können. Obwohl ich gar nicht Fahrrad fuhr, es ging ums Prinzip. Und er sollte heiß aussehen, allerdings nicht zu gut, nicht so, dass ihn mir gleich alle unverheirateten Freundinnen ausspannen würden.
So schwer konnte das doch nicht sein, aber alle in Berwil infrage kommenden Kandidaten hatte ich bereits abgehakt. Einziges Single-hetero-Exemplar im heiratsfähigen Alter war: Robin. Und ich wurde das Gefühl nicht los, dass ganz Berwil nur darauf wartete, dass es zwischen uns funkte. Träumt weiter, liebe Freunde! So verzweifelt war ich noch nicht.
Natürlich gab es noch die Möglichkeit, im Internet jemanden zu finden. Die Wahrscheinlichkeit, einen Sechser im Lotto zu haben, war allerdings ungefähr gleich so hoch wie die, auf einer dieser Partnersuche-Plattformen den passenden Mann zu finden. Da tummelten sich Tausende. Und es gab keine Garantie, dass der vermeintliche Traummann einen nicht hemmungslos anschwindelte. Unter dem Strich kam meistens nichts dabei heraus.
Ebenfalls zum Partnerthema gehörte das Kinderthema. Manchmal träumte ich davon, mit einer goldhaarigen Tochter und einem Lausbubensohn über eine Blumenwiese zu hüpfen. Daneben, am Boden auf einer Decke ausgebreitet, ein reichhaltiges Picknick und ein in der Sonne dösender Ehemann. An einem solchen Punkt griff ich gern zum Hörer und rief meine beste Freundin Manuela an. Ein Gespräch mit der Mutter von drei kleinen knubbligen Kindern ließ meinen Kinderwunsch immer sehr schnell abkühlen und jedes Mal legte ich geläutert auf. Die Pendenz Familie wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Sollte die Hormonuhr ruhig ticken. Wenn es sein musste, konnte ich heutzutage noch mit sechzig Mama werden.
Meinen Ex vermisste ich nicht. Ich bereute nicht, mich von ihm - oder meinetwegen er sich von mir - getrennt zu haben.
Doch statt weiter über die Männerfrage zu sinnieren, lenkte ich meine Gedanken in dieser warmen Sommernacht lieber auf Iris Furrer. Auf dem Foto von Markus hatte sie elfenartig, ja entrückt ausgesehen. Eben nicht von dieser Welt, wie Dora behauptet hatte. Diese zarte Frau hatte sicherlich auch nach der großen Liebe gesucht. Was war daran verwerflich? Zu gerne hätte ich mehr über sie gewusst. Sogar Robin hatte was mit ihr gehabt. Mit Peter, dem heutigen Mann von Dora, konnte ich sie mir nur schwerlich vorstellen. Aber wie war sie zu Kevin gekommen? Da der Fall nun mir übertragen worden war, musste ich versuchen, mehr über sie herauszubekommen.
Im Begriff, die Straße zum Brunnen zu überqueren, sah ich, wie eine Frau hinter dem alten Milchhäuschen verschwand. War das Uschi? Was tat sie da? Und um diese Zeit. Sie wohnte doch oberhalb der Hauptstraße. Neugierig lehnte ich mich an die Hauswand.
Eine Männerstimme flüsterte: „… sie hat was gemerkt?“
Die Antwort war zu leise für meine Ohren. Wieder der Mann: „Wenn ich dich nur immer in meinen Armen halten könnte.“
Küsse und beschäftigte Lippen. „… auf keinen Fall was merken.“
„Hm, wie herrlich du dich anfühlst. Kann so was denn Sünde sein?“
„Ich muss …“
„Ich weiß.“
Weitere Kusslaute.
Was um alles in der Welt tat ich da? Wie eine Spannerin stand ich hier, meine Wangen wurden siedend heiß. Schnell wandte ich mich ab, schritt am Brunnen vorbei und zügig in Richtung Restaurant. Flüchtig sah ich über die Schulter zurück, konnte jedoch niemanden erkennen.
Aufgewühlt kam ich im bunt beleuchteten Gartenrestaurant an. An hellgrün lackierten, runden und eckigen Tischen bot es Platz für über dreißig Gäste, doch zu dieser späten Stunde saßen nur wenige da. Ein nicht mehr ganz junges Pärchen vorne rechts tuschelte verliebt. Zwei Tische weiter hinten klopfte ein Trio aus der Männerriege beherzt einen Jass. Links neben ihnen waren Markus und Robin ins Gespräch vertieft, jeder hatte ein Bier vor sich stehen.
Ich machte vorsichtige Schritte über den Kiesboden, um meine neuen Pumps nicht zu ruinieren. Ein zaghaftes Lächeln spannte meine Lippen, denn die Misstrauenssache saß mir noch in den Knochen. Mit aufgesetztem Selbstbewusstsein nahm ich zwischen den beiden Platz.
„Da ist ja unsere Detektivin. Hast du deine Kamera auch dabei?“, Markus schaute scherzend unter den Tisch.
„Aber sicher, immer!“, ich wies auf mein Handy.
„Oh, zeig mal“, Robin nahm es. „Wo schaltet man es ein? Aha!“, und machte es aus.
Wie witzig.
„Nicht, dass du uns ausspionierst, wir sind hier ganz privat.“
Ich wollte widersprechen, besann mich aber eines Besseren.
„Moment. So einfach kommst du nicht davon. Jetzt wird erst mal richtig Brüderschaft getrunken. Bedienung: Eine Runde Mojitos bitte!“, orderte Markus beim herbeieilenden Wirt. Ich bestellte ein Mineralwasser.
Während wir auf Dora und Uschi warteten, prosteten wir uns mit den Mojitos zu. Anschließend wollten die beiden die Brüderschaft mit einem Kuss besiegeln.
„Halt. Für jeden Kuss müsst ihr mir eine Frage zu Iris beantworten.“
„Ah! Was willst du denn wissen?“, fragte Robin.
„Wie war das mit Iris und dir?“
„An vier von drei Tagen haben wir uns gestritten. Oder war es umgekehrt?“ Schon beugte er sich mit gespitzten Lippen über mich. Ich tauchte glucksend weg.
„Stopp! Was heißt das? Wie ist das gemeint?“
„Kriege ich jetzt den Kuss?“
„Erst die Frage beantworten.“
„Sorry, ohne mich. Der Deal war: eine Frage, ein Kuss.“
Mit solchen Einwänden mochte mich nicht aufhalten und wandte mich an Markus. „Du verscheißerst mich nicht, oder?“
Robin knurrte beleidigt: „Hab ich dich etwa …?“
„Woher kam Kevin, ihr