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      Weitere Werke der Autorin:

      Atemzug, tredition GmbH, Neuauflage Juli 2020.

      Die Zürcher Achse, tredition GmbH, Juli 2020

      (vormals Rose of India)

      MONTE, tredition GmbH, Juli 2020

      Eveline Keller, 1959 in Zürich geboren, lebt mit ihrer Familie in Wallisellen bei Zürich, und schreibt regelmässig Kolumnen in einem Online Magazin. 2009 verfasste sie den ersten Krimi Atemzug, mit Neuauflage im Juli 2020. Es folgte der Krimi Die Zürcher Achse. Das neueste Werk ist der Kriminalroman MONTE, er erscheint im Sommer 2020. Bevor sie sich ganz der Schriftstellerei widmete, arbeitete die diplomierte Betriebsökonomin im Gemeinnützigen Frauenverein Zürich, im Amt für Justizvollzug und bis zu ihrer Pensionierung an einer Schule.

      Der folgende Text enthält Helvetismen. Für Risiken und Nebenwirkungen lesen sie die Kurzbeschreibung oder fragen die Autorin.

       EVELINE KELLER

       MONTE

       Die verschwundenen Kinder

      © 2020 Eveline Keller

      Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

      ISBN

      Paperback: 978-3-347-01870-9

      Hardcover: 978-3-347-02358-1

      e-Book: 978-3-347-01871-6

      Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

      1.

      An diesem Dienstag im Juni 2012 fand mit einem Schuss die Berwiler Beschaulichkeit ein jähes Ende. Das Foto unter den Schlagzeilen, das noch gleichentags im Internet die Runde machte, zeigte Hans Furrer in Handschellen selbstbewusst in die Kamera lächelnd, daneben mich, Janet, zerzaust und unfertig bekleidet mit einer Pistole in der Hand.

      Man hätte meinen können, ich hätte geschossen. Aber eins nach dem andern.

      An diesem Dienstag also, schlief ich und war abgrundtief in der Traumwelt versunken. Ein Zustand, der durch die fatale Kombination meiner Dauer-Diät und dem vorabendlichen Behörden-Trinkgelage hervorgerufen worden war. Wohlgemerkt, nur zur besseren Teambildung hatte ich am vergangenen Abend fünf Mojitos getrunken und das auf leeren Magen.

      Lästig bohrte sich ein Klingeln und Hämmern in meinen komatösen Schlaf. Jemand rief meinen Namen, kniete auf der Glocke und polterte an die Tür. Erschrocken sprang ich auf und sackte gleich wieder zusammen, meine Füsse waren noch nicht wach.

      „Ich kom…!“ Meine Lippen bewegten sich zwar, heraus kam jedoch nur ein leises Röcheln, meine Stimme war noch nicht da. Konfus eilte ich zur Tür. „Aufmachen!“, lärmte es draußen.

      Ich öffnete vorsichtig einen Spalt breit.

      Ist ja offen, wollte ich sagen, aber jetzt, wo meine Stimme funktioniert hätte, blieben mir die Worte im Hals stecken. Hans Furrer stand vor mir, mit einer Waffe in der Hand.

      Spinnt der? Tür zu und abgesperrt! Ich preßte mich daneben an die Wand und starrte auf das Schloss.

      „Aufmachen! Verdammich!“

      Ein Schuss knallte. In meinen Ohren begann es zu pfeifen.

      „Wohl wahnsinnig!“, brüllte ich.

      „Aufmachen!“

      „Erst wenn Sie versprechen, nicht mehr zu schießen!“

      „Ja! Los!“

      Mit schlotternden Knien öffnete ich. Der kalte Luftzug erinnerte mich daran, dass ich in der Eile vergessen hatte, etwas überzuziehen. Hastig schnappte ich mir eine Jacke aus der Garderobe, während Hans Furrer schon an mir vorbei ins Wohnzimmer stürmte. Den Quadratschädel gesenkt wie ein Büffel vor dem Angriff, die Arme links und rechts neben dem Körper schwingend, als müsste er sich einen Weg bahnen, schien er zu allem entschlossen. Mitten auf dem großen Teppich vor dem Couchtisch blieb er schnaufend stehen und schaute sich um. In seinen Augen lagen Wut und Ohnmacht. Seine schiere Präsenz ließ das Zimmer schrumpfen. Er hatte definitiv einen Hang zur Dramatik, das war mir bekannt. Doch dass er wie ein Desperado um sich schießen würde, davor hatte mich bisher keiner gewarnt.

      Ich war ihm gefolgt und stand ihm nun gegenüber. Jeder Mensch reagiert in Ausnahmesituationen anders, hat seine eigene Überlebensstrategie. Die einen schreien das Haus zusammen, andere ergreifen die Flucht. Wieder andere versuchen abzulenken. Zu Letzteren gehörte ich.

      „Was zu trinken? Meine Kehle ist wie zu“, deutete ich. Das Herz klopfte mir bis zum Hals.

      Er schüttelte den Kopf.

      „Was dagegen, wenn ich …?“

      Furrer nickte zu meiner Schrankküche und zischte, ich solle vorwärtsmachen.

      Wie auf Eiern bewegte ich mich zum Spülbecken, kramte mit bebenden Fingern zwei Alka-Seltzer aus der Schublade, warf sie ins Glas und füllte Wasser ein. Während sie aufschäumten, brütete ich über dem Grund des Überfalls. Und kam zu keinem Ergebnis. Stattdessen drängten sich mir Bilder des vergangenen Abends auf, darunter das von Robin, wie er mir behilflich war beim Aufschließen der Haustür. Ich schielte zum Bett und atmete auf. Die zerwühlten Laken waren leer.

      Das Geräusch über den Steinboden kratzender Stuhlbeine riss mich aus meinen Gedanken.

      „Setzen!“, bellte Furrer und wies auf den Stuhl.

      „Was wollen Sie in aller Herrgottsfrühe von mir?“, murrte ich.

      „Es ist zehn nach drei Uhr, nachmittags, mein Fräulein! Und Sie wissen ganz genau, was ich will.“

      Sein schulmeisterlicher Ton nervte und natürlich meldete sich prompt mein schlechtes Gewissen. Um Zeit zu schinden, hielt ich mir das Glas vors Gesicht.

      „Sind Sie etwa wegen der Sozialbehörde hier?“

      Ich, Janet Perlitz, war diesen Frühling in die Sozialbehörde von Berwil gewählt worden, als nebenamtliche Milizfunktionärin. Es war eine stille Ersatzwahl für Anne Loosli gewesen, meine Vorgängerin, die an Gebärmutterhalskrebs erkrankt und deshalb zurückgetreten war.

      Seit zwei Jahren wohnte ich schon hier und hatte mich in dieses kleine Dorf verliebt. Als man einen Ersatz für Anne suchte, hatte ich eine Chance gesehen, mich für das Wohl der liebgewonnenen Mitbürger einsetzen zu können. Meine Begeisterung für die Übernahme des Amtes teilten jedoch nicht alle.

      „Dieser Haufen von Unfähigen“, knurrte Furrer.

      Ausgerechnet gestern, bei der behördlichen Sitzung, hatten wir seine Anfrage besprochen. Er hatte darin ultimativ die Beibringung seiner Enkelinnen gefordert und schriftlich gedroht: „Sonst passiert was!“ Woraufhin sich Kollege Markus Kehl zu der Äußerung hatte hinreißen lassen: „Der Furrer, das alte Raubein, kämpft wieder mal gegen Windmühlen. Seit dem Tod seiner Frau Nelly ist er völlig von der Rolle.“

      Selbst mir, der Neuen, war die Geschichte von Hans Furrer bekannt. Er war ein vom Schicksal schwer geprüfter Mann. Vor zwei Jahren hatte man seine Tochter Iris, oder deren sterbliche Überreste, auf der A1, Höhe Winterthur-Wülflingen, aus ihrem Fiat schneiden müssen. Schwerer Verkehrsunfall mit Todesfolge. Nach ihrer Beerdigung war sein Schwiegersohn Kevin mit den Enkelinnen abgereist, mit unbekanntem Ziel. Vor zehn Tagen war die nächste Katastrophe für ihn eingetreten: Seine Frau Nelly starb an Kehlkopfkrebs. Es war schnell gegangen. Für ihn viel zu schnell.

      Ich schaute ihn über den Rand des inzwischen mit Schaumresten verklebten Glases an.

      „Und

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