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auffüllen, Lager sauber halten. Eigentlich hätte natürlich auch die Buchführung zur Ausbildung gehört, man hätte also eine gewisse Zeit auch mal in die Buchführungsabteilung gesetzt werden müssen, um zu sehen, wie eingehende Ware eingebucht wird, wie sich nun der Preis einer Ware errechnet. Das Verständnis dafür wurde nämlich auch in der Berufsschule verlangt, aber in meinem Ausbildungsbetrieb gehörte das nicht zum Ausbildungsplan (wenn es so etwas überhaupt gab). Also lernte ich in unserer Scheinfirma die Buchführung und auch den Einkauf, die Kalkulation. Bei unserem Lehrherrn fand so etwas auch nur nach den Verkaufszeiten statt, dann wurden wir Lehrlinge meistens drei junge Männer (Mädchen wurden nicht genommen, denn die konnten ja keine Öfen schleppen) zusammengerufen und dann erzählte uns unser Chef im rein theoretischen Unterricht, wie alles funktioniert. Wie der Selbstkostenpreis errechnet wird, wie hoch der Gewinn sein muss und wie man die Ware präsentieren muss.

      Wer aber bei den Scheinfirmen mitmachte, hatte den anderen etwas voraus, weil man ja selbst rechnen musste, Eingangsbücher führen musste, dann den Preis der fiktiven Ware ausrechnen musste. War eine tolle Sache. Und damals brummte ja die Wirtschaft. Wir hatten richtig mit anderen Scheinfirmen zu tun und wir schrieben uns Rechnungen für imaginär geliefertes Material. Es gab zum Beispiel auch eine Scheinfirma in Rüsselsheim bei der logischerweise viele Opel-Lehrlinge mitarbeiteten. Ab und zu veranstalteten wir richtige Messen, dann kamen die Kolleginnen, Kollegen aus anderen Scheinfirmen. Dafür wurden im Haus der Jugend, in Hildesheim, richtige Stände aufgebaut und während der „Messe“ wurden dort Werbegespräche geführt gezeigt, was die Anderen konnten und was wir konnten. Wir hatten richtig Spaß daran uns praktisch spielerisch weiter zu bilden.

      Aber die Welt drehte sich nicht nur um Arbeit und Gewerkschaft inzwischen hatten meine Eltern eine schöne Wohnung in Hildesheim gefunden und waren nun auch hierher gezogen. Weil ich mich inzwischen auch mit Tapezierwerkzeugen gut auskannte, konnte ich beim Tapezieren der Wohnung hilfreich zur Verfügung stehen. Wir wohnten ziemlich zentral, etwa so am Rande der Stadtmitte. Ich bekam ein eigenes Zimmer mit einem schönen Blick in den Garten.

       Mit der Gewerkschaft in die Welt

      Aber es war ja nicht nur so, dass wir in der Freizeit auch noch arbeiten wollten, nein wir hatten auch Jugendfahrten, Jugendfreizeiten. Und irgendwann entdeckte man auch das Interesse am anderen Geschlecht. Wir hatten eine Freizeit am Schliersee, in einem DAG-eigenen Freizeitheim, also das hatte was. Da lernte ich auch eine meiner ersten Lieben kennen. Ein junges Mädchen aus der näheren Umgebung Hildesheims. Leider lag das Problem der Beziehung darin, dass der Personennahverkehr damals noch nicht so ausgebaut war wie heute und man musste dann neben der Arbeit eben auch solche weiteren Fahrten noch unter den Hut bringen und daran zerbrach diese zarte Liebe irgendwann, an der Entfernung.

      Wer will die Zeit der Jugend missen, gerade in den Jugendfreizeiten mit der DAG boten sich vielfältige Anknüpfungsmöglichkeiten und ich war kein Kind von Traurigkeit.

      Auch wenn ich nicht jede meiner großen Lieben aufzählen möchte, so sei eine ganz große Liebe doch noch erwähnt, meine schweizerische Liebe Maja. Maja Priem aus St. Gallen. Ja offenbar hatte ich damals trotz schwieriger Verkehrsanbindungen eine gewisse Affinität in Fernbeziehungen und diese schlug alle Rekorde. Wir hatten mit der DAG, eine Bildungsfreizeit in Fällanden, in der Schweiz, in der Nähe von Zürich gemacht und da unsere Unterkunft eine Art Jugendherberge war, war Maja mit einer anderen Gruppe ebenfalls dort untergekommen. Unser Ziel dort war es, uns Schweizer Firmen anzuschauen und zu sehen, dass uns diese im sozialen Umgang mit ihren Beschäftigten Lichtjahre voraus waren (damals schon!). Der Migros-Konzern, war ein Betrieb der von uns besucht wurde. Mit dem, was die damals schon hatten, fangen heute moderne Firmen wie zum Beispiel IT-Firmen oder andere Firmen des Neuen Marktes an. Zum Beispiel Ruhezonen, wo die Beschäftigten hingehen konnten, sich hinlegen und einfach mal eine halbe Stunde abschalten. Die mussten sich nicht einmal ausstempeln das ging im gegenseitigen Vertrauen. Aber wenn jemand so eine halbe Stunde hatte, dann war der doch gleich wesentlich fitter, auch für die Arbeit, aber so weit denkt man bei uns leider immer noch nicht. Bei uns denkt man nur in Kostenfaktoren.

      Sei es drum in unserer Unterkunft, in Fällanden, am Greifensee, lernte ich Maja Priem kennen und es war wirklich meine erste große Liebe, so richtig mit Schmetterlingen im Bauch. Und als wir uns trennen mussten, weil wir wieder jeder für sich, nach Hause fahren musste, weinten wir bittere Tränen und versprachen uns zum Abschied, immer zu einer bestimmten Zeit über den Mond, am offenen Fenster aneinander zu denken. Aber nicht nur zu Mondzeiten, auch so hatte ich oft mein Fenster daheim geöffnet und schaute sehnsüchtig in den Himmel dabei dachte ich wirklich oft an Maja, stellte mir ihr Gesicht vor und was sie wohl gerade machen würde. Das ging eine ganze, ganze Weile so. Aber das Leben holt einen irgendwie immer wieder auf den Teppich zurück.

      Eines schönen Tages schaute ich mal wieder himmelwärts aus dem Fenster und sah, wie Segelflieger ihre Kreise zogen. Und da schaute ich den Segelfliegern ganz versonnen nach. Das ging ein paar Mal so und dann bin ich mal mit meinem Fahrrad raus, zum Flugplatz gefahren. Der Flugplatz gehörte zur Kaserne der britischen Streitkräfte, die sich die Kasernenanlage mit den Heeresfliegern der Bundeswehr teilten. Hinter den Unterkunftsblöcken der Kasernenanlage führte ein Weg direkt auf den Flugplatz und sonntags beflogen dort zwei Segelflugvereine den Platz. Der eine Verein war der Deutsche Aeroclub und der andere Verein gehörte zu den Briten. Bei den Briten wohnten auch viele Zivilpersonen mit in der Kasernenanlage und auch teilweise die Familien der Soldaten. Aber weil die Heeresflieger sonntags keine fliegerischen Aktionen hatten, konnten wir den Platz wunderbar nutzen. Eines schönen Tages sagte ich meinen Eltern, dass ich zu den Segelfliegern fahren wolle, um dort mitfliegen zu wollen. Meine Mutter fiel wieder einmal aus den Wolken, in die zu steigen ich gedachte und meinte nun, mir die fürchterlichen Gefahren des Fliegens ohne Motor klarmachen zu müssen. Aber letztendlich meldete ich mich an und war fortan jeden Sonntagmorgen, schon um 08: 00 Uhr auf dem Flugplatz.

      Ich lernte fliegen. Fast mein ganzes, in der Lehre schwer verdientes Geld ging für den Beitrag im Segelfliegerclub drauf. Aber es lohnte sich. Man wurde von der Winsch in den Himmel gezogen. Anfangs im Zweisitzer, mit dem hinter mir sitzenden Fluglehrer und später, wenn der Lehrer meinte, dass man den ersten Alleinflug machen könnte, durfte man auch alleine aufsteigen. Die Fliegerei war eine herrliche Erfahrung. Steil, mit der Nase, der Flugzeugnase, voran wird man von der Winde in den Himmel hoch gezogen. An einem Punkt, den man nach einigen Flügen im Gefühl hat, nimmt man die Nase geradeaus und klinkt das Seil aus, das gibt einen kleinen Ruck und dann ist man da oben allein – völlig losgelöst. Man gleitet so ruhig da oben hin, nichts als das leise Rauschen des Windes, der über die Tragflächen streicht, und das leise surren vom Vibrieren der Drähte, die die Verspannung zusammenhalten, ist zu hören, unvergleichlich. Aber ich will nicht Träumen sondern berichten. Als Flugschüler hatte ich allerdings ein Problem, man hatte mir, weil ich mit 1,94 Metern für so ein Cockpit ziemlich lang war, immer das Sitzkissen unter dem Hintern weg gezogen und als ich mir die erste Schwinge, für den ersten Alleinflug erflogen hatte und auf der Graspiste landete, war das recht unsanft. Aber auch wenn mein Allerwertester dann schon durch die huckelige Piste malträtiert war, dann verlangte es die Tradition trotzdem, dass man sich über die Fläche beugte und dann kriegte man von jedem Anwesenden einen Schlag auf den sowieso schon arg strapazierten Hintern. Trotzdem möchte ich diese Zeit nicht missen.

      Nach drei Jahren hatte ich meine Lehre beendet. Ich war nun Kaufmann im Einzelhandel. Aber die Seefahrt spukte immer noch in meinem Hinterkopf herum und in meiner Lehrzeit hatte ich einen ehemaligen Beschäftigten aus meiner Lehrfirma kennengelernt, der zur Marine gegangen war. Der war nun in seiner schicken Uniform auf Heimaturlaub. Natürlich freute er sich über das Interesse des Jüngeren und er konnte das Leben bei der Bundesmarine in den schönsten Farben darstellen. Bei mir fielen diese Prosabeschreibungen auf fruchtbaren Boden und so kümmerte ich mich fortan darum, wie ich meinen Weg zur Bundesmarine finden würde.

       Die Schule der Nation

      Zur Schule der Nation oder einfach zum Bund, so sagte man gemeinhin zum Wehrdienst bei der Bundeswehr, musste ich so oder so, denn es gab noch die allgemeine Wehrpflicht, zu der jeder junge Mann herangezogen wurde. Es sei denn er verweigerte aufgrund seines Glaubens oder anderer wichtiger Gründe den Wehrdienst. Aber da wurde dann eine Gewissensprüfung gemacht, die durchaus als kaum

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