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Hoffnungslosigkeit. Er war nahe dran, aufzugeben.

      Da feuerte Scobey ihn an. Ausgerechnet Scobey, für den es vor ein paar Tagen noch undenkbar gewesen wäre, eine Waffe anzurühren.

      »Nochmals, Lorman! Sie schaffen es schon!«

      Die Indianer überschütteten seine Deckung mit einem Pfeil und Kugelregen. Scobey schoss jetzt sparsamer. Clay ahnte, warum. Scobeys Munition wurde knapp. Ein Würgen war in Clays Kehle. Er lief wieder zu den Pferden. Mit anfeuernden Rufen führte er sie ein Stück vorwärts, bis die Sielen sich spannten, die Deichsel sich hob. Die Kutsche kam hoch.

      »Brav so!«, lobte Clay die Tiere. »Bleibt jetzt so stehen, meine Guten! Immer mit der Ruhe, es passiert euch schon nichts!«

      Die Verzweiflung hatte ihn auf eine Idee gebracht. Er warf den beiden vordersten Gespannpferden Decken über die Köpfe, so dass sie plötzlich wie im Finstern standen und sich nicht mehr vor und zurück trauten. Clay brachte das Rad auf die Achse, setzte den Splint ein und merkte plötzlich, dass er weiche Knie hatte. Eine Cheyennekugel fetzte Splitter neben ihm los.

      »Großartig, Lorman!«, schrie Scobey. Im selben Moment wurde er getroffen. Er zuckte heftig zusammen und verlor fast das Gewehr.

      Clay wollte zu ihm. Da schoss Scobey schon wieder auf die zwischen den Felsen und Tannen hervorstechenden Mündungsfeuer.

      »Nur ein Kratzer, Lorman! Spannen Sie die Gäule vor! Wird Zeit, dass wir uns nach einem weniger lauten Rastplatz umsehen.«

      Clay biss die Zähne zusammen. Aber Scobey hatte recht. Er brachte die Gäule wieder nach vorn, befestigte die Deichsel. Das alles dauerte ihm viel zu lange. Jeder Handgriff kostete kostbare Sekunden. Und immerzu hatte er den mühsamen Klang von Scobeys Stimme und das Dröhnen der Schüsse in den Ohren.

      Endlich! Die Gäule schnaubten und tänzelten aufgeregt. Noch drückten die Bremsklötze gegen die Räder, so dass sie die Kutsche nicht vom Fleck brachten.

      »Lorman!«, schrie Scobey verzweifelt. »Ich schaff es nicht mehr! Sie brechen durch!«

      Clay rannte zu seinem am Boden liegenden Gewehr. Scobeys Karabiner peitschte noch einmal. Dann füllte Hufgedröhn das langgezogene Tal. Scobey war hinter seiner Deckung zusammengesunken. Verzweifelt, aber ohne Kraft versuchte er, die Waffe nochmals hochzubringen.

      Auf den ersten Blick schien es, als jagten mehrere reiterlose Mustangs am Waldrang entlang. Dann sah Clay die Hände, die sich an den Mähnen festkrallten. Fußspitzen lugten unter den Pferdebäuchen hervor. Der alte Trick! Wie hingeklebt hingen die Krieger an der von den Weißen abgewandten Pferdeseite. Clay schoss, während er zu Scobey rannte. Zwei Mustangs brachen im vollen Galopp zusammen. Ihre Besitzer rollten sich geschmeidig ab und verschwanden wie Raubkatzen zwischen den Bäumen. Unter den Hälsen der weiterjagenden Tiere stießen Mündungsfeuer hervor. Ein kurzer Schmerz glühte über Clays linken Oberschenkel.

      Er traf wieder ein Pferd. Mit Wutgeheul rasten die beiden übrigen Reiter zum Taleingang zurück. Doch ihre an den Talhängen verborgenen Stammesbrüder hatten sich mittlerweile fast bis auf gleiche Höhe mit den Weißen vorgearbeitet. Clay ließ sich neben Scobey fallen. Keine Sekunde zu früh. Ein wahrer Geschosshagel prasselte ins Tal. Clay packte den Zeitungsmann an der Schulter.

      »Scobey, wo hat es Sie erwischt?«

      Scobey starrte ihn mit trüben Augen an.

      »Die rechte Hüfte!«, stöhnte er. »Verflucht, das brennt wie Feuer! Lorman, zum Teufel, warum sind Sie nicht einfach losgefahren?«

      »Wir werden beide von hier verschwinden.«

      Scobey schüttelte erschöpft den Kopf. Gehetzt blickte Clay zur Kutsche. Zwanzig Yards, und er würde Scobey mitschleppen müssen. Nein, es war nicht zu schaffen. Er presste sich neben Scobey enger gegen den Felsblock und lud sein Gewehr durch.

      Die Kutsche stand fluchtbereit. Die Pferde waren durch das Fahrzeug vor den Schüssen der Indianer geschützt. Aber Clay hatte nur die Wahl, seinen und Scobeys Skalp so teuer wie möglich zu verkaufen.

      11

      Clinton befestigte gerade die frischgefüllte Wasserflasche am Sattel, als er die Schüsse hörte. Er drehte sich sofort zu Joana um. Sie saß noch auf dem umgestürzten Baum neben der Quelle. Ungläubiges Erschrecken spiegelte sich in ihren Augen.

      »Komm!«, sagte der Revolvermann rau. »Wir müssen weiter, bevor sie auch uns erwischen.«

      Sie erhob sich, blieb jedoch jenseits des niedrig flackernden Feuers.

      »Du hast also damit gerechnet, dass sie noch immer hinter uns her sind«, flüsterte sie. »Trotzdem ...«

      »Komm endlich!«, unterbrach er sie barsch. »Wär' es dir lieber, wir würden nun auch in der Klemme stecken? Damit wäre Clay und dem Zeitungsschreiber nicht geholfen. Verdammt noch mal, wir haben das Geld und wir leben. Nichts sonst ist wichtig!«

      Joana presste die Hände vor der Brust zusammen und atmete heftig. Dabei sah sie ihn an, als würde sie zum ersten Mal erkennen, wie er wirklich war. Ein Flackern von Angst und Abscheu war plötzlich in ihrem Blick.

      »Du hast mich betrogen, Rhett! Genau wie damals, als du mir die Nachricht von Clays Tod gebracht hast.«

      »Später, wenn wir in Sicherheit sind und Gras über die Sache gewachsen ist, wirst du sicher alles verstehen«, sagte er rau. Er ging um das Feuer herum zu ihr. Als er nach ihrem Arm griff, wich sie aus. Plötzlich lief sie an ihm vorbei zum Pferd. Er begriff sofort, was sie wollte.

      »Joana!«

      Er stürzte hinterher. Da zerrte sie Clays Winchester 66 aus dem Sattelfutteral und legte auf ihn an. Clinton blieb ruckartig stehen.

      »Sei nicht verrückt, Joana!«, beschwor er sie. »Du kannst nichts mehr für sie tun.«

      »Wenn die Cheyennes sie töten, hast du sie auf dem Gewissen, Rhett.«

      »Sie haben die Kutschenpferde! Sie haben Waffen! Wenn ...«

      »Und du hast fünfzehntausend Dollar, Rhett! Dafür nehme ich mir das Pferd.« Sie warf ihm den Geldkoffer vor die Füße.

      »Wahnsinn!«, keuchte Clinton. Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn. »Du reitest in den Tod, Joana! Um Himmels willen, denk doch nur eine Minute vernünftig nach! Ich hab doch alles auch getan, weil ich nicht wollte, dass du ...«

      »Bleib stehen, Rhett!«, drohte sie, als er sich bewegte. »Zwing mich nicht zum Äußersten!«

      »Du wirst nicht schießen nach allem, was ...«

      »Gerade deshalb!« Ihre Stimme klang wie brechendes Glas.

      Clinton schrie: »Verdammt, ich bin erledigt, wenn du mich ohne Pferd mitten in der Wildnis zurücklässt!«

      Joana presste die Lippen zusammen. Ihre Miene war starr. Als sie sich in den Sattel schwang, kam das Gewehr kurz aus der Richtung. Da hielt Clinton auch schon seinen Colt in der Hand. Es war eine Reflexbewegung. Sie wurde ihm selber erst bewusst, als er die Waffe bereits im Anschlag hielt.

      »Das ist dein wahres Gesicht, Rhett«, sagte die Frau tonlos. Sie ließ die Winchester sinken. »Wenn du wirklich bereit bist, mit meinem Leben für das Pferd und die fünfzehntausend Dollar zu bezahlen, dann schieß!«

      Clinton atmete stoßweise. Nach einer Weile überwand sie sich und zog das Tier herum.

      »Joana!«, schrie er verzweifelt, ließ den Colt fallen und rannte zu ihr. Der Braune scheute. Joana schlug mit dem Gewehr zu, streifte Clinton jedoch nur an der Schulter. Der Schmerz entfachte wilde Wut in ihm. Rücksichtslos riss er die Frau aus dem Sattel. Sie schrie, als sie hart auf die Erde stürzte. Schon war er über ihr.

      »Das wirst du mir büßen!«, keuchte er. Sein sonst glattes und kühles Gesicht war verzerrt. Ihr windender, bäumender Körper versetzte ihn wie in einen Rausch. Der Wolf in ihm war erwacht.

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