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Höllentempo fegte die Kutsche aus dem Tal. Die ersten berittenen Verfolger tauchten hinter ihr auf. Klippen und Bäume rückten nun noch dichter an das Fahrzeug heran. Es gab hier keinen festgefahrenen Trail. Instinktiv folgten die Pferde der Spur, die Clinton zusammen mit Joana hinterlassen hatte. Der Fahrtwind presste die offene Tür nach hinten.

      Clay hielt sich mit einer Hand im Innern der Kutsche fest und beugte sich hinaus. Die Erde schien unter ihm wegzufliegen. Die wirbelnden Räder waren graue Scheiben. Ein Rudel tief auf die Pferdehälse geduckter Reiter preschte hundert Yards hinter dem Gefährt aus dem Taleinschnitt heraus. Wütend und entschlossen, sich die Beute nicht noch in letzter Minute entgehen zu lassen, schlugen die Indianer auf ihre Gäule ein.

      Clay tastete mit einer Hand nach oben, bis er das Dachgitter zu fassen bekam. Ein kurzes Atemholen, dann schwang er sich hinaus und packte auch mit der zweiten Hand zu. Der Aufbau bog sich in den Lederschlaufen.

      Die Verfolger schrien. Schüsse blitzten.

      Die Zähne zusammengebissen, zog Clay sich hoch, bis er zuerst mit dem Oberkörper, dann ganz auf dem Dach des wie irr dahinbrausenden Fahrzeugs lag.

      Die Cheyennes holten auf. Vor Clays schweißüberströmtem Gesicht bohrte sich ein Pfeil ins Kutschenholz. Clay hielt sich mit einer Hand am niedrigen Gitter fest, zog den Colt und schoss dem vordersten Verfolger das Pferd unterm Hintern weg. Dann schob er sich neben die entsetzensbleiche Frau auf den Bock.

      Rechts huschte ein Felsen so knapp vorbei, dass Clay ihn mit der Hand hätte berühren können. Steine spritzten unter den Rädern, Funken sprühten unter den Hufen.

      »Festhalten!«, schrie Clay, als sich das Gelände plötzlich vor ihnen senkte. Die Pferde stürmten einen mit Sträuchern bewachsenen Hang hinab. Wie eine Ramme brach die Kutsche durch dichtes Gestrüpp. Zweige peitschten die Flanken der Pferde. Die Räder sprangen über eine Bodenwelle. Dann spritzte Wasser unter den Hufen.

      Aus!, war Clays erster entsetzter Gedanke. Aber der Creek war nur knietief, sein Grund kiesig. Schon ging es drüben wieder eine sanfte Böschung hinauf und weiter, vorbei an Felsen und buschbedeckten Hängen. Clay kam es wie ein Wunder vor, dass das schwankende Fuhrwerk noch nicht zerschellt war. Die ganze Zeit rannte Clays Brauner neben dem wie von Teufeln gehetzten Gespann.

      Mit gellendem Geschrei galoppierten die Cheyennes hinter der Concord aus dem Creekbett. Der Pulk hatte sich auseinandergezogen. Drei, vier Krieger waren nur mehr dreißig Yards hinter den Flüchtenden. Sie hatten ihre Gewehre, Decken und Lederbeutel weggeworfen, um ihre Mustangs von jedem überflüssigen Ballast zu befreien. Nur Messer und Tomahawks hingen an ihren Gürteln. Wie mit ihren Tieren verwachsen, schoben sie sich immer bedrohlicher an die Kutsche heran.

      Die Zügel!, dachte Clay verzweifelt. Das Dröhnen der Hufe und Rattern der Räder lag als tödliche Drohung in seinen Ohren. Aber wenn er das Gespann nicht bald unter Kontrolle bekam, brachen sie sich noch alle das Genick.

      Joanas Kopf fuhr halb herum, als er nach vorn rutschte. Ihre Blicke trafen sich. Die Todesangst in ihren Augen spornte ihn an. Die Rücken der Pferde erschienen ihnen zum Greifen nahe. Aber da waren auch die scharfkantigen Hufe, die die Grasnarbe zerfetzten. Sie würden ihn erbarmungslos zermalmen, wenn er nicht richtig sprang.

      Geduckt richtete er sich auf, balancierte kurz und stieß sich entschlossen ab. Joana stieß einen Schrei aus. Da landete er schon auf dem Rücken des Grauen rechts vor dem Kutschbock. Er glitt halb ab. Im letzten Moment hielt er sich an der Mähne fest. Das Pferd schnaubte erschrocken. Aber die anderen ließen ihm keine Wahl, als das Tempo mitzuhalten.

      Clay drehte sich halb, um Joana beruhigend zuzuwinken. Da sah er schräg hinter ihr einen Cheyenne, der sich auf gleiche Höhe neben die Kutsche geschoben hatte. Triumph glühte auf dem bemalten Gesicht des Kriegers. Er streckte eine Hand nach dem Dachgitter aus. Da packte Clay seinen Colt, schoss, und der Indianer verschwand vom Rücken des weiterpreschenden Gauls.

      Mit gespannter Miene wartete Clay auf das Auftauchen des nächsten Gegners. Da deutete Joana mit einer Hand entsetzt nach vorn. Was sie schrie, war im Lärm nicht zu verstehen. Dann sah Clay sowieso, welche neue Gefahr drohte. Die durchgehenden Pferde hetzten auf ein Gewirr von Klippen zu, die so eng zusammengewürfelt waren, dass das Fahrzeug unweigerlich an ihnen zerschellen musste. Nur mehr hundert Yards. Und die Entfernung schmolz, als würde die Kutsche wie von einer Sturmbö auf die Todesmauer zugetrieben.

      Rasch steckte Clay seinen Colt weg. Er beugte sich tief am Pferdehals vorbei hinab, konnte jedoch die schleifenden Zügel nicht erwischen. Die langen, verwickelten Leinen schlenderten einmal nach links und nach rechts. Außerdem war die Deichsel dazwischen.

      Nochmal! Clay hielt sich mit einer Hand an der Mähne fest und rutschte seitlich so tief, dass er nur mehr das Bein über dem Pferderücken hatte. Jetzt! Während er die Zügel packte, drang wie von weit her Joanas Schrei. Clay schwang sich mit den Zügeln in der verkrampften Linken hoch. Die Felsen! Nur noch dreißig Yards, zwanzig, fünfzehn ...

      Er riss an den Ledersträngen. Die Klippen flogen mit erschreckender Geschwindigkeit heran. Clay wurde nicht bewusst, dass er aus voller Kehle auf die Pferde einschrie. Mit aller Kraft stemmte er sich gegen die Zügel.

      Knapp zehn Schritte vor den Felsen bogen die Pferde nach links ab. Die Kutsche jagte in eine halsbrecherische Kurve. Da fiel Clay wieder Joanas Schrei ein. Während die Gäule immer noch in voller Karriere weiterstoben, fuhr er herum. Auf dem Kutschbock rang Joana verzweifelt mit einem Cheyenne. Ein zweiter zog sich vom Pferd gerade auf das Kutschendach. Gegenüber trieb ein anderer Indianer seinen Mustang auf gleiche Höhe mit dem Kutschbock. Auch er schien entschlossen, sich auf das dahinbrausende Fahrzeug zu schwingen.

      Clays Rechte stieß zur Halfter. Leer! Der Colt war herausgeglitten, als er sich nach den Zügeln gebückt hatte. Alles umsonst! Verzweifelt versuchte Clay, das Gespann zum Stehen zu bringen. Aber das Dröhnen der Hufe ließ nicht nach.

      Plötzlich warf der Krieger bei Joana die Arme hoch, stürzte nach vorn und verschwand unter dem weiterrollenden Gefährt. Clay traute seinen Augen nicht.

      Schräg voraus war ein Mann zwischen den Klippen hervorgesprungen. Mit dem Colt in der Faust rannte er der Stagecoach entgegen.

      Rhett Clinton. Er schleppte Bancrofts Geldkoffer mit. Alles ging rasend schnell. Im Weiterlaufen schoss Clinton auf den neben der Kutsche galoppierenden Cheyenne, verfehlte ihn jedoch. Der Indianer riss sein Kriegsbeil hoch. Da wurde Clinton von den knapp an ihm vorbeijagenden Gespanngäulen verdeckt. Im nächsten Moment war er dicht vor dem bemalten Reiter, schoss abermals und traf ihn mitten in die Stirn. Katzenhaft wich er dem Indianerpferd aus. Schon war die Kutsche neben ihm. Clinton schleuderte den Koffer durch die offene Tür und wollte mit einem verzweifelten Hechtsprung hinterher.

      Da ließ sich der auf dem Dach kauernde Cheyenne auf ihn fallen. Clintons Schrei schmerzte in Clays Ohren. Das Fahrzeug schoss weiter. Das Letzte, was Clay sah, waren vier oder fünf schreiende, waffenschwingende Reiter, die die am Boden Verkrallten umringten. Dann schoben sich mehrere Felsen dazwischen. Die Pferde rannten nach wie vor wie um ihr Leben. Joana hielt sich wieder auf dem Fahrersitz fest. Clay zerrte erneut heftig an den Zügeln. Allmählich wurde das Gespann langsamer. Aber erst als die Klippen und Hügel auseinandertraten und sich der Blick auf die endlose Büffelgrasprärie öffnete, hielt das schwankende Gefährt. Kein Hufgedonner mehr, keine Verfolger.

      Knieweich rutschte Clay vom Pferderücken. Ein Druck war in seiner Kehle. Immer noch hatte er das Bild der Indianer vor Augen, in deren Hände Clinton gefallen war. Diese Erinnerung spiegelte sich auch in Joanas Augen. Bleich und wie vernichtet saß sie auf dem Bock. Clay half ihr herab. Zitternd und erschöpft sank sie ihm in die Arme.

      Hufschlag riss Clay herum. Es war jedoch kein Verfolger, sondern sein Brauner, der zwischen den Felsen hervor auf die Kutsche zutrabte. Die Wolken klafften auf. Das erste Bündel Sonnenstrahlen seit Tagen erhellte die düstere Szenerie. Weit draußen auf der Ebene zog eine Reiterkolonne dahin. Blaue Uniformen leuchteten. Kavallerie ... Pat Scobey, dessen blasses Gesicht im Kutschenschlag erschien, entdeckte sie zuerst. Der Anblick mobilisierte ihn besser als jede Medizin.

      »Lorman,

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