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stieß die klemmende Tür auf. Mclntosh war schon aus dem Sattel gesprungen. Er fluchte heftig. Clinton half Joana vom Bock. Wieder war es das rechte Hinterrad, das sie bereits einmal ausgewechselt hatten. Ein zweites Reserverad besaßen sie nicht. Die Achse hatte sich tief in die aufgeweichte Erde gebohrt.

      »Der Splint ist weg!«, schrie Mclntosh wütend. »Weiß der Teufel, wie sich das Ding gelockert hat! Da, die Kette ist abgerissen! Verfluchter Mist, jetzt stehen wir schön da! Die Rothäute lachen sich ja kaputt, wenn sie uns so finden.«

      Zornig stampfte er mit den Füßen. Clay schaute sich rasch um. Die Kutsche hielt zwischen felsigen, tannenbestandenen Hängen. Der Taleinschnitt war an beiden entgegengesetzten Enden offen. Der Wind blies über ihn weg. Es hatte vollends zu regnen aufgehört. Dann und wann leuchtete sogar ein Fleck blauer Himmel zwischen den schnell treibenden Wolkenbänken.

      Clinton besah sich mit unbewegter Miene das Rad und die Achse. Mclntosh höhnte wütend: »Wir können den Kasten ja aufbocken, das Rad ohne Splint aufsetzen und versuchen, wenigstens zehn Yards weit damit zu kommen. Dann fangen wir eben von Neuem mit der Schufterei an. Oder wie hast du dir die Sache gedacht, großer Boss?«

      »Wir haben immer noch die Pferde.«

      »Gäule, die noch nie ’nen Reiter getragen haben!«, schnaubte der Hüne. »Das wird ein Rennen, an dem die Cheyennes sicher ihren Spass haben werden.«

      »Die Indianer hätten uns längst eingeholt, wenn sie noch hinter uns her wären«, meinte Clinton achselzuckend. »Schätze, die glorreiche US Kavallerie hat doch ihr Bestes für uns getan. Rasten wir also erst einmal. Die Tiere sind sowieso ziemlich erledigt.« Er lächelte Joana beschwichtigend zu. »Du siehst, es gibt keinen wirklichen Grund zur Aufregung. Sehen wir lieber nach, was wir noch an Proviant haben. Ich bin verflixt hungrig geworden. Bancroft, Mclntosh, während ich die Pferde versorge, könnt ihr Holz für ein Feuer sammeln. Am Waldrand da drüben findet ihr sicher ein paar einigermaßen trockene Zweige.«

      »Der Teufel soll mich holen, wenn ich dich auch nur eine Sekunde mit dem Geld und Lormans Gaul allein lasse!«, knurrte Mclntosh. Bancroft, der sich schon in Bewegung gesetzt hatte, blieb ruckartig stehen.

      »Wir können ja tauschen«, fügte Mclntosh grinsend hinzu. »Sammle du das Holz, ich kümmere mich um die Klepper.«

      »Du würdest nicht mal deiner Großmutter trauen, wie?«

      »Nicht, wenn es um so ’nen Batzen Geld geht!«

      Sie standen sich reglos gegenüber.

      Mclntosh trug wieder seinen schwerkalibrigen Colt. Clinton hatte die Jacke hinter den Knauf seiner Waffe geschoben. Er war es, der es nach einer Weile darauf ankommen ließ und die Hand zurückzog. Er nahm sein Rauchzeug aus der Tasche und begann, eine Zigarette zu drehen.

      »Ich hole die Zweige«, erklärte Joana, als Mclntosh noch zögerte. Da steckte Clinton den Tabaksbeutel weg und folgte ihr rasch.

      »Warte!«, rief er. »Wir brauchen nicht unbedingt ein Feuer. Ich möchte nicht, dass du dich zu weit entfernst. Es könnte ja sein, dass doch ein paar Rote in der Nähe herumschleichen.«

      Sie war schon auf halbem Weg zu den Bäumen, als er sie einholte. Er griff nach ihrem Arm. Ihre grünen Augen forschten in seinem angespannten Gesicht. Sie spürte, dass er ihr aus einem anderen Grund gefolgt war.

      »Mein Gott, Rhett, dass es so weit mit dir kommen musste! Wegen fünfzehntausend Dollar! Dabei gab es eine Zeit, da dachte ich ...«

      »Das Geld gehört Bancroft doch gar nicht. Und die Bank, der er es gestohlen hat, hat es sicher längst abgeschrieben. Es ist unsere Chance, Joana, ein ganz neues Leben anzufangen.«

      »Deine Chance, Rhett!«

      Er hielt sie noch immer fest, als sie zur Kutsche zurück wollte. Sie waren so weit entfernt, dass die Zurückgebliebenen nichts verstehen konnten.

      »Ich tu' das alles nicht nur für mich, Joana«, beschwor Clinton die Frau. »Ich weiß ja, dass ich Fehler gemacht habe. Ich habe dir ein Leben zugemutet, das nichts für dich ist.«

      »Das war nicht der einzige Grund, weshalb ich dich verließ.«

      »Willst du zu Clay zurück?« Ein wildes Aufflammen war in seinen Augen. Müde schüttelte Joana den Kopf.

      »Auch dafür ist es zu spät.«

      »Vom ersten Moment an, als ich dich kennenlernte, war ich verrückt nach dir«, keuchte Clinton. »Ich war besessen von einem einzigen Gedanken, dich zu besitzen! Nichts hat sich bis heute daran geändert. Damals ertrug ich es nicht, dass du dich für Clay entschieden hattest. Ich war bereit, für dich zum Mörder zu werden. Ich bin es immer noch.«

      »Du weißt nicht, was du da redest!«

      »Ich weiß es sehr gut. Diesmal werde ich Clay töten, wenn er mir nochmals in die Quere kommt. Du kannst es nur verhindern, wenn du mit mir fliehst.«

      »Rhett, um Himmels willen, du ...«

      »Hör zu!«, unterbrach er sie eindringlich. »Wir müssen in den nächsten zehn Minuten hier weg. Dazu brauchen wir Clays Pferd. Es ist kräftig genug, uns beide zu tragen. Du musst mir nur helfen, Mclntosh und Bancroft zu überrumpeln.«

      »Nein, Rhett!«

      »Wir haben keine Wahl, nachdem das mit dem Rad passiert ist! Willst du, dass Mclntosh uns zuvorkommt?«

      »Und was ist mit den anderen?«

      »Sie haben die Kutschenpferde. Irgendwie werden sie sich schon durchschlagen. Das soll nicht unsere Sorge sein. Ich denke jedenfalls nicht daran, das Geld mit irgendjemandem zu teilen. Fünfzehntausend! Das ist eine Summe, mit der ich dir alles bieten kann, was du begehrst. Du wirst nie wieder in schäbigen Hotelzimmern und verräucherten Saloons darauf hoffen müssen, dass ich am Pokertisch ein paar lumpige Dollars gewinne. Die Welt wird uns gehören, Joana. Alles, was du ...«

      Mclntoshs Wutschrei riss ihn herum. Der Hüne ließ die Provianttasche fallen, die er gerade geöffnet hatte. Bancroft war bereits bei Clays am Vorderrad festgebundenem Pferd. Er hielt den Geldkoffer unterm Arm. Der Derringer in seiner Rechten blitzte. Doch das erschreckt zur Seite drängende Tier behinderte ihn. Der Schuss fehlte. Das Dröhnen von Mclntosh' Colt verschluckte den dünnen Knall der Taschenpistole. Mit einem hässlichen Loch mitten in der Stirn stürzte Bancroft neben dem Fahrzeug nieder.

      Mclntoshs pulverdampfumwogte Gestalt schwang herum. Er stieß einen wilden Schrei aus, als er die Waffe auf Clinton richtete. Da schoss Clinton von der Hüfte aus. Mclntosh zuckte zusammen, schwankte und versuchte verzweifelt, das Gleichgewicht zu halten. Wieder brachen Feuerstöße aus Clintons Waffe. Dabei lief der Revolvermann auf die Kutsche zu. Die Treffer rissen den Hünen herum und schleuderten ihn nieder.

      Keuchend, mit wild glühenden Augen, blieb Clinton bei ihm stehen. dasselbe Fieber hatte ihn gepackt wie in der vergangenen Nacht, als Mclntosh mit der Beute hatte fliehen wollen. Genauso irr, unberechenbar und gefährlich hatte er auch damals ausgesehen, bevor er auf Clay geschossen hatte.

      Er hob den Kopf und starrte die Männer bei der Kutsche an. Clays Kehle war wie zugeschnürt, und auch Scobey brachte keinen Ton heraus. Seine Lippen waren blutleer. Clinton hatte mehrmals gefeuert. Doch wie abgezählt steckten noch zwei Patronen in seiner Colttrommel. Ein grausamer, wilder Zug spannte seinen Mund.

      »Rhett!«

      Joanas entsetzter Schrei ließ ihn innehalten. Verzweifelt rannte sie heran. Das um den Kopf geschlungene Tuch war herabgerutscht. Grelle Flecken brannten auf ihren Wangen.

      »Tu's nicht, Rhett!«, keuchte sie. »Du hast es mir versprochen!«

      Er starrte noch immer Clay an. Der Tod war in seinen Augen.

      »Wenn du mit mir reitest«, erinnerte er mit fremder, zerrissener Stimme.

      Joana rang nach Atem. »Ich bin bereit dazu!«

      »Nein!«, schrie Clay.

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