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er wieder zum Fahrersitz hinauf.

      Joana und Scobey zerrten den inzwischen besinnungslosen Stationer in die Kutsche. Von der anderen Seite schwang Bancroft sich herein. Der Zeitungsmann streckte seinen Kopf aus dem Fenster.

      »Lorman, Rutland! Wo seid ihr denn?«

      Clays Winchester war verstummt. Er war um den Braunen herum und ein Stück zurück in den Fluss gewatet. Das Wasser reichte ihm fast bis zur Brust, als er Rutland erwischte, den die Strömung abzutreiben drohte. Ein Pfeil steckte in der Schulter des Südstaatlers. Geschosse klatschten neben ihm und Clay ins Wasser. Ein halbes Dutzend Cheyennes spornten schreiend und schießend ihre Mustangs im Fluss auf sie zu.

      »Hauen Sie ab, Lorman!«, keuchte Rutland mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Niemandem ist geholfen, wenn sie uns beide erwischen.«

      Clay antwortete nicht. Er musste aufpassen, dass sein Gewehr nicht ins Wasser geriet. Nachdem er einen Arm unter Rutlands Achseln geschoben hatte, hob er es an und jagte blindlings zwei, drei Schüsse über den Fluss.

      Sein Brauner war vorausgelaufen. Immer mehr Reiter tauchten drüben bei den Palisaden auf. Ein Pfeilschaft prallte gegen die Winchester. Clays Kugel fällte ein Cheyennepferd. Dann traf er einen Krieger, der fast schon in der Flussmitte war und mit der Lanze zum Wurf ausholte. Rückwärts gehend schleppte Clay den Exmajor mit. Schräg hinter ihm sprang Pat Scobey aus der Kutsche. »Lorman, hierher! Schnell!«

      Er hielt eins von den Gewehren, die sie aus der Station mitgenommen hatten. Mündungsfeuer stießen aus dem Lauf, als Scobey entschlossen in den Fluss watete. Er schob sich bis auf gleiche Höhe mit Clay. Trotz der Anstrengung und Gefahr musste Clay grinsen.

      »Ich dachte, Sie können nicht mit ’ner Knarre umgehen!«

      »Das dachte ich auch!«, krächzte Scobey, kalkweiß im Gesicht. Eine Cheyennekugel hatte seine rechte Wange aufgeschlitzt. Blut lief ihm in den Hemdkragen. Er bemerkte es nicht.

      Das wütende Feuer aus den Repetiergewehren trieb die Indianer ans zurückliegende Ufer. Der Riss in der Wolkendecke schloss sich. Das Mondlicht war wie abgeschnitten. Was blieb, war fahle Finsternis. Clay schleppte Rutland zur Postkutsche.

      »Mein Pferd, Scobey! Passen Sie auf, dass es nicht wegläuft!« Seine Stimme klang zerrissen vor Anstrengung.

      »Warum tun Sie das für mich?«, keuchte Rutland, als Clay ihm in das Fahrzeug half. »Ich hab’ Sie nicht darum gebeten!«

      »So dämlich können auch nur Sie daherreden!« Schwankend drehte Clay sich um. »Zum Teufel, was ist mit Mclntosh? Wollt ihr ihn da liegenlassen?«

      »Wenn schon!«, rief Clinton ungeduldig. »Er wollte mit Bancrofts Geld türmen. Wenn wir ... Verdammt, ich komm’ ja schon! Du brauchst gar nicht erst mit dem Schießeisen nachzuhelfen, du verrückter Kerl! Aufs Dach mit ihm! Da binden wir ihn fest. Das wird ihm hoffentlich ’ne Lehre sein.«

      Die schrillen Skalpschreie der Cheyennes spornten sie zur Eile an. Ein Kriegertrupp jagte flussabwärts, um dort außer Reichweite ihrer Gewehre auf die Nordseite zu kommen. Als die Mustanghufe aus dem Wasser stampften, saß Clay wieder im Sattel und Clinton schwang die Peitsche. Die Pferde streckten sich. Wie ein Geisterfahrzeug, das sich in der Dunkelheit aufzulösen schien, brauste die Stagecoach durch die Nacht davon.

      8

      Im Morgengrauen begann es wieder zu regnen. Prärie und Himmel verschwammen grau in grau. Wasser sammelte sich in den Radgleisen der Kutsche, die mitten im offenen Gelände hielt. Windstöße prallten gegen sie. Clinton hängte den Pferden die Hafersäcke um. Obwohl es bei dem Wetter sinnlos schien, fing er danach an, ihr Fell zu bürsten und zu striegeln. Es war eine Massage für ihre verkrampften Muskeln. Auch einem Greenhorn wie Bancroft war klar, wieviel davon abhing, dass die Gäule durchhielten.

      Die nächste Pferdewechselstation lag irgendwo im Westen, jenseits des Lodgepole Creeks. Wenn sie überhaupt noch stand, war es fraglich, ob die Cheyennes den Flüchtenden eine Chance ließen, auf die Overland Road zurückzukehren.

      Clay und Scobey hoben Slaughter aus dem Fahrzeug. Seine Augen waren zu. Er schien wie in tiefen Schlaf versunken. Doch nachdem Clay seinen Puls gefühlt und ihm kurz ein Lid hochgezogen hatte, wusste er, dass es ein Schlaf für immer war. Wie ausgebrannt, bleich und mit hängenden Schultern stand Joana dabei.

      Droben auf dem Dach, wo sonst die Gepäckstücke hingehörten, lag Mclntosh. Seine Hand und Fußgelenke waren an dem umlaufenden Gitter festgebunden. Rutland stieg ebenfalls aus. Während der Flucht hatte er sich den Pfeil aus der Schulter gezogen und die Wunde notdürftig verbunden. Scobeys Hilfe dabei hatte er abgelehnt. Sein schnurrbärtiges Gesicht war grau und hart. Zum ersten Mal wurde deutlich, dass der ehemalige Plantagenbesitzer und Bürgerkriegsmajor ein alter Mann war.

      Clay richtete sich mit ernster Miene neben Slaughter auf.

      »Tut mir leid, Joana.«

      Sie blickte ihn leer an. Plötzlich wurde ihm bewusst, wie lange zwei Jahre sein konnten. Sie stand wie eine Fremde vor ihm.

      »Ich hab ihn nie geliebt«, sagte sie leise, halb abwesend. »Es war nur Dankbarkeit, dass ich bei ihm blieb. Er wusste es, und er konnte es nicht ändern. Das war der Grund, weshalb er zu trinken anfing.« Ihre Lippen begannen zu zucken. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ich habe jedem Mann nur Unglück gebracht!« Sie schlug die Hände vors Gesicht. Clay wollte zu ihr, sie beschwichtigen. Da war Clinton da, der einen Arm um sie legte. Den linken! Clay sah seine Rechte auf dem Kolben des tiefhängenden Colts.

      »Wenn wir erst in Cheyenne sind, wird alles gut, Joana. Dann wird ein neues Leben für dich anfangen.« Sein Ton verriet, wie es gemeint war. Sein Blick war eine Herausforderung für Clay. Scobey, der noch bei dem Toten kniete, blickte erschrocken von einem zum anderen.

      »Wir müssen ihn begraben«, sagte Clay ruhig zu ihm.

      »Ich fürchte, dazu haben wir keine Zeit«, hakte Clinton nach.

      Clay blickte ihm kalt in die unsteten Augen.

      »Wir nehmen sie uns!«

      Scobey lief um die Kutsche herum. Er machte den Spaten los, der an ihrer Rückfront befestigt war.

      »Ihr seid verrückt!«, krächzte Bancroft. »Was hat Slaughter noch davon? Die Cheyennes werden uns erwischen!«

      Clay antwortete nicht. Er nahm die hinter seinem Sattel zusammengerollte Decke herab und hüllte Slaughter in sie. Seine Bewegungen wirkten entschlossen. Scobey fing mehrere Yards abseits der Kutsche zu graben an.

      »Hölle und Verdammnis, wie lange wollt ihr mich noch hier oben liegen lassen?«, schrie Mclntosh.

      »Ich wüsste nicht, wo du besser aufgehoben wärst«, rief Clinton ihm zu. Der Hüne fluchte heftig.

      »Bancroft!«, raunte er, als Clinton nach vorn ging und den Pferden die Futtersäcke abschnallte. »Ich hoffe, es ist Ihnen klar, was uns beiden blüht, wenn diese Bastarde tatsächlich mit der Stagecoach Cheyenne erreichen. Wir werden beide im Jail landen. Irgendein lausiger Sternträger wird Ihre Moneten kassieren. Vorausgesetzt, Clinton reißt sie sich nicht schon vorher unter den Nagel. Hören Sie, Bancroft, ich bin nach wie vor bereit, Sie durchzuboxen. Aber, verdammt, dazu müssen Sie mir erst aus dieser Klemme helfen!« Bancroft starrte mit flackernden Augen zu ihm hoch. »Schnappen Sie sich ein Messer!« zischte der Gefesselte. »Schneiden Sie mich los, verdammt noch mal!«

      »Das wird er nicht!«, meldete sich Rutlands Stimme von der anderen Seite der Kutsche. »Es könnte sonst zu leicht geschehen, dass er neben Ihnen am Galgen baumelt, Mclntosh!«

      Der Büffeljäger fluchte wieder.

      »Was sollte ich machen? Slaughter hielt sein Schießeisen in der Hand. Mir blieb keine Wahl. Sein zweiter Schuss hätte ja losgehen können. Zum Teufel, Major, wenn ich ein Mörder bin, dann sind Sie auch einer!«

      »Sie sind ja verrückt!«

      »Fragen

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