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Grund. Ich will nicht wegen frischer Pferde zur Liberty Station. Erst recht nicht als Held und Retter. Ich bin kein Menschenfreund. Es gibt für mich nur einen Grund: Joana!«

      Clay fuhr herum. Clintons Miene war hart. Eine tödliche Drohung lag in seinem Blick.

      »Ich liebe sie noch immer, Clay, genauso wie du. Für sie würde ich sogar allein mitten in Roman Noses Kriegslager reiten. Sie ist die Frau, von der Talbot gesprochen hat.«

      »Aber ...»

      »Sie hat mich verlassen, Clay«, berichtete Clinton bitter. »Nachdem sie erfuhr, dass ich sie belogen hab’ und du noch lebst, war alles vorbei. Obendrein hatte sie es satt, mit einem Revolverschwinger und Kartenhai von Stadt zu Stadt zu tingeln. Mehr hatte ich ihr leider nicht zu bieten. Vielleicht ließ ich mich deshalb auf Bancrofts Job ein. Frag mich aber nicht, wieso sie sich ausgerechnet mit Dave Slaughter eingelassen hat. Das ist der Bursche, der die Liberty Station schmeißt. Ein Durchschnittstyp. Einer, der es mehr in den Fäusten als im Kopf hat. Die Sorte, die ich am Pokertisch wie Weihnachtsgänse ausnehme. Er war vom ersten Augenblick an hoffnungslos in Joana verknallt. Natürlich nahm ich die Sache nicht ernst. Bis Joana dann eines Tages mit ihm verschwunden war. Ich versteh’s heute noch nicht. Sie muss ganz schön runter gewesen sein, ohne dass sie’s mich merken ließ. Zuerst wollte ich ja ... Aber zum Teufel, was red’ ich! Sie hat uns eben beiden kein Glück gebracht. Das heißt aber nicht, dass ich sie aufgegeben habe oder jemals aufgeben werde, Clay.«

      »Du hast ihr kein Glück gebracht, das ist der Unterschied«, erwiderte Clay heiser. In ihm tobte es. Alle alten Wunden rissen auf. Die Frau, die einmal sein Leben bedeutet hatte, auf der nur mehr wenige Meilen entfernten, von den Cheyennes umzingelten Station! Jahre waren vergangen, seit er Joana Dwain zum letzten Mal gesehen hatte. Aber diese Jahre schienen nun wie ausgelöscht.

      Die Angst, zu spät zu kommen, packte ihn wie ein Fieber. Zugleich hallten Rhetts Worte als deutliche Drohung in ihm nach. Nein, das war nicht mehr der Mann, dem er einmal vertraut hatte. Das war ein kaltschnäuziger, zu allem fähiger Hundesohn. Der würde nicht zögern, ihm eine Kugel in den Rücken zu jagen, sobald sie vor den Indianern sicher waren. Die Feindschaft stand wie ein eisiger Hauch zwischen ihnen.

      Clintons Rechte fuhr plötzlich wieder zum Colt. Er starrte an Clay vorbei. Erst als Clay das Stampfen von Hufen auf der Prärie hinter sich hörte, wusste er, dass es kein Trick war.

      »Teufel, das gibt’s doch nicht!«, stieß Clinton hervor.

      Dann sah auch Clay den Reiter. Erschöpft zusammengesunken kam er auf sie zu. Ein Regenumhang verhüllte seine drahtige Gestalt. Das Gesicht unter dem runden, schmalkrempigen Hut war ein blasser Fleck.

      »Scobey«, murmelte Clay verblüfft. Er spürte ein Kribbeln im Genick, als er an das Wolfsgeheul dachte, das inzwischen verstummt war. Wusste dieser verrückte Zeitungstyp eigentlich, wieviel Glück er gehabt hatte?

      Pat Scobey lächelte mühsam. Er vermied es, Clinton anzusehen. Der hielt noch immer die Hand an der Waffe.

      »Hallo, Lorman! Ich hatte schon schreckliche Angst, dass ich Sie nicht finden würde. Dabei ist es für meine Geschichte so wichtig, dass ich dabei bin, wenn ... Na ja, ich hoffe jedenfalls, Sie haben nichts dagegen, dass ich mitkomme.«

      »Und wenn!«, knurrte Clay. »Würde das denn was ändern? Grinsen Sie nicht, Mann! Steigen Sie lieber ab und packen Sie mit an, damit wir endlich weiterkommen!«

      6

      Seit vier Stunden war kein Schuss mehr gefallen. Die Männer hinter den Palisaden der Liberty Station hatten keine Federspitze und keinen feindlichen Gewehrlauf mehr zu sehen bekommen. Aber keiner von ihnen zweifelte daran, dass sie noch immer da waren. Geduldig wie Wölfe, die wussten, dass ihnen die Beute sicher war, lauerten sie dort draußen hinter den windgepeitschten Regenschleiern. Der nächste Angriff konnte in einer Minute, in einer Stunde, aber auch erst am folgenden Tag beginnen.

      Dieses Warten und die Ungewissheit waren fast noch schlimmer als das Kriegsgeschrei und das Dröhnen der Gewehre. Dieses ständige Hinausstarren in die sich verdichtende, vom Regen durchdrungene Dunkelheit zerrte an den Nerven. Sie hatten den toten Postkutscher und seinen Begleitmann in den Schuppen gebracht. Immer wieder mussten sie an sie denken.

      Das monotone Plätschern des Regens war einschläfernd. Wasser tropfte von ihren Hüten und lief ihre Ölhautumhänge hinab.

      Auch Joana trug Hut und Regenmantel, als sie aus dem Haus kam. Sie brachte jedem einen Becher frischgebrühten, heißen Kaffee. Mclntosh kam als Letzter dran. Er bedankte sich mit breitem Grinsen. Dann hielt er Joana am Arm fest.

      »Warum so eilig, Ma'am? Leisten Sie mir doch ein bisschen Gesellschaft.«

      »Was wollen Sie?«

      Ihr abweisender Ton beeindruckte ihn nicht. Sein Blick verriet, wie gut ihm die junge Frau gefiel. Er schlürfte den Kaffee.

      »Slaughter, diese Schnapsflasche, ist doch kein Mann für Sie, Ma’am«, sagte er mit brutaler Direktheit.

      Joana hob den Kopf. Ihre Augen blitzten. »Sie vielleicht?«

      »Sie kennen sich aus mit Männern, was Ma'am?« Mclntosh lachte glucksend. »Aber warum nicht?«

      Sie wollte sich losreißen. Da wurde sein Griff so hart, dass sie schmerzhaft das Gesicht verzog. Er spähte kurz zu Rutland und Slaughter hinüber. Sein bartumwuchertes Gesicht näherte sich der Frau.

      »Hör zu, Süße! Ich hab' verdammt wenig Hoffnung, dass Rutlands Nigger es bis Julesburg schafft. Vielleicht bist du noch froh, Herzchen, wenn sich ’n richtiger Mann darum kümmert, dass du deinen hübschen Skalp behältst. Im Stall stehen ein paar tüchtige, ausgeruhte Gäule. Es fällt bestimmt nicht auf, wenn du zwei von ihnen sattelst für den Fall, dass die Rothäute über die Palisaden kommen. Ich wette ...«

      »Lassen Sie mich los! Ich will nichts davon wissen!«

      »Das wär ein Fehler, mein Püppchen! Du solltest zumindest darüber nachdenken ...«

      »Sie kommen!«, drang da Rutlands gedämpfter Ruf durch den Wind.

      Fluchend ließ der Büffeljäger die Frau los, trank rasch den Becher leer und ergriff die an den Palisaden lehnende Sharps. Die Bewegung auf der Ebene war nur zu ahnen.

      »Das Ölfass, Joana!«, schrie Slaughter. »Schnell, zünde das Petroleum an!«

      Der Regen und die Nähe der tödlichen Gefahr hatten ihn ernüchtert. Während Joana losrannte, peitschte Rutlands Gewehr. Ein Schatten schnellte nicht weit vor den Palisaden aus dem Büffelgras. Ein Schrei gellte. Er bekam ein vielfaches Echo aus mindestens zwei Dutzend Kehlen. Ein Halbkreis zuckender Mündungsflammen umschloss plötzlich die Pferdewechselstation. Pfeile schwirrten. Nur im Norden, wo gleich hinter den Palisaden der Lodgepole Creek vorbeifloss, rührte sich nichts. Mclntoshs Büffelgewehr wummerte. Dann knallte der Hüne mit seinem langläufigen 45er Colt drauf los.

      Joana zog die Plane von der Öltonne, die sie mitten auf den Hof gestellt hatten. Gleich darauf fauchte eine Stichflamme empor. Das Petroleum brannte als riesige Fackel. Der Regen konnte sie nicht löschen. Die Hütten, der Brunnen, die Kutsche vor der Remise und die pulverdampfumwallten Männer an den Palisaden, alles war plötzlich in gespenstisch flackerndes Licht getaucht. Es fiel über die Pfähle auf die diesmal zu Fuß angreifenden Indianer.

      Ein ohrenbetäubendes Krachen und Heulen erfüllte die hereinbrechende Nacht. Rasch bezog die Frau ebenfalls Stellung an dem Schutzwall. Der Angriff der Cheyennes konzentrierte sich in den nächsten Sekunden auf die Ostseite der Station. Die Helligkeit, vom Schuppen halb abgefangen, war dort am schwächsten. Es war Dave Slaughters Abschnitt. An die zehn wild bemalte Gestalten waren plötzlich vor den Palisaden.

      »Helft mir!«, schrie er. »Sie überrennen uns sonst!«

      Ein Pfeil streifte seinen Hals. Eine Kugel riss ihm ein Büschel Haare weg. Sein Gewehr war leergeschossen. Jetzt blieb ihm nur mehr der mit sechs Patronen geladene Colt.

      »Bleibt,

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