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die Matrone.

      „Niedliche Dingerchen“, sagte Herr Bumble beistimmend, „und so ans Haus gewöhnt.“

      „O ja“ sagte die Dame, „sie sind zu gerne bei mir, und ich habe sie so lieb.“

      „Frau Corney“, sagte Bumble feierlich, „ich muß sagen, eine Katze, die bei Ihnen lebt und Sie nicht liebhat, muß ein rechter Esel sein.“

      „Ach, Herr Bumble“, sagte sie mit verweisendem Ton.

      „Warum soll man nicht reden dürfen, wie es einem ums Herz ist. – Eine solche Katze würde ich mit Vergnügen ersäufen.“

      „Dann sind Sie ein hartherziger Mensch.“

      „Hartherzig?“ wiederholte Bumble und rückte seinen Stuhl näher. „Sind Sie hartherzig, Frau Corney?“

      „Mein Gott, was ist das für eine komische Frage von einem ledigen Manne! Warum wollen Sie das wissen?“

      Herr Bumble trank seinen Tee bis zum letzten Tropfen aus, wischte sich die Lippen ab und brachte der Matrone bedächtig einen Kuß bei.

      „Herr Bumble!“ rief die zartfühlende Dame – aber nur ganz leise, denn sie hatte vor Schreck fast die Stimme verloren, „Herr Bumble, ich werde schreien.“

      Dieser gab keine Antwort, sondern schlang langsam und würdevoll seinen Arm um den Leib der Matrone. Da Frau Corney erklärt hatte, sie werde schreien, so hätte sie es auch sicher getan, wenn nicht ein Klopfen an die Tür eine solche Anstrengung überflüssig gemacht hätte. Herr Bumble sprang hastig auf und fing mit großem Eifer an, die Portweinflaschen abzustauben, während die Matrone mit scharfer Stimme „Herein!“ rief. Eine abschreckend häßliche, alte Armenhäuslerin steckte den Kopf durch die Tür und sagte: „Ich bitte um Verzeihung, Frau Corney, die alte Sally liegt im Sterben.“

      „Was geht mich das an?“ sagte die Matrone ärgerlich, „kann ich es ändern, wie?“

      „Nein“, sagte die alte Frau, „niemand kann das. Menschliche Hilfe kann ihr nichts mehr nützen. Aber sie hat noch etwas auf dem Herzen, so sagt sie, sie habe Ihnen noch etwas anzuvertrauen und könne nicht ruhig sterben, bis sie es Ihnen gesagt habe.“

      Nun fing die würdige Frau Corney an, mächtig auf die alten Weiber zu schimpfen, die nicht mal sterben könnten, ohne ihre Vorgesetzten absichtlich zu belästigen. Sie wickelte sich in einen dicken Schal und bat Herrn Bumble zu bleiben, bis sie wiederkäme. Dann ging sie mit der alten Frau keifend aus dem Zimmer.

      Als Herr Bumble allein war, benahm er sich auf eine ziemlich eigentümliche Weise. Er öffnete den Schrank und zählte die Teelöffel, wog die Zuckerzange in der Hand, dann prüfte er eine silberne Milchkanne auf ihre Echtheit. Nachdem er so seine Neugierde befriedigt hatte, setzte er seinen Dreispitz schief auf den Kopf und tanzte etlichemal mit vielem Anstand um den Tisch herum. Nach dieser Tanzaufführung nahm er seinen Hut wieder ab und lehnte sich gegen den Kamin. Er schien im Geiste eine Bestandaufnahme von dem im Zimmer befindlichen Mobiliar zu machen.

      Vierundzwanzigstes Kapitel

      Handelt von einem äußerst armen Geschöpf

      Das arme Weib, das Frau Corney in ihrer Bequemlichkeit gestört hatte, war keine unpassende Todesbotin. Ihr Körper war unter der Last der Jahre gekrümmt, alle ihre Glieder zitterten, und ihr durch einen Schlaganfall schiefgezogenes Gesicht glich mehr der grotesken Schöpfung eines phantastischen Malers, als einem Werke aus den Händen der Natur.

      Ach, wie selten trifft man bei alten Leuten Gesichter, die uns durch ihre Schönheit erfreuen. Die Sorgen und die Leiden der Welt ändern sowohl das Antlitz als auch die Herzen.

      Die alte Frau humpelte durch die Gänge und über die Treppen, bis sie erschöpft stehenblieb und Frau Corney das Licht in die Hand gab mit dem Bemerken, sie käme nach, sobald sie könne. Die Matrone ging nun rasch dem Zimmer zu, wo die Sterbende lag.

      Es war eine kalte Bodenkammer, in der ein düsteres Licht brannte. Neben dem Krankenbette saß eine alte Frau, während der Lehrling des Armenhausapothekers am Kamin stand und sich aus einer Federpose einen Zahnstocher schnitt.

      „Es ist heute abend kalt, Frau Corney“, sagte der Jüngling, als die Matrone eintrat.

      „Sehr kalt, in der Tat“, versetzte die Dame sehr höflich und neigte den Kopf.

      „Sie sollten von Ihrem Lieferanten bessere Kohlen fordern“, sagte der Apothekerlehrling, „diese taugen nichts.“

      „Das ist Sache des Vorstandes. Das wenigste, was er tun könnte, wäre freilich, für ein warmes Zimmer zu sorgen, denn unser Amt ist schwer genug.“

      Hier unterbrach ein Stöhnen der kranken Frau das Gespräch.

      „Ach“, sagte der junge Mann und schaute nach dem Bette hin, „mit der ist es bald vorbei.“

      „Ist’s schon so weit?“

      „Würde mich wundern, wenn sie’s noch ein paar Stunden machte. – Hallo, schläft sie, Alte?“

      Die Wärterin beugte sich über das Bett und sah nach, dann nickte sie. Plötzlich richtete sich jedoch die Kranke auf und streckte die Arme nach der Wärterin aus.

      „Wer ist das?“ fragte sie diese mit hohler Stimme.

      Der Apothekerlehrling schlich auf den Zehenspitzen aus dem Zimmer.

      „Leg dich wieder hin“ sagte die Wärterin.

      „Nein, nein, ich will es ihr sagen. Kommen Sie hier her. Näher. Ich werde es Ihnen ins Ohr flüstern.“

      Frau Corney setzte sich auf einen Stuhl an Ihrem Bette.

      „Schicken Sie die Wärterin fort, geschwinde!“ sagte die Kranke, und jene verließ das Zimmer.

      „Nun hören Sie mich an“, sagte die Sterbende so laut, als es ihre schwindenden Kräfte gestatteten. „In diesem Zimmer – ja, sogar in diesem Bette lag einst ein hübsches, junges Geschöpf. Es wurde mit wunden Füßen, staub- und schmutzbedeckt ins Haus gebracht. Sie gab in meiner Anwesenheit einem Knaben das Leben und starb. Ich will mal nachdenken – in welchem Jahr war es doch?“

      „Das tut nichts zur Sache“, versetzte die Matrone ungeduldig. „Sagen Sie lieber, was es mit der Verstorbenen für eine Bewandtnis hat.“

      „Was es mit ihr für eine Bewandtnis hat? Ich habe sie bestohlen“, schrie die Sterbende gellend, und ihr Gesicht glühte – „ich habe sie bestohlen, sie war noch nicht kalt, als ich sie bestahl.“

      „Um Gottes willen – was haben Sie ihr gestohlen?“

      „Es! Das einzige, was sie hatte. Sie brauchte Kleider, um nicht zu frieren, Nahrung, um nicht zu hungern, aber sie hatte es an ihrem Herzen aufbewahrt. Es war von Gold, echtem Gold, und sie hätte sich dadurch das Leben retten können.“

      „Gold?“ wiederholte Frau Corney, sich schnell über das Weib hinbeugend, als es auf das Bett zurücksank. „Weiter, weiter! Was ist damit? Wer war die Mutter? Wann war es?“

      „Sie trug mir auf, es aufzuheben, und vertraute es mir an als der einzigen Frau, die um sie war. Ich stahl es Ihr schon in Gedanken, als sie es mir zuerst zeigte. Ach, vielleicht bin ich auch an des Kindes Tod schuld! Man hätte ihn wohl besser behandelt, wenn man alles gewußt hätte.“

      „Was gewußt? Reden Sie doch!“

      „Der Junge wurde seiner Mutter so ähnlich“, fuhr das Weib fort, ohne die Frage zu beachten, „daß ich immer an sie erinnert wurde, sooft ich sein Gesicht sah. Armes Mädchen! Und noch so jung – und so sanft! – Warten Sie, ich habe noch mehr zu sagen. Nicht wahr, ich habe Ihnen noch nicht alles gesagt?“

      „Nein, nein“, antwortete Frau Corney, „nur schnell, ehe es zu spät ist.“

      „Die Mutter“, sagte die Sterbende und nahm ihre letzten Kräfte zusammen, „die Mutter flüsterte mir ins Ohr, als sie den Tod nahen fühlte, daß, wenn ihr Kind

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