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Herr!“

      „Du trägst kurzes Haar… Hast du gedient oder dienst du noch…“

      Vespasian fand den Mann interessant. Der ihm Fremde war nicht verlegen in seiner Sprache, dachte geradlinig und machte wenig Aufheben um den Unterschied ihrer Herkunft.

      „Wo ist deine Botschaft?“

      Die neuerliche Frage hob die Bedeutung der zuvor gestellten Frage auf. Deshalb reichte Honoratus die Botenrolle in die Hände, für die sie bestimmt waren. Vespasian prüfte das Siegel und steckte die Rolle dann in eine seiner Satteltaschen, schwang sich auf sein Pferd und wandte sich noch einmal an den Boten.

      „Hast du ein Pferd, so folge meiner Ala und melde dich in meinem Zelt, wenn es denn steht. Du wirst uns an der Straße zur Porta Ferrara finden…“ Dann schnalzte der Feldherr mit der Zunge und sein Rappe setzte sich in Bewegung.

      Honoratus fand seinen Gefährten und die Pferde dort, wo er den Freund verlassen hatte.

      „Und? Hattest du Erfolg?“ bedrängte ihn Furius.

      „Steig auf, wir reiten der Ala nach!“ erhielt er als Antwort.

      Furius tat, was der Gefährte forderte.

      Es ging erneut fast durch die gesamte Stadt, bis die Ala zu den Bergen abschwenkte. Kurz davor erreichte sie einen freien Platz und begann, in der Nähe eines ärmlichen Baches, einen Lagerplatz zu errichten.

      Vespasian hielt sich abseits, der das Lager errichtenden Milites auf und las die Dokumente der überbrachten Botschaft. Als er damit fertig war und Honoratus unweit auf dessen Pferd sitzen sah, winkte er den Reiter zu sich.

      „Folge mir, Furius! Halte aber etwas Abstand… Wir wissen nicht, was uns erwartet!“ Honoratus ritt auf den Feldherrn zu.

      „Du schuldest mir noch eine Antwort…“ eröffnete Vespasian das erneute Gespräch.

      Honoratus wusste, worauf der Feldherr hinaus wollte. „Ja, Herr, ich habe gedient!“

      „Und jetzt?“ traf ihn die nächste Frage.

      „Bin ich frei…“ antwortete der Gefragte.

      „Deine Dienstzeit an Rom ist also vorbei…“ Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage Vespasians.

      „Ja, Herr!“

      „Warum, du merkwürdiger Bote, überbringst du mir dann diese unerheblichen Dokumente, die jeder meiner Secretarius oder Diener hätte entgegennehmen und prüfen können, als wichtige Botschaft aus Rom?“

      „Weil ich zu dir gelangen wollte, Herr! Die Übernahme dieser Pflicht ermöglichte mir den direkten Weg zu dir…“

      Ein kurzer Augenaufschlag zeugte von Vespasians Überraschung.

      „Was erwartest du von mir?“ Im Feldherrn stieg Misstrauen auf.

      „Möchtest du wirklich die Zeit aufbringen, meine Geschichte zu hören, Herr?“ Honoratus warf eine Abwehr auf.

      „Ich habe im Augenblick etwas Zeit…“ erwiderte Vespasian und deutete mit dem Kopf auf die Aufbauarbeiten für das Lager.

      „Sagen wir mal…“ begann der Evocati „… mir hätte ein guter Freund den Rat gegeben nach Classe zu reiten, mir ein schnelles Schiff zu erwählen und dann nach Antiochia zu segeln… Eingetroffen dort, würde bald ein neuer Feldherr für den Krieg gegen die Juden auftauchen, ob dies nun Corbulo oder Vespasian sei, wäre unerheblich… Der Freund meinte, dass der diesen Krieg Führende treue Männer brauche, die nicht zögerten, dessen Leben auch dann zu erhalten, wenn schier Aussichtslosigkeit bestehen würde… Ich glaube, dass mein Freund nicht den Feind unter den Juden meinte…“

      „Nun, für diesen Fall kämst du zu spät, sollte dein Auftrag lauten, den Feldherrn Corbulo schützen zu wollen… Corbulo zog den Freitod in Kenchreae vor, als der Kaiser ihm diesen anbot…“

      „Das ist bedauerlich für den verdienstvollen Feldherrn…“ erwiderte Honoratus. „…ist es nicht eine Absonderlichkeit, dass verdienstvolle Männer an Rom stets mit dem vorzeitigen Ableben bedroht sind…“

      „Du sprichst eine mutige Zunge…“ entgegnete Vespasian. „Das zwingt mich zur Frage, wessen Interessen du vertrittst?“

      „Damit stellst du eine Frage, Herr, die ich dir nicht beantworten kann. Aber ein Hinweis sei mir erlaubt…“

      „Ich höre?“ ging Vespasian auf das Ausweichmanöver ein.

      „Scheinbar gibt es in Rom Männer, denen der Verschleiß an guten Feldherrn zuwider ist… Nach mir Gesagtem gehören nur Wenige zum erlauchten Kreis befähigter Männer. Mir wurden Paulinus, die Brüder Scribonius, Corbulo und der Mann vor mir genannt…“

      „Danke für die Blumen… Was aber willst du?“

      „Stellen wir doch die Frage anders herum…“ bot Honoratus an und lauerte.

      Vespasian breitete seine Arme aus und erwiderte: „Wie du möchtest…“

      „Corbulo ist also tot…“ begann Honoratus. „Deshalb führt Vespasian den Krieg gegen die Juden…“

      „Davon kannst du ausgehen!“ unterbrach der Feldherr.

      „Nun hat dieser Krieg zwei Möglichkeiten…“ Dieser Fremde erzwang des Feldherrn Aufmerksamkeit. „Er endet so, wie der Kampf zuvor, den ein anderer Feldherr gegen die Juden bereits verlor… Weshalb auch Vespasian im Vergessen landen könnte… oder dieser ringt die Juden nieder…“ ließ sich Honoratus nicht beirren.

      „Ja und?“ warf Vespasian zwischen des Anderen Worte.

      „Eine Niederlage wäre eine Schmach und befördert den Feldherrn ins Vergessen… Wer braucht schon einen Versager? Gewinnt Vespasian aber, gibt es erneut zwei Möglichkeiten…“

      „Ich bin neugierig! Was bietest du mir an?“ Vespasian grinste. Er fand das Gespräch interessant und in einem bestimmten Umfang beeindruckte ihn dieser Honoratus.

      „Du könntest in der Gunst des Imperators landen, was ich, nach mir zu Ohren gekommenen Gerüchten, aber anzweifle… Zwar würde er dir auch für einige Zeit die Treue halten können, aber auf ewig gibt es keine Liebe zwischen Göttlichem und Sterblichen! Anders könnte aber, wenn der Göttliche dich als Gefahr begreift, auch dir ein vorzeitiges Ende drohen… und dies schon mit dem Ende der Niederwerfung der Juden!“

      „Was könnte mir dann ein unbedarfter Vertreter einer unbekannten Macht an Schutz bieten? Nach meiner Meinung schützt nichts vor der Aufforderung zur Selbsttötung… Was hatte Corbulo für andere Möglichkeiten?“ Vespasian begriff den Vorstoß, wusste aber noch nicht, worauf der Andere hinaus wollte. Deshalb antwortete er mit einer Zurückweisung.

      „In Rom munkelte man, dass Vinicianus im Begriff stand, dem Kaiser einen Abgang zu verschaffen… Corbulo stand mit seinen Legionen bereit, die Macht zu übernehmen… Du hast von Vinicianus gehört?“ Der Fremde begegnete mit einer Andeutung.

      Der Evocati spielte aus, was ihm zuvor Lartius, der Aquila, mit auf diese Reise gab.

      „Das ist Unsinn! Warum bläst der Kaiser diesem Vinicianus erst Zucker in den Arsch und jagt ihn dann als Verschwörer? Was soll ein Corbulo bezweckt haben, wenn er denn, nach dessen Entsendung nach Rom, nie wieder mit seinem Schwiegersohn sprach? Briefe reichen da nicht aus… Ich glaube eher, dass der Imperator, falls die Verschwörung tatsächlich geschah, den Vinicianus beleidigte und dieser Rache schwor. Schon dieser ganze Vorgang spricht von einer Vorgehensweise, deren sich ein Corbulo nie bedient hätte… Wäre der Feldherr im Komplott gewesen, würden die Häscher des Princeps noch immer suchen…“

      Vespasian bezog Partei für Corbulo und zerstörte die Mär von des Feldherrn Beteiligung.

      „Was glaubst du, Feldherr, welche Legionen dir übergeben wurden?“ fragte nun Honoratus.

      „Corbulos Legionen, wobei der Kaiser bestrebt schien,

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