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Walpurgisnacht: Niederbayern-Krimi (German Edition). Karoline Eisenschenk
Читать онлайн.Название Walpurgisnacht: Niederbayern-Krimi (German Edition)
Год выпуска 0
isbn 9783869063317
Автор произведения Karoline Eisenschenk
Жанр Триллеры
Издательство Readbox publishing GmbH
Genau zwei Stunden später sollte es allerdings so weit sein. Er hatte sich von Ramona verabschiedet, um dann mit hochgekrempelten Hemdsärmeln und voller Optimismus den Herd genauer zu inspizieren. Nachdem er einen Topf mit Wasser auf der eingezeichneten Platte abgestellt und folgsam auf das kleine Feld gedrückt hatte, passierte die ersten Minuten überhaupt nichts. Erst als er sich neugierig über den Herd beugte, spürte Cornelius die abgegebene Wärme. Allerdings wurde diese, aus welchen Gründen auch immer, von der genau gegenüberliegenden Platte verströmt. Er drückte nochmals auf das kleine Eingabefeld. Schließlich schien der Topf an der richtigen Stelle zu stehen und das Wasser begann schon bald munter vor sich hin zu kochen. Er schüttete die Nudeln hinein, rührte sie einmal sorgfältig um und legte den Deckel auf den Topf.
Während er in der angrenzenden Vorratskammer nach der Fertigsauce suchte, auf die er, gemäß Sandras Anweisungen, jederzeit zugreifen sollte, hörte er plötzlich ein verdächtiges Zischen aus der Küche. Schnell rannte er an den Ort des Geschehens, nur um festzustellen, dass der Nudeltopf am Übergehen war. Hektisch suchte er nach einem Geschirrtuch, schmiss dabei den Salzstreuer auf den Boden, der sofort aufging und etwa ein halbes Kilo Salz auf den cremefarbenen Fliesen verteilte, bis es ihm schließlich gelang, den Topf von der Platte zu ziehen. Das war definitiv kein guter Anfang! Doch er würde nicht so schnell aufgeben.
Erst einmal musste das Salz entfernt werden. Cornelius ging wieder in die kleine Vorratskammer, wo er zuvor in der untersten Ablage einen Handfeger und eine Kehrschaufel entdeckt hatte. In diesem Augenblick hörte er allerdings schon wieder das verdächtige Zischen aus der Küche. Was war das?
Wie er feststellen musste, waren die Nudeln schon wieder am Übergehen. Offensichtlich hatte er die andere Herdplatte ebenfalls eingeschaltet. Mit einem abenteuerlichen Spagatschritt, um das Salz nicht noch mehr zu verteilen, hechtete er nach vorne, vergaß aber, als er den Topf anfasste, das Geschirrtuch zu benutzen. Ein stechender Schmerz durchzuckte seine rechte Hand. Mit der Linken schaffte er es irgendwie, nach dem Tuch zu greifen und den Topf schließlich in das Spülbecken zu katapultieren.
Eine verbrannte Hand, ein unappetitlicher Salzwassersee auf dem Herd, eine stattliche Menge Salz quer über den ganzen Küchenboden verteilt und halb gare Nudeln im Spülbecken. Cornelius lehnte sich erschöpft gegen die Anrichte. Was für ein Durcheinander! Der Schmerz in seiner Hand begann sich allmählich in ein unangenehmes Pochen zu verwandeln und er konnte bereits erste Anzeichen einer nicht gerade kleinen Brandblase entdecken. Erst einmal verarzten. Er nahm einige Eiswürfel aus dem Gefrierschrank, wobei er gleich noch eine tiefgefrorene Lasagne entdeckte, deren Zubereitung ihm sofort wesentlich mehr zusagte, als es diese komplizierten Nudeln taten. Man musste sie nur samt Silberverpackung auf einen Teller platzieren und diesen dann in die Mikrowelle stellen. Mit einigen Schwierigkeiten holte Cornelius sie einhändig aus der Pappschachtel. Der Hinweis, dass das benutzte Geschirr unbedingt mikrowellentauglich sein müsse, verunsicherte ihn. Er öffnete den Küchenschrank und inspizierte einige Teller. Woran erkannte er nun, ob diese geeignet waren oder nicht? Er entschied sich schließlich für einen großen beigefarbenen Teller mit Blumenmuster. Dieser schien ihm nicht mehr ganz das neueste Modell zu sein und schon einige Mikrowellengänge mitgemacht zu haben. Cornelius drückte die entsprechende Watttaste und die Lasagne begann sich samt Blumenteller langsam im Kreis zu drehen. Na bitte – es ging doch. Alles halb so wild. In diesem Augenblick blitzte es in der Mikrowelle einmal kurz auf. Ein ohrenbetäubender Knall war zu hören und fast zeitgleich gingen im ganzen Haus die Lichter aus.
Da es mittlerweile relativ spät geworden war, war es auch draußen schon dunkel und nur eine vom Haus relativ weit entfernt stehende Straßenlaterne spendete etwas Licht. Es dauerte einige Sekunden bis sich Cornelius in diesem Halbdunkel zurechtfand. Vorsichtig ging er Richtung Wohnzimmer und tastete nach dem Lichtschalter, doch auch dort blieb alles dunkel. Offensichtlich hatte er mit dem doch nicht so mikrowellentauglichen Blumenteller einen handfesten Kurzschluss verursacht. In welchem Zustand sich dieser und die Mikrowelle momentan befanden, wollte er gar nicht wissen. Dem Knall nach zu urteilen in keinem guten.
Vergeblich versuchte er sich daran zu erinnern, wo er nach dem Gespräch mit Ramona sein Mobiltelefon abgelegt hatte. Da wurde plötzlich kräftig an der Haustür geklingelt, gefolgt von einem energischen Klopfen. Wahrscheinlich hatte er mit seiner Mikrowellenaktion im halben Dorf einen Stromausfall verursacht. Cornelius rechnete bereits mit einem aufgebrachten Wolfgang Hartmann und öffnete entsprechend widerwillig die Tür. Er wusste im ersten Augenblick nicht, was ihn mehr erleichterte: die Tatsache, dass in dem kleinen Haus schräg gegenüber Licht zu sehen war, oder der Anblick einer jungen Frau mit üppigen blonden Locken und einem freundlichen Lächeln statt des übel gelaunten Nachbarn von Hausnummer 24.
»Guten Abend. Ich bin Valerie Dahlmann von gegenüber.« Dabei zeigte sie auf das lichtdurchflutete Haus.
»Bitte entschuldigen Sie die späte Störung, aber ich war gerade an der Mülltonne, als ich einen furchtbaren Knall bei Ihnen hörte und es plötzlich dunkel wurde. Da wollte ich fragen, ob alles in Ordnung ist oder ob Sie vielleicht Hilfe brauchen?«
»Sie schickt der Himmel«, war alles, was ihm im ersten Moment einfiel.
Kapitel 6
Wie sich herausstellte, hatte Valerie Dahlmann nicht nur eine funktionsfähige Taschenlampe, mit deren Hilfe sie das Haus nach dem Sicherungskasten absuchen konnten. Sie erkannte auch sofort, dass lediglich drei Sicherungen wieder eingedreht werden mussten.
Doch die Freude war nur von kurzer Dauer, denn die Küche sah bei eingeschaltetem Licht tatsächlich wie ein wüstes Schlachtfeld aus. Wenigstens stand die Mikrowelle nicht in Flammen, allerdings hatte Cornelius das Gerät mit dem Blumenteller schachmatt gesetzt. Der Teller selbst war in zwei Teile zersprungen. Die Einzige, die alles relativ gut überstanden hatte, war die Lasagne, die sich – immer noch halb gefroren – nach wie vor in ihrer Silberverpackung befand.
»In Altenberg gibt es ein Elektrogeschäft«, sagte Valerie. »Die können die Mikrowelle bestimmt reparieren.«
»Sie müssen mich für einen furchtbaren Dilettanten halten«, murmelte Cornelius, der ihren prüfenden Blick über das Chaos wandern sah. »Und ich muss gestehen, das bin ich auch.«
Sie lachte ein sehr angenehmes Lachen. »Nein, das sind Sie nicht. Ihnen fehlt einfach ein bisschen die Übung, das ist alles.«
»Wenn die Putzfrau das morgen sieht …« Er wagte gar nicht daran zu denken, was Lukas und Sandra dann von ihm halten würden. Von Ramona und Tabea ganz zu schweigen.
»Das muss sie ja nicht«, entgegnete Valerie Dahlmann immer noch lächelnd. »Wissen Sie was? Wir beseitigen jetzt gemeinsam das Chaos hier und dann kommen Sie mit zu mir. Ich habe eine selbst gemachte Lasagne im Backofen, die bald fertig sein müsste. Für mich alleine ist sie ohnehin zu viel.« Sie musterte die Tiefkühllasagne kritisch. »Und ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass sie auch besser schmeckt als das gute Stück hier.«
Natürlich schmeckte sie besser, als es jedes Tiefkühlgericht getan hätte. Nachdem Cornelius seinen zweiten Nachschlag verzehrt hatte, war er nicht nur satt, er wusste auch schon einiges über die Bewohnerin des kleinen Hauses gegenüber.
Valerie Dahlmann war erst Anfang des Jahres nach einer kurzen und turbulenten Ehe von München nach Neukirchen gezogen. Sie arbeitete als Physiotherapeutin und Heilpraktikerin in einer Praxis in Altenberg. Cornelius fand es etwas ungewöhnlich, dass eine junge Frau, die noch dazu in der Großstadt aufgewachsen war, ein kleines Dorf als Lebensmittelpunkt bevorzugte.
»Ich liebe das Landleben. In meiner Kindheit sind wir in den Ferien nie weggefahren, sondern waren