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zog sich an. „Mich würde es interessieren, was in Prescott schiefgelaufen ist, Frank.“

      „Mich auch.“ Merrill beunruhigte das Ausbleiben der Komplicen ebenfalls immer mehr.

      „Es hätte vielleicht andere, bessere Möglichkeiten gegeben, Carringo zu erledigen als mitten in einer großen Stadt.“

      „Mag sein“, sagte Merrill. „Aber nur in Prescott war ganz sicher damit zu rechnen, ihn anzutreffen. Und darum geht es doch.“

      „Trotzdem. Mitten in einer Stadt …“ Grant brach ab und schüttelte den Kopf.

      Burton planschte wie ein übermütiges Kind im Wassertank und spritzte genauso verschwenderisch wie sein Kumpan mit dem Wasser um sich.

      „Gleich bist du dran, Frank!“ Grant grinste. „Man fühlt sich danach wie neugeboren!“

      Merrill schaute zum Stand der Sonne. Sie neigte sich über dem Fichtengehölz schon beträchtlich nach Westen. Aber noch würden einige Stunden vergehen, bis der Zug eintraf.

      Er wandte sich plötzlich um, kehrte in die Hütte zurück und baute sich breitbeinig vor dem Gefesselten auf. „Hält er immer hier, um Wasser und Holz aufzunehmen?“

      Der Eisenbahner hob den Kopf. „Immer.“

      Merrill grinste zufrieden. „Klüger geworden, was, Alter?“

      Der Mann brummelte etwas Unverständliches vor sich hin. Beruhigt verließ Frank Merrill die Hütte.

      „He, Tony, jetzt ist es genug!“, brüllte Grant zum Wassertank hinauf. „Frank ist an der Reihe!“

      18

      „Carringo, wir haben die Pferde der Banditen gefunden!“, rief Henry Duncan.

      Ich stand immer noch an der Ecke der Phoenix Street und blickte von Sorgen erfüllt zu meinem Haus. Die Banditen ließen sich nicht blicken, feuerten auch nicht, verlangten nichts, zeigten die Geiseln nicht – nichts, nichts, nichts.

      Das Warten zermürbte mich mehr, als ich mir eingestehen wollte, und erhöhte bei mir die Spannung, während es den anderen langweilig wurde und wenigstens ein Teil der Schaulustigen verschwand.

      Ich schaute mich um.

      Mit Henry Duncan und einem seiner schwerbewaffneten Transportbegleiter näherte sich der Mietstallbesitzer Hugh Judd.

      „Es sind drei“, sagte der Mann. „Sie tauchten schon gestern auf. Ich dachte, das sind ganz gewöhnliche Fremde und hab deswegen heute noch mal die Saloons nach denen durchstöbert. Im Silver Bell erzählten die Mädchen, die hätten nach Ihnen gefragt, Carringo.“

      „Das sind sie“, setzte Duncan hinzu.

      „Was sind es für Männer?“, fragte ich.

      „So zwischen fünfundzwanzig und dreißig ungefähr. Nicht sehr vertrauenerweckende Typen.“ Judd verzog säuerlich das Gesicht. „Danach kann ich aber nicht gehen, das wissen Sie ja.“

      „Irgend etwas Besonderes?“

      „Der eine sieht so hässlich aus, dass es selbst mir schwerfiel, ihn anzuschauen. Hat ein schmales Gesicht wie ein Pferd, wulstige Lippen, ein spitzes Kinn, lange, blonde Haare und dazu einen zerzausten Backenbart, Also wirklich, so was Hässliches sieht man nicht jeden Tag. Der Anführer hat eine Messernarbe im Gesicht. Seine Augen erinnern an einen Fisch. Der dritte sieht auch mehr oder weniger wie ein Killer aus. Aber wie gesagt, danach kann man nicht gehen.“

      „Sie haben diese Männer bestimmt noch nie vorher gesehen?“

      „Ganz sicher nicht!“

      Ich überlegte, ob ich mir die Pferde der Halunken ansehen sollte, verwarf den Gedanken jedoch gleich wieder.

      „Ich sagte ihnen noch, dass sie die Gewehre bei den Pferden lassen könnten, weil in meinem Stall nichts gestohlen wird. Das taten sie dann auch.“

      „Sagt Ihnen das Aussehen der Kerle nichts?“, fragte Duncan.

      „Nein.“

      „Aber die wussten offenbar von ihrem Auftauchen in Prescott an genau, was sie hier wollten.“

      „Stimmt“, gab ich zu. „Ich habe Feinde auch aus einer lange zurückliegenden Zeit, Henry. Manche davon bedienen sich gekaufter Killer.“

      „Verstehe“, brummte Duncan.

      Von der Südseite der Stadt bewegten sich im Schatten der westlich gelegenen Häuserzeile Männer langsam immer weiter in die Phoenix Street.

      „Ist denn da hinten niemand, der sie zurückhält?“, fragte ich.

      „Von uns nicht“, entgegnete Henry Duncan. „Übrigens haben wir den Marshal immer noch nicht gefunden.“

      Bevor ich entscheiden konnte, ob ich das Viertel umgehen oder den neugierigen Leuten direkt entgegen gehen sollte, wurde in unserem Haus ein Fenster geöffnet und Manuela in das Rechteck gedrängt. Ich sah ihr bleiches Gesicht und die Fesseln an den Handgelenken. Schräg hinter ihr ließ sich ein weiteres, finsteres Gesicht mit funkelnden Augen und einer Messernarbe am Kinn erkennen.

      „Zurück!“, befahl eine bellende Stimme. „Räumt die Straße, oder die Geiseln werden erschossen!“

      Die Menschen hasteten entsetzt zurück. Leer gähnte eine Minute später die Straße.

      Da tauchte Doc Walter am Südende der Phoenix Street auf und marschierte mitten auf der Fahrbahn unserem Haus entgegen.

      „Zurück!“, schrie die wütende Stimme hinter der bleichen Mexikanerin

      „Ich bin der Arzt!“ Doc Walter blieb nur ein paar Dutzend Yards vom offenen Fenster entfernt stehen.

      „Hauen Sie ab, Mann!“

      „Die Frau ist schwanger, Mister. Was Sie tun, kann sie töten! Lassen Sie mich ins Haus, damit ich mich um sie kümmern kann!“

      „Verschwinden Sie!“

      Ein Revolver schob sich aus dem Fenster und entlud sich. Eine Kugel streifte den Hut des Arztes und versetzte ihm einen Stoß zur Seite.

      Das Donnern hallte durch die Stadt, Pulverrauch breitete sich vor der Hauswand aus.

      „Das ist unmenschlich!“, rief der Arzt empört.

      „Ich zähle bis drei, Knochenflicker. Wenn du dann nicht die Beine schwingst, brauchst du dich um die Mexikanerin nie mehr zu kümmern. Hast du kapiert?“

      „Sie sind eine Bestie!“, schrie der Arzt.

      Der Colt entlud sich wieder, und die zweite Kugel stieß dem Arzt den Hut ganz vom Kopf. Er rollte auf der Krempe durch eine Fahrrinne und kippte um.

      „Schieß ihm doch ins dumme Köpfchen, Luck!“, schlug einer der Banditen vor.

      „Eins!“, zählte der Kerl schräg hinter der bleichen Manuela, die zu mir herunterschaute.

      „Hauen Sie ab, Doc!“, brüllte ich. „Diese Halunken spaßen nicht!“

      Der Arzt drehte sich um, lief zurück, hob seinen Hut auf und erreichte die Leute an der hinteren Ecke.

      Über der Straße löste sich die Pulverdampfwolke langsam auf.

      „Mut hat er ja, das muss ihm der Neid lassen.“ Henry Duncan rieb sich über die Stirn.

      „Solcher Mut ist hier nicht angebracht“, sagte ich. „Er spitzt die Situation nur weiter zu.“

      „Er denkt an seine Patienten.“ Manuela wurde zurückgezogen und das Fenster mit der eingeschlagenen Scheibe geschlossen. Die Gardine schob sich davor.

      Ich befand mich in einer Erregung, die klare Überlegungen fortzuspülen drohte. Aber rechtzeitig erkannte

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