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erreicht sie gerade noch. Ungern ist sie nachts allein unterwegs, eine Sekunde denkt sie an den S-Bahnmörder. In diesem Moment geht ihr durch den Kopf, wie egoistisch ihr Chef ist, er ärgerte sich, dass sie die Nacht nicht bei ihm verbringen wollte, und setzt sie kurz vor dem Bahnhof ab. Sie wird in Kürze diese Beziehung beenden. Zu weit gehen ihre Bedürfnisse und Vorstellungen auseinander. Mit so einem Egoisten wird sie ihre Zeit nicht länger vergeuden. Der Altersunterschied ist auch zu groß.

      Eine schöne Episode fällt ihr ein. Sie kann sich rühmen, auch mit C.J. getanzt zu haben. Er war phänomenal; kannte den Chef. Mit seiner rauchigen, heiseren Stimme sagte er zu ihr:“Schade Mädel, du bist mir zwei Köpfe zu klein; ich mag nun mal große Weiber“ Aber, du bist nicht nur eine Sünde wert – und leider auch vergeben! Er hätte zu ihr sagen können, was immer er wollte, wichtig für sie war, dass er überhaupt etwas zu ihr gesagt hatte!

      „Der Normannische Kleiderschrank! „Da zehrt sie ihr ganzes Leben von. Sie hat ihn als einen großartigen, wunderbaren Menschen kennengelernt. Wen er mochte, der befand sich in seinem Schlepptau; da kannte er keine Starallüren! Eine wunderschöne Erinnerung in ihrem Leben – sie war im richtigen Moment am richtigen Ort! Der Weltenbummler war immer seltener in Berlin!

      Christina trifft fast der Schlag! Eine vertraute Stimme dringt an ihr Ohr. Was machst du denn hier? Das gibts doch gar nicht! Mara, was hat dich hierher verschlagen? Die beiden Freundinnen aus der Kinderzeit haben sich wieder. Unglaubliches und viel haben sie sich zu erzählen. Welch merkwürdiger Zufall! Mara arbeitet gegenüber in einem erst kürzlich eröffneten kleinen Modesalon. Alle Bewerberinnen konnte sie hinter sich lassen. Sie war Schneiderin, sah blendend aus und hatte die Figur eines Mannequins. Groß, blond – das Pendant zu Christina. Gleich in der zweistündigen Mittagspause treffen sich die beiden; sie können es kaum glauben, sich unter solchen Umständen wiedergefunden zu haben. Christina war auch umgezogen, in eine größere Wohnung. Meist aber war sie im Westen bei Verwandten, so waren Maras Versuche, sie aufzufinden, fehlgeschlagen! Bei Mara ist es sehr behaglich, eine angenehme Atmosphäre, sie treffen sich jetzt oft. Christina fragt sie, seit wann sie im Westen arbeitet? Es sei ihre erste Stelle. In dem Bekleidungswerk schlug man sie zur Abteilungsleiterin vor. Zuerst war sie ganz stolz – doch dann hieß es: dieser Posten verlange natürlich eine Parteizugehörigkeit. Aus Gesundheitsgründen schied sie aus! Nach Herzenslust kann Christina im Salon herumstöbern, gelegentlich probiert sie schon mal ein aufregendes Modellkleid. Der Chef indessen beobachtet argwöhnisch das „Treiben „der beiden. Es missfällt ihm sehr, er fühlt, dass sie ihm so nach und nach entgleitet; und wird sehr aufpassen müssen, verlieren will er sie auf keinen Fall. Maras Einfluss auf Christina war immer groß, sie mag den Chef nicht – wie auch umgekehrt. Christina wird kritischer dem Chef gegenüber, nimmt nicht mehr widerspruchslos alles hin. Die Beziehung steht auf dem Prüfstein! Der Chef würde Mara am liebsten den Zutritt zu seinem Laden verbieten, traut es sich dann doch nicht. Seine Arroganz findet Mara dumm und abstoßend, fragt sich, was Christina an ihm findet? Dafür hasst er Mara, schiebt sein Unvermögen letztendlich ihr zu.

      An einem Samstag, während ihres Urlaubs, nimmt sie Marc mit ins Geschäft. Sie zeigt ihm alles, erklärt ihm, was sie so alles tun muss. Die Kunden immer nett bedienen, denn die Konkurrenz ist schon da. Geduldig und sehr aufmerksam hört er sich das alles an. Unbedingt muss er wissen, was Kunden und Konkurrenz sind. Auch das erklärt sie ihm mit lächelnder Miene! Ein Fach mit Lutschern hat nun aber sein Interesse geweckt. Im Brustton der Überzeugung sagt er: „So Onkel Günther, jetzt habe ich mir aber ganz bestimmt einen Lutscher verdient, ich habe so schön gelernt!“ Ihre Kolleginnen amüsieren sich köstlich über den kleinen Kerl, sie finden, er hat recht. Der Chef aber ringt um Fassung, wechselt mehrmals die Farbe im Gesicht und stößt dann übel gelaunt hervor: „Bettelnde Kinder kann ich für den Tod nicht ausstehen!“ Christina erbleicht, Marc fängt an zu weinen. Sie nimmt eine Handvoll Lutscher, wirft ein 5-Mark-Stück auf den Ladentisch, nimmt ihren Sohn an die Hand, verlässt den Laden!

      Eine Woche später erhält sie einen formlosen Heiratsantrag vom Chef mit der Bedingung, Marc müsse bei den Großeltern bleiben, da hätte er es ja sehr gut. Das weiß sie. Niemals ohne ihren Sohn – das war wie das „Amen in der Kirche.“ Sie kündigt die Stellung, gleichzeitig beendet sie diese Beziehung! Das hatte ihm noch keine geboten! Er droht mit Vertragsstrafe und besteht auf einer vierwöchigen Kündigungsfrist. Viel, viel später ist ihr eingefallen, dass sie gar keinen Vertrag hatte. Erst fragte sie gelegentlich nach, dann hatte auch sie das vergessen.

      Vier Wochen, in denen Christina durch die Hölle geht. Verletzter Stolz, Eifersuchtsdramen und Tobsuchtsanfälle bestimmen jetzt die Tagesordnung. Zwischendurch fleht er sie immer wieder an, sie möge doch bei ihm bleiben, er könne ohne sie nicht mehr leben. Sie verabscheut ihn jetzt – nicht mal vor dem Team, und neuerdings sogar vor Kunden, beherrscht er sich. Sehr hässliche Worte fallen. Öffentlich wird sie so verletzt und gedemütigt. Worte, wie Ostschlampe, Hure, kann jeder hören. Vor Scham möchte sie in ein tiefes Loch fallen – doch da ist meist kein’s. Immer wieder hält er ihr vor, wen und was sie durch ihn alles kennengelernt hat! Sie sei eine egoistische, hinterhältige Person, habe es nur auf sein Geld abgesehen. Das verschlägt ihr die Sprache, sie kann sich nicht erinnern, nur ein winziges Geschenk oder Blumen je von ihm bekommen zu haben. Wenn sie mal ausgingen, dann bezahlte er, da sie immer bescheiden war, hielt sich auch das sehr in Grenzen. Ihr Gehalt gab sie meist für elegante Garderobe aus, weil er stets in exklusive Restaurants und Bars einkehrte. Was hat sie nur getan, dass er so mit ihr umspringt. Er hat nicht das Recht sie so zu behandeln, niemals benahm sie sich so.

      Als er sie erneut im Laden „Osthure „nennt, reißt es ihr den Boden unter den Füssen weg. Sie fühlt sich so schlecht und ist hilflos gegen so eine widerwärtige Behandlung. Am liebsten würde sie augenblicklich sterben wollen –, sie geht ins Bad, dort hat er seine Schlaftabletten deponiert.

      Ohne zu überlegen, nimmt sie eine Handvoll und schluckt sie mit etwas Wasser runter. Dann geht sie.

      Er brüllt noch hinterher, was ihr einfiele, sie habe noch zu arbeiten! Sie dreht sich nicht mehr um, weinend geht sie die Straße entlang. Dieser Schuft ist nicht eine einzige Träne wert, die Tränen rinnen ihr längst über ihr trauriges Gesicht! Noch einmal geht ihr durch den Kopf – „Das Leben ist kein Märchen; du musst abhauen, bevor es zu spät ist! „Kurz vor’m Bahnhof Neukölln bricht sie zusammen. Eine Kundin konnte der Feuerwehr Näheres mitteilen. Von den Streitigkeiten hatte sie im Laden einiges mitbekommen, schimpfte lautstark über diesen widerlichen Kerl. Man dürfte dort nicht mehr einkaufen, doch weit und breit gab es kein anderes Geschäft. Als sie im Krankenhaus irgendwann aufwacht, sitzt ein junger, netter Arzt an ihrem Bett. Er hält ihre Hand, sagt, Sie haben unheimliches Glück gehabt, viel Zeit hätte nicht mehr vergehen dürfen. Was hatten Sie für Gründe, Sie sind so jung und hübsch, das ganze Leben haben sie noch vor sich. Nein, so ein Leben will sie nicht leben, es bricht alles aus ihr heraus. Wie kann man gegen haltlose Lügen und Ungerechtigkeiten vorgehen, immer bekommen die Lügner recht! Er nimmt sich Zeit, sie erzählt diesem jungen Mann ihre ganze traurige Geschichte. Dann fragt er, haben Sie Kinder? „Oh, mein Gott, Marc, was habe ich getan?“ Weiter fragt er, welche Angehörigen er verständigen soll? Nein, nein, das darf niemand wissen. Doch sagt er, Sie müssen mir eine Adresse oder Telefonnummer geben. Kurz überlegt sie, dann gibt sie die Telefonnummer von ihrem Bruder Hardy.

      „Sie sollten diesen Mann nie wiedersehen, er bringt nur Unglück über sie.“

      Ich muss noch dort arbeiten, er droht mir mit Vertragsstrafe, was immer das heißt. Ich werde mich darum kümmern, Sie bekommen vom Krankenhaus eine Bescheinigung mit. Dorthin können Sie unmöglich zurückkehren!

      Ihr Bruder kommt ganz aufgelöst an. Seine Schwester – er will das nicht glauben. Sie, die immer so stark ist, für andere stets einsteht, da muss Entsetzliches vorgefallen sein, dass sie zu solch einer Kurzschlusshandlung fähig war. Auch ihm erzählt sie die ganze unheilvolle Geschichte. Diesen fiesen Kerl wird er sich vorknöpfen. Christina beschwört ihn, nichts den Eltern zu sagen, sie würden es nicht verkraften. Er verspricht es.

      Der Chef erscheint. Ihr Bruder sagt ihm, dass er hier nichts verloren habe, er möchte sofort gehen, das Ganze wird für ihn ein Nachspiel haben. Dann muss auch ihr Bruder gehen. Sie verabreden, dass er sie morgen abholt, einen Tag soll sie noch

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