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wie man es nimmt. Ich kann alles bedienen und es funktioniert alles. Ein Supertechniker muss man dafür nicht gerade sein, aber natürlich braucht man ein gewisses Verständnis dafür. Nur einmal hat’s ein bisschen einen Wirbel gegeben. Da sind die Schleusen von selbst aufgegangen und meine Kühe sind ins Dorf gerannt«, erzählte Thomas Steinrigl.

      »Aha. Und woran lag das?«, fragte der Kommissar. Er konnte sich dunkel daran erinnern, davon ein Foto in der Zeitung gesehen zu haben. Da stand auch dabei, dass es sich beim betroffenen Landwirt um den Bruder des Ministers gehandelt hatte. Aber das hatte er in der Zwischenzeit längst wieder vergessen gehabt. Jetzt schrieb er sich nebenbei rasch in sein Notizbuch: ›Kuhstall. Fehlalarm. Minister. Zeitungsberichte checken.‹

      »Das weiß ich bis heute nicht so genau. Wir haben einen Techniker kommen lassen. Danach hat’s wieder funktioniert.« Thomas Steinrigl blickte zu seiner Frau hinüber. Er fühlte sich von den Fragen des Kriminalkommissars langsam ein wenig ins Eck gedrängt. Warum wollte der das alles von ihm wissen? Der Kommissar ließ überdies nicht locker. »Und warum, glauben Sie, war Ihr Bruder an dem Tag in der Gegend unterwegs? War er auf dem Weg zu Ihnen?«

      »Das weiß ich, ehrlich gesagt, nicht. Ein paar Tage vor seinem Tod haben wir miteinander telefoniert und ich hab ihm von meiner finanziellen Lage erzählt. Das hat ihn natürlich nicht sehr erfreut, er war besorgt. Ich glaub, er wollte vorbeikommen und mir seine Hilfe anbieten.«

      »Aber sicher sind Sie sich nicht?«

      »Nein. Zumindest war nichts geplant in der Richtung. Wenn, dann wär das ein spontaner Besuch von ihm gewesen. Das ist aber äußerst selten passiert.«

      »Wir wissen von seinem Terminplan, dass er davor bei einem Termin war, der nicht allzu weit entfernt gelegen ist.«

      »Na, das könnte schön passen. Mein Bruder hatte ein irrsinniges Pflichtgefühl gegenüber seiner Familie. Er hat mir in der Vergangenheit schon einmal ausgeholfen, also finanziell, mein ich. Ich hab ihm damals aber alles zurückgezahlt!«

      »Das glaube ich Ihnen, keine Sorge.« Der Kommissar versuchte, den aufgeregten Bauern etwas zu beschwichtigen. Trotzdem musste er ihm noch ein paar Fragen zu seinem Verhältnis zu seinem Bruder stellen. »Haben Sie sich eigentlich immer gut verstanden, Sie und Ihr Bruder?«

      »Eigentlich ja, immer. Unser Vater hat mir den Hof überlassen, obwohl ich der Jüngere von uns beiden bin. Das ist, von außen betrachtet, am Land eher unüblich und lag daran, dass der Wolfgang immer Wirtschaft in Wien studieren wollte. Er bekam stattdessen vom Vater den Grund am See. Der war plötzlich sehr viel mehr wert als gedacht. Das war sein Glück. Er konnte ihn teuer verkaufen.«

      »Welchen Grund hatte Ihr Bruder denn?«

      »Das war ein Grundstück mit Seeblick direkt zum Attersee. Es war eigentlich Ackerland, wurde aber umgewidmet in Bauland, noch bevor ich zum Bürgermeister gewählt wurde. Und mein Bruder hat dafür eine ordentliche Summe Marie bekommen. Das hat er dann clever investiert. In Aktien. Ich sag’s ja, ein Finanzgenie. Glauben S’ mir, er ist nicht umsonst der Finanzminister von Österreich geworden!«

      Thomas Steinrigl war sichtlich stolz auf den Erfolg seines Bruders. Neid und Missgunst konnte der Kommissar aus dessen Augen jedenfalls nicht herauslesen. Aber trotzdem galt es jetzt, Vorsicht walten zu lassen und Thomas Steinrigl und seine Frau auf die Liste der Verdächtigen zu setzen. Manchmal täuschte ihn sein Instinkt schließlich auch. Vielleicht wollten die beiden doch an das Geld der Lebensversicherung? Schließlich kannte sich Thomas Steinrigl mit Technik aus, und seine Frau war wie durch Zufall am Unfallort anwesend gewesen. Sie konnte irgendetwas vertuscht haben, was den Polizisten vor Ort nicht aufgefallen war. Und er, ihr Ehemann, konnte das Auto auch aus der Ferne gesteuert haben. Das musste auf jeden Fall noch genauer überprüft werden, da war sich Leyrhofer sicher. »Eine letzte Frage hätte ich da noch an Sie …«

      »Ja?«

      »Wo waren Sie am 20. November zwischen 16.00 und 17.30 Uhr?«

      »Am Gemeindeamt. Da hatten wir Gemeindesitzung, das können sechs Herren bezeugen.« Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. Die Frage war aber auch sehr naheliegend gewesen.

      »Das müssen wir selbstverständlich überprüfen. Danke für Ihre Kooperation.« Der Kommissar wusste bereits, dass das Alibi von Steinrigl stimmte. Das hatte ihm bereits einer der Gemeinderäte im Dorf ungefragt erzählt. Trotzdem war sich der Kommissar sicher, dass er nicht zum letzten Mal in der Gemeinde St. Mergen im Attergau zu Gast war. Für heute, sagte sich der Kommissar nach einem Blick auf die Uhr, reichte es aber. Die Befragung war so weit zu Ende und der Blick auf seine Uhr sagte ihm, dass es bereits 20.12 Uhr war. Das war keine Zeit, um weiter zu stören. Zumindest nicht am Land. »Danke, dass Sie sich so viel Zeit für meine Fragen genommen haben. Wie Sie sich sicher denken können, müssen wir uns wahrscheinlich noch einmal unterhalten. Nächstes Mal melde ich mich allerdings vorher an. Ich würde Sie bitten, in den nächsten Wochen nicht das Land zu verlassen, Sie stehen unter Mordverdacht.«

      Nicht das Land verlassen? Was war denn jetzt in den Kriminalkommissar gefahren? Thomas Steinrigl schluckte. Zählte er jetzt etwa ernsthaft zum Kreis der Verdächtigen, obwohl er ein hieb- und stichfestes Alibi hatte? Er, der seinen Bruder über alles geliebt hatte? Für Geld beging er doch keinen Mord! Abgesehen davon: Wieso überhaupt Mord? Bisher war doch nur von einem Unfall die Rede gewesen.

      »Mord? Sagen S’ bloß, mein Bruder ist ermordet worden!«

      »Es deutet derzeit alles darauf hin. Aber mehr dazu können wir Ihnen noch nicht sagen«, sagte der Kommissar, der seinen »Verdacht« einmal mehr schwinden sah. So reagierte einfach niemand, der den Mord an seinem Bruder geplant hatte. Thomas Steinrigl wirkte ernsthaft überrascht. So viel schauspielerisches Talent traute er dem Herren nicht zu.

      »Keine Sorge, das ist reine Routine. Sie brauchen sich wirklich keinen Kopf deswegen zu machen. Bei uns wird niemand unschuldig eingesperrt«, so die letzten Worte des Kriminalkommissars.

      Thomas Steinrigl war jetzt aber alles andere als beruhigt. Gerade diese Worte versetzten den Landwirt noch mehr in Panik. Er begleitete den Kommissar nervös nach draußen und konnte es kaum erwarten, dass Leyrhofer endlich weg war, um sich mit Sigrid zu besprechen. Seine Ehefrau hatte sich nicht vom Kommissar verabschiedet. Sie war in der Küche geblieben, denn sie grollte noch immer, weil sie der Wiener ausgerechnet am Tag des Begräbnisses belästigt hatte.

      »Gute Heimreise!«, rief Steinrigl und zog die robuste Holztür hinter sich zu. Der Kommissar blieb noch ein wenig stehen und lauschte an der geschlossenen Tür. Die Tür wirkte zwar dicht, aber vielleicht war doch noch etwas zu hören, dachte er sich.

      »Sigrid, wir sind am Ende«, sagte Steinrigl, als er wieder in der Bauernstube war. Die Verzweiflung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Einmal mehr war es Sigrid, die ihren Mann zu beruhigen wusste. Sie strich ihm über seinen kahlen Kopf. Dann umfasste Sigrid seine Ohren und schüttelte den Kopf ihres Mannes fest hin und her. »Wir lassen uns nicht unterkriegen. Von niemandem. Merk dir das! Gemeinsam sind wir stark.« Dann ließ sich der Bauer von seiner Frau in die Arme nehmen und seufzte tief.

      Der Kommissar hatte sich in der Zwischenzeit von der Tür entfernt, denn am Ende war nichts mehr zu hören. Er stieg in sein Auto und schaltete die Scheibenwischer ein, denn es nieselte leicht. Auf der Fahrt nach Wien grübelte er darüber nach, was der Landwirt wohl mit »Wir sind am Ende« gemeint hatte. Hatte er eventuell doch etwas mit dem Mord zu tun und war einfach nur ein guter Schauspieler?

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