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war tief getroffen von Detlefs Verrat und haderte eine Zeitlang mit ihrem Schicksal. Doch dann begann sie zu überlegen, wie sie aus der Situation das Beste machen könnte. Viele Tage lang schloss sie sich in ihr separates Schlafgemach ein, um nicht von Detlef gestört zu werden, und dachte nach.

      Schließlich traf sie eine Entscheidung. Sie ging zu ihrem Mann und sprach:

      „Du hast mich belogen. Aber dafür werde nicht ich dich bestrafen, sondern das Leben selbst.“

      „Ich habe dich nicht belogen“, antwortete Detlef, der alle Frauen für dumm und sich selbst für gescheit hielt. „Ich habe bloß nicht alles gesagt. Du hast ja auch nicht gefragt, ob ich genug Geld habe. Wenn du mich gefragt hättest, hätte ich dir alles ehrlich erzählt.“

      

      „Damals hast du mich belogen“, beharrte Selina, „und nun versuchst du mit faulen Ausreden, dich selbst zu belügen. Aber das ist jetzt egal, ich möchte nicht mit dir darüber streiten. Ich habe mir inzwischen überlegt, wie wir weiter leben werden. Wir fahren deine Mama besuchen. Ich werde alles Geld nehmen, das sie mir geben mag. Aber du bekommst davon keinen Heller. Ich werde die Dinge selbst in die Hand nehmen, deine Finanzen verwalten und deine Schulden abbezahlen, denn zu dir habe ich kein Vertrauen mehr. Solltest du mein Vertrauen zurückgewinnen, kannst du dein Königreich wieder selbst regieren. Bis dahin werde ich mich um alles kümmern und versuchen, deine Fehler auszugleichen.“

      „Damit bin ich nicht einverstanden!“, rief König Detlef wütend. „Du bist meine Ehefrau! Du sollst hier nicht das große Wort führen, sondern Kinder zur Welt bringen und nur dann den Mund aufmachen, wenn man dich fragt, und nicht, wenn dir danach ist! Ich bin der König, ich regiere allein und werde nicht zulassen, dass du dich in meine Angelegenheiten einmischst!“

      „Wenn du so weiterregieren willst wie bisher, nur zu!“ antwortete die kluge Selina, die beim Wutausbruch des Königs ganz ruhig blieb, obwohl sie innerlich kochte vor gerechtem Zorn. „Aber dann verlasse ich dich. Ich gehe zu deiner Mama und werde ihre treue Krankenpflegerin. Keine Sorge, ich werde ihr schon gefallen. Dann verdiene ich mir mein Brot selbst, und sie erfährt dabei eine spannende Geschichte über ihren Sohn. Du darfst wählen, was dir lieber ist. Dafür hast du noch ein bisschen Zeit, wir fahren ja erst in zwei Tagen zu deiner Mutter. Wie du es bestimmst, so wird es sein. Entweder ich bleibe bei deiner Mutter oder ich bleibe in unserem Haus und regiere als Königin.“

      Nach diesen Worten wollte Selina das Zimmer verlassen, doch auf der Schwelle drehte sie sich noch einmal um und sagte:

      „Gemeinsame Kinder kannst du vergessen. Solange die Geschäfte nicht ordentlich laufen, bin ich keine Ehefrau für dich. Du hast mich mit einer Lüge hierhergelockt. Nun musst du den Preis dafür zahlen.“

      Zwei Tage lang hing König Detlef bitteren Gedanken nach. Er bemitleidete sich selbst zutiefst, aber er wollte auch die schöne Selina nicht verlieren. Schließlich ging er widerwillig zu ihr, um ihr seine Entscheidung mitzuteilen:

      „Ich verstehe zwar meine Schuld dir gegenüber nicht und begreife nicht, was ich falsch gemacht haben soll. Doch ich will unter keinen Umständen, dass Mama etwas von meinen Schulden erfährt. Also werden wir es so machen, wie du vorgeschlagen hast. Ich gebe alle Macht in deine Hand, aber nicht für immer, sondern nur für drei Jahre. Dabei habe ich zwei Bedingungen. Erstens darf keiner wissen, dass in Wahrheit du das Land regierst, denn sonst würde ich nicht nur die Achtung meiner Freunde, sondern auch die meiner Feinde verlieren. Zweitens habe ich nicht eine junge Schönheit geheiratet, um an der Tür ihres Schlafgemachs abgewiesen zu werden. Ich möchte weiterhin nachts zu dir kommen, sonst verliere ich meine männliche Würde.“ Nach diesen Worten senkte König Detlef den Kopf, da er eine harte Antwort befürchtete.

      Selina sah ihn eine Weile an und überlegte. Dann erwiderte sie:

      „Dass mein Mann kein Mann ist, möchte ich natürlich nicht. Ich werde mich deiner Liebe nicht entziehen, sonst würdest du zu Dirnen gehen, und das möchte ich nicht. Die Macht übernehme ich jedoch nicht für drei, sondern für sieben Jahre. Ohne deine Hilfe werde ich es allerdings nicht schaffen. Darum bitte ich dich, mich in der ersten Zeit zu unterstützen, bis ich weiß, was falsch läuft. Lass uns so einig werden, dass wir den Schein wahren und einander nicht benachteiligen. Jeder von uns soll sein Schlafgemach behalten, aber wenn mein junger Körper sich nach deiner Liebe sehnt, komme ich zu dir. Und eine Frau will nur dann geliebt werden, wenn sie einen starken und erfolgreichen Mann neben sich weiß. Denk darüber nach!“

      So vereinbarten sie es und lebten fortan ohne Streit nach den Regeln, die sie festgelegt hatten. Nachdem sieben Jahre vergangen waren, setzten sie sich zusammen, um zu besprechen, was zu tun sei und wie sie weiter leben wollten.

      „Meine geliebte Königin“, sprach Detlef, „du hast mich davor bewahrt, dass mein Name in Verruf gerät. Dafür werde ich dir ewig dankbar sein. Nun ist die Frage, wie ich meinen Dank abstatten kann. Wenn du möchtest, so regiere auch weiterhin mein Königreich, das gelingt dir besser, als ich es je konnte. Was mich angeht, so möchte ich weiter mit dir zusammenleben. Ich habe gar keine Bedingungen, ich möchte nur, dass du bei mir bleibst, möchte deine Liebe, deine Fürsorge und Zärtlichkeit spüren. Ich bin kein Jüngling mehr, ich sehne mich nach Wärme und Sicherheit und nach einem Menschen an meiner Seite. Dafür schenke ich dir mein Königreich, völlig schuldenfrei!“

      „Das Königreich, das du mir hier bietest, hast nicht du aufgebaut“, entgegnete Selina. „Es ist nicht dein, sondern unser beider Werk. Deshalb ist dein Königreich kein Geschenk für mich. Womit du Recht hast, ist, dass du alt geworden bist nach all den Jahren. Darum ist es verständlich, dass du einen jungen warmen Körper neben dir haben willst. Als ich dich damals geheiratet habe, liebte ich nicht dich, sondern dein Geld, auch wenn ich mir schwor, dir treu zu sein. Als ich von deiner Lüge erfuhr, war ich sehr zornig, aber ich dachte an mein Versprechen, blieb dir all die Jahre treu, half dir und schenkte dir meine Liebe, da du mein vor Gott angetrauter Ehemann warst. Deine Lüge habe ich dir schon längst verziehen, und ich danke dir für die harte Lektion, die du mir erteilt hast. Von dir habe ich gelernt, ein Königreich zu regieren, Geld zu verwalten, mit Menschen umzugehen. Für all das bin ich zutiefst dankbar. Aber auch wenn ich dir nichts nachtrage, werde ich dich wegen deiner Lüge doch verlassen. Ich gehe zu meinen Eltern zurück. Sie sind greis geworden und brauchen meine Hilfe. Enkelkinder kann ich ihnen nicht bringen, aber ich werde meine Kenntnisse und Fähigkeiten nutzen, um dafür zu sorgen, dass unser Königreich wieder aufblüht und gedeiht wie früher. Und wenn ich es einmal erbe, werde ich mir einen Mann suchen, der jung und erfolgreich ist wie ich selbst. Mit ihm werde ich in Liebe Kinder haben. Leb wohl und trage mir nichts nach. Du hast es dir selbst eingebrockt. Dein ganzes Leben lang hast du angenehm und sorgenfrei gelebt. Vielleicht findest du noch einmal eine Frau, die dein Leben mit dir teilt. Doch einer wie mir wirst du nicht noch einmal begegnen, denn so ein Glück hat man nur einmal im Leben.“

      Nach diesen Worten verließ die stolze Königin Selina ihren Mann und ging zurück in das Königreich mit den vielen schönen Seen, in dem sie einst geboren war, um es wieder aufblühen zu lassen, so wie sie Detlefs Königreich hatte aufblühen lassen. Nie mehr wollte sie arm sein oder vom Geld anderer abhängen, sondern in ihrem eigenen Haus eine wirkliche Königin sein.

      Das Märchen von der untreuen Liebe

      Es geschah in einem Land, das weder fern noch nah, weder hier noch da war, aber überall wurde davon erzählt.

      In jenem goldenen Königreich lebte die Familie des Grafen Herbert, der ein wohlhabender Mann war. Willy, der dortige König, pflegte dem Grafen zur Begrüßung seine königliche Hand zu reichen und seiner Frau, der Gräfin Magdalena, wohlwollend zuzunicken. Der König schätzte den Grafen sehr, weil dieser ein heller Kopf war, geschickte Hände hatte und ihm wunderschöne Schlösser baute, sehr zum Neid anderer Könige. Deshalb war der Graf reich. Von ihm floss wiederum viel Geld in die Staatskasse, weswegen der König ihn besonders schätzte.

      Herbert hatte eine nette Familie, zu der neben seiner geliebten Frau drei Wunschkinder gehörten. Sie lebten in einem riesigen Haus mit vielen Gemächern, die den königlichen glichen, und konnten das Leben in vollen Zügen genießen. Der Graf las seinen Lieben

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