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Geschichten zu erzählen weißer und kluger Gedanken hat, die sanft und zärtlich ist, aber einen eigenen Willen hat, die auf ihren Mann hört, aber selbst auch nicht um Worte verlegen ist. Vielleicht kannst du mir sagen, ob du hier in der Gegend eine solche Frau kennst? Sonst muss ich weiterziehen, denn ich habe meinen Eltern versprochen, dass ich versuchen würde, innerhalb eines Jahres mit einer Braut nach Hause zurückzukehren. Das Jahr ist aber schon beinahe um.“

      „Nun“, sagte Hartlieb, „ich kenne schon eine, bei der ich mir vorstellen kann, dass sie dir gefallen würde, aber sicher kann ich natürlich nicht sein. Ich meine Friederike, Antonias Tochter. Diese junge Frau ist eine Schönheit ohnegleichen, sie ist klug und hat einen eigenen Willen. Ihre Reden sind süß wie Honig, ihre Haltung ist majestätisch wie eines Schwans, dabei ist sie sanft und zärtlich wie ein Kätzchen. Viele Männer haben schon um sie geworben, doch Friederike hat sie alle zurückgewiesen, denn sie ist eigensinnig und wählerisch. „Ich will einen Mann“, pflegt sie zu sagen, „der mich über alles liebt und mir jeden Wunsch von den Augen abliest, aber er soll trotzdem stark sein und einen unbeugsamen Willen haben. Ich will einen Mann, der mir meine Freiheit lässt und mich gleichzeitig fest an sich bindet. Wenn sich so einer findet, heirate ich ihn, ob er ein Diener ist oder ein König. Gibt es ihn aber nicht, werde ich lieber eine alte Jungfer!“

      Donatus war bei der Schilderung des Waldmenschen ganz aufgeregt geworden. „Genauso eine Frau suche ich!“, rief er aus. „Sag mir, wo wohnt Friederike, und wie finde ich dorthin? Ich möchte sofort um ihre Hand anhalten! Und dir schenke ich für deinen guten Rat einen goldenen Taler. Damit kannst du deine Hütte winterfest machen, bevor sie ganz und gar auseinanderfällt.“

      „Das Haus, in dem Friederike und Antonia leben, findest du leicht: Wenn du von hier aus immer geradeaus in südlicher Richtung gehst, läufst du nach etwa zwei Tagen direkt auf das herzogliche Schloss zu, das kannst du nicht verfehlen. Und für dein Geschenk danke ich dir. Es ist wahr: Seit ich das Haus meiner Herrin verlassen habe, habe ich keinen Taler mehr in der Hand gehalten. Nun kann ich die Fenster meiner Hütte verglasen lassen.“

      Am nächsten Morgen begleitete Hartlieb den Prinzen zur Tür. „Gott sei mit dir!“, sagte er zum Abschied. „Mögest du dein Glück finden!“ Er blieb lange auf der Schwelle stehen und schaute Donatus nach, als dieser sich entfernte. Endlich seufzte er, ging zurück in sein Häuschen und schloss die Tür.

      Wie der Waldmensch gesagt hatte, erreichte Donatus nach zwei Tagen die herzogliche Residenz und klopfte an die Tür. Obwohl er inzwischen etwas heruntergekommen aussah, zeigte die Herrin sich gastfreundlich, bat ihn herein und bot ihm Speise und Trank an. Anschließend wollte sie hören, woher ihr Gast kam und was er wollte.

      „Ich bin hierhergekommen“, sagte der Prinz, „weil man sich erzählt, dass in diesem Haus eine junge Frau von unbeschreiblicher Schönheit lebt. Ich möchte um ihre Hand anhalten.“ Von seiner Begegnung mit Hartlieb erzählte er nichts, denn er wollte keine alten Wunden aufreißen.

      „Eine Schönheit lebt hier“, entgegnete die Gastgeberin, „aber bist du ihrer auch würdig? Sie ist sehr eigenwillig, meine Tochter Friederike. Und ich werde sie zu nichts zwingen. Ob sie dich liebenswert finden wird oder nicht, kann ich nicht bestimmen.“

      Nach diesen Worten klatschte sie zweimal kräftig in die Hände. Die Tür ging auf und die Tochter der Herzogin betrat den Raum; sie hatte die ganze Zeit im Nebenzimmer gesessen und zugehört. Als Donatus die junge Frau erblickte, verschlug es ihm die Sprache: Sie war wirklich eine außergewöhnliche Schönheit. Er saß nur da und brachte kein einziges Wort heraus. Friederike lächelte. Sie setzte sich ihm gegenüber und sagte:

      „Heute kannst du dich ausruhen und dich von deiner Überraschung erholen. Aber morgen will ich dich auf die Probe stellen. Wenn du verstehst, wie ich wirklich bin, was ich will und womit man mich halten kann, werde ich deine Braut. Wenn dir das nicht gelingt, musst du einen Monat lang unseren Pferdestall ausmisten. Einverstanden?“

      Donatus blieb gar nichts anderes übrig, als in diese Bedingungen einzuwilligen, so sehr hatte er sich schon auf den ersten Blick in Friederike verliebt.

      Die ganze Nacht konnte er nicht schlafen, er wälzte sich von einer Seite auf die andere und dachte an ihre Worte. Er hatte Angst, dass er ihr wahres Wesen nicht erkennen würde, denn er wusste, wenn er sie nicht gewinnen könnte, würde er niemals eine andere heiraten. Als er am Morgen zu Tisch kam, saß Friederike bereits dort und wartete auf ihn. Kaum hatte er Platz genommen, verwandelte sie sich plötzlich in ein Stück Eis, und sogleich verbreitete sich Kälte im Raum. Der Prinz erschrak und wusste nicht, was er tun sollte. Als er sich hilfesuchend umblickte, sah er eine Tagesdecke, er griff danach und bedeckte die Eisscholle damit. Sofort floss unter der Decke Wasser hervor. Als Donatus das sah, erschrak er noch mehr. Er riss die Decke herunter, aber da war kein Eis mehr, es hatte sich in Dampf verwandelt. Der Dampf zischte und kroch durch den Raum, und es wurde heiß wie in einem Dampfbad. Donatus griff nach einem Krug mit einem schmalen Hals und fing den Dampf darin ein, und damit der Dampf nicht entweichen konnte, bedeckte er die schmale Öffnung des Krugs mit einem seiner goldenen Taler. Dann stellte er den Krug auf den Tisch und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

      Friederike aber verwandelte sich schon wieder, und zwar in einen quirligen Fluss. Diesmal wusste Donatus sofort, was er tun musste. Ohne zu zögern zog er die Stiefel aus, legte sein Obergewand ab, sprang in den klaren Fluss und ließ sich von seinen Wellen wiegen. Dabei wurde ihm ganz leicht ums Herz. Er schwamm, sang und lachte, seine Angst hatte er vollkommen vergessen. Dann stand er plötzlich wieder in der Stube vor dem Tisch, an dem Friederike und ihre Mutter saßen. Die junge Frau stand auf und trat zu ihm.

      „Mutter“, sagte sie, „das ist der Mann, der mir vorherbestimmt ist, den möchte ich heiraten. Er hat verstanden, dass ich nicht kalt bin wie Eis und auch nicht heiß wie Dampf, sondern fröhlich, schnell und frei wie ein Fluss. Und er hat nicht versucht, mich festzuhalten oder einzusperren, sondern er ist in meine Wellen eingetaucht und zusammen mit mir geschwommen. So möchte ich mit ihm leben – zusammen dahinfließen, die Sonne genießen, die gleichen Sterne anschauen. Gib uns deinen Segen, Mutter!“

      

      Nachdem Antonia das junge Paar gesegnet hatte, machten sich die beiden auf den Weg in Donatus‘ Heimat, wo der König und die Königin auf sie warteten. Die Eltern waren überglücklich, als sie ihren Sohn endlich wieder in die Arme schließen konnten und er sogar eine Braut mitgebracht hatte, und sie veranstalteten ein prächtiges Hochzeitsfest. Friederike beglückte ihren geliebten Mann jedes Jahr mit einem Kind, bis es zwölf waren. Als der alte König starb, wurde Donatus König. Kein Feind wagte es, sein Königreich anzugreifen, denn seine Grenzen waren gut gesichert.

      Herzogin Antonia aber lebte einsam in ihrem großen Haus und starb schließlich, ohne Hartlieb je gesagt zu haben, dass sie ihn fast ihr ganzes Leben lang geliebt hatte. Ihre Angst vor bösartigem Geschwätz war stärker gewesen als ihre Liebe.

      Das Märchen von Gier und Lüge

      Es war einmal ein blühendes Königreich, das zwischen zwei Bergketten lag und für seine vielen fischreichen Seen bekannt war. Das Land war auch reich an Menschen, die geschickt und klug waren und ihr Handwerk verstanden. Doch dann wurde ein Mann König, der war ein fröhlicher und freundlicher Mensch, aber er war auch ein Faulpelz und Taugenichts. Die fähigen Menschen im Land wollten nicht von einem solchen Nichtsnutz regiert werden und zogen fort. Mit der Zeit verschlammten die Seen, die großen leckeren Fische starben aus, nur winzige Karauschen gerieten den Fischern manchmal noch in die Netze, aber auch das kam immer seltener vor. Die wunderschönen Rosen, die früher weit über die Berge hinaus bekannt gewesen waren, gingen ohne Gärtnerkunst und Pflege ein oder verwilderten. Selbst der Park um das Schloss herum wurde vernachlässigt. Anstelle schöner Blumen wucherten dort nur Unkraut, Brennnesseln und Löwenzahn. Mit der Zeit verfiel das Königreich immer mehr.

      Der König und die Königin dieses heruntergekommenen Landes, das einst so schön gewesen war, hießen Felix und Beatrice. Die beiden zankten sich nie und waren mit allem zufrieden. Sie standen spät auf und gingen früh ins Bett, tagsüber tranken sie Tee, aßen Brezeln und spielten Kricket. Der Unordnung, die sich in ihrem Königreich immer mehr ausbreitete, schenkten sie keine

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