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labten an Croissants, an Milch und Honig, Schinken und Käse, Früchten und Saft, saß der Aufseher abseits an seinem Aufsehertisch und rührte gedankenverloren in seinem schwarzen Kaffee. Traurig sah er aus, aber das war ja kein Wunder. Den ganzen Tag von hübschen, aufreizend zurechtgemachten, fügsamen, weder schnippischen noch zickigen Mädchen umgeben und trotzdem in ausgeschlossener Einsamkeit verloren, das war ein hartes Los. Es musste ein merkwürdiger Job sein für einen Mann, sofern er nicht durch und durch schwul war, eine nicht enden wollende Übung in Enthaltsamkeit, die reinste Tantalusqual. Ob er wenigstens gut bezahlt wurde?

      Doch war zu viel Mitgefühl für einen Kerkermeister nicht angemessen, auch nicht für einen traurig dreinblickenden. Vielleicht war er auch gar nicht traurig, sondern tatsächlich nur verkatert, vielleicht auch in sich versunken, sinnierend – gar sensibel? Nein, unmöglich, denn dann wäre er nicht hier! Stark war sein Bartwuchs, auch frisch rasiert, wie er war, wurde sein Gesicht von einem dunklen Schatten überzogen, voll waren die Lippen, etwas krumm stach die Nase hervor, ein bisschen phlegmatisch war der Blick seiner dunklen Augen. Ebenso wie sein Kollege war er noch relativ jung, dreißig vielleicht oder knapp darüber.

      Wie er zu diesem Job hier wohl kam, der doch kaum Perspektiven für die Zukunft und keine Aufstiegschancen bot, höchstens zum Oberaufseher vielleicht, falls es einen solchen gab? Ein abgebrochenes Jurastudium hätte Silvia ihm zugetraut, vielleicht gehörte er aber auch zur Heerschar der erfolglosen Künstler, die auf irgendeine Weise ein bisschen Geld nebenher verdienen mussten. Er bemerkte ihren Blick, seine Miene straffte sich, als müsse er Autorität beweisen. Silvia senkte die Lider, wie es sich hier gehörte für ein Mädchen wie sie.

      Jasmin fragte, ob sie noch Kaffee wolle, und schüttelte fast unmerklich den Kopf, tadelnd fast, wie es Silvia schien, aber wahrscheinlich täuschte sie sich. Während sie die Tasse hochhielt und sich noch ein Schlückchen einschenken ließ, mahnte Claudia besorgt, dass sie mit dem Lernen der Regeln bald anfangen solle, da schneller Donnerstag sei, als sie denke. Und es sei sehr ratsam, sie zu kennen, fügte Maria bekümmert hinzu. Wenn sie wolle, könne man ihr helfen.

      Natürlich hatte Silvia dagegen nichts einzuwenden und Claudia fragte, ob sie die Regel sechs kenne. Silvia kannte sie nicht, woher auch, hatte das Werk ja nur einmal kurz überflogen.

      Es war Isabel, die den Text rezitierte: „Jede eigenständige Kontaktaufnahme gleich in welcher Form mit den Behütern ist den Mädchen nicht gestattet.“

      Ach, so war das! Hatte sie den Aufseher etwa so offensichtlich angestarrt, dass sie alle es bemerkten? Sie zupfte sich verlegen am Ohr und versprach zerknirscht, ab sofort mit dem Lernen der Regeln zu beginnen.

      Ab sofort bedeutete allerdings nicht jetzt sofort, denn vor dem Lernen der Regeln galt es sie zu befolgen, was zwar unlogisch war, in der Gruppe aber durchaus praktizierbar, sie musste ja nur tun, was alle taten. Aufgescheucht von ihrem Behüter, in den plötzlich Leben einkehrte, erhoben sie sich vom Tisch. Jasmin, die als „Helferin des Tages“ fungierte, öffnete neben der Kommode eine versteckt eingelassene Tür, die in eine kleine Kammer führte. Diese beherbergte Putzutensilien wie Besen, Kehrbleche, Wischeimer und andere Dinge, zum Beispiel runde schwarze Blechdosen, die aussahen, als enthielten sie Schuhcreme. Aber nein, diese Vermutung Silvias war falsch. Creme war es schon, aber nicht für Schuhe, sie war farblos und diente besserer Gleitfähigkeit, so stand auf dem Deckel geschrieben. Oh. Der erste der Belagerer setzte zur Eroberung an!

      Zögernd bereitete Silvia ihm selbst den Weg, wie es auch die anderen taten. Sie ging zu ihrer Zelle, bedachte den klobigen schwarzen Dildo mit skeptischem Blick, nahm ihn vorsichtig zur Hand, als wäre er bissig, und begann ihn mit der Creme zu bestreichen. Zaghaft glitt ihr Finger über die vordere Rundung, über den glatten, festen Schaft, über die Verdickung in der Mitte, beschmierte ihn reichlich, damit es nicht an Geschmeidigkeit mangele. War er nicht viel zu groß für die vorgesehene jungfräuliche Öffnung, in die noch nie etwas eingedrungen war außer einem Fieberthermometer in Kindheitsjahren, schon damals war es ihr peinlich gewesen, hatte sie sich komisch gefühlt, hilflos und gedemütigt, auch wenn ihr dieses Wort damals noch unbekannt gewesen war. Inzwischen war es ihr vertraut, wurde zum treuen Begleiter, bekam jetzt, zu dieser morgendlichen Stunde eine neue Dimension. Sie sah, wie die Mädchen den Dildo auf die Ablage zurückstellten und sich auf die Knie niederließen, das Gesicht auf den Boden betteten, die Beine spreizten und den Po in die Höhe reckten wie Vogelküken den Schnabel zur Fütterung.

      Nur Jasmin blieb stehen, führte das Gummi in sich ein, halb in den Knien; Silvia sah nicht, wie sie es empfing, denn auch sie kauerte auf dem Boden, das Gesicht in die Hände gelegt, die Beine geöffnet, den Unterleib emporgereckt, würdelos. Gut möglich, dass die Mädchen, die das alles mit sich geschehen ließen, für den Aufseher gar keine Versuchung waren, vielleicht empfand er nichts als Verachtung für sie, vermutete Silvia, erfüllt von abgrundtiefer Scham.

      Jasmin musste von einer zur andern gehen und sie mit dem Dildo spicken, atemlose Stille lag im Raum, unterbrochen von manch aufgewühltem Seufzer. Niemals, dachte Silvia mit pochendem Herzen, ihr ganzes Leben nicht würde sie diese Minuten der tiefsten Erniedrigung vergessen, wie sich ja auch die Szene mit dem Thermometer fest ins Gedächtnis gegraben hatte. Dann stand Jasmin hinter ihr und sie spürte etwas Kühles den After berühren, zuckte zusammen, wollte ausweichen.

      Eine Hand am Schoß aber trieb ihren Po wieder hoch und beschwichtigend klang Jasmins Flüstern: „Ganz ruhig. Es ist nicht schlimm.“

      Das Gummi fand seinen Weg, von sanfter Hand geführt, durchbrach die Sperre, kam in sie, groß, dick, drängend. Es tat weh, ließ sie qualvoll stöhnen, dann glitt die dickste Stelle durch den Engpass hindurch und es wurde eingesogen, fand festen, unverrückbaren Halt, war mit einem Male wirklich nicht mehr schlimm, quälte nicht, füllte sie bis in den letzten Winkel aus, war ein unwiderstehlicher Eroberer, dem sie sich bebend ergab. Ein sanfter Klaps auf den Hintern hieß sie aufstehen und seufzend kam sie auf die Beine, versuchte ihre Gefühle zu verbergen, was aber nicht gelang. Angeregt wiegten die Hüften und jede kleine Bewegung entfachte unbekannte, reizvolle, zitternde Lust. Den andern erging es nicht anders, auch sie boten ein Bild der Sinnlichkeit mit verklärten Mienen und halb geöffneten Lippen, an diese Fülle gewöhnte man sich anscheinend nicht.

      „Nun denn, geht an die Arbeit“, befahl der Aufseher mit milder Stimme. Ein aufmunterndes Händeklatschen entsprach nicht seinem Naturell, ein Grund mehr, ihn etwas sympathischer zu finden als seinen blonden Kollegen, sofern ein Wort wie sympathisch im Bezug auf einen Schergen der Herrin erlaubt war.

      Die erste Arbeit bestand im Abräumen des Tisches, vorbei war es mit der Prinzessinnenzeit. Sie packten das Geschirr und die Essensreste auf drei Tabletts und folgten dem Aufseher die Treppe hinauf mit behutsamen kleinen Schritten. Silvia musste keines tragen, da sie die Neue war, noch nicht integriert, und auch Isabels Hände blieben leer, bei ihr ohne Grund, einfach weil es mehr Mädchen als Tabletts gab und also nicht jede eines haben konnte. In der Halle oben wurden sie von den Skulpturen wie von Freundinnen begrüßt, den Botinnen stummer Duldsamkeit, die sich das Treiben der Menschen mit stiller Heiterkeit beguckten.

      Ihr Weg führte nicht in die Richtung von gestern Abend, sondern nach rechts, sie gelangten in einen anderen Korridor, der sich vom bekannten nicht unterschied, öffneten eine der ersten Türen und betraten eine geräumige Küche. Trübes Licht fiel durch die hohen Fenster herein, graue Wolken trieben über den Park, der sich duckte unter dichtem Regen. Es war passendes Wetter für den Aufenthalt hier, dem heller Sonnenschein nicht angemessen gewesen wäre. Ein großer Gasherd stand in der Mitte der weiß gekachelten Küche, zugänglich von allen Seiten und überdacht von einer metallen glänzenden Dunstabzugshaube. Weiße Schränke rundum beherbergten das Geschirr und die Töpfe, Pfannen und Schüsseln oder sollten es jedenfalls beherbergen, das meiste aber türmte sich außerhalb auf zweigeschossigen Servierwagen, das Geschirr des ganzen gestrigen Tages, des gesamten Personals und der Mädchen, schmutzig und verkrustet wartete es auf den Abwasch. Ihre nächste Arbeit. Offenbar sollten sie nicht nur zu Sklavinnen, sondern auch zu perfekten Hausfrauen abgerichtet werden, was aber sowieso kein Unterschied war.

      Isabel und Claudia spülten, Jasmin und Silvia trockneten ab, Maria räumte ein und der Aufseher saß auf einem Stuhl und passte auf. Es gab Momente, in denen Silvia das Gummi im Hintern einfach vergaß,

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