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zum Kaiser krönen lassen.

      Hauptstützen seines Regimes waren Armee, Bürokratie und katholische Kirche. Aber auch die konservative Bevölkerung auf dem Lande und die städtische Bourgeoisie unterstützten seine Politik – sei es, weil sie die Auswirkungen des Übergangs in die Moderne auf die ländliche Gesellschaft fürchteten; sei es, weil sie Angst vor der revolutionären Arbeiterschaft in den Städten und deren Forderungen nach sozialer Gleichheit hatten. NapoleonNapoleon III. (Kaiser der Franzosen) griff diese Sorgen und Ängste mit seiner populistischen Politik auf, die Wohlstand für alle, allgemeinen Fortschritt und Prestige durch außenpolitische Erfolge versprach. Manipulierte Plebiszite und Wahlen verliehen dieser Politik, die Demokratie [21]und Absolutismus miteinander zu verbinden versuchte, über viele Jahre einen Schein der Legitimität und Akzeptanz. Eine geschickte Handels- und Wirtschaftspolitik sorgte zugleich für relativen Wohlstand, obwohl ein unverkennbares Gefälle zwischen Reich und Arm bestehen blieb. Große öffentliche Feiern, Prachtbauten und -straßen verliehen den urbanen Zentren zusätzlichen Glanz. Höhepunkt dieser Inszenierung von Macht war die Pariser Weltausstellung 1867. Alle Monarchen, Industriellen und Künstler Europas eilten nach Paris, um der Stadt und der Welt der Moderne ihre Reverenz zu erweisen. NapoleonNapoleon III. (Kaiser der Franzosen) sonnte sich in diesem Glanz. Bei näherem Hinsehen erwies sich jedoch, dass das von ihm geschaffene bonapartistische System zu bröckeln begonnen hatte. Wachsende Proteste gegen seine autoritäre Herrschaft zwangen Napoleon III.Napoleon III. (Kaiser der Franzosen), einen liberaleren Kurs einzuschlagen und dem Parlament mehr Einfluss zuzugestehen. In der Krise des Jahres 1870 sollte der Einfluss des Parlaments wie auch der der Straße eine unheilvolle Rolle spielen.

      Die Galerie du Travail (›Galerie der Arbeit‹), Ensemble der französischen Abteilung bei der Weltausstellung von 1867 in Paris. Mit der Exposition universelle demonstrierte das Zweite Kaiserreich nach außen Stärke. Dennoch ließ sich trotz liberaler Reformen die wachsende soziale und politische Unzufriedenheit nicht überdecken.

      Ein wichtiges Element der Strategie Napoleons III.Napoleon III. (Kaiser der Franzosen) war die Außenpolitik. Auch damit knüpfte er an die Politik seines Onkels an, der durch große Siege in Zeiten der Krise immer wieder seine Herrschaft hatte stabilisieren können. Skrupellos nutzte Napoleon III.Napoleon III. (Kaiser der Franzosen) die Chancen, die sich ihm boten. Eine war die ungeregelte Frage bezüglich der »Schutzherrschaft« über die heiligen Stätten der Christen in Palästina, das damals zum Osmanischen Reich gehörte. Gemeinsam mit Großbritannien und dem kleinen Königreich Piemont-Sardinien griff Napoleon III.Napoleon III. (Kaiser der Franzosen) in diesen Konflikt zwischen dem Russischen Kaiserreich und dem Osmanischen Reich ein. Aufseiten des Sultans drängten die drei Mächte im Krimkrieg Russland im Schwarzmeerraum zurück. Dieser Sieg, trotz großer eigener Verluste, und der glanzvolle Friede von Paris 1856 stärkten NapoleonsNapoleon III. (Kaiser der Franzosen) Prestige wie auch die internationale Stellung Frankreichs. 1859 unterstützte Napoleon III.Napoleon III. (Kaiser der Franzosen) die italienische Einigungsbewegung im Krieg gegen Österreich. Auch diese Intervention ›zahlte sich aus‹, erhielt Frankreich dafür als Gegenleistung doch Savoyen und das Gebiet um Nizza vom Königreich Piemont-Sardinien.

      Doch es gab nicht nur Erfolge, die seine Herrschaft stützten – NapoleonNapoleon III. (Kaiser der Franzosen) musste auch Misserfolge in Kauf nehmen. Das Scheitern seines Versuchs, anlässlich des mexikanischen Bürgerkrieges in den 1860er Jahren dort neue Einflusszonen zu errichten, ist dafür ebenso ein Bei[23]spiel wie das Scheitern seiner »Deutschlandpolitik«. 1864, vor allem aber 1866 konnte Napoleon III.Napoleon III. (Kaiser der Franzosen) seine Ziele nicht durchsetzen. Preußen erweiterte seine Machtstellung in der Mitte Europas, ohne NapoleonNapoleon III. (Kaiser der Franzosen) ein »Trinkgeld« – so die zeitgenössische Formulierung – zu zahlen. Frankreich hatte sich nämlich die Zustimmung BismarcksBismarck, Otto Fürst von zu seinen Plänen erhofft, sich Luxemburg einzuverleiben, nach Belgien auszudehnen oder gar sich in den Rheinlanden schadlos zu halten.

      BismarckBismarck, Otto Fürst von und Napoleon III.Napoleon III. (Kaiser der Franzosen) malen einander als Feindbild. Aus: Kladderadatsch, 20. Juni 1869. Nicht nur der Norddeutsche Bund, sondern auch die süddeutschen Staaten beäugten die französische Außenpolitik misstrauisch. Umgekehrt wollte Napoleon III.Napoleon III. (Kaiser der Franzosen) einen einheitlichen deutschen Nationalstaat aus machtpolitischen Gründen nur dulden, wenn Frankreich angemessen entschädigt würde.

      BismarckBismarck, Otto Fürst von erwies sich diesbezüglich als der bessere »Spieler«: Indem er Frankreichs Pläne an die Öffentlichkeit durchsickern ließ, trickste er den französischen Kaiser diplomatisch aus. Der Aufschrei gegen diese erneuten Expansionswünsche Frankreichs in Europa war groß. Vor allem Großbritannien machte deutlich, dass es eine Erweiterung Frankreichs nach Belgien hinein aus strategischen Gründen nicht akzeptieren würde. Angesichts dieser Misserfolge hielten Napoleon III.Napoleon III. (Kaiser der Franzosen) und große [24]Teile der Öffentlichkeit in Frankreich einen Krieg gegen Preußen aus Gründen der nationalen Ehre für unausweichlich. »Rache für Sadowa« (gemeint ist die Schlacht von Königgrätz) war seit dem Sieg Preußens über Österreich dabei das Schlagwort, hatten dieses Ereignis und der anschließende Frieden doch die Stellung Frankreichs geschwächt. Im Juni 1869 schrieb Napoleon III.Napoleon III. (Kaiser der Franzosen) an seinen Kriegsminister:

      Frankreich fühlt sich seit den Erfolgen Preußens beeinträchtigt; es möchte eine Gelegenheit finden, seinen Einfluss unter den besten Bedingungen wiederherzustellen, die möglich sind, ohne alle Leidenschaften Deutschlands aufzuregen, indem es eine Fahne hisst, die eine feindliche Einstellung gegen die deutsche Nationalität verrät. Die Geschicklichkeit der französischen Regierung müsste also darin bestehen, eine Gelegenheit zu ergreifen, wo die begonnene Auseinandersetzung nicht sichtbar gegen Deutschland gerichtet wäre.

      Mit dieser Haltung, die den Krieg als legitimes Mittel zur Erreichung nationaler Ziele ausdrücklich bestätigte, unterschied sich Napoleon III.Napoleon III. (Kaiser der Franzosen) keineswegs von BismarckBismarck, Otto Fürst von. Wenige Monate zuvor hatte der preußische Ministerpräsident an seinen Gesandten in München geschrieben:

      Dass die deutsche Einheit durch gewaltsame Ereignisse gefördert werden würde, halte auch ich für wahrscheinlich. Aber eine ganz andere Frage ist der Beruf, eine gewaltsame Katastrophe herbeizuführen, und die Verantwortlichkeit für die Wahl des Zeitpunkts. Ein willkürliches, nur nach subjektiven Gründen bestimmtes Eingreifen in die Entwicklung der Geschichte hat immer nur das Abschlagen unreifer Früchte zur Folge gehabt; und dass die deutsche Einheit in diesem Augenblick keine reife Frucht ist, fällt meines Erachtens in die Augen.

      Ein Jahr später schien diese »Frucht« für beide Nationen, wenngleich aus unterschiedlichen Motiven, endlich »reif« zu sein. Was war der Anlass für diese Annahme?

      [25]Ein Hohenzollernprinz auf dem spanischen Thron?

      Der Auslöser für einen Krieg zwischen Preußen und Frankreich war das Angebot der spanischen Königskrone an Prinz LeopoldLeopold (Prinz von Hohenzollern). Letzterer, der der katholischen Linie des Hauses Hohenzollern entstammte, hätte nach einer Wahl durch das Parlament die Nachfolge von Königin Isabella II.Isabella II. (Königin von Spanien) antreten können, die das Militär 1868 wegen ihrer autokratischen Herrschaft gestürzt hatte. Aus politischen und strategischen Gründen kam ein preußischer Prinz auf dem spanischen Thron für Frankreich jedoch nicht in Frage. Ein Konflikt war unausweichlich. Ob daraus aber ein Krieg entstehen würde, blieb abzuwarten.

      BismarckBismarck, Otto Fürst von scheute den Konflikt keineswegs. Ihm war jedes Mittel recht, um Frankreich politisch und militärisch zu schwächen. Daher befürwortete er gegenüber dem zögernden preußischen König die Kandidatur von Prinz LeopoldLeopold (Prinz von Hohenzollern). Der Versuch, die Kandidatur bis zur endgültigen Wahl durch das spanische Parlament geheim zu halten, misslang allerdings. Als die Personalie bekannt wurde, protestierte die französische Regierung aufs Schärfste. Unterstützt wurde sie von großen Teilen der Öffentlichkeit

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