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schnell hatte er einsehen müssen, daß hier nichts mehr zu schlichten war. Jedenfalls jetzt nicht.

      James Elliot befand sich in einem guten Zustand, in dem er keinem guten Wort zugänglich war. Das stand fest. Die Art, in der er bereits gegen den Schotten vorging, spitzte die Dinge derart zu, daß der Marshal gezwungen war, ganz hart zu kontern, wie er es ja auch getan hatte.

      So ganz allein war Earp glücklicherweise nicht. Er hatte ja einen Helfer in der Nähe, der ihn nicht im Stich lassen würde.

      Aber was waren zwei einzelne Menschen gegen einen rasenden Viehzüchter, der immer noch Geld genug besaß, um eine große Helferschar in die Sättel zu bringen?

      Bewußt hatten sich die beiden Freunde getrennt. Es war nicht notwendig, irgend jemanden auf den Gedanken zu bringen, daß der Cowboy, der sich da so handfest bei Barring eingeführt hatte, irgend etwas mit dem gepflegten Gambler zu tun hatte, der sich oben in der Stadt aufhielt. Um so größer war die Chance des Spielers, unbeobachtet und unbehelligt zu wachen.

      Bereits in der vergangenen Nacht war Doc Holliday bei der Ranch gewesen, wo der Marshal ihn erwartet hatte.

      Während der Georgier den Platz des Marshals einnahm und bei der Barring Ranch wachte, bestieg der Missourier seinen Hengst und ritt hinüber zur Elliot Ranch, um ihr einen heimlichen Besuch abzustatten.

      Er stellte fest, daß seine Beobachtung vom Vortage stimmte. James Elliot war mit einer Anzahl Reiter auf dem Vorwerk, also bereits ganz in der Nähe der Weidegrenze Barrings. Und der Corral auf der Ranch war völlig leer. Somit hatte Elliot höchstwahrscheinlich alle seine Leute bei sich.

      Wo war Roger Elliot, der bisher bei Barring gearbeitet hatte?

      Was Doc Holliday dem Marshal von Roger Elliot berichtet hatte, war so ungereimt und merkwürdig, daß sich Wyatt Earp vorgenommen hatte, diesen Burschen besonders unter die Lupe zu nehmen.

      Roger war es gewesen, der diesen unseligen Gunfight angezettelt hatte. Die Leute in der Stadt wußten, daß James Elliot seinen Sohn nicht vom Hof gewiesen hatte. Was veranlaßte den jungen Mann, dennoch zu gehen und ausgerechnet bei dem einstigen Rivalen des Vaters Arbeit zu nehmen? Hatte er irgendeinen Grund, den Vater zu schädigen? Oder wollte der Bursche vielleicht so irrsinnig sein, das Schuldkonto, das er sich bei seinem Vater aufgeladen hatte, dadurch verringern zu wollen, daß er den Mann, den der Vater so lange gehaßt hatte, irgendwie schädigte?

      Eine verquerte Idee, vielleicht, aber der Marshal hatte die sonderbarsten Dinge in diesem Lande erlebt. Ein Bursche, der aus so nichtigen Gründen, ja, aus einem Nichts heraus einen so mörderischen Gunfight entfacht hatte, der außerdem die seltsamsten Gewohnheiten besaß, was seine Kleidung anbetraf, seine Waffen, sein Sattelzeug, sein Pferdegeschirr und anderes mehr, ein solcher Mensch konnte auch auf einen so kranken Gedanken gekommen sein.

      Hollidays Gewährsmann war – eine Frau.

      Sie stand in Hillers Bar an der Theke und hatte sich in den eleganten Fremden, der sich vorsichtshalber John Holl genannt hatte, vergafft. Sie glaubte sich ihm dadurch interessant machen zu können, daß sie ihm solche Geschichten aus dem County erzählte.

      Ursprünglich hatten die beiden Dodger nur einen Tag in Dillon bleiben wollen. Da sie nicht im gleichen Boardinghouse Quartier bekommen hatten, war es bisher niemandem aufgefallen, daß die beiden zusammengehörten. Und nachdem der Marshal schon so informiert war, erkundigte er sich selbst auch noch unauffällig an mehreren Stellen in der Stadt nach dem, was er noch glaubte, wissen zu müssen.

      Die Sache stand schlechter, als er befürchtet hatte.

      In der Stadt gab man die Barring Ranch bereits auf, und niemand dachte daran, den drei einsamen Menschen beizustehen. Zu mächtig war der Gegner, der James Elliot hieß.

      Eine Gestalt beschäftigte den Marshal neben Roger Elliot ganz besonders: der eigenartige Texaner, der sich Skinner nannte.

      Da er häufig in der Stadt gewesen war und dem Alkohol stark zusprach, kannten ihn die Leute besonders in Hillers Bar ziemlich gut.

      Was hatte er bei Barring gesucht? Einen Job für fünfundzwanzig Dollar, wie er sich in der Schenke oft gebrüstet hatte? Wohl kaum.

      Was aber sonst?

      Und plötzlich stand er in Elliots Crew.

      Als der hagere Bursche da neben Elliot in den Hof kam, wußte Earp sofort Bescheid über ihn, obgleich er ihn vorher nie gesehen hatte. Solche Typen fallen einem erfahrenen Gesetzesmann auf.

      Und dann, als er mit ihm zusammengeraten war, stand es für ihn fest, daß dieser Skinner ein ganz gefährlicher Bandit war. Der gefährlichste Gegner.

      Es sei denn, daß dieser Roger auf seine Art noch mehr zu fürchten war. Aber das gedachte der Missourier schon am nächsten Tag herauszufinden.

      Vielleicht hätte die kleine Ann Barring jetzt mehr Mut gehabt, wenn sie gewußt hätte, wer der Mann war, der auf die Ranch gekommen war und so entschlossen handelte.

      Aber Wyatt Earp hatte beschlossen, sein Geheimnis noch zu wahren.

      Es sollte rascher gelüftet werden, als ihm lieb war.

      Ann ging zu ihrem Eimer zurück und nahm ihn vom Brunnenrand.

      Der Marshal folgte ihr, nahm ihr den Eimer ab und trug ihn vor die Haustür.

      Das Mädchen blieb neben der Tür stehen.

      »Wann werden Sie weiterreiten, Mister Earp?«

      »Das weiß ich noch nicht.«

      »Heute doch nicht mehr?«

      »Nein, ganz sicher nicht«, entgegnete Wyatt lächelnd.

      Sie hätte ihm so gern gesagt, daß sie vorhin alle sehr bedrückt gewesen waren, als sie annehmen mußten, er sei weitergeritten.

      Und sie hätte ihn gern gefragt, wo er herkam. Es war seiner Sprache nicht anzuhören. Er sprach ein sauberes, klares Englisch, wie es die Menschen sprachen, die von der Küste stammten. Aber er sah andererseits wiederum nicht so aus, als ob er von der Küste käme. Er war ein echter Westman, dessen war sie gewiß. Voller Rätsel war der Cowboy Earp für die kleine Ann Barring.

      »Sagen Sie es mir, wenn Sie weiterreiten müssen?«

      »Das verspreche ich Ihnen.«

      Sie reichte ihm die Hand, die er kräftig drückte, und ging ins Haus.

      Als sie an der Stubentür vorüberkam, vernahm sie aus dem Dunkel die Stimme des Vaters: »Ann, warte.«

      Sie blieb stehen und stellte den Eimer ab, den sie hatte in die Küche bringen wollen.

      »Komm her, Ann.«

      Sie trat in die Stube. Es war so dunkel, daß sie die Gestalt des Vaters kaum sehen konnte.

      Sie sah auch die Mutter nicht, die am Fenster stand.

      »Du hast mit ihm gesprochen, Ann?« begann der Vater zögernd.

      »Ja.«

      »Und, was hat er gesagt?«

      Ann zog die Schultern hoch.

      »Eigentlich nichts.«

      »Nichts?« fragte der Rancher verdutzt. »Ihr habt doch eine ganze Weile miteinander gesprochen.«

      Ann überlegte.

      »Nein, wir haben nur wenig gesprochen.«

      Da stellte der Vater ihr die gleiche Frage, die sie vor Minuten dem Mann gestellt hatte.

      »Wann reitet er weiter?«

      »Er weiß es noch nicht.«

      »Aha.«

      »Aber er wird es mir vorher sagen.«

      »So, wird er das.« Der Rancher ging ruhelos in dem großen Raum auf und ab. »Es hat keinen Sinn«, kam seine knarrende Stimme aus der hintersten Ecke. »Wir können den Kampf gegen Elliot nicht durchstehen. Wir haben keine

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