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nicht reden werden. Ich habe Vertrauen zu Ihnen, Rander. Helen finanzierte LSD-Parties … Sie besorgte Marihuana und wurde dabei erwischt. Nur dank meiner Verbindungen konnte ich sie damals vor einer Anklage bewahren.“

      „Bis Fielding sie in die Hand bekam, wie?“

      „Richtig. Fielding weiß, daß Helen vor einigen Monaten während oder kurz nach solch einer Party einen Menschen getötet hat.“

      „Wie bitte?“ Rander war ehrlich überrascht. Mit solch einer Enthüllung hatte er nicht gerechnet.

      „Sie feuerte mit sogenannten Freunden irgendwo an der Küste in einem verschwiegenen Strandhotel. Auf der Rückkehr überfuhr sie einen Sportfischer.“

      „Einen Sportfischer?“

      „Der Mann angelte in einem Flußarm. Er saß in einem leichten Boot. Helen rammte ihn mit ihrem Außenborder, und der Mann ertrank. Ersparen Sie mir Einzelheiten, Rander!“

      „Steht der Tod dieses Mannes einwandfrei fest?“ Rander war sehr hellhörig geworden.

      „Eindeutig“, antwortete Herbert Manners, „irgendein Zweifel ist ausgeschlossen. Helen wußte genau, was passiert war.“

      „Und Larry Fielding ebenfalls, ja?“

      „Leider. Er befand sich an diesem frühen Morgen an Bord des Außenborders und überredete Helen, schnell weiterzufahren. Sie ging bedenkenlos darauf ein. Die Polizei nahm an, der Sportfischer sei von einem Feriengast hier an der Küste überrollt worden, fahndete nach Unbekannt und schloß schließlich die Akten. Fielding machte sich unentbehrlich. Er hatte die richtigen Leute an der Hand, die Helens Boot wieder aufpolierten. Und seit dieser Zeit hat er Helen und mich in der Hand. Einzelheiten können Sie sich ja leicht vorstellen.“

      „So ungefähr, Manners. Sie sind niemals auf den Gedanken gekommen, zusammen mit Ihrer Tochter zur Polizei zu gehen?“

      „Ich weiß, daß das ein Fehler war.“

      „Ich bin nicht Ihr Richter!“ Rander hatte einen bitteren Geschmack im Mund. „Aber glauben Sie nur ja nicht, daß Sie sich vor Ihrer Verantwortung drücken können. Irgendwann werden Ihre Tochter und Sie Farbe bekennen müssen!“

      „Es war bisher die Hölle! Überlegen Sie, Fielding wird Helen heiraten. Ich bekomme einen Schwiegersohn, den ich hasse, den ich nicht ausstehen kann!“

      „Das kann ich zur Abwechslung mal gut verstehen“, entgegnete der Anwalt, „hat Fielding niemals versucht, Bargeld aus dieser Geschichte herauszuschlagen?“

      „Nie. Hatte er ja auch nicht nötig. Nach der Heirat wäre er ja ein gemachter Mann gewesen. Er weiß ja, was Helen als Mitgift mitbekommt.“

      „Na, ja … ein kleines Vorschußgeschäft hat er deswegen aber nicht abgelehnt“, meinte Rander nachdenklich. Als Manners ihn fragend ansah, machte Rander eine schnelle, ablenkende Handbewegung. „Später, Manners, später … bleiben wir erst mal bei dieser geplanten Heirat. War Helen damit sofort einverstanden?“

      „Was sollte sie tun? Wenn Fielding redet, wandert sie ins Gefängnis. Sie mußte also auf Fieldings Idee eingehen. Und ich ebenfalls. Ich will nicht, daß meine Tochter eingesperrt wird. Die Angehörigen dieses toten Sportfischers leiden keine Not. Ich habe mich natürlich danach vorsichtig erkundigt. Der Tote war ein gut versicherter Geschäftsmann, der hier an der Bay seinen Urlaub verbrachte. Wem ist damit geholfen, wenn Helen eingesperrt wird?“

      „Sie erlauben doch wohl, daß ich Ihrer Logik nicht folge“, sagte Mike Rander, „als Anwalt habe ich von der Gerechtigkeit eine andere Vorstellung. Noch einmal zu Helen, Manners. Hat Sie sich damit abgefunden, Fielding zu heiraten?“

      „Was bleibt ihr denn übrig, Rander? Sie muß, wenn Sie nicht vor Gericht kommen will. Ich glaube aber, daß Sie Fielding haßt. Sie ist ein sehr selbstbewußtes, unabhängiges Mädchen. Offen gesagt, ich wundere mich noch immer, daß sie Fielding so ohne weiteres akzeptiert hat. Ich hatte schon Mord- und Totschlag erwartet.“

      „Wieso?“

      „Als Fielding mit seinem Vorschlag herauskam, Helen heiraten zu wollen, da hätte sie ihn am liebsten zuerst umgebracht. Sie ist sehr impulsiv. Erst als ich ihr gut zuredete, begriff sie, um was es ging. Erst danach willigte sie ein. Aber ich glaube, sie haßt ihn, und er weiß das auch.“

      *

      Helen Manners sah sich in der Kabine um.

      Sie lag in einer der beiden Längskojen, richtete sich auf und strich sich ratlos über das Haar. Bis sie sich erinnerte, daß sie entführt worden war.

      Sie schwang ihre Beine von der Koje herunter und lauschte nach oben. An Deck war alles ruhig. Nur das Schlagen der Wellen gegen den Schiffsrumpf erinnerte sie deutlich daran, daß sie nicht träumte.

      Sie schaute durch eines der großen Bullaugen. Und staunte. Das hatte sie nun wirklich nicht erwartet. Das Boot, auf dem sie sich befand, war an einem schmalen, reichlich brüchigen und zerfallenen Steg festgemacht worden. Dieser Steg gehörte zu einem einfachen, flachen Haus, das wie eine Fischerhütte aussah. Dichtes Unterholz, Wald und nackter Fels bildeten die Umgebung. Helen ahnte, daß die Entführer sie in ein sicheres Versteck gebracht hatten.

      Sie erinnerte sich deutlich an den Gärtner, der sie außer Gefecht gesetzt hatte. War dieser Mann oben an Deck? Hatte sie eine Chance, ihn auszuspielen?

      Helen sah an sich herunter. Sie trug nach wie vor die knappen Shorts, die leichte, offene Bluse und die hochhackigen Schuhe. Sie lächelte unwillkürlich. Wie unter einem inneren Zwang ging sie hinüber zur geschlossenen Schiebetür, öffnete sie und stieg dann wie selbstverständlich über den schmalen Niedergang hinauf an Deck.

      Völlig verdutzt und verblüfft blieb sie auf den oberen Stufen stehen.

      „Sie?“ fragte sie dann gedehnt und hätte sich am liebsten die Augen gerieben.

      „Ich darf mir höflichst gestatten und erlauben, Sie an Bord der ,Nike‘ zu begrüßen“, sagte Josuah Parker und lüftete seine schwarze Melone, „ich darf ferner hoffen, daß Sie einen guten Schlaf hatten, Madam?“

      „Sie?“ wiederholte Helen Manners noch einmal, „ich verstehe nicht. Wieso sind Sie an Bord?“

      „Dies, Madam, ist eine recht lange Geschichte, die ich Ihnen aber auf Wunsch gern erzählen werde.“

      Helen Manners betrat das Deck und warf sich in einen Deckstuhl.

      „Haben Madam irgendwelche Wünsche? Das Frühstück ist in wenigen Minuten serviert. Ich habe mir erlaubt, die erforderlichen Vorbereitungen bereits zu treffen.“

      „Einen Drink könnte ich jetzt vertragen“, antwortete Helen Manners und strich sich über das Haar, „haben Sie diesen fürchterlichen Burschen schon aufgespürt und in die Flucht geschlagen?“

      „Wie meinen, Madam?“

      „Ich rede von dem Individuum, das mich entführt hat.“

      „Dieses Individuum, Madam, von dem Sie zu sprechen belieben, befindet sich nach wie vor an Bord.“

      „Woher wußten Sie, wo ich festgehalten wurde? Ich muß schon sagen, Sie haben sehr schnell geschaltet, Parker.“

      „Das war, um ehrlich zu sein, Madam, nicht sonderlich schwer. Seit Ihrer sogenannten Entführung, Madam, befand ich mich stets in unmittelbarer Nähe Ihrer geschätzten Person.“

      „Ja, wie denn?“ Sie wußte nicht, was sie sonst noch sagen sollte. Sie hatte noch immer nicht begriff en.

      „Das bewußte Individuum, Madam, von dem Sie sprechen, war und bin ich!“

      „Sie, Parker? Ausgeschlossen! Was soll dieser Unsinn?“

      „Ich hoffe, Madam, Sie können einem alten, müden und relativ verbrauchten Mann noch einmal verzeihen. Ich darf wiederholen, das bewußte Individuum war und bin ich. Ich hatte mir erlaubt, ein wenig Maske zu machen.“

      „Dann

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