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Nerven verlieren, Parker«, sagte Rander, der bereits an seiner und damit auch Parkers Befreiung arbeitete, »in ein paar Minuten hab’ ich den Handstrick los.«

      »Sie sollten sich nicht unnötig bemühen, Sir«, erwiderte Parker und brachte seine freien Hände nach vorn.

      »Sie … Sie haben die Hände bereits frei?« Rander riß Mund und Nase auf.

      »Schon seit geraumer Zeit, Sir!« Parker entledigte sich der Fußfessel und erhob sich. Dann zerschnitt er die Hand- und Fußfesseln seines jungen Herrn und steckte das kleine Federmesser zurück in eine seiner Westentaschen.

      »Wie haben Sie denn das wieder geschafft?« wollte Mike Rander wissen und rieb sich die Handgelenke.

      »Ich darf auf meine Patentmanschetten verweisen, Sir«, sagte Parker in seiner ruhigen, würdevollen Art, »sie bestehen, wie ich erklären darf, aus Stahlblech, das mit Hemdenstoff bezogen ist. Stricke normaler Art sind nicht in der Lage, die Handgelenke zu verschnüren. Sie müssen sich zwangsläufig immer dem Umfang des Stahlblechs anpassen!«

      »Haben Sie sich diese Manschetten schon patentieren lassen?«

      »Sie sollten nicht unbedingt Allgemeingut werden«, erwiderte der Butler und griff nach Regenschirm und Melone, die auf dem kleinen Tisch der Hütte lagen.

      »Sie haben natürlich darauf gewartet, bis Ashland gegangen ist, wie?«

      »Sehr wohl, Sir. Nach dem Brand der Jagdhütte, der beobachtet werden wird, müßte Mister Ashland sich sehr sicher fühlen.«

      »Schön, lassen wir’s also brennen! Mit einem Waldbrand ist ohnehin nicht zu rechnen … Alles zu feucht hier in der Gegend.«

      Rander und Parker warteten in der Hütte, bis die niedergebrannte Kerze das trockene Gras erreicht hatte, und die Flamme nach der Zündung über die lange Lunte hinüber zu dem Unterteller kroch.

      »Jetzt wird’s aber Zeit«, meinte Rander etwas nervös, »hier kann jetzt jeden Moment die Hölle los sein.«

      Rander und Parker empfahlen sich durch eines der rückwärtigen Fenster und hatten das an sich nahe Unterholz noch nicht ganz erreicht, als in der Hütte der erste Benzinkanister explosionsartig hochging.

      Flammen und Rauch schossen aus den zertrümmerten Fenstern. Es roch nach Benzin und nach Brand.

      Vom Unterholz aus sahen Rander und Parker dem Spiel der Flammen zu. Nach der Explosion des zweiten Kanisters glich die Jagdhütte einem Höllenfeuer. Ashland hatte wirklich nicht übertrieben.

      »Vielleicht sollte man noch etwas warten«, schlug Parker vor, als Rander gehen wollte, um die Verfolgung von Artie Ashland aufzunehmen.

      »Sie glauben doch wohl nicht, daß er zurückkommt, oder?«

      »Mister Ashland wahrscheinlich nicht, Sir, aber vielleicht Mister Stringale!«

      Rander und Parker wollten gerade aufbrechen, als sie doch noch Besuch erhielten.

      Es handelte sich weder um Artie Ashland noch um Stringale. Es war der Mordschütze vom Waldsee, wie man deutlich sah. Der Mann in Jeans und Lederjacke hatte ein leicht lädiertes Gesicht. Diese Verletzungen, die mit Heftpflaster notdürftig verarztet worden waren, mußten von dem Stein herrühren, den der Butler mittels seiner Patent-Hosenträger verschossen hatte.

      Der Besucher – er war etwa 30 Jahre alt – trug schußbereit ein Gewehr in der Armbeuge und hatte sich sehr vorsichtig an die Jagdhütte herangepirscht. Erst als er sicher war, unbeobachtet zu sein, benahm er sich etwas lässiger, ging um die brennende Hütte herum und versuchte einen Blick ins Innere zu werfen.

      Feuer, Rauch und Hitze trieben ihn immer wieder zurück. Er wirkte ein wenig ratlos und baute sich dann so auf, daß er von dem Rauch nicht belästigt wurde.

      »Wenn Sie erlauben, Sir, würde ich diesem Herrn ungemein gern folgen«, flüsterte Parker seinem jungen Herrn zu, »ich verspreche mir von dieser Observation sehr viel.«

      »Soll ich hier inzwischen Brötchen backen?« Rander war mit diesem Vorschlag überhaupt nicht einverstanden.

      »Sie könnten vielleicht der Spur der Ashlands folgen, Sir, und für meine Wenigkeit einige Hinweise zurücklassen.«

      »Hört sich schon besser an.« Rander zögerte noch etwas. Dann hatte er plötzlich keine Zeit mehr, seinen Butler an die Kette zu legen.

      Der Schütze vom Waldsee hatte inzwischen wohl eingesehen, daß hier an der Jagdhütte für ihn nichts zu holen war. Er tauchte im nahen Unterholz unter.

      Parker folgte ihm auf dem Fuße, um bei diesem volkstümlichen Ausdruck zu bleiben. Er ließ einen ziemlich sauren Anwalt zurück, der sich von seinem Butler überfahren fühlte …

      Der Mann interessierte sich überhaupt nicht für die Wagenspur, die der Landrover auf dem schmalen, steinigen Pfad hinterlassen hatte. Von den Ashlands schien er also nichts wissen zu wollen.

      Der Mann pirschte sich hinauf zum Steilhang, benutzte einen Wildwechsel und erreichte nach einer halben Stunde den Waldsee, auf dessen Bootssteg Jane Ashland sich gesonnt hatte. Der Schütze umging den See, arbeitete sich noch weiter hoch und erreichte ein Plateau, das Parker bisher noch nicht gesehen hatte.

      Riesige Felstrümmer und Brocken, die von der Hand eines Giganten durcheinandergewürfelt worden zu sein schienen, machten dieses Hochplateau zu einem Labyrinth, in dem der Mann sehr schnell verschwand.

      Parker mußte vorsichtig sein, wenn er nicht überrumpelt werden wollte.

      Um so erstaunter war er, als er plötzlich den Duft frischen Kaffees in der Nase verspürte.

      Parker nahm sich vor, sich zu einer Tasse einzuladen. Er hoffte, daß man seine Haltung nicht gerade mißverstand …

      Mike Rander folgte indessen der Spur des Landrover, die einfach nicht zu übersehen war. Sein Ärger über Parker hatte sich inzwischen gelegt und einer gesunden Neugier Platz gemacht. Er war gespannt, welches Ziel die Ashlands wohl ansteuern würden. Befanden sie sich wirklich auf der Schatzsuche, wie er Artie Ashland gegenüber angetippt hatte?

      Rander war derart eifrig bei der Sache, daß er eine knappe Stunde später um ein Haar in die Arme von Gerald gelaufen wäre. Im letzten Moment konnte der Anwalt sich noch bremsen und schleunigst zu Boden gehen.

      Gerald, der ein Gewehr trug, blieb auf einem kleinen freien Platz inmitten des Unterholzes stehen und zündete sich eine Zigarette an. Dann untersuchte er seinen Winchester, den er bereits oben am Waldsee getragen hatte.

      »Gerald … Gerald!?«

      Das war eindeutig die Stimme von Jane, der Frau des Dicken. Die Stimme kam ganz aus der Nähe.

      »Hallo, Jane … hier!«

      Gerald trat die Zigarette aus und sah sich suchend um. Wenig später erschien Jane. Sie trug die langen jeansähnlichen Lederhosen, die in wadenhohen Stiefeln steckten. Sie trug darüber ein kariertes Wollhemd, das am Hals neckisch weit geöffnet war. Nicht ohne Grund, wie sich bald zeigen sollte.

      Wie zwei Hungrige, die durstig nach Liebe sind, warfen sie sich in die Arme und küßten sich ausgiebig. Rander sah diskret zur Seite.

      »Er läßt mich einfach nicht aus den Augen«, sagte Jane, nachdem sich ihre Lippen endlich gelöst hatten. Sie fuhr sich durch das Haar und sah Gerald verliebt an.

      Rander sah notgedrungen zu, vielleicht war jede Nuance wichtig. Diskretion war jetzt nicht mehr angebracht.

      »Ich könnt’ ihn umbringen, dieses Schwein!« sagte Gerald haßerfüllt.

      »Er wäre schneller, Gerald, viel schneller«, erwiderte Jane mit einer müden Geste, »er zwingt uns allen seinen Willen auf!«

      »Lange mache ich das nicht mehr mit«, erklärte Gerald, »er behandelt uns wie Leibeigene!«

      »Mein Pech, daß ich auf ihn reinfiel«, bekannte Jane, »eben hat er mich wieder geschlagen. Hier … Sieh’!«

      Gerald

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