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setzte sich also ab, doch er hatte Schwierigkeiten, wie deutlich zu sehen war. Weitere Schüsse, die offensichtlich ihm galten, hetzten ihn den Steilhang hinauf. Dann war plötzlich Stille.

      Rander und Parker tauschten einen fragenden Blick aus. War Stringale erwischt worden? Und falls ja, von wem?

      »Los, Flossen hoch und aufstehen!« Das Kommando kam von einer bekannten Stimme. Rander zumindest wußte sofort Bescheid. Er erhob sich vorsichtig und streckte beide Arme hoch in die Luft, als käme es ihm in diesem Augenblick auf Freiübungen an.

      Parker bewegte sich wesentlich gemessener. Selbst in solch einer Situation verzichtete er niemals auf die gebotene Würde, die er sich als Butler schuldig war.

      Artie Ashland, gereizt und wütend aussehend, stand hinter ihnen und hielt eine Winchester in Anschlag. Neben ihm tauchte sein jüngerer Begleiter Paul Hanley auf. Auch er hatte sich mit einer Winchester ausgestattet.

      »So was habe ich doch geahnt«, sagte Artie Ashland, »gut, daß wir ’raus ins Gelände gegangen sind, was Paul?«

      »Aber Stringale ist uns durch die Lappen gegangen«, sagte Paul Hanley, der einen nervösen und etwas ängstlichen Eindruck machte.

      »Den erwischen wir auch noch«, meinte Ashland wegwerfend, »der kommt wieder, wetten?«

      Parker war durchaus zufrieden, daß damit nun endgültig die Identität des Schützen feststand. Jetzt wußte man wenigstens, woran man war. Offen blieb nur noch die Frage, wer oben am Waldsee geschossen hatte, als Jane Ashland auf dem Bootssteg ein Sonnenbad genommen hatte.

      »Sie sind vermutlich der irrigen Ansicht, daß Mister Rander und meine bescheidene Wenigkeit auf Mrs. Ashland geschossen haben?« fragte Parker in seiner höflichen, aber immer sehr barocken Sprechweise.

      »Wer denn sonst? Sie und Stringale sind hinter uns her. Schon seit Tagen. Aber ihr werdet es nicht schaffen, uns aus dem Anzug zu stoßen.«

      »Und warum, wenn man fragen darf, sollten Mister Rander und ich dies beabsichtigen?«

      »Hat Stringale euch kein Licht aufgesetzt?« Ashland grinste abfällig, »versucht bloß nicht, mir einen Bären aufzubinden! Ihr wißt verdammt genau, was anliegt!«

      »Schön wäre es«, schaltete Rander sich ein. Dann hatte er eine Eingebung und fragte kaltschnäuzig. »Es geht wohl um die Hinterlassenschaft eines gewissen Dehlinger, wie?«

      Artie Ashland antwortete nicht. Doch sein kalter Blick sprach Bände, wie es der Volksmund laut Parker mit Sicherheit ausgedrückt hätte.

      Rander und Parker befanden sich in einer keineswegs angenehmen Lage.

      An Händen und Füßen sehr fachmännisch gefesselt, saßen sie in der Jagdhütte neben dem mächtigen Kamin und hatten vorerst keine Chance, irgend etwas zu unternehmen.

      Artie, Paul Hanley und Gerald, der Junge mit dem frischen Gesicht, hielten leise Kriegsrat miteinander. Gerald, das war deutlich zu sehen, hatte in diesem Rat keine Stimme. Er nickte aber wiederholt, um wenigstens dadurch anzuzeigen, daß er noch vorhanden war.

      Jane Ashland hatte sich in den kleinen Waschraum rechts vom Kamin zurückgezogen und blieb vorerst außer Sicht.

      Parker hatte sich das Hütteninventar bereits genau angesehen. Er wunderte sich kaum über die brandneuen Schaufeln, die in einer Ecke standen, oder über die Brechstangen und Spitzhacken. Und er übersah keineswegs die beiden Pappkartons, die laut Anschrift Dynamit enthielten.

      Zum Zeitvertreib waren Ashland, seine Frau und die beiden Begleiter sicher nicht in die Bergeinsamkeit gekommen. Wahrscheinlich sollten sie nach Dingen suchen, die irgendwann vergraben wurden.

      Artie Ashland schien zu einem Resultat gekommen zu sein. Er trat schnellbeinig, wie dicke Menschen es zu tun pflegen, zu Rander und Parker und baute sich breitbeinig vor ihnen auf.

      »Keine Sorge«, sagte er lächelnd, »ich werde die Fragen nicht noch mal wiederholen. Meine Frau und ich werden in der Dunkelheit verschwinden. Und hier in der Jagdhütte wird bedauerlicherweise ein kleiner Brand ausbrechen.«

      »Bedauerlicherweise«, kommentierte Rander ironisch.

      »Richtig«, sagte Artie Ashland fast gemütlich. »Ihr Pech, daß Sie bei diesem kleinen Brand dann umkommen!«

      »Was Sie später natürlich mächtig bedauern werden, oder?«

      »Natürlich …« Ashland lächelte. »Und Stringale wird’s wahrscheinlich ebenfalls bedauern.«

      »Sie liefern mir da ein Stichwort, über das man sich unterhalten sollte«, meinte Anwalt Mike Rander, »glauben Sie nicht, daß Stringale Ihnen das heimzahlen wird?«

      Rander bluffte. Er jonglierte mit dem Namen Stringale, ohne aber überhaupt zu wissen, worum es ging.

      »Stringale wird sich damit abfinden müssen. Und auch damit, daß er schon jetzt verspielt hat.«

      »Sind Sie dem Schatz endlich auf der Spur?« Während Rander sprach, deutete er mit dem Kinn in Richtung Schaufeln, Brecheisen und Spitzhacken. Er hoffte, daß er mit seiner Vermutung und Anspielung richtig lag.

      »Ich denke doch«, räumte Ashland ohne weiteres ein, »und wenn Stringale sich nicht absetzt, wird er ebenfalls hier in der Wildnis enden.«

      Damit erschöpfte sich Ashlands Interesse an einer weiteren Unterhaltung. Er ging zurück zu Paul Hanley und dem jungen Mann, den er Gerald nannte. Er erteilte ihnen leise Befehle, worauf sie sehr vorsichtig die Jagdhütte verließen.

      Stringale schien ihnen noch im Nacken zu sitzen. Wahrscheinlich hatten sie nicht die geringste Lust, unter Feuer genommen zu werden.

      Artie Ashland ging an Rander und Parker vorbei und verschwand in dem kleinen Waschraum rechts vom Kamin.

      »Schöne Bescherung, Parker«, sagte Rander leise zu seinem Butler.

      »In der Tat, Sir«, erwiderte der Butler zurückhaltend.

      »Wo bleibt Ihr berühmter Einfallsreichtum?« wollte Rander ungeduldig wissen. »Ich habe keine Lust, hier in der Hütte zu schmoren.«

      Bevor Parker antworten konnte, kam Ashland zurück aus dem Waschraum. Diesmal folgte ihm seine Frau Jane, die so tat, als wären Rander und Parker in der Jagdhütte überhaupt nicht vorhanden.

      Gerald und Paul Hanley kamen zurück in die Hütte. Sie trugen je einen kleinen Benzinkanister und sahen ihren Boß Ashland unsicher-fragend an.

      »Geniert euch bloß nicht«, sagte Ashland und ging auf sie zu. Er nahm mit seinem breiten Körper Gerald und Paul die Sicht. Diese Chance nutzte Jane Ashland, um sich vorsichtig an Rander heranzuschieben.

      Rander war mehr als überrascht, als er plötzlich ein Jagdmesser in ihrer Hand sah.

      »Vorsicht! Da draußen ist wer«, rief Jane und deutete durch das Fenster.

      Da Ashland, Gerald und Paul prompt nach draußen spähten, hatte sie keine Schwierigkeiten, Rander das Messer in die Hand zu schieben. Und da sich seine Hände auf dem Rücken befanden, konnte Ashland später davon nichts sehen …

      Der Zeitzünder, den Ashland konstruiert hatte, bestand aus einer Kerze, die im hochgezupften, trockenen Gras stand, das auf dem Boden der Jagdhütte lag. Von dieser Kerze aus führte eine Art Graslunte hinüber zu einem Unterteller, der mit Benzin gefüllt war. Die beiden geöffneten Kanister daneben warteten nur darauf, explodieren zu dürfen.

      »Ich schätze, in spätestens ’ner halben Stunde haben Sie’s überstanden«, sagte Ashland lächelnd und betrachtete sein Werk, »grüßen Sie Dehlinger, falls Sie ihn in der Hölle treffen. Ich bin sicher, er wird dort sein.«

      »Wir werden Ihnen einen Platz reservieren«, sagte Rander mit Galgenhumor. Dann schaute er zu, wie Ashland die kleine Kerze anzündete.

      Wenig später waren sie allem.

      Das Ehepaar Ashland, Paul Hanley und Gerald hatten die Jagdhütte vorsichtig verlassen. Der Motor

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