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meinte er dann, „suchen und finden wir einen Tresorschlüssel. Vielleicht haben wir sogar Glück, den Tresor zu Deerings Schlüssel zu finden.“ Rander deutete auf das bis zu zwei Dritteln abgesackte Wrack. Er hatte sich bis auf seine Unterkleidung ausgezogen und verschwand wenig später im Wasser.

      Josuah Parker hielt Wache.

      Er durfte sich im Moment sicher fühlen. Mit Pistolen- oder Revolverschüssen war hier draußen in der Lagune, hart in der Nähe des Riffs, nicht zu rechnen, dafür waren die Entfernungen zu groß. Und auch Unterwasserschwimmerinnen plus Harpune konnten sich nicht ungesehen nähern.

      Parker war bewußt, daß sein junger Herr und er sehr scharf beobachtet wurden. Daher ja auch die Show, die er mit seinem jungen Herrn verabredet hatte.

      Rander tauchte wieder auf, schnappte nach Luft und schüttelte den Kopf.

      „Ich will’s noch einmal versuchen“, sagte er, „aber ob ich bis zu Brokens Kabine durchkomme, ist sehr fraglich. Die Luft reicht einfach nicht.“

      „Wenn Sie erlauben, Sir, würde ich gern einmal das versuchen, was man gemeinhin das Glück nennt.“

      „Bis gleich!“ Rander antwortete nicht weiter. Er hatte sich die Lungen mit Luft vollgepumpt und versuchte noch einmal, in Brokens Privatkabine zu gelangen.

      Diesmal blieb er länger unter Wasser. Dann schoß er wie ein abgefeuerter Pfeil nach oben und keuchte. Er brauchte einige Sekunden, bis er sich erholt hatte.

      „Ich war in Brokens Kabine“, sagte er endlich und kroch auf das Heck der „Seejungfrau“ zurück, „und ich habe auch einen Wandtresor entdeckt. Aber ich komme mit der Luft nicht hin, ihn auch noch zu öffnen.“

      „Dann möchte ich es versuchen. Sir.“

      „In der Kleidung?“ Rander grinste.

      „Gewiß, Sir, sie wird mich kaum hindern.“

      „Na, schön!“ Rander trat etwas zurück und reichte Parker den Schlüssel, „des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Aber ich sage Ihnen schon jetzt, daß Sie es diesmal auch nicht schaffen werden.“

      „Vielleicht doch, Sir!“

      Parker wandte sich ab und stieg dann ins Wasser, ohne sich seiner pechschwarzen Butler-Berufskleidung zu entledigen. Er verzichtete diesmal nur auf seine Melone, doch auf seinen Universal-Regenschirm nicht.

      Dort, wo der Butler verschwand, stiegen ein paar kleine Luftblasen an die Oberfläche.

      Rander lehnte sich gegen die eingedrückte Bordwand und wartete. Bis ihm plötzlich jäh bewußt wurde, daß er eigentlich schon viel zu lange wartete.

      Wo blieb Parker? Seine Luftmenge mußte sich doch inzwischen längst erschöpft haben? Ihm war doch nichts zugestoßen?

      *

      Bevor Rander sich weitere Sorgen machen konnte, tauchte Josuah Parker auf, stieg auf das sehr schräge Heck des Wracks und stellte einen schwarzen, schmalen Aktenkoffer ab.

      „Nun sagen Sie bloß, daß Sie es geschafft haben?“ Rander staunte und schüttelte ungläubig den Kopf, „woher hatten Sie denn die Luft?“

      „Ich nahm mir einen kleinen Vorrat mit hinunter“, erwiderte Parker mit einer verblüffenden Selbstverständlichkeit und zeigte seinem jungen Herrn eine kleine Plastiktüte.

      „Was ist denn das?“

      „Ein sogenannter Frischhaltebeutel, Sir. Aus biegsamem Plastik- oder Kunststoffmaterial.“

      „Und …? Darin haben Sie sich Luft mitgenommen?“

      „In der Tat, Sir! Ich entleere diesen Luftvorrat in meine Lungen, wobei ich zugeben muß, daß dieses Verfahren geübt sein muß, wenn man nicht unnötig Wasser schlucken will.“

      „Muß ich bei Gelegenheit mal in der Badewanne ausprobieren“, sagte Rander und grinste wie ein großer Lausejunge, „man lernt nie aus. Und was ist mit dem Aktenkoffer? Stammt der aus dem Tresor?“

      „In der Tat, Sir!“

      „Demnach hat Deerings Schlüssel also gepaßt. Wenn wir den Inhalt des Köfferchens kennen, müßten wir eigentlich wissen, wer der Mörder ist.“

      „Ich hoffe sehr, Sir, daß wir zu diesem Ergebnis kommen werden. Wenn Sie gestatten, werde ich den Koffer jetzt öffnen.“

      „Scheint ein ziemlich kompliziertes Schloß zu sein.“

      „Ich werde mit dem Schloß reden, Sir!“ Parker holte aus einer der Westentaschen seines pitschnassen Anzugs eine Art Pfeifenreiniger und manipulierte damit am und im Schloß herum. Rander wartete in gespannter Nervosität.

      „Bitte, Sir!“ Parker klappte den Kofferdeckel auf und präsentierte den nassen Inhalt, der aus Papieren, einzelnen Schriftstücken und aus einigen Negativfotos bestand.

      „Dann wollen wir mal in die Einzelheiten steigen.“ Rander setzte sich, warf vorher aber noch fast automatisch einen Blick in die Runde.

      „Wir bekommen Besuch“, sagte er und stand schnell wieder auf.

      „Ein Besuch, den man normalerweise als liebenswürdig bezeichnen würde“, fügte der Butler hinzu. Er übertrieb keineswegs. Drei reizende Seejungfrauen schwammen mit spielerischer Lässigkeit auf das Wrack zu und hatten sich ihm bereits tüchtig genähert. Es handelte sich um May Owen, Judy Harless und Hazel Belmont. Sie winkten Rander und Parker zu und schienen bester Laune zu sein. Nach einem Überfall sah diese Freizeitgestaltung keineswegs aus.

      „Wenn Sie erlauben, Sir, werde ich die Schlösser wieder schließen“, sagte Parker, wartete die Erlaubnis, wie immer, überhaupt nicht ab und schloß den Deckel des kleinen Aktenkoffers.

      „Dürfen wir an Deck kommen?“ rief Judy Harless, „oder haben die Herren Angst, von uns umgebracht zu werden?“

      „Wir freuen uns auf Ihren Besuch“, rief Rander zurück, „hoffentlich macht’s Ihnen nichts aus, daß es ein bißchen eng wird.“

      Es machte ihnen nichts aus.

      Zuerst kam Hazel Belmont an Deck, dann folgten May Owen und Judy Harless, die nach wie vor ihre Baströckchen und Blumengirlanden trugen, die unter der Einwirkung des Wassers allerdings mehr als nur leicht gelitten hatten.

      „Mir fällt bei dieser passenden Gelegenheit ein, wo ich Ihre Kleider gefunden habe“, sagte Parker und schaute wieder einmal diskret zur Seite.

      „Wie schön“, entgegnete Owen.

      „Endlich können wir uns wieder richtig anziehen“, meinte Judy Harless und zupfte an ihrem Baströckchen herum. Dann hielt sie plötzlich einen Revolver in der Hand und deutete mit der freien Hand auf den Koffer. „Geben Sie her“, sagte sie, „und vielen Dank für die Vorarbeit! Los, drehen Sie sich um!“

      Mike Rander und Josuah Parker gehorchten. Gegen einen Revolver konnten sie im Augenblick nichts ausrichten.

      *

      Hinter ihnen wurde es verdächtig still. Es war eine Stille, die der Butler überhaupt nicht schätzte. Sie konnte dazu dienen, daß die Damen sich zunickten, daß Judy Harless den Zeigefinger krümmte und schoß.

      Dagegen mußte, so fand er insgeheim, etwas getan werden. Und zwar augenblicklich!

      Parker produzierte also einen Herzanfall, dermaßen gekonnt, daß selbst Mike Rander getäuscht wurde. Parker stöhnte verhalten, rutschte ein wenig nur in sich zusammen und straffte sich sofort wieder, als kämpfe er tapfer gegen seinen Anfall an.

      Gleichzeitig aber, oder Bruchteile von Sekunden später, schwang sein Universal-Regenschirm wie eine Sense nach hinten und säbelte die jungen Damen von den Beinen.

      Rander hechtete sofort auf die Waffe, die Judy Harless verloren hatte.

      Sie war sehr geschickt und erfahren. Sie wollte ihn mit einem Fußtritt stoppen, der aus einem Lehrbuch für Karate stammte. Doch sie

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