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in der Wand, genau dort, wo sie es vermutet hatte, dann ein weiteres Loch in der gegenüberliegenden Wand, wo die Kugel ihre Flugbahn fortgesetzt hatte.

      Riley musste sich zusammenreißen, um ihre Gedanken zu ordnen und die Situation einzuschätzen.

      Hinter der letzten Wand lag der Hinterhof.

      Könnte die Kugel jemanden getroffen haben? fragte sie sich.

      Sie ging zu dem Loch hinüber und spähte hinein. Wenn die Kugel durch die Wand gekommen wäre, hätte sie Sonnenlicht sehen müssen. Die Backsteinverkleidung musste sie endlich aufgehalten haben. Und selbst wenn nicht, wäre die Kugel soweit verlangsamt worden, dass sie nicht über den Hinterhof hinausgekommen wäre.

      Riley atmete erleichtert aus.

      Niemand wurde verletzt.

      Nichtsdestotrotz war es schrecklich, dass das passiert war.

      Als sie Aprils Zimmer verließ und zurück zu ihrem eigenen Schlafzimmer ging, erreichten zwei Personen das obere Ende der Treppe und rannten in den Flur hinein. Eine war ihre vierzehnjährige Tochter, Jilly. Die andere war ihre kräftige guatemalische Haushälterin, Gabriela.

      Gabriela rief aus: „¡Dios mio! Was war dieser Krach?“

      „Was ist passiert?“, rief Jilly hinterher. „Wo ist April?“

      Noch bevor Riley irgendetwas erklären konnte, hatten die beiden April in ihrem Schlafzimmer aufgefunden. Riley folgte ihnen hinein.

      Als sie eintraten, legte April die Vinylbox gerade in den kleinen schwarzen Safe im Kleiderschrank. Sichtlich bemüht ruhig zu bleiben sagte sie: „Meine Pistole hat fehlgezündet.“

      Fast im Chor riefen Jilly und Gabriela aus: „Du hast eine Pistole?“

      Riley konnte sich ein entsetztes Stöhnen nicht verkneifen. Die Situation war nun in allerlei möglicher Hinsicht noch schlimmer. Als Riley April damals im Juni die Pistole gekauft hatte, hatten sie sich beide darauf geeinigt weder Jilly, noch Gabriela etwas davon zu erzählen. Jilly wäre sicherlich neidisch auf ihre ältere Schwester gewesen. Gabriela wäre einfach nur besorgt.

      Aus gutem Grund, wie sich herausstellt, dachte Riley.

      Sie konnte sehen, dass ihre jüngere Tochter sich bereit machte, eine Lawine von Fragen und Anschuldigungen auf sie loszulassen, während die Haushälterin einfach nur auf eine Erklärung wartete.

      Riley sagte: „Ich komme in ein paar Minuten runter und erkläre euch beiden alles. Jetzt muss ich kurz mit April alleine sprechen.“

      Jilly und Gabriela nickten stumm und verließen das Zimmer. Riley schloss hinter ihnen die Tür.

      Als April sich auf das Bett fallen ließ und zu ihrer Mutter hochschaute, musste Riley daran denken, wie sehr sie und ihre Tochter sich ähnelten. Obwohl sie einundvierzig war und April erst sechzehn, waren sie offensichtlich aus dem gleichen Holz geschnitzt. Es waren nicht bloß ihre dunklen Haare und grün-braunen Augen, auch dieselbe ungestüme Haltung im Leben einte sie.

      Dann ließ das Mädchen den Kopf hängen und schien den Tränen nahe zu sein. Riley setzte sich neben sie aufs Bett.

      „Es tut mir leid“, sagte April.

      Riley antwortete nicht. Eine Entschuldigung würde jetzt einfach nicht reichen.

      April sagte: „Habe ich etwas illegales getan? Das Feuern einer Waffe drinnen, meine ich? Müssen wir die Polizei verständigen?“

      Riley seufzte und sagte: „Es ist nicht illegal, nein –– nicht, wenn es ein Versehen war. Ich bin mir nicht sicher, ob es jedoch nicht illegal sein sollte. Es war unglaublich leichtsinnig. Wirklich, April, ich dachte, dass ich dir mittlerweile damit vertrauen könnte.“

      April unterdrückte ein Schluchzen und sagte: „Ich kriege jetzt wirklich Ärger, oder?“

      Erneut schwieg Riley.

      Dann sagte April: „Schau mal, ich verspreche, dass ich vorsichtiger sein werde. Es wird nicht wieder vorkommen. Das nächste Mal, wenn wir schießen gehen ––“

      Riley schüttelte den Kopf und sagte: „Es wird kein nächstes Mal geben.“

      April machte große Augen.

      „Meinst du...?“, begann sie etwa.

      „Du kannst die Pistole nicht behalten“, sagte Riley. „Es ist alles vorbei.“

      „Aber es war nur ein Fehler“, sagte April und ihre Stimme wurde immer schriller.

      Riley sagte: „Du weißt ganz genau, dass das hier eine Null-Toleranz Frage ist. Wir haben darüber gesprochen. Selbst ein dummer, fahrlässiger Fehler wie dieser ist einer zu viel. Das hier ist sehr ernst, April. Jemand hätte verletzt oder getötet werden können. Verstehst du das nicht?“

      „Aber niemand wurde verletzt.“

      Riley war baff. April ging gerade mit Vollgas in den Teenagermodus über und weigerte sich die Realität dessen zu akzeptieren, was gerade geschehen war. Riley wusste, dass es beinahe unmöglich war in solchen Momenten vernünftig mit ihrer Tochter zu sprechen. Doch Vernunft hin oder her, diese Entscheidung lag einzig und allein in Rileys Verantwortung. Sie war ja auch die offizielle Besitzerin der Waffe, nicht April. Ihre Tochter konnte keine Waffe besitzen, bis sie achtzehn war.

      Riley hatte sie gekauft, weil April gesagt hatte, dass sie eine FBI Agentin werden wollte. Sie hatte gedacht, dass das kleinere Kaliber es zu einer guten Übungswaffe machen würde, mit der April auf dem Schießplatz des Waffengeschäfts üben konnte. Bis heute war der Unterricht gut verlaufen.

      April sagte: „Weißt du was, das ist irgendwo auch deine Schuld. Du hättest besser auf mich aufpassen sollen.“

      Riley fühlte den Stich. Hatte April Recht?

      Als ihre Tochter die Pistole in der Schießhalle in den Pistolenkoffer zurücklegte, war Riley gerade dabei gewesen ihre eigenen Schießübungen mit ihrer .40 Kaliber Glock zu beenden. Sie hatte Aprils Vorgehen zuvor bereits viele Male genau kontrolliert. Dieses Mal dachte sie, dass sie weniger wachsam mit ihr sein konnte.

      Offensichtlich hatte sie unrecht behalten. Trotz aller Übungseinheiten, brauchte April immer noch strenge Beaufsichtigung.

      Keine Ausreden, wusste Riley. Keine Ausreden für keine von uns beiden.

      Aber es machte keinen Unterschied. Sie konnte nicht zulassen, dass April ihre Meinung änderte, indem sie ihr ein schlechtes Gewissen machte. Der nächste Fehler ihrer Tochter könnte tödlich sein.

      Riley fauchte: „Das ist keine Entschuldigung, und das weißt du auch. Die Pistole richtig zu verstauen war in deiner Verantwortung.“

      April sagte jämmerlich: „Also nimmst du sie mir weg.“

      „Genau“, sagte Riley.

      „Was machst du mit ihr?“

      „Ich bin mir noch nicht sicher“, sagte Riley. Sie dachte, dass sie sie wahrscheinlich an die FBI Akademie übergeben könnte. Dort könnte sie neuen Rekruten als Übungswaffe zur Verfügung gestellt werden. In der Zwischenzeit würde sie sicherstellen, dass die Waffe sicher im Schranksafe weggesperrt blieb.

      Mit beleidigter Stimme sagte April: „Tja, in Ordnung. Ich habe mich eh umentschlossen, eine FBI Agentin zu werden. Ich hatte vor es dir zu sagen.“

      Riley fühlte sich merkwürdig aufgerüttelt von diesen Worten.

      Sie wusste, dass April erneut versuchte, ihr Schuldgefühle zu bereiten, oder zumindest sie zu enttäuschen.

      Stattdessen fühlte sie Erleichterung. Sie hoffte, dass es stimmte, dass April nicht mehr an einer FBI Karriere interessiert war. Dann müsste sie nicht viele Jahre damit verbringen, um Aprils Leben zu fürchten.

      „Das ist deine Entscheidung“,

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