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der Dung von einem schwarzen Pferde, mit Schwefel gemischt und in eine Schlangenhaut gewickelt, ein bedeutendes Mittel gegen Cholera sei; aber der Symbolismus interessierte ihn weit mehr als die Wissenschaft. Hurree Babu erwiderte, daß er nur ein unerfahrener Stümper in den Mysterien wäre, aber er wisse – und dafür danke er den Göttern – daß er sich in Gegenwart eines Meisters befinde. Er selbst hatte seinen Unterricht bei den Sahibs, die keine Rücksicht auf die Unkosten nehmen, in dem vornehmen Kollegium von Calculta erhalten; aber er war immer der erste, anzuerkennen, daß eine Weisheit hinter der Weisheit dieser Erde bestehe – die hohe und einsame Erleuchtung der Meditation. Kim hörte mit Neid zu. Der Hurree Babu seiner Bekanntschaft, der schmutzige, demonstrative, furchtsame, war verschwunden – verschwunden der unverschämte Medizin-Verkäufer der letzten Nacht. Hier war ein höflicher, glatter, aufmerksamer – ein bescheidener Sohn der Erfahrung und des Mißgeschicks. Die alte Dame vertraute Kim an, daß diese Auseinandersetzungen über ihren Horizont gingen. Sie war für Zaubermittel, mit viel Tinte geschrieben, die man abwusch, verschickte und fertig war. Was wäre sonst der Nutzen der Gottheiten? Sie fand Gefallen an Männern und Frauen, sie hatte kleine Könige gekannt und sprach von ihnen und von ihrer eignen Jugend und Schönheit – sprach von Verheerungen durch Leoparden, von exzentrischer asiatischer Liebesglut; von Verteilung der Steuern, Pachtzins, von Begräbnis-Zeremonien, von ihrem Schwiegersohn (dies mit nicht mißzuverstehenden Anspielungen), von der Sorge für die Jugend und dem Mangel an Bescheidenheit bei den Alten. Und Kim, so voll Interesse an dem Leben dieser Welt wie sie, die es bald verlassen mußte, saß, die Füße unter sein Gewand gezogen, und lauschte begierig. Der Lama aber verwarf, eine nach der andern, jede Art von Heiltheorie, die Hurree Babu anführte.

      Am Nachmittag verschnürte der Babu seinen messingbeschlagenen Medizinkasten, nahm seine Patent-Leder-Schuhe für feierliche Gelegenheiten in eine, seinen blau und weißen Sonnenschirm in die andere Hand und zog ab, nordwärts, nach der Doon zu, wo, wie er sagte, von den kleineren Königen jener Gegend nach ihm verlangt wurde.

      »Wir wollen in der Kühle des Abends fortgehen, Chela,« sagte der Lama. »Dieser Doktor, bewandert in Physik und Höflichkeit, bestätigt, daß das Volk zwischen diesen Bergen fromm und großmütig ist und sehr eines Lehrers bedarf. In kurzer Zeit – so sagt der Hakim – finden wir kühle Luft und den Geruch der Pinien.«

      »Ihr geht nach den Bergen, und auf der Kulu-Straße? Oh, dreifach Glückliche!« schrillte die alte Dame. »Wäre ich nicht so überladen mit der Sorge für die Heimstätte, ich würde den Palankin … aber das wäre unschicklich und würde meine Reputation untergraben. Ho! Ho! Ich kenne den Weg – jeden Schritt auf dem Wege kenne ich. Gastfreundschaft findet Ihr überall – hübschen Leuten versagt man sie nicht. Mundvorrat herrichten lassen. Ein Diener, der Euch auf den Weg bringt? Nein? Dann will ich Euch wenigstens noch gutes Essen kochen.«

      »Welch eine Frau ist die Sahiba!« rief der alte Diener, als ein Lärm in den Küchenräumen losbrach. »Nie, in allen ihren Jahren hat sie nie einen Freund vergessen, nie einen Feind vergessen. Und ihre Kocherei – uah!« Er rieb sich den Magen.

      Da waren Kuchen, da war Zuckerwerk, da gab es kaltes Huhn, mit Reis und Pflaumen zu Brei gekocht – genug, um Kim wie ein Maultier zu beladen.

      »Ich bin alt und überflüssig. Niemand liebt mich noch und niemand respektiert mich – aber wenige können es mir gleich tun, wenn ich die Götter anrufe und über meine Kochtöpfe stürze. Kommt wieder, oh, brave Leute. Heiliger und Schüler, kommt wieder. Das Zimmer ist stets bereit; der Willkommen ist stets bereit … Paß auf, daß die Weiber Deinen Chela nicht zu sehr verfolgen … ich kenne die Frauen von Kulu. Gib acht, Chela, daß er Dir nicht davonläuft, wenn er seine Berge wieder riecht … Hai! Kippe den Reisbeutel nicht um, das Unterste zu oberst … Segne den Haushalt, Heiliger, und vergib den Dienern ihre Dummheiten.«

      Sie wischte sich die alten roten Augen mit einem Zipfel des Schleiers und gluckste tiefkehlig.

      »Frauen schwatzen,« sagte der Lama. »Aber das ist eine Frauenschwäche. Ich gab ihr einen Zauber. Sie ist auf dem Rad und ganz in dem Schein dieses Lebens befangen, aber nichtsdestoweniger, Chela, ist sie tugendhaft, freundlich, gastfrei – mit vollem und eifrigen Herzen. Wer darf sagen, daß sie nicht Verdienst erwirbt?«

      »Nicht ich, Heiliger,« sagte Kim, den reichlichen Proviant fester auf die Schulter bindend. »In meinem Kopf – hinter meinen Augen – habe ich ein Bild zu entwerfen versucht von so einer, befreit von dem Rad – nichts begehrend, nicht schwätzend – eine Nonne, sozusagen.«

      »Und, o Schelm?«

      »Ich kann das Bild nicht machen.«

      »Noch ich. Aber vor ihr liegen noch viele, viele Millionen von Leben. Sie wird in jedem vielleicht ein wenig Weisheit erlangen.«

      »Und wird sie auf diesem Wege vergessen, wie Gerichte mit Safran gekocht werden?«

      »Deine Gedanken sind auf wertlose Dinge gerichtet. Aber geschickt ist sie. Ich fühle mich ganz gestärkt. Wenn wir die Vorberge erreichen, werde ich mich noch kräftiger fühlen. Der Hakim sprach wahr, da er mir diesen Morgen sagte: ein Hauch von den Schneegipfeln verjüngt einen Mann um zwanzig Jahre des Lebens. Wir wollen für kurze Zeit aufwärts steigen, zu den Bergen – den hohen Bergen – aufwärts zu dem Rauschen des Schneewassers und der Bäume. Der Hakim sagte, wir könnten jederzeit wieder in die Ebenen zurückkehren, denn wir werden ja die herrlichen Plätze nur streifen. Der Hakim ist voller Gelehrsamkeit, aber keineswegs stolz. Ich sprach zu ihm – während Du mit der Sahiba redetest – von einem gewissen Schwindel im Hinterkopf, der mich in der Nacht befällt, und er sagte, der käme von außerordentlicher Hitze und würde durch kühle Luft geheilt. Beim Nachsinnen wunderte ich mich, daß ich nicht an so ein einfaches Heilmittel gedacht hatte.«

      »Sprachst Du ihm auch von Deiner Suche?« fragte Kim, ein wenig eifersüchtig. Er wollte den Lama durch seine eigenen Worte lenken – nicht durch die Kniffe von Hurree Babu.

      »Natürlich. Ich erzählte ihm meinen Traum, und wie ich Verdienst erwarb, indem ich veranlaßte, daß Du Missen erlangtest.«

      »Du sagtest nicht, daß ich ein Sahib bin?«

      »Wozu? Ich sagte Dir oft, wir sind nur zwei Seelen, die Rettung suchen. Er sagte – und er hat Recht – daß der Strom des Heiles hervorbrechen wird, wie ich träumte – vor meinen Füßen, wenn die Zeit gekommen. Fand ich den Weg, siehst Du, der mich befreien soll von dem Rad, soll ich dann sorgen, den Weg zu finden durch die Felder der Erde, die Illusion sind? Das wäre töricht. Ich habe meine Träume, die Nacht auf Nacht sich wiederholen; ich habe die Jâtaka; und ich habe Dich, Freund der ganzen Welt. Es war geschrieben in Deinem Horoskop, daß ein Roter Stier auf grünem Feld – ich habe es nicht vergessen – Dich zu Ehren bringen sollte. Wer als ich sah die Prophezeiung erfüllt? Wahrlich, ich war das Werkzeug. Du wirst meinen Strom finden und dafür das Werkzeug sein. Die Suche ist sicher!«

      Er wandte sein elfenbeingelbes Antlitz den winkenden Zügeln zu; sein Schalten schritt ihm voraus im Staube. –

      Kapitel 13.

       Inhaltsverzeichnis

      »Wer in die Berge geht, geht zu seiner Mutter.«

      Sie hatten die Sewaliks und die halb tropische Doon durchquert, Mussoovie hinter sich gelassen und gingen nordwärts auf schmalen Bergpfaden. Tag auf Tag führte sie weiter in die zusammengedrängten Berge und Tag auf Tag sah Kim des Lamas Kräfte sich verjüngen. Zwischen den Terrassen der Doon hatte er auf des Knaben Schulter gelehnt und die Halteplätze am Wege benutzt. Bei dem hohen Aufstieg nach Mussoovie rüttelte er sich zusammen wie ein alter Jäger, der ein wohlbekanntes Jagdgebiet wieder erblickt; und statt erschöpft hinzusinken, schlang er seine langen Gewänder um sich, tat einen tiefen Atemzug in der diamantklaren Luft und schritt aus wie nur ein Bergbewohner kann. Kim, in der Ebene geboren und aufgezogen, schwitzte und keuchte. »Das ist mein Land,« sagte der Lama. »Mit Such-zen verglichen, ist dies flacher als ein Reisfeld.« Und fest, mit kräftig aushebenden Lenden, schritt er aufwärts. Aber bei dem steilen Abstieg (dreitausend

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