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oder stellte Fragen, die der Oberst beantwortete.

      »Nun habe ich Ihnen alles gesagt, was ich von dem Knaben weiß, vom Anfang bis zum Ende; und es ist mir eine wahre Erleichterung. Haben Sie je etwas Ähnliches gehört?«

      »Nun, jedenfalls hat der alte Mann das Geld geschickt. Gobind Sahais Unterschrift ist gut von hier bis China,« sagte der Oberst. »Je mehr man von Eingeborenen weiß, je weniger weiß man, was sie, oder was sie nicht tun werden.«

      »Das ist tröstlich – von seiten des Chefs des Ethnologischen Amtes! O diese Mischung von Roten Stieren und Flüssen des Heils (armer Heide, Gott helfe ihm!) und Geldanweisungen und Freimaurer-Papieren. Sind Sie zufällig auch Freimaurer?«

      »Wahrhaftig, ich bin’s, das fällt mir gerade ein. Das ist ein Grund mehr,« sprach der Oberst ziemlich zerstreut.

      »Ich bin froh, daß Sie überhaupt einen Sinn darin finden. Wie ich schon sagte, dieses Gemisch von Dingen verwirrt mich. Dazu die Prophezeiung vor unserm Oberst. Wie er dasaß auf meinem Bett, sein Hemdchen auseinander geschoben, daß die weiße Haut vorschimmerte; und wie die Prophezeiung wahr wurde! Nun, sie werden ihm den Unsinn schon auskurieren in St. Xavier, meinen Sie nicht?«

      »Werden ihn mit Weihwasser besprengen,« lachte der Oberst.

      »Auf mein Wort, mir scheint, ich sollte das zuweilen tun. Ich hoffe, er wird zu einem guten Katholiken erzogen werden. Was mich noch beunruhigt, ist, was dann werden soll, wenn der alte Bettelmann –«

      »Lama, Lama, lieber Herr; und manche von ihnen sind Gentlemen in ihrem eigenen Lande.«

      »Der Lama also – das nächste Jahr nicht zahlt? Er hat sich im Drang des Augenblicks als solider Geschäftsmann bewährt, aber er kann sterben. Und – das Geld von einem Heiden anzunehmen, um einem Kinde eine christliche Erziehung zu geben –«

      »Aber er hat deutlich ausgesprochen, was er will. Sobald er wußte, daß der Knabe ein Weißer war, hat er seine Anordnungen demgemäß gemacht. Den Gehalt eines Monats möchte ich darum geben, zu hören, wie er das alles im Tirthanker-Tempel in Benares erklärt. Sehen Sie, Padre, ich behaupte nicht, die Eingeborenen durchaus zu kennen, aber wenn er sagt, er zahlt, wird er zahlen – tot oder lebendig. Ich meine damit, seine Erben werden die Schuld übernehmen. Mein Rat ist, schicken Sie den Knaben nach Lucknow. Wenn der anglikanische Kaplan denkt, Sie hätten ihm den Rang abgelaufen –«

      »Schlimm für Bennett! Er wurde statt meiner zur Front geschickt. Doughty erklärte mich gesundheitlich für unfähig. Ich werde Doughty exkommunizieren, wenn er lebendig zurück kommt! Bennet müßte eigentlich zufrieden sein mit –«

      »Dem Ruhm und Ihnen die Religion belassen. Ganz recht! Ich denke aber wirklich, Bennett wird es sich nicht zu Herzen nehmen. Schieben Sie die Schuld auf mich. Ich – nun – ich hätte sehr empfohlen, den Knaben nach St. Xavier zu schicken. Er kann mit dem Freipaß für Soldaten-Waisen fahren, so wird das Reisegeld gespart. Seine Ausstattung bezahlen Sie aus den Regiments-Beiträgen. Der Loge werden die Kosten seiner Erziehung erspart, das wird die Loge in gute Laune versetzen. Es ist ganz einfach. Ich muß nächste Woche nach Lucknow hinunter. Ich werde unterwegs nach dem Knaben sehen, ihn außerdem meinen Dienern in Obhut geben und so weiter.«

      »Sie sind ein guter Mann.«

      »Nicht im Geringsten. Sie sind im Irrtum. Der Lama hat uns Geld zu einem bestimmten Zweck geschickt. Wir können es nicht wohl zurückgeben. Wir haben zu tun, was er sagt. Das wäre abgemacht, nicht wahr? Sollen wir festsetzen, daß Sie nächsten Dienstag ihn mir zum Süd-Nachtzug bringen? Das sind nur drei Tage. Er kann nicht viel Schaden anrichten in drei Tagen.«

      »Es ist mir eine Last von der Seel’, aber – dieses Ding hier« – er schwenkte eine Anweisung – »ich kenne so wenig Gobind-Sahai wie seine Bank, die ein Loch in einer Mauer sein mag.«

      » Sie sind niemals als Subalterner in Schulden gewesen! Ich will den Wechsel einlösen, wenn Sie es wünschen und Ihnen den Wert einschicken.«

      »Aber das noch zu Ihrer übrigen Arbeit! Es wäre zu viel –«

      »Es macht mir nicht die geringste Mühe. Als Ethnologe, sehen Sie, ist die Sache mir sogar interessant. Ich mache vielleicht einen Bericht darüber in einer Arbeit, die ich für die Regierung liefere. Die Verwandlung eines Regiments-Abzeichens wie Ihr Roter Stier in den Fetisch, dem der Knabe folgt, ist sehr interessant.«

      »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll.«

      »Etwas können Sie doch für mich tun. Wir Ethnologen alle sind, wie Dohlen, neidisch, einer auf des andern Entdeckung. Sie sind zwar nur für uns selbst von Interesse, aber Sie wissen ja, wie wir Bücher-Sammler einmal sind. Bitte, lassen Sie kein Wort direkt oder indirekt über die asiatische Seite in des Knaben Charakter bekannt werden, auch nicht von seinen Abenteuern, seinen Prophezeiungen und so weiter. Ich will das späterhin aus dem Jungen heraus holen, sehen Sie, und –

      »Ja. Sie werden einen wundervollen Bericht daraus machen. Niemand soll ein Wort von mir hören, bis ich die Geschichte gedruckt lese.«

      »Danke Ihnen. Das geht einem Ethnologen gerade ins Herz. Doch ich muß nun frühstücken. Himmel! Ist der alte Mahbub noch hier?« Er sprach laut und der Roßhändler trat aus dem Schatten des Baumes hervor. »Nun, was gibt’s noch?«

      »Was das junge Pferd anbetrifft,« sprach Mahbub, »so sage ich, wenn ein Füllen dazu geschaffen ist, ein Polo-Pony zu werden und ohne angelernt zu sein, dem Ball genau folgt – wenn so ein Füllen das Spiel instinktiv begreift – dann sage ich, ist es ein großes Unrecht, das Füllen vor einen schweren Wagen zu spannen, Sahib.«

      »So denke ich auch, Mahbub. Das Füllen soll für Polo eingeschrieben werden. (Diese Kerle denken in der Welt an nichts als an Pferde, Padre.) Morgen werde ich sehen, Mahbub, ob Du etwas Gutes zu verkaufen hast.«

      Der Händler salutierte, nach Reitart, durch Schwenken der freien Hand. »Hab ein wenig Geduld, kleiner Allerweltsfreund,« flüsterte er dem geängsteten Kim zu. »Dein Glück ist gemacht. Bald gehst Du nach Nucklao und – hier ist etwas, um den Briefschreiber zu bezahlen. Ich werde Dich, denke ich, oft wiedersehen,« und er schlenderte die Straße entlang.

      »Hör mich an, Kim,« rief der Oberst im Dialekt von der Veranda herunter, »in drei Tagen gehst Du mit mir nach Lucknow und wirst auf jedem Schritt Neues sehen. Sitz also diese drei Tage still und lauf nicht fort. Du kommst in die Schule in Lucknow.«

      »Werde ich dort meinen Heiligen treffen?« fragte Kim flehentlich.

      »Wenigstens liegt Lucknow näher zu Benares als Umballa. Vielleicht nehme ich Dich unter meinem Schutz mit. Mahbub Ali weiß Bescheid und er wird zornig sein, wenn Du wieder ein Landstreicher wirst. Erinnere Dich auch – viel ist mir gesagt worden, was ich nicht vergesse.«

      »Ich will warten,« sagte Kim, »aber die Jungen werden mich prügeln.«

      Die Trompeten bliesen zum Mittagessen.

      Kapitel 7.

       Inhaltsverzeichnis

      Am Nachmittag wurde Kim vom Schulmeister mit dem roten Gesicht angekündigt, er wäre von der Leine gelassen, was aber für Kim erst Bedeutung gewann, als man ihn gehen und spielen hieß. Da rannte er nach dem Basar und fand den jungen Schreiber, dem er die Marke schuldig geblieben.

      »Jetzt bezahle ich,« sprach Kim mit königlicher Herablassung, »und muß einen neuen Brief geschrieben haben.«

      »Mahbub Ali ist in Umballa,« erzählte der Schreiber. Er war vermöge seines Berufes eine Art Auskunfts-Büro, wenn auch kein allzusicheres.

      »Dieser Brief ist nicht an Mahbub, aber an einen Priester. Nimm Deine Feder, schnell, und schreibe: »An Teshoo Lama, den Heiligen von Bhotiyal, der einen Fluß sucht, und der jetzt ist im Tempel von den Tirthankers zu Benares.« – »Nimm mehr Tinte!« – »In drei Tagen gehe ich hinunter nach Nucklao, nach der Schule

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