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in einer Person, aber zwei Naturen unter dem Einfluß eines einzigen oder doppelten Willens stände. Sie antworteten, er sei ein einziges Wesen, und der Kaiser fühlte sich ermuntert, die Jakobiten von Ägypten und Syrien durch das Bekenntnis zu einer Lehre auszusöhnen, die ganz gewiß harmlos, ja wahrscheinlich richtig war, da sie sogar von den Nestorianern selbst gelehrt wurde. Der Versuch hatte keinen Erfolg, und die furchtsamen oder fanatischen Katholiken vermieden sogar den Schein eines Rückzuges vor einem schlauen und verwegenen Feind. Die rechtgläubige (herrschende) Partei erfand neue Arten des Ausdruckes, der Frage, der Auslegung; jede der beiden Naturen Christi begabten sie mit einer eigentümlichen und besonderen Willenskraft; aber der Unterschied entzog sich dem Verständnis, sowie sie behaupteten, der menschliche und göttliche Wille sei unwandelbar der gleiche. Diese krankhafte Streitsucht war von den gewöhnlichen Symptomen begleitet, die griechischen Geistlichen jedoch, wie gesättigt von dem endlosen Streite über die Menschwerdung, träufelten heilsamen Rat in das Ohr des Fürsten und des Volkes. Sie erklärten sich als Monotheleten (Verteidiger der Einheit des Willens), aber sie behandelten die Worte als neu, die Fragen als überflüssig und empfahlen religiöses Schweigen als der Klugheit und Milde des Evangeliums am angemessensten. Dieses Gebot des Schweigens wurde nacheinander durch die Ekthesis oder Auseinandersetzung des Heraklius (639), durch den Typus oder das Muster seines Enkels Konstans (648) auferlegt, und die Patriarchen von Rom, Konstantinopel, Alexandria und Antiochia unterschrieben die kaiserlichen Edikte teils mit Freuden, teils mit Widerstreben. Aber der Bischof und die Mönche von Jerusalem schlugen Lärm; die lateinischen Kirchen gewahrten in der Sprache, ja sogar im Stillschweigen der Griechen eine versteckte Ketzerei, und der Gehorsam des Papstes Honorius gegen die Befehle seines Souveräns wurde durch seine kühneren und unwissenden Nachfolger verleugnet und getadelt. Sie verdammten die fluchwürdige und abscheuliche Ketzerei der Monotheleten, welche die Irrlehren eines Manes, eines Apollinaris, eines Eutyches u. a. wieder auffrischten; sie unterzeichneten das Urteil der Ausschließung aus der Kirchengemeinschaft auf dem Grabe des heiligen Petrus; die Tinte wurde mit dem Abendmahlweine, Christi Blut, vermengt, und keine Feierlichkeit wurde unterlassen, die ein gläubiges Gemüt mit Schauder und Entsetzen erfüllen mußte. Als Stellvertreter der abendländischen Kirche anathematisierten Papst Martin und seine laleranensische Synode das treulose und verbrecherische Stillschweigen der Griechen; einhundertfünf italienische Bischöfe, die meisten Konstans' Untertanen, erdreisteten sich, seinen ruchlosen Typus und die gottlose Ekthesis seines Großvaters zu verwerfen und die Verfasser wie ihre Anhänger mit einundzwanzig berüchtigten Ketzern, den Abtrünnigen der Kirche und Stimmführern des Teufels, auf eine Stufe zu stellen. Eine solche Beschimpfung konnte auch unter der mildesten Regierung nicht unbestraft bleiben. Papst Martin endete seine Tage auf dem ungastlichen Gestade des taurischen Chersonesus, und seinem Orakel, dem Abt Maximus, wurde auf unmenschliche Weise die Zunge herausgerissen und die rechte Hand abgeschnitten. Aber derselbe unbezähmbare Geist lebte in ihren Nachfolgern fort, und die triumphierenden Lateiner rächten ihre neuerliche Niederlage und verwischten die Schmach der drei Kapitel. Die Synoden von Rom wurden in der sechsten allgemeinen Versammlung von Konstantinopel (7. November 680 bis 16. September 681) im Palaste und in Gegenwart eines neuen Konstantin, eines Abkömmlings des Heraklius, bestätigt. Der kaiserliche Bekehrer bekehrte den byzantinischen Patriarchen und die Mehrheit der Bischöfe; die Dissidenten wurden mit ihrem Oberhaupte, Macarius von Antiochia, zu den geistlichen und weltlichen Strafen der Ketzerei verurteilt. Der Osten nahm schließlich die Lehren des Westens an, und es ward jener Glaube festgesetzt, der die Katholiken lehrt, daß zwei Willen oder Willenskräfte in der Person Christi vereint sind. Die Majestät des Papstes und der römischen Synode wurde durch zwei Priester, einen Diakon und drei Bischöfe vertreten; aber diese unbekannten Lateiner besaßen weder Waffen für den Zwang, noch Schätze zur Bestechung, noch Worte zur Überredung, und ich weiß nicht, wodurch es ihnen gelang, den stolzen griechischen Kaiser zu bewegen, den Katechismus seiner Kindheit abzuschwören und die Religion seiner Väter zu verfolgen. Vielleicht waren Mönche und Volk von Konstantinopel dem lateranensischen Glauben günstig, obwohl er in der Tat der minder begünstigte von beiden ist, eine Vermutung, die durch die unnatürliche Mäßigung der griechischen Geistlichkeit unterstützt wird, die sich in diesem Kampfe ihrer Schwäche bewußt zu sein schien. Während die Synode beriet, schlug ein Schwärmer eine raschere Entscheidung durch Erweckung eines Toten zum Leben vor; die Prälaten wohnten dem Versuche bei, aber das offenbare Mißlingen deutet an, daß die Monotheleten die Leidenschaften und Vorurteile der Menge nicht auf ihrer Seite hatten. Als in der nächsten Generation der Sohn Konstantins von den Jüngern des Macarius abgesetzt und erschlagen wurde, genossen sie die Wonnen der Rache und Herrschaft; das Bild der sechsten Kirchenversammlung wurde verstümmelt und die Originalakten den Flammen überliefert. Zwei Jahre später jedoch wurde ihr Beschützer vom Throne gestürzt, die Bischöfe des Ostens wurden von ihrer durch die Umstände hervorgerufenen Übereinstimmung erlöst, der römische Glaube ward durch die orthodoxen Nachfolger des Bardanes wieder befestigt, und man vergaß die schönen Probleme der Menschwerdung über dem volkstümlicheren Streit um die Bilderverehrung.

      Vor Ende des siebenten Jahrhunderts wurde die Lehre der Menschwerdung, die in Rom und Konstantinopel festgesetzt worden war, gleichfalls auf den fernen Inseln Britannien und Irland gepredigt. Dieselben Begriffe wurden von allen Christen, deren Liturgie in griechischer oder lateinischer Sprache gehalten ward, anerkannt oder vielmehr dieselben Worte wiederholt. Ihre Anzahl so wie ihr sichtbarer Glanz gaben ihnen einen Anspruch auf den Namen Katholiken, aber im Osten wurden sie mit dem minder ehrenvollen Namen Melchiten oder Königsdiener belegt, Menschen, deren Glaube, statt auf den Grundlagen der Schrift, Vernunft oder Überlieferung zu beruhen, durch die willkürliche Gewalt eines zeitlichen Monarchen festgesetzt worden war und noch fortwährend aufrechterhalten wurde. Ihre Gegner konnten die Worte der Kirchenväter von Konstantinopel anführen, die sich selbst als Sklaven des Königs bekannten; sie konnten mit boshafter Freude erzählen, wie die Beschlüsse von Chalcedon durch den Kaiser Marcian und seine jungfräuliche Gemahlin eingegeben und abgeändert wurden. Die herrschende Partei schärft ganz natürlich die Pflicht der Unterwerfung ein, und nicht minder natürlich ist es, daß die Dissidenten die Grundsätze der Freiheit fühlen und verteidigen. Unter der Geißel der Verfolgung arteten die Nestorianer und Monophysiten in Rebellen und Flüchtlinge aus, und den ältesten und nützlichsten Bundesgenossen Roms wurde gelehrt, den Kaiser nicht als das Haupt, sondern als den Feind der Christen zu betrachten. Die Sprache, das leitende Prinzip, das die Menschen vereinigt oder trennt, unterschied bald die Sektierer des Ostens durch ein besonderes und dauerndes Abzeichen, das jeden Verkehr und jede Hoffnung auf Versöhnung zunichte machte. Die lange Herrschaft der Griechen, ihre Kolonien und vor allem ihre Beredsamkeit, hatte eine Sprache verbreitet, ohne Zweifel die vollkommenste, die Menschenkunst je erfunden hat. Aber die Masse des Volkes, sowohl in Syrien als in Ägypten, beharrte auf dem Gebrauch ihrer Nationalsprache, jedoch mit dem Unterschiede, daß die Koptische auf die rohen und schriftunkundigen Bauern des Nils beschränkt blieb, während das Syrische von dem assyrischen Gebirge bis zum Roten Meere der Dichtkunst und Lehre vorbehalten war. Nach Armenien und Abessinien war die griechische Sprache und Gelehrsamkeit gedrungen, und die barbarischen, durch die Studien des neuen Europa aufgefrischten Sprachen dieser Länder wurden von den Bewohnern des römischen Reiches nicht verstanden. Das Syrische und Koptische, das Armenische und Äthiopische ist dem Dienste ihrer Kirchen geweiht und ihre Theologie durch einheimische Übersetzungen der heiligen Schrift als auch der beliebtesten Kirchenväter bereichert. Der Funke des Streites, der zuerst durch eine Predigt des Nestorius entzündet worden war, glüht noch heute im Orient weiter, und die feindseligen Gemeinden bewahren noch immer den Glauben und die Kircheneinrichtungen ihrer Stifter. In ihrer Unwissenheit, Armut und Knechtschaft verwarfen die Nestorianer und Monophysiten die geistliche Oberhoheit Roms und liebten ihre türkischen Gebieter, die ihnen gestatteten, einerseits den heiligen Cyrill und die Synode von Chalcedon, anderseits den Papst Leo und das Konzil von Ephesus zu anathematisieren. Die Rolle, die sie bei dem Sturze des orientalischen Reiches spielten, fordert unsere Aufmerksamkeit, und der Leser mag sich mit den verschiedenen Schilderungen begnügen: I. der Nestorianer; II. der Jakobiten; III. der Maroniten; IV. der Armenier; V. der Kopten; VI. der Abessinier. Den drei ersteren ist das Syrische gemeinsam, von den letzteren Sekten hat jede eine eigene Nationalsprache. Die jetzigen Bewohner von Armenien und Abessinien wären aber unfähig, mit ihren Altvordern zu reden, und die Christen von Ägypten und Syrien, welche die Religion der Araber verwarfen, haben deren Sprache angenommen. Die Zeit hat das Priestertum unterstützt,

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