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nur Halbvampire, keine Panik“, erwiderte Daka.

      Als Antwort schnaufte Helene laut.

      „Man könnte also auch sagen, wir sind Halbmenschen“, fügte Silvania hinzu.

      „Und was machen Halbmenschen oder Halbvampire so?“, fragte Helene. „Ich meine, wovon ernährt ihr euch denn genau?“

      „Von ganz normalen Sachen. Brot, Nudeln, Reis, Eier, Marmelade, Butter, Kartoffeln …“, begann Silvania.

      „Am liebsten aber von blutigem Fleisch und Zartbitterschokolade“, warf Daka ein und fuhr sich mit der Zunge über die Oberlippe.

      „Und dieses Fleisch, ist das …“ Helene holte tief Luft. „Lebt das noch?“

      „NEIN!“, riefen Silvania und Daka.

      „Wie kommst du denn darauf?“, fragte Silvania.

      „Ich dachte immer, Vampire ernähren sich von Blut. Frischem Menschenblut“, erwiderte Helene.

      „Die Ernährungsmethode ist total veraltet“, erklärte Silvania. „So haben das Vampire vor etlichen Jahrhunderten gemacht.“

      „Manche machen es heute aber auch noch so“, warf Daka ein. Als sie den entsetzten Blick ihrer Schwester sah, fügte sie hinzu: „Das sind nur ein paar altmodische Vampire. Und außerdem: Wir sind Halbvampire. Sozusagen die Vegetarier unter den Vampiren.“

      „Und was ist mit der Fliege?“

      „Welche Fliege?“, fragte Daka.

      „Die du vorhin gegessen hast“, erinnerte sie Helene.

      „Das war doch nur ein Snack. Das zählt nicht.“

      „Also würdet ihr mich nicht beißen?“, fragte Helene.

      „Nein, niemals!“, rief Silvania.

      „Dich beißen? Bäh! Wie kommst du denn darauf?“, sagte Daka.

      Einen Moment blieb es still hinter der Badezimmertür. „Versprecht ihr es?“

      „Ja“, antworteten die Zwillinge.

      „Wirklich?“

      „Ich verspreche es bei der Kette von Oma Zezci“, sagte Silvania.

      „Und ich verspreche es bei Karlheinz“, sagte Daka.

      Helene wusste, wie sehr Daka an ihrem Lieblingsblutegel hing. Und sie wusste, wie viel Silvania die Kette ihrer Oma bedeutete.

      Es verging eine halbe Minute. Dann hörten die Zwillinge ein Klacken im Schloss. Der Schlüssel wurde herumgedreht, und kurz darauf öffnete sich zögerlich die Tür einen kleinen Spalt.

      Helenes blasse Nase tauchte in dem Spalt auf. „Ich komme jetzt raus.“

      „Das ist schön“, sagte Silvania.

      Helene schob sich langsam durch den Spalt. Dabei ließ sie die Schwestern nicht aus den Augen und hielt ihre beiden Zeigefinger vor ihrem Hals über Kreuz.

      „Das hilft nicht, das mit den Kreuzen. Das hat sich nur irgendein Filmregisseur mal ausgedacht“, sagte Daka.

      „Außerdem haben wir dir doch versprochen, dass wir dir nichts tun“, erinnerte sie Silvania.

      Helene ließ langsam die Hände sinken. Sie hielt gut einen Schritt Abstand von den Zwillingen. „Zeigt ihr mir mal eure Zähne?“

      Daka und Silvania grinsten breit, sodass ihre Eckzähne hervortraten.

      „Die sind ja gar nicht so groß.“ Helene klang fast enttäuscht.

      „Hier in Deutschland feilen wir sie immer regelmäßig ab“, erklärte Silvania.

      „Dentiküre“, fügte Daka hinzu.

      „Wäh, tut das nicht weh?“

      „Nö. Es quietscht nur“, sagte Daka.

      „Und was ist mit der Sonne? Zerfallt ihr nicht zu Staub, wenn ihr rausgeht?“ Helene schienen die abgefeilten Zähne zu beruhigen. Ihre Nase bekam wieder Farbe.

      „Die Sonne nervt schon. Aber bis wir zu Staub zerfallen, müssen wir schon mehrere Stunden prall in der Sonne liegen“, antwortete Silvania.

      „Außerdem kleistern wir uns ja immer mit Sonnencreme ein. Lichtschutzfaktor 100 natürlich“, sagte Daka.

      „Deswegen hast du auch immer eine Sonnenbrille auf“, sagte Helene zu Daka, „und du immer einen Hut“, fügte sie an Silvania gewandt hinzu.

      Die Schwestern nickten.

      „Jetzt verstehe ich auch, warum ihr in der Schule immer so müde seid. Ihr schlaft normalerweise tagsüber, stimmt’s?“

      „Genau. Halbvampire sind nachtaktiv. Aber hier gibt es keine Schule, in der nachts unterrichtet wird. Also müssen wir uns umstellen“, sagte Silvania.

      „Ihr seid in Transsilvanien nachts zur Schule gegangen?“ Helenes Augen funkelten wieder.

      „Klar. Und was heißt gegangen? Wir sind geflogen“, erwiderte Daka.

      Helene hatte ihren Sicherheitsabstand vollkommen vergessen. Bei dem Wort „geflogen“ kam sie selbst wie im Sturzflug auf die Schwestern zu. Sie kniete sich neben sie auf den Fußboden und sah sie mit großen Augen an. „Ihr könnt fliegen?“

      „Logisch“, sagte Daka.

      „Na ja, so ein bisschen“, meinte Silvania. Sie war auf dem Gebiet nicht gerade der Überflieger. Zum einen fand sie Fliegen viel zu unmenschlich, zum anderen hatte sie immer Angst, mit Tauben, Windrädern oder UFOs zusammenzustoßen. Oder abzustürzen. Sie fand, ihr Körper mit den kleinen Rundungen und Puffern auf der Hüfte war einfach nicht aerodynamisch genug.

      „DAS will ich sehen!“, rief Helene.

      Silvania seufzte. Sie hatte es befürchtet.

      „Du willst uns fliegen sehen? Jetzt, sofort?“, fragte Daka. Ihre Augen glänzten vor Vorfreude.

      Helene nickte. „Könnt ihr von hier zu eurem Zimmer fliegen?“ Sie deutete den schmalen Flur entlang.

      „Mit so einem Kinderquatsch fange ich gar nicht erst an. Hier ist es viel zu eng. Lasst uns aufs Dach gehen“, schlug Daka vor.

      „Aufs Dach?“ Silvania riss entsetzt die Augen auf.

      „Klar, es ist doch sowieso schon dunkel. Wir haben nur Tagflugverbot. Außerdem kann ich Helene dann ein paar Loopings zeigen“, sagte Daka.

      „Genau!“ Helene nickte.

      Silvania zuckte die Schultern. Eine Schwester und eine Freundin zu haben, hatte einen entscheidenden Nachteil: Man konnte überstimmt werden. Daran hatte sie nicht gedacht. „Okay, gehen wir aufs Dach. Aber nur ganz kurz.“

      „Ja, ja.“

      „Und wir fliegen nicht weit weg.“

      „Nein, nein.“

      Die heimliche Hellseherin

      Herr Tepes reichte seiner Frau ein Glas Prosecco und spritzte sich unauffällig einen Schuss Blut in seinen Rotwein. Für alle Fälle hatte er meistens eine Ampulle dabei. Wenn der Hunger kam, war es besser, gewappnet zu sein.

      Er sah sich im Theaterfoyer um. Viele Frauen zeigten Hals. Herrn Tepes ließ das kalt. Wie immer stellte er fest, dass Elvira die schönste Frau war. Er fand auch, dass er der schönste Mann war. Zufrieden strich er seine pechschwarze Mähne nach hinten. Kein Wunder, dass sie sich vor 17 Jahren Knall auf Fall ineinander verliebt hatten.

      „Und, wie fandest du ,Die Ratten‘ bis jetzt?“, fragte Elvira Tepes.

      „Sehr interessant“, erwiderte Herr Tepes und nahm schnell einen Schluck Rotwein. Er wollte nicht zugeben, dass er ein wenig enttäuscht war, weil er insgeheim gehofft hatte, dass in dem Stück echte Ratten vorkamen. Aber sie hatten bis jetzt nur die ersten drei Akte gesehen. Laut Programmheft folgten zwei Akte. Es bestand noch Hoffnung.

      Frau

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