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und unser Papa der Hengst.“

      „Und wir sind die Maultiere“, ergänzte Daka.

      Helene sagte einen Moment nichts und blickte zwischen Daka und Silvania hin und her. „Ihr – seid – Maultiere?“

      „Genau.“ Daka nickte.

      „Also natürlich keine richtigen“, wandte Silvania ein. „Das ist nur ein Vergleich, verstehst du?“

      Helene schüttelte den Kopf.

      Daka und Silvania seufzten. Das war schwieriger, als sie gedacht hatten. „Na gut“, begann Daka wieder. „Dann sagen wir es dir eben einfach, wie es ist.“

      Helene nickte eifrig.

      „Sitzt du gut?“ Silvania betrachtete Helene ängstlich, die sich bequem zurückgelehnt hatte.

      Daka holte einmal tief Luft, dann sagte sie in einem Atemzug: „Unsere Mama ist ein Mensch, unser Papa ist ein Vampir und wir sind Halbvampire.“

      Die Zwillinge starrten Helene an. Für Sekunden blieb es mucksmäuschenstill im Zimmer. Helene blickte von einer Schwester zur anderen, nur ihre Augen bewegten sich, sonst saß sie stocksteif da. Immerhin – sie lief nicht schreiend weg und sprang auch nicht aus dem Fenster.

      Plötzlich stieß Helene einen markerschütternden Schrei aus, ließ sich mit dem Rücken nach hinten auf den Boden fallen und krampfte sich zusammen.

      Silvania sprang auf. „Sie hat einen Anfall!“

      Daka sprang auf. „Das war doch zu viel für sie.“

      Die Schwestern knieten sich neben Helene, die zusammengerollt am Boden lag, wild zuckte und seltsame Geräusche von sich gab.

      „Helene, wir sind bei dir, keine Panik“, sagte Silvania.

      „Vielleicht macht ihr genau das Angst“, entgegnete Daka.

      „Ruhig atmen“, versuchte es Silvania erneut. „Denk an etwas Schönes. Schokoladeneis, Horrorfilme oder Pusteblumen.“

      Pusteblumen? Daka sah ihre Schwester verwirrt an. Den Vergleich mit den Horrorfilmen verstand sie ja noch – schließlich war Helene ein Fan davon. Aber Pusteblumen? Sie beschloss, es auf ihre Weise zu versuchen. Mit beiden Händen packte sie die zuckende Helene an den Schultern und schüttelte sie. „Alles wird gut. Hoi boi, hoi boi, hoi boi!“

      Es wirkte. Helene schnappte nach Luft und richtete sich auf. Da sahen die Schwestern, dass ihre neue allerbeste Freundin Tränen in den Augen hatte.

      „Nicht heulen. So schlimm ist das doch gar nicht“, fand Daka.

      Helene schüttelte den Kopf und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. Dann zuckte sie wieder und stieß seltsame schnaufende Geräusche aus.

      Die Zwillinge starrten Helene an. War das etwa …? Tatsache. Ihre Freundin hatte keinen Anfall. Sie heulte auch nicht. Sie lachte! Sie kicherte und schnaufte und grunzte, da konnte kein Lachsack mithalten.

      Silvania runzelte die Stirn. „Ich glaube, ich habe gerade einen Witz verpasst.“

      „Ich auch“, sagte Daka.

      Helene japste: „Ihr“ – kicher – „seid“ – kicher – „Halbvampire!“ Prust. Kicher. Prust.

      Silvania nickte. „Und du findest das gar nicht … unheimlich?“

      „Doch. Total unheimlich. Brrr“, machte Helene und schüttelte sich. „Ein unheimlich guter Scherz!“ Dann brach sie wieder kichernd und glucksend zusammen.

      Die Schwestern sahen sich ratlos an. Sie hatten Helene ihr größtes Geheimnis anvertraut und sie lachte nur!

      Helene schniefte zwischen den Lachern. „Ich meine – Halbvampire! Das ist total abgefahren. Wie kommt ihr denn darauf?“

      Daka wurde es langsam zu blöd. Sie verschränkte die Arme und funkelte Helene an. Sie war ein sehr stolzer Halbvampir.

      Helene bemerkte Dakas Blick. „Ihr meint, ihr spielt ab und zu Vampir, ja? Das ist euer Hobby, richtig?“

      „Nein, wir meinen, wir sind Halbvampire“, sagte Silvania.

      Helene versuchte, ein ernstes Gesicht zu machen, aber es gelang ihr nicht. „Okay, wenn ihr Halbvampire seid, dann bin ich Spiderwoman.“ Helene lachte und schoss mit ihrem Finger einen imaginären Spinnenfaden durchs Zimmer.

      Mittlerweile hatten beide Schwestern die Arme verschränkt und starrten Helene mit ernster Miene an.

      Helene zog die Augenbrauen zusammen. „He, das ist ein Witz, oder? Das kann nur ein Witz sein!“

      „Wenn du es nicht glauben willst, dann beweisen wir es dir“, sagte Daka.

      Silvania sah ihre Schwester mit großen Augen an. Was hatte sie vor?

      Daka stellte sich an die Tür. „Guck genau hin“, sagte sie zu Helene. „Onu, zoi, trosch!“, zählte sie laut und – RAPPELDIZACK!, flopste sich Daka durch den Raum. In der Zeit, in der ein Mensch einmal blinzelte, war sie von der Tür zum Fenster geflopst.

      Helene starrte Daka mit offenem Mund an. Sie sah zur Tür, zum Fenster, zur Tür und wieder zum Fenster. „Wie … was …?“

      „Das heißt Flopsen. Es ist ziemlich anstrengend und wir können es nur über kurze Entfernungen hinweg und nicht durch Wände hindurch“, erklärte Silvania. „Aber manchmal ist es ganz praktisch.“

      „Wenn man die Straßenbahn noch kriegen will“, sagte Daka.

      „Oder am anderen Tischende etwas hinunterfällt.“

      „Oder man den besten Platz im Kino haben möchte.“

      „Oder einem der Traumjunge abhauen will“, sagte Silvania.

      „Oder man einer Ratte nachjagt.“

      Helene war etwas blass geworden. „Einer Ratte?“

      „Klar. Das ist zwar gegen die radikale Regel Nummer zwei, aber so ein Rattensnack ist echt schmacko. Wobei“, sagte Daka und fixierte eine Fliege, die unvorsichtigerweise vor ihrer Nase Runden drehte. Die Fliege war entweder sehr dumm oder sehr mutig. Was manchmal dasselbe ist. Sie flog direkt auf Dakas Mund zu. Blitzschnell schoss Dakas Zunge vor. Klatsch!, hatte sie die Fliege gefangen. Knack!, knirschte sie zwischen den Zähnen. „So eine Fliege ist auch ganz lecker.“

      Helene war jetzt so weiß, dass ihr Gesicht in keiner Schneemannparade aufgefallen wäre. Ihr Mund stand offen, ihre Augen waren kugelrund. Sie schnappte dreimal nach Luft, und dann … „AAAAAAAH!“, stieß sie einen zitronenschrillen Schrei aus. Mit einem Ruck stand sie auf und rannte aus dem Zimmer. Sie verschwand im Bad, schlug die Tür hinter sich zu und verriegelte das Schloss.

      Daka und Silvania folgten Helene. Sie standen vor der Badezimmertür und hörten Helene dahinter weiterschreien.

      „Immerhin ist sie nicht aus dem Fenster gesprungen“, meinte Silvania.

      Vampirische Beweise

      Silvania und Daka saßen auf dem Fußboden vor der Badtür. Eine halbe Stunde war vergangen, seit Helene dahinter verschwunden war. Die Schreie hatten nach ein paar Minuten aufgehört. Stattdessen hörten die Schwestern ein Schluchzen und Schnaufen. Dann wurde es still hinter der Badezimmertür.

      Silvania klopfte vorsichtig. „Helene? Geht es dir wieder besser?“

      Keine Antwort.

      Daka versuchte, durch das Schlüsselloch zu spähen, doch da der Schlüssel steckte, sah sie nichts. „Bist du eingeschlafen?“

      Keine Antwort.

      „Vielleicht ist sie aus dem Badezimmerfenster gesprungen“, sagte Silvania.

      Daka sah ihre Schwester entsetzt an.

      „Nein, bin ich nicht“, kam plötzlich eine dumpfe Stimme aus dem Bad.

      „Sie lebt!“, rief Silvania.

      „Sie redet!“,

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