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andere Gebilde der gleichen Art hervorbringt. Die innere Form ist als das Ganze qualifizierend etwas qualitativ Bestimmtes: eine Species; sie ist zugleich als das die Gestaltung Leistende lebendige Kraft. Sie leistet die Formung an einem Stoff, einer Materie. Alles, was wir in der Welt wahrnehmen, ist geformte Materie. Was die Organismen vor andern materiellen Dingen (»toten« Dingen) auszeichnet, ist, daß die Formung Lebensprozeß ist. Materie ist ohne Form realiter unmöglich, sie gewinnt nur durch die Form Dasein. Aber die lebendige Form beginnt ihr Wirken in einer schon geformten Materie, die durch sie Leben gewinnt, und ist darauf angewiesen, fortschreitend neue Stoffe sich einzuorganisieren, um den Organismus fortschreitend aufzubauen und durchzuformen. Es hängt mit von den materiellen Bedingungen ab, ob die Form sich rein und ungehemmt auswirken kann, ob es gelingt, den Organismus zu seiner Vollgestalt zu führen, ihn zum vollkommenen Exemplar der Species zu gestalten. Außerdem verbraucht sich die Lebenskraft, die rein in sich selbst genommen eine endliche ist, in ihrer formenden Arbeit. Darum gibt es für den Organismus einen Entwicklungshöhepunkt, von dem an die volle Durchformung nicht mehr geleistet werden kann, und einen Verfall, d. h. ein allmähliches Versagen der formenden Kraft und ein entsprechendes Überhandnehmen nicht mehr lebendig geformter Materie bis zum völligen Aufhören des Lebens. Die lebendige Form, die »Seele«, macht den menschlichen Körper zum Organismus. Wenn kein Leben mehr in ihm ist, ist er nur noch ein materielles Ding wie andere.

      2. Organische Bewegung

      Wir haben versucht zu fassen, was dem menschlichen Körper als Organismus eigen ist: die Formung der Materie durch die lebendige innere Form, die Aneignung der nötigen Aufbaustoffe, das Zusammenwirken der Teile im Ganzen, das Erzeugen von andern seiner Art. Dieser ganze Prozeß, den wir Leben nennen, ist Tätigsein, und Tätigsein ist Bewegung. Der Organismus ist in ständiger Bewegung, in innerer Bewegung und in einer Bewegung von innen nach außen. So verstehen wir das Bewegungsphänomen, das ihn kennzeichnet und das wir eigengesetzliche Bewegung nannten. Er folgt mit seiner Bewegung dem Gesetz seiner inneren Form. Zur Durchformung des Körpers gehört es, daß Zentren in ihm geschaffen werden, von denen aus er sich selbst hält und trägt und bewegt und von denen aus er dem begegnet, was ihm von außen geschieht. In dem Maß, in dem die Durchformung geleistet ist, hat er die Herrschaft über sich. Aber niemals hört er auf, materieller Körper zu sein und den Bedingungen des materiellen Geschehens zu unterstehen.

      3. Der Schnitt zwischen Organischem und Animalischem: Stufenreich des Kosmos nach Thomas von Aquino; Eigenwesen der Pflanzen (anima forma corporis; Unbewußtheit, Selbstlosigkeit, Offenheit – Beschlossenheit in sich; Fixierung im Raum, Emporwachsen)

      Wir sind mit der Charakteristik der lebendigen Bewegung bis an die Grenze dessen gekommen, was dem Menschen rein als Organismus eigen ist. Im allgemeinen pflegt man als unterscheidende Merkmale des Tieres gegenüber der Pflanze anzugeben, daß es Empfindung und freie Bewegung im Raume hat. Wir sind an diese Definition nicht gebunden, wenn sie sich nicht als eine wesensmäßige erweisen läßt. Sie muß aber beachtet und auf ihre Wesensmäßigkeit geprüft werden. Voraus liegt die noch grundsätzlichere Frage, ob überhaupt der scharfe Schnitt zwischen Pflanze und Tier sachlich berechtigt ist. Sie ist von Bedeutung, um den Aufbau des Menschen zu verstehen. In der Kosmologie, wie sie Thomas von Aquin im Anschluß an Aristoteles entworfen hat, erscheint die geschaffene Welt als ein Stufenreich von Gebilden: materielle Dinge, Pflanzen, Tiere, Menschen, reine Geister. Die Stufen sind prinzipiell gegeneinander abgegrenzt, sodaß mit jeder etwas Neues gegeben ist. Aber sie stehen nicht zusammenhanglos nebeneinander: Einmal ist in der jeweils höheren das bewahrt, was der niederen eigen ist (nur für die reinen Geister gilt das, wegen ihrer Freiheit von Materie, nicht von dem, was den irdischen Geschöpfen auf Grund ihrer Materialität eigen ist). Sodann waltet durch alle Stufen hindurch ein Gesetz der Kontinuität. Jedes Gebiet umfaßt selbst eine Reihe von niederen und höheren Formen. Und in jedem einzelnen Gebilde gibt es Niederes und Höheres. Und jedes Gebilde und jedes Gebiet berührt mit dem Höchsten in ihm die Grenze des nächsthöheren. Wir brauchen uns zwar diese ganze Kosmologie nicht ohne weiteres zu eigen zu machen. Sie zeigt uns aber, wie die Problematik des Menschen mit der Problematik der ganzen realen Welt und der Scheidung der Realitätsbereiche zusammenhängt. Mensch sein heißt danach: zugleich materielles Ding, Pflanze, Tier und Geist sein, dies alles aber in einheitlicher Weise. Thomas hat mit größter Energie die Einheit der substanzialen Form verfochten (es ist eine der Thesen, die im 13. Jh. am heißesten umstritten worden sind): Der Mensch ist alles, was er ist, durch eine innere Form, durch seine Menschenseele, die Vernunftseele ist und dadurch von der Pflanzen- und Tierseele unterschieden, aber das der Pflanzen- und Tierseele Eigene als niedere Teile in sich enthält. Wir wollen in diese Problematik von der Einheit der substanzialen Form hier nicht eintreten. Auf alle Fälle wird es nötig sein, über die niederen Formen Klarheit zu gewinnen, um die höheren zu begreifen.

      Wie sich alles Organische vom bloß Materiellen abhebt, das ist deutlich geworden, wenn auch keineswegs seine ganze Problematik aufgerollt wurde. Nun soll versucht werden, ob es gelingt, ein Eigenwesen der Pflanze zu erfassen und eine Abgrenzung nach oben hin zu gewinnen. Die Rede von der »Pflanzenseele«, die von Aristoteles in die scholastische Terminologie übergegangen ist, will der Pflanze keine »Seele« in dem uns vom Menschlichen her vertrauten Sinn zusprechen, wie es eine poetisch-sentimentale Naturauffassung tut. Sie meint nicht mehr als ein inneres Lebensprinzip. Und mir scheint das lebendige Von-innen-her-sich-Gestalten recht eigentlich das Wesen der Pflanze zu bezeichnen. Das Gebilde zu werden, das keimhaft in ihr beschlossen ist, das scheint mir den grundlegenden Sinn des pflanzlichen Lebensprozesses zu bezeichnen. Die Materie, die ihr zur Verfügung steht, muß sie in diesem Sinn organisieren, und was ihr an materiellen Aufbaustoffen für ihre Zielgestalt fehlt, das muß sie sich nach Möglichkeit aneignen, was nicht dem Aufbau dient, ausscheiden: Ernährung und Absonderung nicht organisierbarer Stoffe stehen im Dienst der organischen Entfaltung. In der Organisation der Materie scheint mir ganz eigentlich das Leben der Pflanze zu bestehen. Die »Pflanzenseele« ist durchaus »forma corporis« und nichts weiter. Es scheint ihr gerade das, worin wir das Eigentümliche der Seele als Seele zu sehen pflegen – eine innere Aufgeschlossenheit – durchaus zu fehlen. Unbewußtheit scheint mir wesenhaft zu ihr zu gehören. Ihr ganzes Sein ist darauf gerichtet, das, was sie ist, in sichtbarer Gestalt zu offenbaren, sie ist nicht nach innen aufgebrochen, ist nicht für sich selbst da und lebt nicht in sich selbst. So ist sie in einem ontischen (nicht ethischen) Sinne selbst-los und rückhaltlos offen. Und das gibt ihr für uns den Aspekt der Reinheit und Unschuld. Sie will nichts für sich haben, nichts in sich hineinziehen, um es für sich zu behalten. Andererseits wendet sie sich mit der Offenbarung ihres Wesens an niemanden, sie strebt nur zum Licht. So ist sie, unbeschadet der Offenheit, mit der sie sich darlebt, in eigentümlicher Weise in sich beschlossen. Das gibt ihr für uns den Charakter des Ruhigen und Friedvollen. Damit steht es im Einklang, daß sie sich nicht frei im Raum bewegt, sondern an ihrem Ort festgewurzelt ist. Dieses Emporwachsen aus der Erde zum Himmel ist symbolisch für ihr eigentümliches Sein, das sich aus der dunklen und in sich verschlossenen Materie nährt und sie so gestaltet, daß sie am Lichte offenbar werden kann. Das Festwurzeln beraubt sie aber nicht der eigengesetzlichen Bewegung: Sie hat jenes Zentrum in sich, von dem aus sie sich hält und trägt, sich in sich selbst bewegt und die Bewegungen aufnimmt, die von außen an sie herangetragen werden.

      4. Hinauszielen des Lebensprozesses über das Individuum: auf Species und »Idee der Pflanze«

      Trotz der Beschlossenheit in sich selbst zielt doch das pflanzliche Individuum mit seinem Lebensprozeß noch über sich hinaus. Es ist zwar durchaus »ungesellig«: Die Bäume des Waldes bilden nur für den betrachtenden Blick eine Kollektiv-Einheit, ohne innerlich verbunden zu sein. Aber der »Élan vital« zielt über das Individuum hinaus auf die Species. Das Individuum will mit seinem Gestaltungsprozeß nicht »es selbst« als ein Einzigartiges werden, sondern es will möglichst vollkommen Eiche, Buche oder Tanne werden. Und so bezeichnet Species nicht nur die Form, die im Individuum wirksam ist, sondern die Gesamtheit der realen Gebilde, in denen eben diese Form wirksam ist. (Ob jedes seine Form hat oder ob es eine für alle Individuen derselben Species ist, das ist ein besonderes Problem.) Die Einheit der Species ist schließlich keine bloß kollektive, sondern eine genetische. Das Abzielen des Individuums auf die Species hat nicht nur den Sinn, daß es sich

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