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Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman. Sissi Merz
Читать онлайн.Название Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman
Год выпуска 0
isbn 9783740934606
Автор произведения Sissi Merz
Жанр Языкознание
Серия Dr. Brinkmeier Staffel
Издательство Bookwire
»Du willst zurück nach Wildenberg. Gib es zu, wenigstens vor dir selbst. So kann es auf die Dauer jedenfalls nicht weitergehen zwischen uns. Spürst du denn nicht, wie fremd wir einander schon geworden sind?« Sie verstummte, denn sie spürte Tränen in sich aufsteigen.
Max schaute sie betroffen an. »Julia, ich hab dich lieb.« Er zog sie in seine Arme und küßte sie zart. »Nichts kann dieses Gefühl ändern. Und ich lasse nicht zu, daß etwas uns trennt.«
»Aber du kannst nichts dagegen tun. Es hat ja schon angefangen, uns zu entfremden«, widersprach sie ihm bekümmert. »Das Wissen, daß dein Vater dich braucht, daß ich dich aber hier festhalte, das macht dir zu schaffen. Bitte versuch net, es abzustreiten. Ich kenne dich besser.«
»Ich möchte doch hierbleiben, net nur wegen dir, auch weil mir das Leben hier viel bedeutet«, behauptete er da.
»Natürlich hab ich ein schlechtes Gewissen dem Vater gegenüber. Trotzdem muß man sich im Leben entscheiden. Und dann mit den Konsequenzen leben. Das will ich.«
»Bist sicher?« Sie musterte ihn bedrückt. »Jetzt glaubst das vielleicht noch und hast den festen Willen. Aber was wird in einem Jahr sein, in fünf Jahren? Wenn du weißt, daß dein Vater die Praxis hat schließen müssen, daß er verbittert ist und es dir zum Vorwurf macht. Kannst damit auch leben?«
»Ich... weiß es noch nicht. Das wird sich zeigen«, behauptete er lahm. »Bitte, Julia, wechseln wir das Thema. Es klingt direkt so, als wolltest du mir zureden, nach Wildenberg zu gehen. Dabei ist mein Herz hier! Und ich will net fort.«
»Meinst vielleicht, ich will dich gehen lassen?« Sie schmiegte sich in seine Arme. »Ich kann mir mein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen. Aber manchmal muß man eben genau das tun, was man am wenigsten will. Mit so einer Schuld leben, das kann ich nämlich auch net. Und es würde unsere Liebe auf Dauer vielleicht kaputt machen, davor hab ich Angst.«
Max schwieg. All diese Gedanken waren ihm schon hundertmal durch den Kopf gegangen. Er fühlte sich innerlich ganz zerrissen und wußte nicht, was er tun sollte. Während er Julia im Arm hielt, sagte sein Herz ihm, was recht war. Doch neben der Liebe zu ihr waren da auch noch Pflichtgefühl und eine tiefe Verbundenheit mit dem schönen Tal im Berchtesgadener Land, in dem er geboren war. Und die Vorstellung, den Vater im Stich zu lassen, jetzt, da er alt und krank war, die setzte ihm am allermeisten zu.
So verging noch eine ganze Weile, in der Julia das Gefühl hatte, als schlichen sie wie die Katzen um den heißen Brei herum. Mehrere Male telefonierte Max mit Christel Brenner, erkundigte sich nach dem Zustand seines Vaters. Und als dieser wieder daheim war, sprach der junge Mann auch mit ihm. Zuerst gab Josef sich einsilbig. Aber je länger das Gespräch dauerte, desto ehrlicher gingen Vater und Sohn miteinander um. Und schließlich gab Josef sogar zu: »Ich würde es dir hoch anrechnen, wennst heimkommst, Bub. Ich weiß, daß ich eigentlich kein Recht hab, das zu sagen. Vor allem, weil ich dir so viele Steine in den Weg gelegt hab. Aber du würdest mir damit fei eine große Last von der Seele nehmen.«
Julia spürte, daß nach diesem Telefonat die Würfel gefallen waren. Und sie spürte auch, daß es nun an ihr war, die Dinge ins Rollen zu bringen. Wenn Max noch zögerte, der Bitte des Vaters zu folgen, dann nur wegen ihr. Und manchmal, das war eine bittere Wahrheit, mußte man jemanden eben gehen lassen, wenn man ihn wirklich liebte.
Etwa ein Monat, nachdem Christel Brenners Brief in Ruanda angekommen war, stellte Julia sich hinter den Herd, kochte das einzige traditionell bayerische Gericht, das sie beherrschte – Schweinsbraten mit Knödeln und Kraut – und deckte nicht nur den Tisch besonders festlich, sondern zog auch ihr schönstes Kleid an. Als Max die Wohnung betrat, machte er große Augen. Noch überraschter war er jedoch, Julia zu sehen. Nie war sie ihm so schön und zugleich so traurig erschienen. Doch sie gab sich redlich Mühe, sich dies nicht anmerken zu lassen.
»Blaukraut hab ich keins kriegen können, das mußte ich ersetzen. Und wenn du genau hinschaust, dann siehst, daß die Knödel auch net aus Kartoffeln sind. Ich hoffe, es schmeckt dir aber trotzdem.«
»Julia!« Max nahm ihre Hände und sah zu seiner Bestürzung, daß sich Tränen in ihren schönen Augen sammelten. »Ich muß mit dir reden. Ich will zurück nach Wildenberg, ja. Aber net ohne dich!«
»Jetzt laß uns erst mal essen. Ich hab mich ja net stundenlang hinter den Herd gestellt, damit alles verkocht. Du kannst den Wein aufmachen.« Sie wischte sich flüchtig über die Augen.
»Wein zum Schweinsbraten? Mei, Schatzerl, nur gut, daß uns keiner sieht, der sich auskennt.«
Julia verschwand in der Küche. Sie brauchte einen Moment, um sich zu fassen. Dann trug sie das Essen auf und forderte: »Keine ernsten Gespräche jetzt. Ich möchte diesen Abend genießen, denn ich werde noch lange davon zehren müssen...«
»Julia, Liebste...« Max schwieg, als sie leicht den Kopf schüttelte. Er aß mit gutem Appetit, um ihr eine Freude zu machen, obwohl er eigentlich keinen Hunger hatte. Der Magen war ihm wie zugeschnürt, das Herz pochte unruhig im Brustkasten. Die widersprüchlichsten Gefühle beherrschten den Mediziner, und er hätte viel darum gegeben, dies alles nicht durchmachen zu müssen. Wie schön, wie einfach war sein Leben gewesen, bis zu dem Tag, als Christel Brenners Brief angekommen war.
Als habe Julia seine heimlichsten Gedanken erraten, bat sie ihn nach dem Essen: »Mach dir nichts vor, Max. Ein Teil von dir hat sich immer nach daheim gesehnt. Vielleicht hast du es net einmal selbst gewußt. Aber manchmal, wenn auf Wildenberg die Rede kam, wenn die Christel dir geschrieben hat, dann war da ein Glanz in deinen Augen, der mich fast eifersüchtig gemacht hat. Ich kanns dir jetzt sagen, ich hatte immer Angst, wenn ein Brief von dort kam. Denn im Grund deines Herzens bist doch ein Kind deiner Heimat geblieben.«
»So hab ich es nie gesehen. Mag sein, du hast recht. Aber im Grunde ist es doch egal, wo man lebt. Man muß die richtige Aufgabe finden und sein Glück. Manchmal gelingt einem beides. Und ich hab mich immer für so einen Glückspilz gehalten.«
Julia lächelte ein wenig, als sie Max’ Hand nahm. »Gehen wir noch ein Stückerl, bevor es dunkel wird.«
Der junge Arzt legte einen Arm um Julias Schultern, gemeinsam traten sie über die Terrasse ins Freie. Aus dem nahen Dschungel drang ein vielstimmiges Konzert von allerlei exotischen Tieren. Ein leichter Wind strich durchs Buschwerk, und die Luft duftete nach tausenderlei Blüten. Am Firmament begannen bereits die ersten Sterne matt zu flimmern, während die Sonne in karmesinroter Glut im Westen versank. Abendfriede lag über den einfachen Häusern des Dorfes. Heimelig leuchtete mattes Licht aus den Fenstern des Hospitals. Und plötzlich wurde es Max recht schwer ums Herz. Er hielt Julia im Arm, spürte ihre vertraute, süße Nähe, ihren feinen Duft. Und er meinte, das Glück mit beiden Armen zu fassen, das Glück, das man nur einmal im Leben fand, weil es Liebe hieß.
»Ich kann net fort«, murmelte er bekümmert, und ein Stöhnen drang über seine Lippen. »Ich glaub, ich hab mir zuviel vorgenommen. Das alles hier verlassen und dich... Nein, das geht net!« Max blieb stehen und schaute Julia in die Augen. »Du mußt mit mir kommen, Liebes. Heirate mich und fang mit mir ein neues Leben in Wildenberg an. Wir führen die Praxis zusammen, ich bin sicher, der Vater wird sehr stolz auf uns sein. Sag mir, magst dir das nicht durch den Kopf gehen lassen? Ich bitt dich!«
Sie lächelte ihm zu, und es war, als wehe ihn in all der duftigen Geborgenheit ein kühler Hauch an, denn ihre Augen, die sagten ihm viel mehr als alle Worte. Er ahnte es, noch ehe sie ihn erinnerte: »Du hast gesagt, man muß im Leben seine Aufgabe finden. Ich hab die meine. Und bis vor kurzem dachte ich, es ist ein besonderes Glück, daß ich sie mit einem anderen teilen kann. Aber deine Aufgabe liegt net hier. Sie wartet in Wildenberg auf dich. Und das heißt, wir müssen uns trennen.«
»Nein!« Max schüttelte vehement den Kopf. Er zog Julia fest an sich, fast verzweifelt brannten seine Lippen auf ihren. Immer und immer wieder küßte er sie und murmelte atemlos: »Ich geb dich net her, das kann ich nicht! Du mußt bei mir bleiben, Julia. Mein Herz