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können.

      Vielleicht hätte ich Ines doch noch geheiratet nach Veras Tod, wenn sie sich damals anders verhalten hätte, dachte Jesco, nachdem er sich lange seinen Reminiszenzen hingegeben hatte. Er hatte Gewissensbisse, was Pamela betraf und hoffte, daß sie ihm eine Chance gab, einen Kontakt herzustellen. Verlorene Jahre ließen sich nicht nachholen, aber es konnte eine Art von Wiedergutmachung sein, wenn er sich dazu bekannte, ihr Vater zu sein.

      Er überlegte, wie er es am besten anfangen sollte. Lange wollte er es nicht vor sich her schieben. Vielleicht war sie diesem schweren Beruf doch nicht gewachsen, und er konnte ihr den Weg in die Zukunft ebnen. Er war in der Lage, ihr alles zu bieten, was sie bisher hatte vermissen müssen.

      *

      Marius machte schon Pläne für ihr gemeinsames Leben, wenn er aus der Klinik entlassen werden konnte, und das sollte möglichst bald sein.

      Er ließ alle Untersuchungen geduldig über sich ergehen. Pamela flehte die Ärzte an, ihm keine negativen Auskünfte zu geben, ihm nicht alle Hoffnung zu nehmen, und sie taten ihr den Gefallen gegen besseres Wissen, denn die Metastasen ließen sich nicht wegzaubern.

      Marius sagte jedem, daß es ihm gutgehe, und er wollte baldmöglichst mit Pamela in die Schweiz reisen, wo sie in Adelboden ein Chalet besaßen.

      Mit der Zeit hatte Pamela auch begriffen, wie reich an irdischen Gütern die Campens waren, und in ihr wuchs die Sorge, daß man ihr nachsagen könnte, daß sie deshalb bei ihm blieb.

      Claire hatte zum Glück keine Ahnung von Marius’ Plänen, sonst wäre sie gewiß die erste gewesen, die Pamela geldgierig genannt hätte. Aber sie hatte ihre eigenen Sorgen, da Clemens die Scheidung bereits eingereicht hatte und sie selbst nun auch einen Anwalt zu Rate ziehen mußte. Der konnte ihr aber nicht viel Hoffnung machen, als ihm von Clemens’ Anwalt die Gründe unterbreitet wurden, die Clemens geltend machte: ihre Affären mit drei Männern, die namentlich aufgeführt wurden, ihre Verschwendungssucht und die Tatsache, daß sie die Ehe unter falschen Voraussetzungen erzwungen hatte und gar nicht in der Lage war, Kinder zu bekommen.

      Sie wußte selbst nur zu gut, daß sie durch eine unsachgemäße Abtreibung im jugendlichen Alter keine Chance mehr hatte, ein Kind auszutragen. Auch das hatte sie Clemens verheimlicht. Ihre Ehe war auf Lügen aufgebaut.

      Clemens war klug genug, seine Zuneigung für Raphaela Norman für sich zu behalten. Sie trafen sich nur in der Firma, und auch sie gab sich sehr zurückhaltend, obgleich sie seine Gefühle erwiderte.

      Clemens hatte sich durch sie völlig verändert, war einfühlsam und zartfühlend geworden. Er war in die Stadtwohnung gezogen, um Claire nicht mehr begegnen zu müssen, die sich vorerst noch weigerte, aus der Villa auszuziehen, solange die Scheidung nicht rechtsgültig wurde.

      Sie hoffte jetzt auf Marius’ Rückkehr und auf sein Machtwort, daß es in der Familie Campen keine Scheidungen gäbe.

      Aber das Machtwort blieb aus. Der Scheidungstermin war schon angesetzt, bevor Marius aus der Klinik entlassen wurde. Auf Anraten ihres Anwalts entschloß sich Claire nun doch, mit Clemens zu tauschen und in die Stadtwohnung zu ziehen, die er ihr auch überlassen wollte. Er kehrte in die Villa zurück, in der es ein großes Aufatmen gab.

      Clemens war seiner Mutter dankbar, daß sie die recht beträchtliche Abfindung für Claire bereitstellte, versprach ihr aber, ihr alles zurückzuzahlen, da sein Leben nun in geordneten Bahnen verlaufen würde. Er sehnte nur den Tag herbei, an dem er sich offiziell zu Raphaela bekennen konnte.

      Nicolas hatte sich wieder eingewöhnt und sich mit den teils erfreulichen, teils traurigen Tatsachen, die ihr Leben veränderten, abgefunden. Es beunruhigte ihn allerdings doch, daß Marius ihm gegenüber erklärte, daß er Pamela heiraten wolle. Er fühlte eine eigenartige Beklemmung, wenn er Pamela betrachtete.

      Er konnte sich nicht vorstellen, daß sie durchhalten würde, wenn sich Marius’ Zustand wieder verschlimmern würde. Er wußte von den Ärzten, daß dies schon in absehbarer Zeit geschehen konnte. Jetzt sprach er noch auf die Medikamente an, die ihn manchmal in eine fast euphorische Stimmung versetzten, aber die Erfahrung mit solchen Krankheiten hatte die Ärzte gelehrt, daß darauf auch Depressionen und oft unerträgliche Schmerzzustände folgen konnten.

      Nicolas wurde dann auf andere Gedanken gebracht, als Fiona auf seine dringende Bitte nach München kommen wollte.

      Inzwischen hatte Jesco den Mut gefaßt, die Behnisch-Klinik aufzusuchen, nachdem er erst ganz persönliche Angelegenheiten geregelt hatte, zu denen es auch gehörte, daß er einen Notar aufgesucht hatte, bei ihm auch ein Testament machte, was er bisher nicht für nötig befunden hatte.

      Er dachte nicht ans Sterben, war aber doch zu der Einsicht gekommen, daß es wichtig war, über seinen Nachlaß zu verfügen.

      Allerdings sollte auch sofort ein beträchtlicher Betrag für Pamela bereitgestellt werden. Er hoffte, daß sie ihn annehmen würde.

      Er konnte freilich nicht ahnen, daß sie schon eine Entscheidung über ihre Zukunft getroffen hatte.

      Jesco erschien in der Behnisch-Klinik, nannte seinen Namen und wünschte Pamela zu sprechen. Seine Erscheinung und sein Name sprachen für sich, aber er wurde zuerst von Jenny Behnisch unter die Lupe genommen, die sehr überrascht war, daß ein Fremder nach Pamela fragte.

      Sie war maßlos überrascht, als Jesco unverblümt erklärte, daß er Pamelas Vater sei.

      »Und Sie wollen ihr das einfach so sagen?« fragte Jenny konsterniert.

      »Ich hätte es längst getan, wenn ich Gelegenheit dazu gehabt hätte. Ich habe durch einen Freund erfahren, daß Pamela nach München gekommen ist und hier eine Stellung angenommen hat, und er hat mir gesagt, daß sie ihren Vater finden wolle. Jetzt bin ich hier, um ihr die Suche zu ersparen.«

      Jenny merkte, daß sie es mit einem Mann zu tun hatte, der genau wußte, was er wollte, mit einem Mann, der Format hatte. Sie hätte sich sehr für Pamela gefreut, hätte sie nicht gerade erst gehört, daß sie entschlossen war, Marius Campens Leben zu teilen, was sehr gemischte Gefühle in ihr hervorgerufen hatte. Aber das mußte Pamela mit sich allein ausmachen. Vielleicht konnte die Tatsache, daß ihr Vater gekommen war, sie veranlassen, ihren Entschluß zu überdenken.

      Jenny dachte auch daran, daß Pamela schwere Tage und Wochen bevorstanden und für glückliche Stunden kaum etwas bleiben würde.

      *

      Marius machte eine unwillige Bemerkung, als Pamela wieder einmal zu Jenny Behnisch gerufen wurde. Er war eifersüchtig auf jeden, der kostbare Zeit beanspruchte, die nur ihm gehörte. Er merkte selbst nicht, wie besitzergreifend er geworden war.

      »Ich bin ja gleich wieder da«, sagte Pamela, die nicht ahnte, was sie erwartete.

      Aber sie hatte gleich ein ganz eigentümliches Gefühl, als sie den Mann sah, dessen Blick eine ganze Skala von Empfindungen verriet. »Ich werde Sie mit Herrn von Bartoli allein lassen, Pamela. Er hat Ihnen etwas zu sagen.«

      Er machte einen Schritt auf sie zu, sie einen Schritt zu ihm.

      »Ich bin dein Vater, Pamela«, sagte er verhalten, »Jesco von Bartoli. Paul Norman sagte mir, daß du nicht mal meinen Namen weißt.«

      »Ich kann es nicht glauben«, flüsterte sie, »ich wollte so gern wissen, wer mein Vater ist, aber ich habe nicht daran geglaubt, daß ich ihn jemals kennenlerne.«

      »Nun ist es soweit, darf ich dich umarmen, mein Kind?«

      Sie schluchzte trocken auf, als er sie in die Arme nahm und ihre Stirn und Wangen küßte.

      »Daß ich das erleben darf«, sagte er tief bewegt. »Verzeihst du mir, Pamela?«

      »Was soll ich verzeihen?«

      »Daß ich deine Mutter nicht geheiratet habe, nicht heiraten konnte und daß ich nicht für dich sorgen durfte.«

      »Ich weiß, wie Mama ist, sie wollte auch nicht, daß ich weggehe, und ich weiß nicht, ob sie mir jemals verzeiht. Aber ich kann jetzt nicht einmal ein paar Stunden mit dir

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