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an diesem Unglück tragen, sind Sie ganz allein für die Reinigung zuständig.” Lange und intensiv sah sie Christian an. Sein Gesichtsausdruck hatte sich wieder geändert, aber es war schwer zu sagen, was er gerade empfand. Seine markanten Züge waren ein wenig weicher geworden, trotzdem wirkte er immer noch ziemlich respekteinflößend auf sie.

      „Tatsächlich?”, fragte er. „Wer sagt das?”

      „Das Gesetz!”, antwortete Isabelle prompt. Sie versuchte erst gar nicht, ihre Schadenfreude darüber zu verbergen, immerhin wusste sie, wovon sie sprach. Ihr Jurastudium war noch gar nicht so lange her.

      „Mhm, und wer entscheidet, ob ich eine Mitschuld habe? Catherine, Sie oder sogar Ihr Chef?” Ein winziges Lächeln umspielte seine Lippen. Er war bereit, ihr kleines Spielchen mitzuspielen, denn noch würde er sie nicht von der Angel lassen. Dafür reizte sie ihn viel zu sehr.

      Die Tür zur Küche flog auf, und Catherine kam zurück ins Café gestürmt. „Kein Chef – Chefin!”, antwortete sie zuckersüß und nahm ihm damit gleich den Wind aus den Segeln. Sie hatte die lautstarke Unterhaltung zwischen Christian und Isabelle natürlich verfolgt und wusste daher genau, was los war. Dass er automatisch von einem Chef ausging, überraschte sie nicht. Ganz im Gegenteil, sie hatte darauf spekuliert. „Vielleicht sollten Sie mit unserer Chefin sprechen!” Provokant und mit einem dicken Grinsen im Gesicht sah sie Christian an.

      Isabelle war geschockt. Sie warf ihrer Freundin einen bitterbösen Blick zu, aber das störte Catherine nicht. Sie ignorierte es gekonnt und hielt nur kurz ihre Hand hoch, um zu zeigen, dass sie sich verarztet hatte. Dann nahm sie ihre Arbeit wieder auf. Dieses Biest! Isabelle hoffte wirklich inständig, dass Christian Catherines Gerede einfach ignorierte und nicht nach der Chefin fragte, doch sein süffisantes Grinsen prophezeite ihr etwas anderes.

      „Ich finde, das ist eine ausgezeichnete Idee. Lassen Sie mich mit Ihrer Chefin sprechen, damit wir dieses Missgeschick endlich aus der Welt schaffen können!”

      Isabelle warf erneut einen kurzen wütenden Blick zu Catherine. Na, vielen Dank auch! Das konnte ja was geben. Was hatte ihre Freundin sich nur dabei gedacht? Sie hatte sie soeben in eine unmögliche Situation gebracht. „Wie Sie möchten, Christian.” Isabelle ließ sich ihren inneren Zwiespalt nicht anmerken. „Wenn Sie mich dann kurz entschuldigen würden, ich kümmere mich darum.” Entschlossen drehte sie sich um und verschwand in Richtung Küche. Sofort hörte sie die drei Männer hinter ihrem Rücken tuscheln. Verdammt! Was sollte sie nur tun?

      „Was ist los, Liebes?”, fragte Mary besorgt, als Isabelle mit geballten Fäusten in die Küche platzte.

      „Unverschämter Typ!”, ließ sie ihren Frust heraus. Nicht zu fassen, sein Verhalten! Isabelle war außer sich. „Hält sich für den Größten und möchte gern die Chefin sprechen!”

      „So, so... Meinst du etwa diesen wirklich adretten jungen Mann da draußen?”

      Isabelle nickte stumpf. Bevor sie dazu kam, den Mund aufzumachen, rauschte Catherine bereits an ihr vorbei und übernahm das Reden.

      „Ja, genau der, Mary”, sagte sie augenzwinkernd und ein klein wenig verschwörerisch. Dann griff sie nach der Strickjacke ihrer Freundin.

      „Was hast du vor?”, entfuhr es Isabelle überrascht.

      „Na, was wohl, Süße! Er will die Chefin sprechen. Also los, husch, husch. Er soll doch kriegen, was er will, oder etwa nicht?”

      „Ist das dein Ernst?” Das war so ganz und gar nicht ihre Art.

      „Auf jeden Fall”, mischte sich nun auch Mary mit ein. „Nur keine falsche Bescheidenheit!” Mit einem Seitenblick zu Catherine rief sie begeistert: „Zeig mal her, Liebes.”

      Isabelle machte einen Schritt nach vorn, warf achtlos ihre Strickjacke auf einen Stuhl und vollführte eine kleine Drehung. Mary und Catherine klatschten begeistert.

      „Du siehst großartig aus!”, riefen ihre beiden Freundinnen wie aus einem Mund.

      Doch Isabelle war sich da nicht so sicher. Ohne ihre Strickjacke fühlte sie sich irgendwie nackt. Ihre enge Jeans und die weiße Bluse betonten zwar ihre zierliche Figur, aber sie verbargen auch nichts. Wieder wünschte sie sich ein kleines bisschen mehr Oberweite oder zumindest ein wenig mehr Selbstbewusstsein. Sie warf einen Blick in den kleinen Spiegel, den Mary ihr vor die Nase hielt, und musterte ihr Gesicht. Zum Glück war ihr Make-up noch in Ordnung! Dezent, aber hübsch. Auch ihre hochgesteckten Haare lagen heute Abend noch sehr gut. Tatsächlich verlieh ihr diese Frisur eine gewisse Strenge. Das kam ihr gerade recht! Sie lächelte amüsiert bei der Vorstellung von dem, was nun folgen würde. Dann straffte sie ihre Schultern, öffnete frecherweise noch den obersten Knopf ihrer Bluse und marschierte los. Sie spürte augenblicklich die Blicke ihrer Freundinnen im Rücken, schaffte es aber, alles andere für einen Moment auszublenden. Für sie zählten nur Christian und der Gedanke, wie ihre nächsten Worte den größtmöglichen Effekt erzielten. Zielstrebig und mit ernstem Gesicht ging sie auf ihn zu. „Wie ich hörte, wollten Sie gern die Chefin sprechen...” Sie ließ ihre Worte absichtlich ein klein wenig anzüglich klingen. Dann leckte sie sich ganz kurz, aber lange genug, damit er es bemerkte, über ihre Lippen. Sein herrlich schockierter Gesichtsausdruck war wirklich eine Genugtuung! Als sie unmittelbar vor ihm stand, ließ sie die Bombe endgültig platzen. „Nun, Christian, hier bin ich!”

      2. Kapitel

      Christian fiel sprichwörtlich die Kinnlade herunter. Damit hatte er nicht gerechnet. Isabelle war die Chefin! Aber natürlich! Wieso auch nicht? Als er sie beobachtet hatte, ließ sie das keineswegs raushängen, aber bei dem Missgeschick vorhin war sie für ihre Angestellte eingesprungen. Spätestens da hätte er es wissen müssen. Sie hatte Catherine mit einem einzigen Blick angewiesen, in die Küche zu gehen, damit sie sich verarzten konnte. Warum sonst sollte sie auch dazwischengehen? Sie wollte nur ihrer Angestellten helfen, sie beschützen – vor ihm! Mit einem Mal entspannte er sich. War er jemals zuvor einer solchen Frau begegnet? Völlig fasziniert betrachtete er Isabelle. Er hatte keine Ahnung. Seine Kollegen amüsierten sich köstlich über seinen entgeisterten Gesichtsausdruck. Auch sie hatten nicht geahnt, dass Isabelle die Chefin war. Sie lachten und unterhielten sich angeregt mit ihr, und viel schlimmer noch, sie entschuldigten sich sogar für sein Verhalten und schworen in seinem Beisein, dass er eigentlich ein ganz Lieber wäre. Darüber war Christian weniger amüsiert. Lieb war kein Ausdruck, der in einem Atemzug mit seinem Namen genannt werden sollte, aber er ignorierte es gekonnt. Nach wie vor war er zutiefst beeindruckt von Isabelle. Er konnte seine Augen nicht mehr von ihr lassen. Sie war so zierlich und fast einen ganzen Kopf kleiner als er, trotzdem hatte sie diese Schlacht gewonnen. Nun wusste er, warum er sich so zu ihr hingezogen fühlte. Sie war die erste Frau, die ihm nicht nach dem Mund redete. Sie hatte ihm die Stirn geboten und ihn eiskalt auflaufen lassen, und dass, obwohl es für gewöhnlich niemand wagte, sich ihm zu widersetzen. Schon gar keine Frau!

      Isabelle stimmte in das Lachen von Christians Kollegen mit ein. Sie waren beide sehr freundlich und entschuldigten sich sogar bei ihr. Auch bei Catherine, die sich kurze Zeit später zu ihnen gesellte. Sie ging sofort wieder in den Flirtmodus und spielte mit einer Strähne ihres langen blonden Haares. Von ihr hatte Isabelle den Trick mit den Lippen gelernt. Das A und O hierbei war, es wirklich ganz flüchtig und unschuldig aussehen zu lassen, wobei es natürlich pure Absicht war! Bei Christian hatte es seine Wirkung auf jeden Fall nicht verfehlt. Seine dunklen Augen funkelten, waren weit aufgerissen und sahen sie lüstern an. Nun war sie es, die ihn aus dem Konzept gebracht hatte, und nicht umgekehrt! Für diesen simplen, aber effektiven Trick dankte sie ihrer Freundin heute mehr denn je. Sie beobachtete, wie sich Catherine mit den anderen beiden Männern ein wenig zurückzog. Christian blieb zurück, bei ihr. Er starrte sie immer noch völlig überrumpelt an, aber schon längst nicht mehr so eisig wie vorhin. Sie hatte sogar das Gefühl, dass er sich ein wenig entspannte. Dies und das kleine Schmunzeln, das über seine Lippen huschte, freuten sie sehr. „Es tut mir leid”, begann sie zögernd. „Ich wollte Sie nicht verärgern.”

      „Nicht mal ein bisschen?”

      Isabelle lachte über seinen schelmischen

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