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dass diese Männer – oder zumindest einer von ihnen – einen solchen Einfluss auf sie hatten. Das war absolut inakzeptabel! Dafür hatte sie es mit ihren 28 Jahren viel zu weit gebracht. Sie hatte ihren Job, ihre Kollegen, Freunde und Familie, einfach alles in London hinter sich gelassen. Dieser Lärm dort, die ständige Hektik und der Stress, das war nichts, was sie vermisste. Die Menschen hier hatten ein unglaublich ruhiges und freundliches Gemüt. Sie waren stolz auf die Vielzahl ihrer Obstgärten und Hopfenfelder und nannten ihr Zuhause daher liebevoll den 'Garten Englands'. Auch die vielen Täler und Hügelketten, die Kent landschaftlich prägten, waren mit nichts zu vergleichen. Bei gutem Wetter konnte sie von den Kreidefelsen von Dover bis nach Frankreich sehen. Wenn sie dort oben stand, schaute sie immer sehr sehnsüchtig hinüber, denn Frankreich, genauer gesagt Paris, stand ganz oben auf ihrer Wunschliste. Und auch wenn an eine Reise im Moment überhaupt nicht zu denken war, so war sie keineswegs traurig. Sie war sehr glücklich über ihr neues Zuhause hier. Das Café war eindeutig das Beste, was ihr passieren konnte. Sie war sichtlich stolz darauf, vor allem, weil sie es ganz allein geschafft hatte. Dafür brauchte sie keinen Mann! Davon abgesehen stand ihr im Moment überhaupt nicht der Sinn nach einer romantischen Beziehung oder einem kurzweiligen Abenteuer. Darauf würde sie sich ganz sicher nicht mehr einlassen, aus diesem Alter war sie endgültig raus. Isabelle schmunzelte über sich selbst. Natürlich war ihr klar, dass sie nicht ewig Single bleiben würde, das wollte sie ja auch gar nicht, aber überstürzen würde sie auch nichts mehr. Von jetzt an nahm sie die Männer in ihrem Leben ganz genau unter die Lupe und prüfte sie auf Herz und Nieren. Sie hatte keine Ahnung, wonach genau sie suchte, aber sie war überzeugt davon, dass sie es merken würde, sobald der Richtige vor ihr stand.

      Schon kurze Zeit später hörte Isabelle, wie Catherine die drei Männer bediente. Ihre Stimme klang dabei ein wenig anzüglicher als sonst, was bedeutete, dass sie bereits im Flirtmodus war. Ihre Freundin ließ wirklich nichts anbrennen! Zuerst hörte sie nur ihre Stimmen, dann gab es plötzlich einen fürchterlichen Krach. Isabelle zuckte zusammen. Sie konnte nicht alle Geräusche zuordnen, aber zerbrochenes Glas war auf jeden Fall mit dabei. O je! Sie stürzte sofort nach vorn und erfasste mit einem Blick die Situation.

      „Können Sie denn nicht aufpassen?!”, fuhr Christian Catherine böse an.

      „Es tut mir leid”, stotterte sie verlegen, aber schon Sekunden später reagierte sie wie ein Profi.

      Isabelle beobachtete die Situation. Catherine hatte alles im Griff und tat ihr Bestes, um die Spuren dieses kleinen Unfalls beiseite zu wischen. Sogar die Scherben des Bierglases hatte sie schon eingesammelt. Christian dagegen hatte anscheinend nichts Besseres zu tun, außer weiter zu zetern. Sein Blick war drohend und anklagend, dabei gab es überhaupt keinen Grund dazu. Catherine hatte sich längst bei ihm entschuldigt. Das Glas war ihr einfach aus der Hand gerutscht, so etwas konnte passieren. Als Isabelle sah, dass ihre Freundin sich dabei auch noch verletzt hatte, war sie gezwungen einzuschreiten. Verärgerter Gast hin oder her. Ihre blutende Hand hatte jetzt Priorität, also signalisierte sie Catherine, dass sie sich verarzten sollte. Obwohl Isabelle ziemlich empört über Christians Verhalten war, schluckte sie ihren Groll herunter. Der Kunde ist immer König. „Kann ich Ihnen helfen?”, fragte sie daher übertrieben freundlich und sah ihm dabei ganz direkt und ohne Angst in die Augen.

      „Das glaube ich kaum. Ihre Kollegin hat mein Bier verschüttet, und nun ist der Anzug ruiniert!”

      Isabelle blieb ruhig, obwohl ihr Gast sichtlich aufgebracht schien. Sie hatte allerdings keinen blassen Schimmer, warum. Lag es wirklich nur an seinem Anzug? Es fiel ihr verdammt schwer, sachlich zu bleiben, denn seine Reaktion war eindeutig übertrieben und davon abgesehen auch unmöglich. Was war denn nur los mit ihm? „Es tut mir leid”, versuchte sie ihn ein wenig zu besänftigen, „ich kann verstehen, dass Sie verärgert sind, aber das ist ...”

      „Das denke ich eher weniger!”, unterbrach er sie brüsk und musterte sie erneut von oben bis unten.

      O Mann! Isabelle wurde augenblicklich nervös, aber auch sauer. Dass er sie nicht hatte ausreden lassen, ärgerte sie maßlos. Auch seine Musterung war dieses Mal alles andere als freundlich. Seine dunklen Augen glänzten und sahen sie kalt und abschätzig an. Doch damit konnte sie umgehen. „Mag sein, dass ich nicht verstehe, was Ihr Problem ist, Christian, aber ich bin mir sicher, dass Sie es mir erklären können. Oder liege ich da falsch?” Sie machte absichtlich eine kurze Pause und schenkte ihm ihr laszivstes Lächeln. „Bis dahin wäre es allerdings sehr schön, wenn Sie hier nicht so einen Aufstand machen würden”, sie zeigte dabei auf die anderen Gäste im Café, „immerhin sind Sie nicht allein hier!” Puh, geschafft! Isabelle war stolz auf sich. Sie hatte sich behauptet und war höflich geblieben, aber direkt. Nun lag es an Christian. Angriffslustig starrte sie ihn an –, mit Erfolg. Ihr Plan hatte funktioniert, seine Augen verengten sich zu kleinen Schlitzen. Nun hatte sie, was sie wollte: Seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Es war beängstigend und machte die Spannung zwischen ihnen unerträglich, aber davon ließ sie sich nicht einschüchtern. Ganz im Gegenteil, sie fühlte sich mutiger und stärker denn je!

      Christian war überrascht, sehr sogar. Dass Isabelle so reagierte, hatte er nicht erwartet. Es war eine ganz neue Erfahrung für ihn, dass ihm jemand Paroli bot. Seine Kollegen signalisierten ihm bereits, dass er es gut sein lassen sollte, aber er konnte nicht. Er musste hart bleiben, immerhin stand sein guter Ruf auf dem Spiel. Natürlich hatte sein Verhalten rein gar nichts mit Isabelle zu tun, doch er brauchte ein Ventil, und sie war einfach die erstbeste Quelle, die er nutzen konnte. Außerdem sah sie so verdammt süß aus, wenn sie sich aufregte! Dieses Spielchen musste er weiter spielen. Er stellte sich hin und richtete sich in voller Größe vor ihr auf. Nun überragte er sie fast um einen ganzen Kopf, doch sie wich keinen Millimeter zurück. Das gefiel ihm! Sie war weitaus weniger schüchtern, als er angenommen hatte. Beeindruckend! Obwohl sie so unglaublich zart und unschuldig wirkte, beinahe zerbrechlich, hielt sie ihm stand. Dadurch hatte sie nicht nur sein Interesse, sondern auch seinen Beschützerinstinkt geweckt! Das hatte noch keine Frau geschafft. Natürlich war ihm auch Catherine sofort ins Auge gefallen. Ihre langen blonden Haare, ihre sinnlichen roten Lippen und ihr ausladendes Dekolleté waren nicht zu übersehen! Seine Kollegen hatten sofort ein Auge auf sie geworfen und flirteten bei jeder Gelegenheit mit ihr. Trotzdem war es nicht Catherine, die seine Neugierde geweckt hatte, sondern die junge Frau vor ihm, die ihn nun angriffslustig aus ihren strahlenden blauen Augen ansah. Er schalt sich selbst einen Dummkopf, weil er diesen Streit absichtlich provoziert hatte, doch auf die Schnelle war ihm nichts anderes eingefallen. Und nun war es zu spät für einen Rückzieher. „Ich weiß, dass es keine Absicht war...” Er holte tief Luft, bevor er weitersprach. Es reizte ihn zu sehen, wie weit er gehen konnte. „Trotzdem bekäme ich gern die Reinigung bezahlt. Der Anzug war sündhaft teuer”. Die letzten Worte betonte er absichtlich ein wenig und sah sie dabei provozierend an. Er bekam immer seinen Willen, und daran würde nichts und niemand etwas ändern. Auch keine Frau wie Isabelle! Ganz egal, wie umwerfend sie auch war. Immerhin war sein Name in der Papierbranche allgemein bekannt, er stand für etwas. So weit kam man nicht, nur weil man lieb und nett war. Mit Sicherheit nicht! Durch seine respekteinflößende Art wagte es kaum jemand, ihm zu widersprechen. Es hatte also auch sein Gutes, so hart und unnahbar zu wirken. Ziemlich siegessicher huschte ein Lächeln über sein Gesicht.

      Isabelle starrte Christian entsetzt an. Wollte er wirklich die Reinigung bezahlt haben? War das sein Ernst? Und wieso lächelte er jetzt so merkwürdig triumphierend? Sie war sauer, verdammt sauer sogar. Allerdings mehr auf sich selbst als auf ihn. Er hatte ja recht, die Reinigung stand ihm zu. Die Kosten dafür würden wahrscheinlich sogar von der Versicherung getragen, trotzdem war sie irgendwie in Rage. Er hatte sie aufgeregt und irgendwie auch erregt… Ihr Puls ging wesentlich schneller als normal. Dabei war er ein Wolf im Schafspelz! Sein Aussehen hatte sie tatsächlich getäuscht. Wie konnte sie nur glauben, dass jemand wie er ein netter Kerl war?! Energisch trat sie noch einen Schritt näher an ihn heran. „Ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, ob wir bei diesem Missgeschick die Rechnung übernehmen können.” Bevor sie weitersprach, machte sie eine kurze Pause. Sein Gesichtsausdruck war einfach entzückend, das musste sie auskosten. Ein kleines Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Sie wusste, dass es sein gutes Recht war, die Reinigung zu verlangen, zudem war sie längst bereit, diese auch zu bezahlen, nur verraten würde sie ihm das nicht. Zumindest noch nicht! Für seine arrogante Art wollte sie

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