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die Luft,

       Drum kreuch’ ich ein in mei­ne Gruft.

      Der Ei­fer­süch­ti­ge

       Als ich im stil­len Gra­be lag und schlief,

       Hör­t’ ich wie ei­ner mei­nem Schätz­lein rief.

       Da warf ich alle Erde schnell em­por

       Und sprang her­aus und schlug dem Kerl aufs Ohr.

      Der Geiz­hals

       In mei­nem Gra­be fin­d’ ich kei­ne Ruh,

       Um­sonst sind mei­ne Au­gen tot und zu.

       In je­der Nacht muss ich den Sarg ver­las­sen,

       Durchs Fens­ter schaun, wie mei­ne Er­ben pras­sen.

       Von mei­nem Wein gil­t’s heut das letz­te Glas,

       O mehr als alle Wür­mer wurmt mich das.

      Der Ge­lehr­te

       Kein Le­ben­der kann mei­ne Qual er­mes­sen:

       Ich wäl­ze mich im Sar­ge hin und her,

       Aus ei­nem Bu­che hab’ ich was ver­ges­sen,

       Wenn ich mich doch be­sän­ne, was es wär!

       Be­han­del­t’s die Uns­terb­lich­keit der See­le?

       Das Da­sein Got­tes? Gott, ich wer­de krank!

       Wie ich mir mei­nen hoh­len Schä­del quä­le,

       Ich muss hin­auf an mei­nen Bü­cher­schrank.

       Ich such’ und su­che in dem al­ten Bu­che,

       Einst war mir jede Zei­le doch be­kannt,

       Und eben fin­d’ ich bei­nah was ich su­che,

       Da werd’ ich plötz­lich schnöd hin­weg­ge­bannt.

       Es kommt mit Licht des Hau­ses al­ter Meis­ter –

       Als ich noch leb­te, diente er mir gern,

       Jetzt ruft er schau­dernd: Alle gu­ten Geis­ter

       Die lo­ben Gott den Herrn!

      Der Stut­zer

       Sie ha­ben mich in mei­nem Frack be­gra­ben,

       Das freut mich sehr, das woll­t’ ich eben ha­ben.

       Auch sitzt die wei­ße Bin­de ganz kor­rekt,

       Die Stie­fel sind so blank als wie ge­leckt.

       Mein Stöck­chen ziert der Schmuck des El­fen­beins,

       So pro­me­nier’ ich nachts von Zwölf bis Eins.

       Und dass ich tot bin, sieht mir nie­mand an,

       Zwei Dirn­lein flüs­tern: Welch ein hüb­scher Mann.

      Der Rauf­bold

       Das Tot­sein wäre gar zu arg,

       Hät­t’ ich mein Schwert nicht mit im Sarg,

       Und hei! ich höre De­gen­k­lir­ren.

       Welch frech Ge­sin­del kämpft auf mei­ner Gruft?

       Ich muss da­bei sein! Hur­ra! Fri­sche Luft!

       Die Ter­zen pfei­fen und die Quar­ten schwir­ren,

       Schon stürmt ein jun­ger Fant auf mich da­her,

       Wie ist mir heu­te doch der Arm so schwer!

       Die Ter­zen schwir­ren und die Quar­ten sau­sen,

       Der Hieb saß gut!

       Mein Schä­del klafft. Der Geg­ner sieht mit Grau­sen:

       Aus die­ser brei­ten Spal­te fließt kein Blut.

       O weh der Schmach von ei­nem grü­nen Jun­gen!

       Als ich noch leb­te, wär’s ihm nicht ge­lun­gen.

       Ins Grab schleich’ ich zu­rück aus dem Ge­fecht.

       Ich weiß es jetzt, die To­ten fech­ten schlecht.

      Der To­ten­grä­ber

       Seid still, ihr Tote, lärmt nicht im­mer­zu!

       Bleibt starr und steif in eu­ren Grä­bern lie­gen!

       Gebt end­lich doch hier un­ten Frie­d’ und Ruh

       Und lasst euch in den ewi­gen Schlum­mer wie­gen!

       Legt euch aufs Ohr! Was wollt ihr Beß­res ha­ben?

       Ich hab’ euch tief, ich hab’ euch gut be­gra­ben.

       Der neue To­ten­grä­ber ist ein Wicht,

       Sein ed­les Hand­werk, das ver­steht er nicht.

       Mich selbst, den al­ten Meis­ter uns­rer Zunft,

       Ver­scharr­t’ er ohne jeg­li­che Ver­nunft.

       Ihr habt es gut, nur ich hab’ Grund zur Kla­ge,

       Hab’ kei­ne Ruh bei Nacht und nicht am Tage,

       Es quält mich euer bei­ner­nes Ge­klap­per

       Und der Le­ben­di­gen läp­pi­sches Ge­plap­per.

       Und heu­te Nacht schon gräbt der schlech­te Bube

       Aufs neue wie­der eine schlech­te Gru­be,

       Nun steig’ ich auf und stel­le ihm ein Bein

       Und stürz’ ihn in sein eig­nes Grab hin­ein.

      Ed­gars Poe­sie ist ein Gar­ten voll hei­mat­li­cher und süd­län­di­scher Flo­ra, wo in­mit­ten des Blu­men­ge­mischs ein Häuf­lein ver­kauz­ter Gno­men am Bo­den hockt, an de­nen er sich gleich­falls von Her­zen er­götzt.

      Über die­sen Ge­dich­ten ge­sch­ah es mir, dass ich den Bru­der seit un­se­ren Kin­der­ta­gen zum ers­ten Mal wie­der rich­tig sah. Der gan­ze Mensch ei­ne fe­dern­de Stahl­kraft, un­be­sieg­bar in Män­ner­feh­den, im­mer be­siegt von Frau­en, die er nicht kann­te und zu sich in ein Reich der Poe­sie er­hob, wo sie nicht be­hei­ma­tet wa­ren. Die­ses vul­ka­nisch ge­leb­te und doch so zart ge­fühl­te Le­ben, das wie hin­ter ei­nem ei­ser­nen Vor­hang vor sich ge­gan­gen war, lös­te mir vie­le Rät­sel sei­ner wech­seln­den Stim­mun­gen, und nach­träg­lich er­griff es mich, wie er mir, nicht ge­ra­de oft, aber doch im­mer wie­der ein­mal mit ei­ner ei­ge­nen Weich­heit be­geg­net war wie mit ei­nem lei­sen Wer­ben: Ver­steh mich doch, ich bin ja der alte. Aber ehe ich die Hand aus­stre­cken konn­te, war schon wie­der eine Stö­rung da­zwi­schen­ge­tre­ten, und so stan­den wir uns nicht ge­trennt und nicht ver­bun­den, im­mer fel­sen­fest auf­ein­an­der ver­trau­end, aber le­bens­lang im glei­chen Ab­stand ge­gen­über.

       Die Len­ze schwin­den,

       Die Som­mer ver­glü­hen,

       Durchs Fens­ter nur seh ich

       Die Blu­men blü­hen

       Und hör das Le­ben, das lockt und lärmt.

       Mich ru­fen kla­gend

       Des Le­bens Stim­men,

       Ich hüt’ ein Lämp­chen, das im Ver­glim­men,

       Wenn drau­ßen die Freu­de vor­über­schwärmt.

       Ich fol­g’ ihr nim­mer, ich horch’ in Za­gen

       Auf ei­nes Her­zens schwä­che­res Schla­gen,

      

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