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mei­ne Rü­ben für dich, du elen­der S . . hund! Wart, ich will dir Re­spekt ein­bläu­en, dass du das Wie­der­kom­men ver­gisst! Dies sa­gend, gerbt er dem Ha­sen das Fell, schüt­telt ihn dann noch ein­mal an den Löf­feln und sagt: So, jetzt lauf heim, sag’s dei’m Weib und dei­ner Freund­schaft, was es da zu schma­rot­zen gibt. Da­mit lässt er ihn los, und mit ei­nem Sprung ist der Hase ver­schwun­den.

      Se­hen Sie, Herr Re­vier­förs­ter, sagt jetzt der Han­spe­ter pro­fit­lich, so wird’s ge­macht. Der kommt nim­mer, und er sag­t’s auch den an­dern. Und der Herr Re­vier­förs­ter muss­te mit lan­ger Nase ab­zie­hen.

       Her­zog Ul­richs Löf­fel

      Ein an­der­mal führ­te sie uns noch tiefer in Würt­tem­bergs Ver­gan­gen­heit zu­rück.

      Als der ver­trie­be­ne Her­zog Ul­rich flüch­tig und un­er­kannt sein Land durch­irr­te, hielt er sich eine Zeit lang in der Nähe sei­ner gu­ten Stadt Tü­bin­gen auf. Dort ge­riet er ein­mal um die Mit­tags­zeit in einen Wein­berg, wo eben ein Tü­bin­ger Win­ger­ter (Wein­gärt­ner) mit sei­nen Leu­ten sich eine Schüs­sel voll Erb­sen­brei schme­cken ließ. Der Herr, der sehr hung­rig war, trat be­schei­den hin­zu und grüß­te den Mann in gu­tem Gô­gen­deutsch (Gôg, Spitz­na­me der Tü­bin­ger Wein­gärt­ner). Der gab ihm den Gruß zu­rück und frag­te leut­se­lig: Witt mit­hal­ten?, was der Her­zog dan­kend an­nahm. Na, so lang zu. – Aber der Her­zog sah sich fra­gend um: die bei­den hat­ten Löf­fel, er hat­te kei­nen. Da lacht ihn der Wein­gärt­ner aus, dass er nicht weiß, wie man einen Löf­fel macht, und sagt: Wart, i mach d’r ein! Schnei­det also das »Knäus­le« (An­schnitt) vom Brot­laib ab, höhlt es aus und gib­t’s dem Her­zog: So, dô hoscht en Löf­fel. Der Her­zog taucht den Löf­fel, der gut aus­gibt, in die ge­mein­sa­me Schüs­sel und sät­tigt sich, isst da­nach auch den Löf­fel auf. Wäh­rend­des­sen fragt und er­fährt er al­ler­lei, un­ter an­de­rem auch den Na­men sei­nes Gast­ge­bers und dass er z’ Di­ben­ga (Tü­bin­gen) in der Frosch­gass’ wohnt.

      Als nun spä­ter Ul­rich in sei­ne Herr­schaft wie­der ein­ge­setzt war, da ge­sch­ah es ei­nes Abends, als er sich zu Ti­sche be­gab, dass ihm der Löf­fel fehl­te. Was der Mund­schenk für einen Rüf­fel be­kam, weiß ich nicht. Aber dem Her­zog fiel plötz­lich je­ner lan­ge ver­ges­se­ne Mit­tag in dem Wein­berg bei Tü­bin­gen ein, wo ihm gleich­falls der Löf­fel ge­fehlt hat­te, und zu­gleich auch wie­der Name und Woh­nung des bra­ven Wein­gärt­ners. Und er schick­te des an­dern Tags einen Bo­ten nach Tü­bin­gen in die Frosch­gass’ mit dem Be­fehl, ihm den Mann her­zu­brin­gen, wie er ste­he und gehe. Als der fürst­li­che Wa­gen in der schmut­zi­gen Frosch­gas­se er­schi­en, gab es dort einen mäch­ti­gen Schre­cken, und die Frau des Wein­gärt­ners, als sie hör­te, ihr Mann müs­se zum Her­zog, un­ver­züg­lich, wie er ste­he und gehe, da rang sie die Hän­de und jam­mer­te: O Ma’, was hoscht du don? Zum Her­zich muescht – ’s gôht um dein Kopf.

      Der Mann be­teu­er­te, dass er von gar nichts wis­se, und bat, man möch­te ihm we­nigs­tens Zeit las­sen, dass er sein bes­se­res Häs (Ge­wand) an­zie­he, aber er wur­de ohne wei­te­res in den Wa­gen ge­setzt und roll­te in hei­ßer Angst gen Stutt­gart. Dort führ­te man ihn gleich vor den Her­zog, der an der Ta­fel saß und der ihn auf dem lee­ren Stuhl an sei­ner Sei­te Platz neh­men und zu­grei­fen hieß. Je­ner zau­der­te: alle wa­ren mit Löf­feln ver­se­hen, nur er nicht. Wa­rum isst du nicht? frag­te der Her­zog streng. Der Mann be­kann­te, was ihm fehl­te.

      Weißt du nicht, wie man einen Löf­fel macht? herrsch­te der Her­zog den Er­schro­cke­nen an und mach­te dazu ganz be­son­de­re Au­gen. So will ich dir’s zei­gen.

      Bricht das Knäu­schen vom Brot, höhlt es aus und reicht’s ihm: So, jetzt lang zu und iss.

      Der Mann konn­te nichts sa­gen als: Oh, Herr Her­zich, send Ihr’s g’wä?

      Er wur­de fürst­lich mit Spei­se und Trank be­wir­tet und dann in Gna­den zu sei­ner Frau ent­las­sen, nach­dem der Her­zog zu­vor noch ihm und sei­nen Nach­kom­men Steu­er­frei­heit zu­ge­sagt hat­te für alle Zei­ten.

      *

      Uner­schöpf­li­chen Stoff bo­ten ihr die schwä­bi­schen Land­pfar­rer, un­ter de­nen da­mals noch die Son­der­lin­ge in Men­ge ge­die­hen. Ei­nem, der ein grund­ge­lehr­ter Theo­lo­ge und ein stil­ler Wei­ser, da­bei aber sehr un­prak­tisch war, wur­de jede Nacht von sei­nen selbst­ge­zo­ge­nen Gur­ken und Ret­ti­chen im Pfarr­gar­ten ge­stoh­len. Er frag­te einen Kol­le­gen, was er an sei­ner Stel­le tun wür­de. Ent­we­der die Die­be ver­kla­gen oder eine Fal­le auf­stel­len, mein­te die­ser. Der Pfar­rer ant­wor­te­te nach ei­ni­gem Be­sin­nen: Ich will sie lie­ber mit geis­ti­gen Waf­fen schla­gen. Und er leg­te ein Blätt­chen zu den Gur­ken ins Beet:

       Wer Ret­tich stiehlt und Gur­ken,

       Den rech­n’ ich zu den Schur­ken.

      Weil sei­ne Frau ihn je­doch er­in­ner­te, dass die Dieb­stäh­le des Nachts statt­fän­den und das Blätt­chen so­mit sei­nen Zweck ver­feh­len müss­te, stell­te der treff­li­che Mann im Ver­trau­en auf die Macht der Dicht­kunst eine La­ter­ne dazu, die her­nach den Die­ben das Ge­schäft er­leich­ter­te.

      Auch man­ches Stück­lein alt­schwä­bi­schen Aber­glau­bens wur­de uns durch Tan­te Ber­ta über­lie­fert, die zwar sel­ber auf­ge­klärt war, aber die Lie­be zum Volks­kund­li­chen be­wahr­te. So die schö­ne Ge­schich­te von dem Mann in Duß­lin­gen, der mehr konn­te als Brot es­sen. Wenn ir­gend­wo in der Nähe ein schwe­rer Dieb­stahl vor­ge­fal­len war, so wand­te man sich an ihn. Dann er­schi­en er mit sei­nem Räd­chen im Hau­se des Be­stoh­le­nen und setz­te das Zau­ber­rad – es war ei­nes von der Art, wie es die Mes­ser­schlei­fer mit sich füh­ren – in Be­we­gung. Und wie das Räd­chen lief, so muss­te der Dieb lau­fen, bald lang­sa­mer, bald schnel­ler. Erst war die Ge­schwin­dig­keit be­trächt­lich, dann hieß es: Jetzt geht’s den Berg hin­auf, da wol­len wir sach­te tun, dass er nicht so arg schnau­fen muss. So, jetzt ist er oben – nun saus­te das Räd­chen wie­der los, und der Dieb saus­te bergab, bis er im Täl­chen war. – Halt, jetzt muss er über den Bach, der kei­nen Steg hat – das Räd­chen deu­te­te vor­sich­tig die Stei­ne an, auf die er zu tre­ten hat­te, und ließ ihn dann wie­der Ga­lopp lau­fen. – Jetzt ist er schon in der Stadt – eben kommt er die Stra­ße her­un­ter­ge­rannt – da ist er am Haus! – Man hör­te drau­ßen ein Auf­schla­gen, und das Räd­chen stand still. Nach ei­ner klei­nen Pau­se ging der Zau­be­rer hin­aus und brach­te den au­ßen ab­ge­wor­fe­nen Ge­gen­stand.

      In un­ser letz­tes Obe­reß­lin­ger Jahr fiel die Auf­re­gung über einen un­heim­li­chen Fund in der Nach­bar­schaft. In ei­nem eben erst er­wor­be­nen Schup­pen grub der neue Be­sit­zer zwei mensch­li­che Ge­rip­pe, ein großes und ein klei­ne­res, aus der Erde. Al­les eil­te hin, sie zu se­hen, wir Kin­der na­tür­lich auch. Sach­ver­stän­di­ge er­klär­ten, dass die Kno­chen ei­nem etwa vier­zig­jäh­ri­gen Mann und ei­nem drei­zehn- bis vier­zehn­jäh­ri­gen Mäd­chen an­ge­hör­ten, und dass sie jahr­zehn­te­lang in der Erde ge­le­gen hät­ten. Äl­te­re Leu­te er­in­ner­ten sich auch ei­nes Man­nes, der vor vier­zig oder mehr Jah­ren mit sei­nem Töch­ter­chen aus Ess­lin­gen ver­schwun­den war und den man in Ame­ri­ka ge­glaubt hat­te. Der frü­he­re Be­sit­zer des Schup­pens, ein al­ter, rei­cher, als Men­schen­feind ver­schrie­ner Bau­er, der sich lan­ge Zeit ge­gen

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