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der Ver­mäh­lung nur, bis ihre Kin­der das hei­rats­fä­hi­ge Al­ter er­reicht hät­ten.

      Du hast bei dei­ner Ein­fahrt über dem Rö­mi­schen Tor die Ghi­bel­li­nen­zin­nen ge­se­hen, weißt also, dass Vi­ter­bo zeit­wei­lig ho­hen­stau­fisch ge­sinnt war. Als Fried­rich Bar­ba­ros­sa auf sei­ner schick­sals­vol­len vier­ten Rom­fahrt in Vi­ter­bo ras­te­te, be­rei­te­te die Stadt ihm den fei­er­lichs­ten Empfang. Tri­umph­bö­gen, kost­ba­re Tep­pi­che an al­len Fens­tern, Glo­cken­ge­läu­te und das Pflas­ter mit Blu­men be­streut, wor­über die Ros­se des Welt­be­herr­schers und sei­ner Rei­si­gen hin­gin­gen: es war ein schö­ner Tag und ganz Vi­ter­bo woll­te ihn mit­ge­nie­ßen. Des­halb wur­de der er­ha­be­ne Gast mit sei­nem Ge­fol­ge nicht den kür­zes­ten Weg zum Rat­haus ge­führt, wo ein er­le­se­nes Fest­mahl sei­ner harr­te, son­dern die Len­ker der Stadt hat­ten es mit Be­dacht so ein­ge­rich­tet, dass der Zug auch die ent­le­ge­nen Win­kel be­rüh­ren muss­te, da­mit alle das An­ge­sicht des Kai­sers sä­hen. Auch die enge Gas­se, die noch heut nach der schö­nen Ga­lia­na heißt, war in die Stre­cke ein­be­zo­gen, denn der rei­che Ga­lia­ni ge­hör­te zu den feu­rigs­ten Ghi­bel­li­nen und hät­te es übel ver­merkt, wenn sein Palast, der mit am glän­zends­ten ge­schmückt war, nicht von dem kai­ser­li­chen Au­gen­strahl ge­trof­fen wor­den wäre. Ein Tri­umph­bo­gen ge­ra­de un­ter­halb der Gas­se, der sich durch Pracht vor der an­dern her­vor­tat, wies die Ein­zie­hen­den von sel­ber auf die­sen Weg.

      Zu der Ge­folg­schaft des Kai­sers ge­hör­te der Graf von Vico, der bei dem Rot­bart in ho­hen Ehren stand, denn er hat­te sich über­all in sei­nen Diens­ten mann­haft her­vor­ge­tan und ihm noch kürz­lich Tor­to­na und Mai­land zer­stö­ren hel­fen. Er war ei­ner der stol­zes­ten und mäch­tigs­ten rö­mi­schen Baro­ne und sein Stamm­schloss stand an dem einst schö­nen See von Vico, von dem das Ge­schlecht den Na­men führ­te. Die­ser Herr von Vico ritt mit dem Kai­ser durch be­sag­te Tri­um­ph­p­for­te und durch die schma­le Gas­se, wo die Ga­lia­na fest­lich ge­schmückt auf dem Söl­ler stand. Ihre Schön­heit heu­te strah­lend vor al­ler Au­gen zu zei­gen, das war ein ho­her Stolz nicht nur für die Sip­pe, son­dern für die gan­ze Stadt. Und so ge­sch­ah es, dass der von Vico und die schö­ne Ga­lia­na sich aus nächs­ter Nähe in die Au­gen blick­ten.

      Der Graf von Vico war von küh­nem Wuchs und stol­zer Hal­tung, wie er so zu Pfer­de saß, aber er hat­te ein aus­neh­mend häss­li­ches, ja ab­sto­ßen­des Ge­sicht mit fins­te­ren, dun­ke­lum­busch­ten Au­gen. Man sag­te, dass sein Blick den Feind in der Schlacht ver­zau­be­re und wehr­los ma­che wie der Blick des Ba­si­lis­ken, doch viel­leicht hat man ihm die­se Ei­gen­schaft nach­träg­lich an­ge­hängt. Merk­wür­dig war, dass wenn er ein­mal lä­chel­te, was nicht häu­fig ge­sch­ah, die­ses häss­li­che Ge­sicht sich in ei­ge­ner Wei­se ver­schön­te und ge­ra­de­zu et­was An­zie­hen­des be­kam. Des­halb ge­fiel er den Frau­en trotz dem häss­li­chen Ge­sicht, ja sie fan­den, wenn solch ein Lä­cheln wie ein plötz­li­cher Son­nen­durch­bruch es er­hell­te, dass sei­ne Häss­lich­keit ein Vor­zug sei. Und er ge­fiel auch der Ga­lia­na, denn als er sie an­schau­te, brach der Son­nen­blick auf sei­nen Zü­gen durch und mach­te, dass die Lieb­li­che zu­rück­lä­chel­te. Da war es um den Gra­fen ge­sche­hen. Jäh und un­wi­der­steh­lich flamm­te in sei­nem Blu­te das Ver­lan­gen auf, die­se ein­zi­ge Ge­stalt zu um­fas­sen und fest­zu­hal­ten und sie mit sich in sein Haus zu füh­ren, kos­te es was es wol­le. Er ent­hüll­te dem kai­ser­li­chen Freun­de die Glu­ten, die ihn ver­zehr­ten, und bat um sei­nen Bei­stand. Fried­rich sag­te ihm die Er­fül­lung sei­ner Wün­sche zu und über­nahm es selbst für ihn zu wer­ben. Al­lein der Va­ter der Ga­lia­na be­sorg­te von ei­ner sol­chen Ver­wandt­schaft Ge­fah­ren für den Frie­den der Sip­pe und der gan­zen Stadt, denn der Graf stand im Rufe, ein Hän­del­su­cher und Un­ter­drücker zu sein, der wo er ein­mal Fuß fass­te, sich als­bald zum Ober­herrn auf­zu­wer­fen such­te. Des­halb be­rief er sich auf das frü­he­re Ver­löb­nis, um dem kai­ser­li­chen An­trag aus­zu­wei­chen. Nun er­bot sich der Herr­scher, der sei­nes Schütz­lings Sa­che mit Ei­fer führ­te, den ers­ten Ver­lob­ten durch ein Le­hens­gut zu ent­schä­di­gen, wenn er sei­nem An­spruch an die Braut ent­sa­ge. Die Fra­ge wur­de den Wei­ses­ten der Stadt zur Be­ra­tung vor­ge­legt, wor­auf alle ein­mü­tig ant­wor­te­ten:

      Wir Män­ner von Vi­ter­bo ste­hen zu dem Kai­ser mit Gut und Le­ben. Er hat uns in al­lem zu ge­bie­ten. Nur über uns­re Töch­ter hat er kei­ne Ge­walt. Wenn Gott uns ein Schön­heits­wun­der ver­lie­hen hat, des­sen­glei­chen kei­ne an­de­re Stadt be­sitzt, so wol­len wir es in un­sern Mau­ern be­hal­ten. Denn wie soll­ten wir vor Mit- und Nach­welt be­ste­hen, wenn es hei­ßen wür­de, dass kein Jüng­ling von Vi­ter­bo wür­dig be­fun­den wor­den sei, die Ga­lia­na heim­zu­füh­ren, und dass zu un­serm Schimpf ein Aus­wär­ti­ger sie weg­ge­holt habe. Der groß­mäch­tigs­te Cae­sar möge be­grei­fen, dass die Ehre von Vi­ter­bo ge­schmä­lert wäre, wenn wir auf sol­che Art ei­nes von un­se­ren fünf Klein­odi­en ein­büß­ten.

      In die­sen Be­scheid muss­te der große Fried­rich sich fü­gen. Als er da­nach auf­brach, um dem vor Tus­cu­lum kämp­fen­den Ghi­bel­li­nen­heer Zu­zug zu brin­gen und den Ge­gen­papst im La­te­ran ein­zu­set­zen, blieb dem Gra­fen von Vico nichts üb­rig, als sei­nem Lehns­herrn zu fol­gen. Aber am Stadt­tor wand­te er sich noch ein­mal zu­rück und tat einen lau­ten Schwur, den alle ver­neh­men konn­ten, dass er wie­der­kom­men und sich die Braut mit Ge­walt ho­len wol­le, soll­te auch dar­über die Stadt in Flam­men auf­ge­hen.

      Der Ga­lia­ni er­schrak, und um der wil­den Dro­hung einen Rie­gel vor­zu­schie­ben, den auch der Kai­ser nicht mehr öff­nen konn­te, stell­te er gleich nach dem Aus­zug des Bar­ba­ros­sa die Ver­mäh­lung sei­ner Toch­ter an. Es war noch ein­mal ein Freu­den- und Ehren­tag für Vi­ter­bo, als die Ga­lia­na im Braut­schmuck zur Kir­che schritt und alle sich am An­blick des Klein­ods wei­den konn­ten, des­sen Be­sitz nun­mehr der Stadt ge­si­chert schi­en. Denn nie­mals hät­te der Kai­ser, der ein so stren­ger Hü­ter der Sit­te war, ei­nem Va­sal­len ge­stat­tet, die ehe­li­che Gat­tin ei­nes an­de­ren in sei­ne Arme zu rei­ßen.

      Nun wirst du als Kind ei­ner neu­en Zeit fra­gen, was denn die Ga­lia­na sel­ber bei die­sen Vor­gän­gen emp­fand? Du darfst nicht ver­ges­sen, dass zu je­ner Zeit eine sol­che Fra­ge von nie­mand ge­stellt wur­de, und dass die Ga­lia­na gar nicht er­war­ten konn­te, man wer­de sich nach ih­rem See­len­zu­stand er­kun­di­gen. In­des konn­te man aus ih­rem ge­hal­te­nen We­sen schlie­ßen, dass sie ohne Ver­lan­gen noch Wi­der­stre­ben, ganz wie es der Brauch er­for­der­te, mit ih­rem Bräu­ti­gam vor den Al­tar tre­te.

      Aber im Schick­sals­buch von Vi­ter­bo stand es ge­schrie­ben, dass die Ga­lia­na den von Vico drei­mal von An­ge­sicht schau­en und dass jede der drei Be­geg­nun­gen ih­nen selbst und der Stadt zum Ver­häng­nis wer­den soll­te.

      In Rom hat­te un­ter­des­sen die un­heil­vol­le zwei­te Krö­nung des Bar­ba­ros­sa statt­ge­fun­den, wo­bei der Ge­krön­te an ei­nem Tag durch die Macht des Un­be­greif­li­chen auf die höchs­te Höhe des Siegs er­ho­ben und in den tiefs­ten Ab­grund des Un­glücks hin­ab­ge­schmet­tert wur­de. Der von Vico hat­te sich, wie zu er­war­ten, tap­fer mit den auf­stän­di­schen Rö­mern her­um­ge­schla­gen, und als die Mäch­te der Na­tur sich zu­gleich mit den Men­schen ge­gen sei­nen Herrn ver­schwo­ren, und der Him­mel selbst ih­rem Bun­de bei­zu­tre­ten

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