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deren Liebhaber ich mit der Faust allzu kräftig niederschlug. Ein abendlicher Spaziergang also hat mich aus der geordneten Bahn geworfen, brachte mich ins Zuchthaus, aber – brachte mir auch die wahre Freiheit! – Eine Kleinigkeit. Zufall könnte man’s nennen … Zufällig hatte ich gerade zur rechten Zeit das Fernrohr den Außenklippen zugewandt, hatte die vier Riffe beäugt …

      Zufall, daß ich jetzt über den dunklen, noch nassen Steingebilden, an denen die Wogen gierig hochleckten, den Kopf eines Mannes mit einer dunklen Mütze bemerkte … Das Gesicht war zwischen Zacken der Riffe verborgen. Nur die Augen erkannte ich, nur Sekunden benutzte ich noch das Fernrohr, drückte es rasch in die Algen und Tangmassen hinein und verbarg auch meine bloße Hand, denn das Gesicht des Mannes hatte genau die Richtung nach mir hin.

      Mein Erstaunen über das Auftauchen dieses Kopfes war trotz allem nicht allzu groß. Ich hatte in Wahrheit, das fühlte ich nun, nie an den Abzug des Gegners gedacht oder geglaubt, hatte nur den Freunden aus Bequemlichkeit recht gegeben, weil alle Mutmaßungen ja doch mäßiges Gerede gewesen wären.

      Sie waren noch da, die Turidos. Und dort draußen, in den zum Teil haushohen Klippen steckten sie irgendwo. Dort konnten sie auch sehr gut ihre Jacht verborgen haben. Sie brauchten nur die Masten und den Schornstein umzulegen, dann ließ sich dort fraglos ein mittelgroßes Fahrzeug verbergen.

      Sie waren da!!

      Und alles, was dieser Tag mir beschert, wurde nun gekrönt durch diese Feststellung. Wir brauchten diese entmenschten Bestien nicht zu suchen. Wir würden sie sehr bald in größerer Zahl auftauchen sehen, denn ohne Zweifel mußte der Mann drüben, der jetzt mehr den Kopf hob und ein Fernglas benutzte (das sah ich auch mit bloßem Auge), das Verschwinden der beiden Köpfe am Walkadaver wahrnehmen.

      Ich lag regungslos, beobachtete.

      Daß der Mann mich für eine faulenzende Robbe halten würde, war gewiß. In dieser Beziehung hegte ich nicht die geringsten Befürchtungen.

      Was würde er tun? Wie war er nach dem Riffviereck gelangt, wie würde er es verlassen?

      Er schaute vorläufig noch immer nach dem toten Wal hinüber.

      Dann erhob er sich zu seiner vollen Größe, blickte wieder durch das Glas.

      Er trug einen brauen Seemannsanzug mit goldenen Knöpfen an der Jacke, dazu weißen Kragen und offenbar kleine schwarze Schleife. Er war schlank, mittelgroß und bartlos. Einzelheiten seines Gesichts blieben mir verborgen. Die Entfernung war zu groß.

      Er stand mit vorgestrecktem rechten Fuß, den Oberkörper vorgebeugt.

      Die fehlenden Köpfe Chicos und Chuburs schienen ihn zu beunruhigen.

      Er drehte sich mit einem Male um und bückte sich etwas in das Riffviereck hinab …

      In diesem Felsenkasten, der mit Wasser gefüllt sein mußte, hatte, wie sich nun zeigte, noch ein zweiter Mann auf einem trockenen Vorsprung gehockt. Dieser zweite tauchte auf, stellte sich neben den andern und nahm ihm das Glas ab, beäugte den Wal, und … beide bückten sich darauf hastig zusammen und verschwanden wieder hinter der Riffwand. Ein paar Minuten später erschien hinter dem Riffviereck hervor ein kleines, scheinbar leeres Boot und glitt wie von einem unsichtbaren Motor getrieben der nächsten großen Klippe zu, wo es mit kurzer Wendung hinter den grauschwarzen, turmähnlichen Felskoloß schwenkte und von meinem Platze aus nicht mehr beobachtet werden konnte. – Ich wartete noch … Zum Glück … Wieder ein paar Minuten, und dasselbe Boot schoß jetzt mit vier Leuten besetzt in rascher Fahrt in die Bucht hinein …

      Vier Männer, bewaffnet …

      Das Boot ein Motorboot …

      Und ich, die faulenzende Robbe, kroch träge in die Höhle zurück, jede Bewegung schlau berechnend, damit nicht etwa meine Maske durchschaut würde.

      12. Kapitel

       Coy Cala als Richter

       Inhaltsverzeichnis

      Alarm in unserem Lager …

      Rasch werden die beiden Kranken in eine Nebenhöhle getragen, wo Allan auf sie achtgeben sollte. Wir drei, wahrhaftig kein Possenspiel, sondern blutigster Ernst, postierten uns in den Robbenfellen als harmlose dumme Viecher zwischen den Steinblöcken am Ausgang.

      Coy lag am weitesten vorn und flüsterte uns seine Beobachtungen zu.

      Das Boot hatte am Strande unterhalb der Brandruine des Hauses angelegt. Von dort konnte man, wie sich jetzt herausstellte, auf einem vorspringenden Felsgrat, der wie eine Galerie aus den Steilwänden sich vorbauschte, bis dicht an den Grotteneingang gelangen.

      Einer der Leute, die übrigens sämtlich gleich gekleidet waren, blieb im Boote zurück, hatte sich eine Büchse über die Knie gelegt und musterte dauernd mit einem Glase die Randhöhen der Bucht: die Kerle waren also mißtrauisch, und auch die drei anderen näherten sich dem stinkenden Kadaver nur mit äußerster Vorsicht.

      Jetzt standen sie auf dem Tanghaufen – keine zehn Schritt vor uns. Da die Möwen und Raben nun bei nahender Nacht verschwunden waren, konnte ich deutlich einige Worte hören, die die drei sichtlich erregt austauschten – hören, aber nicht verstehen. Es war eine Sprache, die ich wohl kannte, aber nicht beherrschte: Russisch!!

      Die Leute kehrten uns halb den Rücken zu …

      Und dies benutzte Coy zu einem urplötzlichen Angriff, ohne uns vorher von dieser seiner Absicht zu verständigen.

      Coy hatte sich vorwärtsgeschoben, vorher aber den Unterteil der Fellmaske aufgeknotet und auch die Arme freigemacht. In der Rechten hielt er eine unserer Mauserpistolen – aber als Schlagwaffe …

      Bevor wir noch eingreifen konnten, schnellte er empor und schlug auch schon zu …

      Noch nie habe ich bei einem Menschen so blitzartige Bewegungen gesehen … Blitzartig auch seine Hiebe und Stöße …

      Die drei lagen reglos im glitschigen Tang, ehe Achim und ich noch recht zur Besinnung kamen … Da hatte der Gegner schon die Besinnung verloren …

      Coy war mit drei Sprüngen wieder im Schutze des Grotteneingangs …

      Der Mann im Boot hatte gefeuert, aber nicht getroffen …

      Coy griff nach seinem Karabiner, kroch wieder vorwärts. Das Motorboot knatterte bereits davon. Am Steuer saß der vierte …

      Coy schoß, fehlte …

      Ich schoß, fehlte …

      Aber Achim war jetzt der Kaltschnäuzigste von uns … Seine Kugel traf. Der Mann warf die Arme hoch und glitt nach vorn ins Boot. Dieses, jetzt sich selbst überlassen, beschrieb einen weiten Halbkreis und rannte gegen den Schwanz des toten Wales, prallte zurück, bohrte sich in den Seetangberg ein und lag mit rasendem Motor still.

      Was ich hier soeben in vielen Zeilen geschildert habe, spielte sich im Verlauf von kaum vier Minuten ab.

      Achim lief nun zum Boote hinab … Brüllte dabei: »Leon Turido – – er ist’s!!«

      Coy und ich banden die drei anderen, schleppten sie in die Höhle. Achim trug den jungen Turido herein, dessen Gesicht in tropfendem Blute schwamm. Die Kugel hatte ihm das halbe linke Ohr weggerissen und die Stirn stark gestreift.

      Vier von der Bande hatten wir also. Und, was am wichtigsten, Leon Turido war darunter.

      »Du könntest die Wache am Eingang übernehmen, mein lieber Coy,« wandte sich Näsler an den Araukaner, der mit düsteren Blicken die noch bewußtlosen Gefangenen musterte.

      Coy schüttelte den Kopf. »Ich haben anderes vor,« erwiderte er kurz. »Chico und Chubur werden reden … Sind frisch … Dann ich Gericht halten … Sind meine Gefangenen …«

      Coy, der Schwätzer, war zum feierlich-würdigen Staatsanwalt geworden. Seine Rechte ruhte leicht, ohne jede Theatralik, auf dem Griff seines

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