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die Platten kippen …«

      »Wir verbinden ihnen die Augen und seilen sie an …« entgegnete ich nur.

      Gupa holte die Bischarin herbei. Die Dromedare benahmen sich sehr vernünftig, aber das Maultier des Mr. A. A. A. hatte Mucken, keilte aus und biß sogar nach seinem Herrn. Kostbare Minuten gingen wieder verloren. Mit einem Male schwang der Herr Rat i. R. sich in den Sattel, keilte dem störrischen Vieh die Absätze in die Weichen und — ich schloß unwillkürlich die Augen — setzte im Galopp über das unsichere Bauwerk hinweg, — hinter ihm polterten ein paar Steinplatten in die Tiefe, aber er war drüben, und er machte von der Sache keinerlei Aufhebens, obwohl sogar der Bischarin Adir ihm in einigen uns unverständlichen Worten seine Hochachtung ausdrückte.

      Nichts bringt Menschen einander so schnell näher wie gemeinsame Gefahr, gemeinsames heißes Erleben. Und dieses Passieren der Notbrücke, diese letzte Cowboyszene, geritten von einem Sechzigjährigen, waren der Kitt der Verbrüderung. Selbst Mylady wurde zugänglicher. Da ich mit dem Hunde wieder an der Spitze ritt, hielt sie sich neben mir und sprach über unsere Aussichten, die Mörder einzuholen. Aber ihre Redseligkeit ging sehr bald in ein recht verfängliches verstecktes Verhör über. Ich war auf der Hut. Ich wußte zu wenig von dieser streitbaren, finsteren Amazone, die hier in Oberägypten mit zwölf Bischarinkrieger aufgetaucht war, deren Heimat doch so weit südlicher lag — dort, wo die Eisenbahn bei Wadi Halsa den großen Nilbogen durchschneidet und die Nubische Wüste ostwärts bis zum Roten Meer und bis zur Nordgrenze Abessiniens sich hinzieht.

      Sie wollte mich aushorchen. Ein zweckloses Beginnen, denn meine Gegenfragen überhörte sie geflissentlich, und ich diente ihr mit gleicher Münze.

      Wir hatten etwa die Westgrenze des eigentlichen Wadi Arabah (richtiger heißt es: Uadi Arabah) erreicht, zwei Stunden schärfsten Rittes lagen hinter uns, als ich nach einer kurzen Rast, die unbedingt der Mittagshitze wegen nötig gewesen, meinerseits zu einem Vorstoß gegen Myladys Geheimnisse ausholte— hatte ich doch während dieser anderthalb Stunden Ruhepause Lady Janes Zigarettenetui genauer betrachten können … Ausholte!

      Ich holte nämlich das Feuerzeug hervor. Bisher hatten wir ihr die Mausefalle mit Dynamit verschwiegen …

      »Kennen Sie dies, Mylady?!«

      Ich behielt sie scharf im Auge. Sie verfärbte sich …

      »Sie kennen dies Feuerzeug, — es sollte uns eine kleine Ueberraschung bereiten, hier in der Tasche habe ich die zugehörige Dynamitpatrone …«

      Sie sagte gar nichts. Zum Ableugnen war sie wohl zu stolz. Der kaltem hochmütige Zug in ihrem vergrämten, verblühten Gesicht trat noch deutlicher hervor.

      »… Ja, Sie kennen es, Mylady. Mr. Tübbicke erzählte mir vorhin, daß in den Zeitungen gestanden hätte, Sie und Ihr Gatte James Cordy seien in vielen Punkten recht verschiedener Ansicht, milde ausgedrückt. Gewiß, die Herren Reporter saugen sich jetzt vieles aus den Fingern, aber … weshalb haben Sie das blutgetränkte Taschentuch droben von der Paßhöhe verschwinden lassen ?!«

      Ihre Züge wurden steinern.

      »Für gewöhnlich unterhalte ich mich nicht mit steckbrieflich verfolgten Totschlägern,« sagte sie in offener Feindseligkeit. »Wenn Sie das Feuerzeug kennen, Mr. Abelsen, — ich kenne auch Sie und Ihre Vergangenheit …«

      »Freut mich …!« Ich wollte zwischen uns die Lage klären. Es ist Tatsache, daß Sie, Mylady, mit Ihren zwölf Bischarin ihn verfolgt haben, daß Sie seine Fährte heute verloren hatten, daß er, nur er den Führer Wera Zubanoffs niederschoß und die Dame mit sich schleppte. Es ist weiter Tatsache, daß er dann auf Sie feuerte, daß meine Kugel ihn traf, daß er die Dynamitfalle herrichtete, daß Sie jedoch um jeden Preis seinen Namen mir verhehlen möchten. Gut — ich bin Abelsen. Sie müssen mich als Beschützer Wera Zubanoffs irgendwie …«

      »Schweigen Sie! —« und sie hielt ihr Weißes Bischarin an und setzte sich an das Ende des Zuges, wo sie eifrig mit Adir flüsterte.

      Dafür rückte nun Adolar Tübbicke auf, blinzelte mich von der Seite an und fragte nur:

      »Krach?!«

      »Mit Mylady? Ja!«

      »War vorauszusehen …! Hoffentlich werden wir sie bald los … Ich war ja nie verheiratet, aber diese Jane Cordy — mit Millionen hätte sie beklebt sein können, vorn und hinten, — — die Augen, Gott steh’ mir bei, — eine Xantippe ist im Vergleich zu ihr ein süßes Mädel …«

      »Und — wer sind Sie ?!« Ich schaute ihn scharf an.

      Er lächelte fidel. »Weiß schon … Sie glauben, ich reise inkognito. Schwerer Irrtum Ich bin wirklich eine Figur aus dem weißen Rößl, Herr Lensen … Hier ist mein Paß, und …«

      »Pässe werden gefälscht …«

      »Stimmt, — meiner ist echt, und … — hallo, was soll denn das?!«

      Sechs der Bischarin waren vorgeprescht, — Adir hielt uns seinen Karabiner entgegen, hinter uns erklang Lady Cordys schneidende Stimme: »Hände hoch, meine Herren!!«

      Also so war es gemeint …! Mylady hatte behauptet, sie kenne mich. Mylady irrte sich …

      El Gento von einst erwachte . .

      El Gento von einst riß sein Dromedar herum.

      El Gento war so unhöflich, Mylady die Büchse aus der Hand zu schlagen und die Dame mit einem Ruck vor sich in den Sattel zu ziehen.

      Die Mündung einer Pistole, an eine Stirn gepreßt, wirkt Wunder.

      Ich hätte natürlich niemals abgedrückt, aber die Bischarin wagten es unter diesen Umständen auch nicht. Der Friedensschluß erfolgte dann etwas gewaltsam. Besonders Mylady war empört, als ich ihre Satteltaschen durchsuchte. Hätte sie mir meine Fragen beantwortet, würde ich nie ihr Notizbuch an mich genommen haben, und dann würden wir niemals für Wera Zubanoffs Entführung die richtige Deutung und nie die Oase in der Nubischen Wüste gefunden haben.

      Jedenfalls: Lady Jane mußte mit ihrem hammelfettduftenden Anhang in einer Seitenschlucht verschwinden — zu Fuß. Ihre und der Bischarin Waffen sowie die prächtigen Dromedare nahmen wir mit uns. Wir hatten sie nur entliehen — für eine Stunde. Nach einer Stunde durfte Mylady laut Abmachung diese Friedenspfänder von einer westlichen fernen Kuppe wieder abholen. Daß wir drei Kameraden unsere Reittiere gegen die besten der Bischarinkamele dabei austauschten, konnte uns niemand verargen. Bei Friedensschlüssen wird immer gemogelt. Der Sieger legt die Paragraphen so aus, wie es ihm vorteilhaft ist —

      Das war meine erste Begegnung mit Jane Cordy. Nicht die letzte …

      4. Kapitel

       Die Einkäufe der Lady

       Inhaltsverzeichnis

      …Mein Schreibtisch ist diesmal außerordentlich wertvoll. Er besteht nur aus drei Steinblöcken, die über und über mit tief eingegrabenen Hieroglyphen bedeckt sind. Die Schreibtischplatte ist daher recht rauh, aber Sussik hat sie leidlich mit Lehm geglättet, das heißt: Die Gravierungen ausgefüllt! Ein Professor für Aegyptologie würde sich deshalb die Haare gerauft haben. Aber wir hier in unserer Oase sind ganz auf das Praktische eingestellt. Unser Respekt vor den Resten einer Kulturepoche, die dreitausend Jahre zurückliegt, ist nicht allzu groß.

      Wer Sussik ist?

      Ein Bischarin, vielleicht fünfundzwanzig Jahre alt. Einen Geburtsschein besitzt er nicht, die sind in seiner Heimat noch unbekannt.

      Sussik ist mein Diener. — Nein, ich will dies sofort richtig stellen, er ist mein Freund. — Freundschaft hat verschiedene Fundamente. Unser Fundament war nubischer Wüstensand, bleichende Knochen, Blut und … Wasser.

      Sussik stinkt auch nach Hammeltalg in ranzigstem Zustand, aber der Duft stört mich nicht mehr. Eine Nase gewöhnt sich an alles. Freund Sussik war vier Jahre am ersten

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