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Einweihung feiern können.«

      »Mit Ihnen als Chefarzt«, vermutete Professor Thiersch.

      »Um Himmels willen, nein!« wehrte Dr. Daniel ab. »Ich habe meine Praxis, und die möchte ich keinesfalls aufgeben. Dr. Metzler wird Chefarzt werden.«

      »Metzler?« fragte Professor Thiersch zurück, und Dr. Daniel glaubte ihm dabei vor sich zu sehen. Vermutlich hatten sich seine buschigen Augenbrauen wie im Zorn zusammengeschoben.

      »Ja, Herr Professor, Wolfgang Metzler. Ich nehme an, Sie erinnern sich noch an ihn.«

      »Und ob ich mich erinnere! Einen Assistenzarzt wie ihn bekommt man alle hundert Jahre nur einmal… das heißt, ich hatte inzwischen schon drei davon – Metzler, Scheibler und Sie.« Er schwieg kurz. »Der Bursche war lange im Ausland.«

      Dr. Daniel nickte, obwohl sein Gesprächspartner das nicht sehen konnte. »Amerika, Japan und China. Er hat so ungefähr an den besten Kliniken der Welt gearbeitet.«

      »Alle Achtung.« Unüberhörbare Anerkennung klang aus diesen beiden Worten. »Richten Sie ihm Grüße von mir aus, und er soll sich mal bei mir sehen lassen.« Er zögerte, ehe er wieder ein bißchen was von seinem Inneren preisgab. »Ich würde mich freuen.« Wieder schwieg er einen Moment. »Und danke, daß Sie Scheibler eine Chance geben. Er hat’s verdient.« Dann legte er einfach auf.

      Langsam ließ Dr. Daniel den Hörer auf die Gabel sinken.

      »Es geschehen noch Zeichen und Wunder«, murmelte er.

      »Was hast du gesagt?« wollte Irene wissen.

      »Nichts von Bedeutung«, meinte Dr. Daniel. »Ich habe nur gemerkt, daß man von manchen Menschen immer wieder überrascht werden kann – auch wenn man glaubt, sie noch so gut zu kennen.«

      *

      In den vergangenen Wochen war es auch Dr. Daniel aufgefallen, wie sehr Patricia Gerhardt sich zu ihrem Vorteil verändert hatte. Immer wenn sie in seine Praxis kam, wirkte sie entspannt und gelöst – völlig anders als früher.

      »So, Frau Gerhardt, Sie wollen sich also wieder Ihre Spritze abholen«, meinte Dr. Daniel, als Patricia an diesem Donnerstagmorgen sein Sprechzimmer betrat.

      Mit einem glücklichen Lächeln schüttelte sie den Kopf. »Nein, Herr Doktor, ich glaube, die brauche ich jetzt nicht mehr.«

      Dr. Daniel begriff nicht gleich, worauf die junge Frau hinauswollte. Im ersten Moment dachte er, Oliver Gerhardt hätte seiner Frau die Wahrheit über die angeblich eisprungfördernden Spritzen gesagt.

      »Das Medikament scheint gewirkt zu haben«, fuhr Patricia sogleich fort. »Ich habe das Gefühl, daß ich schwanger bin.«

      »Das wäre schön«, meinte Dr. Daniel. »Kommen Sie, Frau Gerhardt, wir werden von Frau Kaufmann gleich einen Schwangerschaftstest durchführen lassen.«

      »Darum habe ich schon gebeten«, erklärte Patricia und errötete dabei ein wenig. »Das Ergebnis müßte jeden Moment vorliegen.«

      Dr. Daniel lächelte. »Na, dann warten wir mal ab.«

      In diesem Augenblick trat Lena Kaufmann auch schon herein.

      »Positiv«, verkündete sie strahlend, doch diesmal wagte Patricia es nicht, sich zu freuen. Bei der Eileiterschwangerschaft damals war das

      Testergebnis schließlich auch positiv gewesen.

      Dr. Daniel wußte natürlich, was in der jungen Frau vorging. Fürsorglich nahm er sie beim Arm.

      »Es muß nicht wieder so sein wie beim letzten Mal«, erklärte er beruhigend. »Ich werde Sie jetzt gleich untersuchen, dann haben wir Gewißheit.«

      Er begleitete sie ins Nebenzimmer, und Patricia trat auf seine Aufforderung hinter den dezent gemusterten Wandschirm, um sich freizumachen. Dabei zitterten ihre Hände so sehr, daß sie Mühe hatte, den Reißverschluß ihrer Jeans zu öffnen.

      Dr. Daniel bemerkte die Anspannung, der die junge Frau unterlag und verzichtete auf eine körperliche Untersuchung.

      »Wir werden uns das Ganze gleich einmal auf Ultraschall anschauen«, meinte er. »Sie kennen das Verfahren ja noch vom letzten Mal.«

      Dr. Daniel schaltete den Bildschirm ein, dann rückte er mit seinem fahrbaren Stuhl näher, um die transvaginale Sonographie durchzuführen. Er lächelte Patricia an und deutete dabei auf einen hellgrauen Punkt auf dem Bildschirm.

      »Sehen Sie das?«

      Angestrengt verfolgte Patricia die grauen Schatten, dann schüttelte sie den Kopf.

      »Tut mir leid, Herr Doktor, ich kann nichts erkennen«, erklärte sie bedauernd.

      »Das macht nichts«, entgegnete Dr. Daniel. »Ich kann Ihnen jedenfalls versichern, daß es sich diesmal um eine richtige Schwangerschaft handelt. Das befruchtete Ei hat sich in der Gebärmutter eingenistet – so, wie es sich gehört.«

      In diesem Moment brach Patricia in Tränen aus.

      »Herr Doktor«, schluchzte sie. »Ich bin ja so glücklich.«

      Dr. Daniel stand auf, um ihr vom Untersuchungsstuhl herunterzuhelfen, dann sank sie weinend in seine Arme.

      »Danke, Herr Doktor«, brachte sie mühsam hervor. »Wenn Sie nicht gewesen wären…«

      »Nun beruhigen Sie sich, Frau Gerhardt«, meinte Dr. Daniel in sanftem Ton. »So viel habe ich ja gar nicht getan.«

      Doch es dauerte eine ganze Weile, bis Patricia ihren Tränen Einhalt gebieten konnte, dann zog sie sich sehr verlegen hinter den Wandschirm zurück, um sich wieder anzukleiden.

      »Das ist mir schrecklich peinlich«, erklärte sie, als sie Dr. Daniel gegenüber Platz nahm. »Noch nie habe ich mich so vergessen.«

      »Das ist nicht so tragisch.« Dr. Daniel lächelte. »Es ist doch schön, wenn sich jemand so sehr freuen kann, daß er alles um sich her vergißt.«

      »Sie sind ein wunderbarer Mensch«, sagte sie voller Bewunderung.

      »Wenn Sie so weitermachen, werde ich ja noch ganz eingebildet«, meinte er schmunzelnd. »Und dabei muß ich Ihnen gestehen, daß ich Sie ganz fürchterlich beschwindelt habe.«

      Erschrocken sah Patricia ihn an. »Heißt das… ich bekomme doch kein Baby?«

      »Aber nein!« wehrte Dr. Daniel sofort ab. »Mit so etwas würde ich niemals schlechte Scherze machen. Sie sind schwanger, Frau Gerhardt, und ich bin sicher, daß Sie in knapp neun Monaten ein gesundes Baby zur Welt bringen werden – vielleicht sogar in unserer neuen Waldsee-Klinik.« Er lächelte sie voller Herzlichkeit an, dann wurde er wieder ernst. »Bei meinem Geständnis geht es nicht um die Schwangerschaft selbst, sondern darum, wie sie entstanden ist.«

      Patricia nickte eifrig. »Das weiß ich doch. Die Spritzen haben das bewirkt.«

      »Nein, Frau Gerhardt, eben nicht«, erwiderte Dr. Daniel. »Sie selbst haben sich sozusagen geheilt. In den vergangenen zwei Jahren haben Sie sich zunehmend in eine Streßsituation hineinmanövriert, die ihren Höhepunkt nach der Operation durch Dr. Heller erlebte. Sie waren so überzeugt davon, jetzt nie mehr schwanger werden zu können, daß Ihr Eisprung tatsächlich ausgeblieben ist. Dadurch gerieten Sie erst recht in Panik und kamen so in einen Teufelskreis, aus dem Sie sich vermutlich nie mehr hätten befreien können. Sie hätten sich selbst und Ihre Ehe ruiniert, und ich sah keine Möglichkeit mehr, wie ich Ihnen helfen sollte – es sei denn durch eine psychiatrische Behandlung, aber die wollte ich Ihnen in diesem Zustand ebenfalls nicht zumuten. Und dann verfiel ich auf die Idee mit den Spritzen.«

      Patricia brauchte eine Weile, um das alles zu begreifen.

      »Heißt das… es war gar kein Medikament, das den Eisprung gefördert hat?« fragte sie fassungslos.

      Dr. Daniel nickte. »Ich muß gestehen, daß ich Sie angelogen habe – allerdings nur zu Ihrem Besten. Was Sie von mir bekommen haben, waren ganz harmlose Vitaminspritzen.«

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