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Californische Skizzen. Gerstäcker Friedrich
Читать онлайн.Название Californische Skizzen
Год выпуска 0
isbn 4064066112240
Автор произведения Gerstäcker Friedrich
Жанр Путеводители
Издательство Bookwire
Albert war eifrig beschäftigt seine Matratzen und Decken, die den Tag über in der Sonne gelegen, wieder ins Zelt zu schaffen, die heute Morgen gewaschenen Kleidungsstücke von der zu diesem Zweck zwischen zwei jungen Eichen ausgespannten Leine zu nehmen, und nachher Holz für den Abend herbei zu schaffen. Er hatte den ganzen Tag schon genäht und ausgebessert und war überhaupt ein ungemein fleißiger Mann und tüchtiger Arbeiter.
Panning und Albert besaßen gemeinschaftlich ein weißes Maulthier.
In dem blauen Zelte regte sichs auch. Der einsame Bewohner desselben, dessen Kleidern ein paar gute Faden grauer Zwirn eben auch keinen Schaden gethan haben würden, lag aber ziemlich faul auf seiner Decke vor dem Zelt, und schaute in den grünen Baumwipfel hinauf. Das Zelt wurde von drei Deutschen, Renich, Haye und Müller — so wollen wir den dritten nennen, denn mein eigener Name ist so verwünscht lang, — bewohnt. Renich und Haye waren nach dem Store — der eine auf, der andere neben Mosquito (wie wir den uns Dreien gehörigen Esel zu Ehren des Gulches tauften,) gegangen, und Müller hätte allerdings immer aufstehn und ein Feuer anmachen können, denn wenn seine beiden Compagnons nach Hause kamen, waren sie hungrig und wollten etwas zu Essen haben. Erstlich aber war nichts zu essen mehr da, denn die letzten vier Kartoffeln und zwei Zwiebeln — der ganze Rest der vorigen Wochen-Provision, etwas fertig gebackenes Brod ausgenommen, hatte eben seine letzte Mittagsmahlzeit gemacht, und dann kannte er auch schon seine Pappenheimer. Die kamen so früh gar nicht, und hatten dann auch immer weit mehr Durst als Hunger. — Wo ein Brauhaus steht, kann kein Backhaus stehen, ist ein altes gutes Sprüchwort.
Vor dem großen Zelte fing eben der einzig Zurückgebliebene „Försterling“ an, Spähne und Laub zusammenzusuchen, das fast ganz niedergebrannte Feuer wieder aufzufrischen. Aber selbst hierbei schien Eigennutz die vorherrschende Leidenschaft (wenn die ungeheure Ruhe, mit der er es that, Leidenschaft genannt werden konnte). Er hatte selber Hunger bekommen und auch einige kalte Kartoffeln von seinem ebenfalls sehr frugalen Mittagsessen übrig behalten, die er sich aufbraten wollte.
Dort hinter den riesigen Fichten und Cedernwipfeln ging jetzt die Sonne unter. Das war ein herrlicher Anblick, wie sie die breitmächtigen Hügelrücken da drüben über dem Fluß mit so zauberisch glühendem Licht übergoß, in dem dunkeln Nadelholz spielte, und die Wipfel der stattlichsten Bäume, die je mein Auge gesehn, mit ihrem letzten Kuß berührte.
Eine heilige Stille lag auf dem Wald — nur leise, leise rauschte der leichte Abendwind in dem blitzend-funkelnden Laub. Wie ein feiner Duft zogen dünne luftige Nebel-Schatten über das aetherreine Firmament, und das dumpfe ferne Brausen des unten dahin schießenden Stromes, zu weit entfernt die süße Ruhe des Ganzen zu stören oder zu unterbrechen, tönte wie ferner Orgelklang in gewaltigen tief in die Seele greifenden Akkorden herauf.
„Na, Gott straf mich, Müller, Sie möchten da wohl heute den ganzen Abend liegen bleiben?“ platzte Försterling endlich heraus. — „Wollen Sie denn nicht dafür sorgen, daß Haye und Renich ein Feuer vorfinden?“
„Bah, die kommen noch lange nicht,“ sagte Müller ziemlich bestimmt, aber doch mit einiger moralischen Zerknirschung, denn sie konnten allerdings jeden Augenblick kommen. Er sprang auch in die Höhe, warf seine Decke an die linke Zeltseite und ging jetzt ernstlich daran, ebenfalls Holz herbei zu tragen ehe es dunkel würde, und die sonst nöthigen Vorbereitungen zu treffen.
Albert hatte indessen sein Abendessen fertig — Albert und Panning theilten sich die Provision immer so ein, daß sie Sonntags auch noch etwas übrig behielten — und erwartete jetzt mit Ungeduld den gewöhnlich um diese Zeit zurückkehrenden Compagnon.
„Auch nicht ein Tropfen Brandy in der Flasche,“ sagte Försterling endlich, als er mit der leeren Flasche aus dem Zelt kam und sie, wenn gleich vergeblich, zuerst gegen das letzte Abendroth am Himmel, und dann, als ob er dem nicht glauben wollte, gegen das jetzt hell und licht aufflackernde Feuer hielt — „haben Sie keinen mehr, Müller?“ —
„Nicht die Spur,“ lautete die wenig Trost bringende Antwort, „der Brandy hält sich hier nicht, Försterling, die Flaschen werden zu oft geschüttelt.“
„O das Schütteln schadet ihm Nichts,“ sagte Försterling, nahm die leere Flasche beim Hals und warf sie so weit er konnte in die trockene Schlucht hinab. Diese war schon ganz mit zerbrochenem Glase bestreut und wurde von den dort manchmal umherstreifenden Indianern auf das sorgfältigste gemieden. „Das verwünschte Umdrehen, das auf den Kopf halten kann der Brandy aber nicht vertragen. Ich wollte wirklich Meier und Hammerschmidt kämen. Wo zum Henker die auch wieder so spät in der Nacht stecken.“
Eine halbe Stunde verging noch, ohne daß sich das mindeste hören ließ. Es war indessen stockdunkel geworden und nicht einmal Mondschein, während der Platz, wo die Zurückkommenden mit den beladenen Thieren, etwa eine halbe Meile weiter aufwärts, durch den Gulch selber mußten, durch die dichten Büsche und mehr noch durch die überall dort gegrabenen Löcher im Dunklen sehr bös zu passiren war.
Endlich horchte Försterling hoch auf:
„So leben wir, so leben wir, so leben wir alle Tage.“
„In der allerschönsten Saufcompagnie!“ —
klang es klar und deutlich durch die Büsche.
„Ich bin liederlich, Du bist liederlich, sind wir nicht liederliche Leute,“ sang eine kreuzfidele feine Stimme dazwischen.
„Das ist der liederliche Hammerstrick!“ sagte Försterling kopfschüttelnd, „der bringt sich wieder einen famosen Rausch mit zu Haus.“
„Ja, wenn er nur den Esel auch mit bringt,“ sagte Albert — „Und Panning hör’ ich noch gar nicht dabei.“
„Bumsfallera, wir brauchen keinen König mehr — Bumsfallera, wir brauchen keinen mehr“ — fiel eine andere, bis dahin noch nicht gehörte Stimme ein.
„Das ist Haye,“ sagte Müller, „das wird ein fideler Abend werden.“
„So leben wir, so leben wir, so leben wir alle Tage,“ tönte es wieder mit dem regelmäßig einfallenden Chor von „Bumsfallera“ näher und näher, und während die helle Flamme, die durch rasch auf das Feuer geworfenes Reisig hochaufloderte, mit einem lauten Hurrah von den Zurückkommenden begrüßt wurde, nahete der lang erwartete höchst fidele Zug.
Voran kamen die Esel, Mosquito im Geschwindschritt, denn er wußte, daß er jetzt seine Last los wurde, und Brod zu fressen erhielt — Hans, der andere Esel, kam etwas gemäßigter dahinter her, und darnach das Pferd, ein gutmüthiges Thier — von Klaussen und Barkhorn gehalten.
Die Thiere bedurften auch keiner weiteren Leitung. Rasch auf dem schmalen Pfad dahinschreitend, der sich bis dahin durch eine Art wilder Kaffeebüsche gezogen hatte und jetzt auf den offnen freigebrannten Hang auslief, wußte jedes sein eigenes Zelt und suchte das auf, so schnell als möglich sich abladen zu lassen, und dann wieder für die ganze Woche Freiheit zu bekommen.
„So leben wir, so leben wir, so leben wir alle Tage!“ jubelte Meier.
„Ja, das wäre eine schöne Geschichte,“ meinte Försterling, „da könnten wir uns gratuliren.“
„Aber wo ist denn Panning?“ rief Albert in getäuschter Hoffnung. Das heißt er frug nach Panning, meinte aber das weiße Maulthier mit den Provisionen.
„Ist Panning noch nicht hier?“ rief Haye lachend — „Donnerwetter, der ist ja mit uns weggeritten d. h. zu Fuß gegangen und war dicht hinter uns.“
„Hatte er denn was?“ frug Albert mit bezeichnender Handbewegung.
„Was?“ lachte Haye — „Bumsfallera, wir brauchen keinen König mehr!“
Für den Augenblick schien eine allgemeine Verwirrung in dem kleinen Lager zu herrschen. Alles lief und schrie durcheinander, und die einzigen Vernünftigen schienen die Esel zu sein, die indessen regungslos und geduldig vor ihren resp. Zelten standen und der Abladung