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Der Damen-Reitsport. Richard Schoenbeck
Читать онлайн.Название Der Damen-Reitsport
Год выпуска 0
isbn 4064066114206
Автор произведения Richard Schoenbeck
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Leider kann ich demnach wieder nicht mit Fräulein Dr. Anita Augspurg übereinstimmen, wenn sie sagt:
»Es braucht nicht erst eingehend dargelegt zu werden, welche Gefahren der Damenreitsitz für die Reiterin hat. Ich kenne vernünftige Väter und Gatten genug, die mit eiserner Konsequenz ihren weiblichen Angehörigen das Reiten ganz untersagen, weil sie als tüchtige Reiter und Sachverständige (?) sonst wegen der furchtbaren Gefahren des Damensattels (!) in steter Angst um ihr Leben schweben würden. Aber nicht nur die Gefahr, geschleift zu werden (welche beiläufig im Herrensattel noch viel größer ist! Der Verf.) oder mittels der Hörner sich schwere Verletzungen zuzuziehen (bei den neuen Sätteln fast unmöglich! Der Verf.) ist vorhanden, auch die Gewalt über das Pferd wesentlich geringer als im einseitigen Sitz (pardon, nur die Schenkelwirkung! Der Verf.), und die Reiterin ist infolgedessen wesentlich abhängiger von den Launen, Unarten, oder von dem Scheuen des Tieres: ein tückisches Pferd unter Damensattel zu reiten, ist immer eine Tollkühnheit.«
Das einzig Richtige an dieser ganzen These ist, daß die Reiterin, d. h. auch nur eine nur mittelmäßige, das Tier nicht so in der Gewalt hat, wie ein Herr. Ich bezweifle aber auch, daß die Reiterin im Herrensitz dieselbe Gewalt haben würde, wie der Mann. Ich habe Reiterinnen gesehen und gekannt, welche Pferde ritten, die für Herren höchst unbequem, ja gefährlich zu reiten waren. Das liegt zunächst an der Führung, ferner daran, daß die Pferde nicht mit den ihnen oft unbequemen Schenkeln gequängelt wurden. Im übrigen aber wird man für Damen, ob sie nun auf die eine oder die andere Art reiten, stets mit besonderer Vorsicht zuverlässige Pferde ohne besondere Launen oder Unarten, und besonders mit gutem Maul aussuchen müssen, d. h. relativ sichere Pferde. Absolut sichere gibt es nicht. Passiert dann doch einmal ein Unglück, so werden eben ganz besondere, unvorhergesehene Geschehnisse die Schuld daran tragen.
Was das Alleinreiten der Damen anbetrifft, für welches die Verfasserin ebenfalls schwärmt, so kann ich mich wiederum nicht ihrer Meinung anschließen. Man mag es ja auf eigene Gefahr hin tun, aber es ist weder vorsichtig noch – schick. Wie eine Dame nicht ohne Kutscher oder Groom selbst kutschieren wird – ein solcher gehört nun einmal dazu, und die Damen sind doch sonst den Anforderungen der Mode gegenüber so sehr peinlich – so auch beim Reiten. Entweder ein Kavalier oder ein Groom. Wenn ganz korrekt geritten werden soll, so muß stets ein Groom, auch dem Paare, folgen.
Den Schluß des Artikels bildet eine begeisterte Dithyrambe auf den Herrensitz für Damen, welcher meiner Ansicht nach mehr dem Wollen wie dem Können gewidmet ist. Wir haben seit jenen Zeiten, als die Damen (noch) à la califourchon ritten, so unendliche Fortschritte auf allen Gebieten der Kultur gemacht, daß das Einnehmen des Seitsitzes zweifellos auch als ein solcher betrachtet werden muß. Es müssen doch selbst damals schon sehr dringende Gründe vorgelegen haben, um mit dem alten Brauch zu brechen und dafür den doch mindestens ungewöhnlichen Seitsitz einzuführen. »Nichts Schöneres, als sich selbst ein Pferd satteln und zäumen zu können, frei aufzusitzen und zu reiten, durch Wälder und Täler im sicheren Bewußtsein der vollen Herrschaft und Unabhängigkeit (Schritt, Schritt!), Rast zu machen, sich auf- und abzuschwingen nach Belieben: da kommt man zu seinem Tiere in ein weit vertrauteres, kameradschaftliches Verhältnis, das die Freude am vornehmsten aller Sports wesentlich erhöht. Möchte sich die kleine Gemeinde der Damen vom ›Amazonensattel‹ bald erheblich vergrößern!«
Das alles, meine Gnädigste, können Sie, wenn Sie eine perfekte Reiterin sind, auch im Damensattel haben. Nur vor dem »Selbstsatteln« möchte ich – für beide Arten – dringend warnen! –
Um nicht einseitig zu erscheinen, soll auch die Ansicht einer Dame in ihren wichtigsten Punkten gehört werden, welche, Renegatin geworden, d. h. zum Herrensitz übergegangen ist, für letzteren ebenfalls eine Lanze bricht. Frau Rittergutsbesitzer Happoldt-Langenöls schrieb seiner Zeit einem Sportblatt u. a. folgendes:
»Dem Damensattel will ich in gewissen Fällen die Berechtigung nicht absprechen. Er eignet sich für diejenigen Reiterinnen, welche der Abwechslung wegen, aus Modesache oder aus was sonst für Gründen (vergl. den Anfangsartikel, aus welchen Gründen eine Dame reitet! D. Verf.), ein Pferd besteigen, in günstigem Terrain, womöglich auf wohlgepflegten Reitwegen großstädtischer Parks ein Stündchen spazieren reiten. (Und die englischen Damen, welche die schweren Jagden mitreiten? D. Verf.) Das ist aber in meinen Augen nicht reiten, sondern Spielerei. Wer sich aber lediglich aus Passion in den Sattel setzt, bei nicht immer günstigen Boden- und Witterungsverhältnissen meilenweite Ritte macht, der wird sehr bald die großen Vorteile schätzen lernen, die der Herrensitz gewährt. Ich bekenne offen, daß, nachdem ich soviele Jahre ausschließlich den Damensattel benutzt habe, der veränderte Sitz mir anfangs Schwierigkeiten machte. Außer der Zügelführung war alles neu, der »Schluß« fehlte, und vor allem war die Balance eine ganz andere. Das Lernen wäre mir entschieden leichter geworden, hätte ich den Damensattel vorher nicht gekannt. Doch mit Lust und festem Willen läßt sich vieles erreichen. Ich habe unermüdlich geübt und mit meines Mannes Hilfe an mir gearbeitet, bis ich sicher war. Und jetzt möchte ich um keinen Preis den als praktisch erprobten und mir lieb gewordenen Sitz gegen den zuerst erlernten wieder austauschen. – – Bei langem Trabtouren kommt mir der Herrensitz ungeheuer zu statten, er ermüdet viel weniger, als der ehemalige Seitsitz. Und nun zum Hauptvorteil des Herrensattels! Welcher von uns wahren Reiterinnen liegt nicht das Wohl und Wehe ihres Pferdes am Herzen, als wäre es das eigene? Der einseitige Sitz mit der ungleichen Gewichtsverteilung, die selbst der allerkorrekteste Damensitz nicht vermeiden kann, strapaziert das Pferd ungeheuer, besonders auf langen Strecken, abgesehen von der trotz neuester Sattelkonstruktion immer noch bestehenden Gefahr des Gedrücktwerdens.«
Pardon, meine Gnädige, wenn ich mir da eine Einschaltung erlaube. Wir wollen – nochmals pardon – immer logisch bleiben. Daß der Herrensitz für das Pferd praktischer ist, als der Seitsitz, ist ja eine von niemandem bestrittene Tatsache. Und daß man im Herrensitz unter allen Umständen technisch besser reitet, als im Seitsitz, hat auch noch niemand bestritten. Hier handelt es sich aber darum, ob eine Dame im Herrensitz besser reitet, als im Seitsitz. Warum also offene Türen einrennen? Wenn die einzelne Dame ihrer körperlichen und seelischen Veranlagung nach auf diese Weise sich auf dem Pferde wohler fühlt, so mag sie doch in Gottes Namen so reiten! Warum aber dafür Propaganda machen? Der weitaus größere Teil der reitenden Damen aber wird im Damensattel besser aufgehoben sein – jedenfalls sicherer, und ich will mich gar nicht scheuen, es auszusprechen: auch eine ganz hübsche Kollektion reitender Herren würden es sein, wenn es angängig wäre – denn zu diesem Reiten gehört ein Können, was nicht jeder erreicht oder erreichen kann. – Also nochmals: Eines schickt sich nicht für alle! –
»Die Darlegung meiner Ansichten und Erfahrungen«, so schließt Frau H. sehr vernünftigerweise, »soll durchaus nicht als Propaganda für den Herrensitz gelten, das liegt mir fern. Ich lasse jedermann nach seiner Façon selig werden. Die betreffenden Damen werden selbst am besten den für sie geeigneten Sitz herausfinden. Ich glaube selbst, daß von hundert Damen, die den Herrensitz erlernen wollen, neunundneunzig zu dem altgewohnten zurückkehren, denn, wie gesagt, so einfach ist die Sache nicht, es gehört fester Wille, Ausdauer, Ausdauer und abermals Ausdauer dazu (vorausgesetzt, daß der Körperbau der Dame überhaupt für diesen Sitz geeignet ist, der Verf.) und wenn wahre Passion die Triebfeder zum Reiten ist. Wem diese Eigenschaften innewohnen, der wird gleich mir für den Herrensattel stimmen.«
Na bravo, da sind wir ja einig!
In der Deutschen Medizinischen Wochenschrift, No. 46, 1901 findet sich ein K. S. und Dr. F. F. unterzeichneter Aufsatz, welcher dasselbe Thema behandelt, welcher zweifellos von einer Dame, vielleicht unter Assistenz eines Arztes geschrieben ist und der zu ganz entgegengesetzten Resultaten kommt, wie die beiden bereits erwähnten Damen. Ich halte den Inhalt für wichtig genug, um ihn hier wörtlich wiederzugeben;